Ich nenne hier beispielhaft das Vier-Augen-Prinzip bei der Frage, ob ein Datensatz neu erfasst werden soll. Ich nenne den Ausbau der parlamentarischen Kontrolle, der von uns allen gewünscht und gewollt ist. Ich war ein wenig überrascht, Herr Minister, dass Sie insbesondere auf die Vorschläge Ihrer Kommission zum Ausbau der parlamentarischen Kontrolle nicht eingegangen sind. Ich hätte mir auch hier ein klares Bekenntnis der Landesregierung gewünscht.
(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Dürr [FDP] - Zuruf von der SPD: Hat er doch gesagt!)
Ich nenne das interne Controlling, das Sie in eigener Zuständigkeit selbstverständlich bereits jetzt verändern könnten, und meinetwegen auch die Beteiligung des Datenschutzbeauftragten. Das ist eine interne Angelegenheit der Landesregierung, und ich sage auch, es kann die parlamentarische Kontrolle jedenfalls nicht ersetzen.
Ich nenne die Notwendigkeit, klare Regeln für die Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu finden - eine der Lehren aus dem NSU-Verfahren und den entsprechenden Feststellungen, die dort in Berlin auch im Untersuchungsausschuss getroffen werden.
Die Änderungen beim In-camera-Verfahren halten wir für unproblematisch. Auch dort können und werden wir uns anschließen.
Wir müssen uns unterhalten - darüber haben Sie in Ihrer Regierungserklärung nichts gesagt - über die Rechte für die Verfassungsschutzorgane mit Blick auf die neuen Medien.
Der entscheidendste Satz in Ihrer Regierungserklärung, Herr Minister, war natürlich der: Die Abschaffung des Verfassungsschutzes ist keine Option und war es nie.
Natürlich ist uns aufgefallen, dass Ihr Koalitionspartner von den Grünen eben bei diesem Satz nicht geklatscht hat.
(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Wir haben bei keinem einzigen Satz ge- klatscht! - Johanne Modder [SPD]: CDU und FDP auch nicht! - Weiterer Zuruf von der SPD: Die CDU hat auch nicht geklatscht! - Heiterkeit und Bei- fall bei der SPD)
Was für ein weiter Weg für den Koalitionspartner der SPD, die Grünen! Denn es war ja nicht irgendjemand, der die Abschaffung des Verfassungsschutzes gefordert hat. Das stand im Wahlprogramm der Grünen. Die Verweigerung des Bildungsauftrags - passé.
Wir erinnern uns an die Verunglimpfung der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes durch die heutige Fraktionsvorsitzende auf dem Parteitag der Grünen in Stade als „Scheißhaufen in den Amtsstuben“. - Ich bitte um Nachsicht für dieses Zitat.
Die Darstellung von Verantwortungsträgern des Verfassungsschutzes und der Polizei auf Abschusslisten beispielsweise durch die Grüne Jugend in Göttingen - heute noch im Internet zu finden.
All diese Dinge haben Sie heute abgeräumt - für die Landesregierung, für die SPD, und wir werden sehen, ob das auch für Ihren Koalitionspartner gilt.
Aber, Herr Minister Pistorius, mit Ihrer bisherigen Amtsführung haben Sie auch das Vertrauen der Menschen in den Verfassungsschutz beschädigt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Er? Wie hieß der Minister da- vor?)
Die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sind zutiefst verunsichert. Sie fühlen sich verunglimpft und stigmatisiert von Ihnen und von der von Ihnen eingesetzten Präsidentin des Verfassungsschutzes.
Herr Minister Pistorius, Sie haben den Verfassungsschutz kurz vor den Bundestagswahlen, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Landesregierung in der Defensive war wegen der Affäre Paschedag, parteipolitisch missbraucht, als Sie einen angeblichen Datenskandal ins Spiel brachten.
Sie sprachen und sprechen in dem Zusammenhang von unzulässigen Datenspeicherungen publizistisch und journalistisch tätiger Personen. Tatsache ist - das mussten Sie inzwischen auf Anfrage der CDU-Fraktion im Parlament auch einräumen -, dass sechs der sieben Personen Mitglieder von Gruppen waren, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Wir haben Sie mehrfach gefragt, welche Beweise es für eine publizistische oder journalistische Tätigkeit in diesen Fällen gab. Sie konnten diese Frage bis heute nicht beantworten.
Sie haben sich sogar gründlich blamiert, als Ihre, die von Ihnen eingesetzte Präsidentin des Verfassungsschutzes Personen verwechselte und „echte“ Journalisten über angeblich ungerechtfertigte Datenspeicherung informierte, die es nie gegeben hat.
Und Frau Röpke - der Fall, in dem tatsächlich eine rechtswidrige Speicherung vorlag - hat gesagt, dass sie sich von Ihnen politisch instrumentalisiert fühlte.
Damit haben Sie dem Verfassungsschutz, aber auch der Sicherheit und der Demokratie und damit den Menschen in Niedersachsen schwer geschadet.
Wir haben zu den Fällen, die Sie hier im September vorgetragen haben, Akteneinsicht beantragt. Das, was wir von der Landesregierung bekommen haben, ist einmal mehr unzureichender Datenbestand, und das verfassungsgemäße Recht dieses Parlaments auf Kontrolle der Landesregierung ist einmal mehr nicht eingehalten worden. Es ist unredlich, Herr Minister, vor diesem Hintergrund weiterhin von der Verfolgung von Personen, die journalistisch oder publizistisch tätig sind, zu sprechen. Sie haben es heute erneut getan. Unterlassen Sie das für die Zukunft!
Dann, meine Damen und Herren, haben Sie eine Arbeitsgruppe, die sogenannte Taskforce, eingesetzt. Sie haben hier gerade vorgetragen, die Taskforce sei unabhängig und in der Wahl ihrer Maßstäbe frei gewesen.
Selbstverständlich ist diese Taskforce nicht unabhängig gewesen, denn fünf der sechs Mitglieder der Taskforce stehen in der unmittelbaren Weisungsabhängigkeit des Innenministers. Diese Taskforce wurde geleitet durch eine Geschäftsstelle, und diese Geschäftsstelle, die auch in unmittelbarer Ministeriumsverantwortung steht, hat überhaupt erst mal entschieden, mit welchen Fällen sich die Taskforce überhaupt befassen darf und soll.
die Taskforce sei in der Wahl ihrer Maßstäbe frei gewesen. Was bedeutet das überhaupt, wenn die Wahl der Maßstäbe frei ist?
Das ist ein ganz interessanter Punkt. Die Taskforce hat Maßstäbe festgelegt - Maßstäbe, die bislang nicht angelegt wurden; die sind aber keineswegs gesetzlich normiert; sie sind frei gewählt; Sie haben das hier gerade noch einmal ausgeführt -
und dann anhand dieser Maßstäbe die bestehenden Datensätze überprüft, um schließlich eine rechtswidrige Speicherung zu behaupten.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, damit das deutlich wird. Das wäre so, als hätten Sie eine Landstraße, auf der man bislang 100 fahren darf. Sie stellen dann dort ein Schild auf, ab jetzt wird hier 70 gefahren, um letztendlich festzustellen, dass all die Jahre zuvor die Menschen unter diesen Maßstäben offenkundig zu schnell gefahren sind. Rechtswidrige Speicherung ist das nicht.
Deswegen wird auch deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren - das sage ich auch mit Blick auf die Berichterstattung -, warum dieser Minister selbstverständlich keine Disziplinarmaßnahmen einleiten will, warum dieser Minister natürlich niemanden verantwortlich macht. Er weiß nämlich, dass vor keinem Gericht der Welt eine solche Maßnahme Bestand haben würde. Kein Gericht der Welt würde die Ermessensentscheidung der Verfassungsschutzbehörde beanstanden,
weil der Maßstab willkürlich angelegt wurde im Rahmen dessen, was rechtlich zulässig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Damit wir uns richtig verstehen: Selbstverständlich ist es zulässig, die Maßstäbe, nach denen die Aktenspeicherung vorgenommen werden soll, zu verändern. Aber das ist eine politische Entscheidung, eine politische Entscheidung, Herr Minister, für die Sie die Verantwortung übernehmen werden. Sie werden sich nicht hinter einer Taskforce verstecken können. Das ist eine politische Entscheidung, die Sie treffen müssen und die Sie dann
Trotzdem, Herr Minister, haben Sie zugelassen, dass gestern und heute in der Berichterstattung gegenüber den Journalisten und gegenüber der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wurde, dass hier durch die Behörde massenhaft Datensätze rechtswidrig gespeichert wurden.