Protocol of the Session on March 27, 2014

Für uns ist die Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft noch nicht beendet. Mit unserem Entschließungsantrag bringen wir den Diskurs in die nächste Runde und würden uns sehr darüber freuen, wenn auch die Bundesregierung endlich die Zeichen der Zeit erkennen würde. Am Ende, so hoffen wir, wird es keine Ausländer erster oder zweiter Klasse mehr geben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Erkan. - Auf Ihre Rede hat sich die Kollegin Aygül Özkan zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich kann verstehen, dass die Grünen-Fraktion, Herr Onay, hier mit einem solchen Antrag nach vorne geht. Sie haben Ihre Einstellung nicht geändert. Ihre Forderungen waren im

Wahlkampf so, und sie waren auch jahrelang zuvor so.

Ich kann verstehen, dass die SPD-Fraktion und die Kollegen von der SPD tief enttäuscht sind; ihr Wahlkampfversprechen war natürlich ein anderes. Unseres war immer klar. Wir sind damit in den Wahlkampf gegangen. Sie sind in den Wahlkampf gegangen und haben die doppelte Staatsbürgerschaft versprochen.

Nun ist es aber so - und ich frage in Ihre Richtung, ob Ihnen das bewusst ist -, dass Sie einen Koalitionsvertrag geschlossen haben. Ich war bei den Koalitionsverhandlungen dabei. Ich, auch die SPD - - -

(Zuruf von der SPD)

- Ich habe nicht „die Fraktion“ gesagt.

(Zurufe von der SPD)

- Warten Sie,

(Glocke des Präsidenten)

lassen Sie mich bitte aussprechen.

Sie haben diesem Koalitionsvertrag zugestimmt. Davon gehe ich aus; Sie werden es hier vielleicht nicht offenlegen. 75 % Ihrer Mitglieder - ich gehe davon aus, dass Sie Mitglied der SPD sind - haben diesem Koalitionsvertrag im Entwurf zugestimmt. Damit ist er beschlossen worden. In diesen Koalitionsvertrag haben wir genau diesen Passus hineinverhandelt, der jetzt in dem Gesetzentwurf von Bundesinnenminister de Maizière vorgelegt wurde.

(Belit Onay [GRÜNE]: Wir sind im Fö- deralismus! - Miriam Staudte [GRÜ- NE]: Der Koalitionsvertrag bindet doch nicht Niedersachsen!)

Wenn Sie darauf hinweisen, dass in Ihrem hiesigen Koalitionsvertrag 2013 zwischen Rot und Grün etwas anderes vereinbart wurde, dann hätte es Zeit genug gegeben, vor Abschluss des Koalitionsvertrages im Bund diese Initiative einzubringen

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und die Vertreter in Ihren Bundesparteien zu instruieren, das - - -

Frau Kollegin, Sie reden im Rahmen einer Kurzintervention und haben dafür 90 Sekunden Zeit. Sie haben die Redezeit bereits um 23 Sekunden überschritten. Sie müssen jetzt abschließen.

Dann stelle ich nur kurz fest, dass im Bundesrat - dort gibt es eine rot-grüne Mehrheit - die Initiative der drei Bundesländer ohne Aussprache in den Ausschuss verwiesen wurde. Ich darf darauf hinweisen -

Frau Kollegin, ich muss jetzt abschalten. Es tut mir leid.

mein letzter Satz! -, dass Sie in der Koalition natürlich auch mit Ihrer Integrationsministerin am Gesetzentwurf mitwirken können.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Kurzintervention erfolgte auf einen Beitrag der SPD-Fraktion, die die Möglichkeit zur Erwiderung hat. Davon möchte der Kollege Watermann Gebrauch machen. Herr Kollege Watermann, 90 Sekunden! Ich werde bei Ihnen genauso großzügig sein, wie ich es bei der gestern neu eingetretenen Kollegin Özkan war. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will probieren, dass ich das in der vorgegebenen Zeit mache; denn auf die Kollegin Jahns habe ich inhaltlich schon geantwortet.

Ja, es ist so, dass es Koalitionsverhandlungen gegeben hat. Ja, es ist so, dass Parteien ihre Positionen haben und dass man Kompromisse macht. Ja, es ist so - das wissen Sie selbst -, dass es bei der Rente mit 63 Jahren, beim Mindestlohn immer wieder Äußerungen Ihrerseits gibt, die von dem abweichen, was wir verhandelt haben. Ja, es gibt bei der Option einen Kompromiss. Er ist verhandelt worden. Zu diesem stehen wir. Aber es gibt einen ganz klaren Punkt: Was der Bundesinnenminister vorgelegt hat, ist für uns nicht zustimmungsfähig,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und zwar weder bei der Bundestagsfraktion noch im Bundesrat.

Jetzt, sehr verehrte Frau Kollegin, passiert das, was Sie aus Ihrer früheren Tätigkeit als Mitglied

einer Landesregierung kennen: Nun geht es darum, dass man es besser machen muss. Man muss es in diesem Gesetzentwurf, den der Bundesinnenminister vorgelegt hat, besser machen. Deshalb ist jetzt der Bundesjustizminister an der Reihe.

Wir im Landesparlament machen nichts anderes, als deutlich zu sagen, dass wir es optimal haben wollen. Wenn schon ein Kompromiss gemacht wird, der von uns nicht ganz geteilt wird, muss wenigstens das, was im Kompromiss ausgehandelt worden sein, anständig sein und nicht noch hinter dem zurückfallen, was wir vorher hatten. Danach kann man sich nach zehn Jahren entscheiden, und jetzt sollen es zwölf Jahre sein, die man an der Schule braucht.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Eigentlich hätten Sie alle nach der Rede des Kollegen Mustafa Erkan sagen müssen: Ja, es ist nachvollziehbar, wie er hier empfindet. Ja, er hat recht!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir als Niedersachsen sollten mal fortschrittlich sein! Sie als CDU sind nicht daran gehindert, auch einmal der Motor für eine bessere Integrationspolitik zu sein.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nach der Kurzintervention und der Erwiderung folgt der nächste Debattenredner. Die FDP-Fraktion war noch nicht an der Reihe. Für diese hat jetzt der Kollege Jan-Christoph Oetjen das Ort. Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will als Erstes auf den Kollegen Mustafa Erkan erwidern, der den Beitritt der Türkei in die Europäische Union erwähnt hat. Ich habe bei dem derzeitigen Verhalten der türkischen Regierung, was den Umgang mit Menschenrechten angeht, den Eindruck, dass sich die Türkei eher von der europäischen Wertegemeinschaft entfernt, als dass sie in die Nähe dieser Wertegemeinschaft kommt. Auch das sollten wir an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ulrich Watermann [SPD]: Ungarn ist auch nicht viel besser!)

- Natürlich ist Ungarn nicht besser, Herr Watermann. Aber Ungarn ist bereits Mitglied der Europäischen Union. Es geht doch um die Frage, ob man so eine Situation wie in der Türkei aufnimmt und ob man die zivilgesellschaftlichen Gruppen, die in der Türkei für Meinungsfreiheit und Demokratie kämpfen, von dieser Stelle aus unterstützt. Das sollten wir von hier aus tun, Herr Watermann. Darum geht es!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU sowie Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist allgemein bekannt, dass wir von der FDP generell die doppelte Staatsbürgerschaft zulassen wollen. Wir sind davon überzeugt, dass man sich mehreren Kulturen verbunden fühlen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube im Übrigen, dass durch zwei Staatsbürgerschaften nicht verhindert wird, dass man sich der deutschen verbunden fühlt. Wir Deutsche sollten damit eigentlich kein Problem haben. Die Mehrstaatigkeit drückt dieses Sich-mehreren-Kulturenverbunden-Fühlen aus. Deswegen ist es ein Gewinn für unsere Gesellschaft und kein Verlust.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir sollten damit aufhören, junge Menschen dazu zu zwingen, sich mit 23 Jahren zwischen dem Land und der Nationalität, worin sie aufgewachsen sind, und den familiären Wurzeln mit der entsprechenden Nationalität zu entscheiden. Keiner von uns möchte sich gern in den inneren Konflikt begeben, der in einem solchen jungen Menschen stattfindet. Insofern sollten wir aufhören, solche junge Menschen dieser Situation auszusetzen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch für Menschen, die sich in Deutschland einbürgern lassen, gibt es heute zwei unterschiedliche Situationen. Es gibt diejenigen Länder, die bereit sind, Menschen aus der Nationalität zu entlassen. Diese Menschen müssen bei der Einbürgerung ihre Heimatnationalität abgeben. Andere sind nicht dazu bereit, die Menschen aus der Nationalität zu entlassen. Diese Menschen dürfen auch heute ihre andere Staatsbürgerschaft behalten. So dürfen sie beispielsweise Iraner behalten, und Iraker müssen sie abgeben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte denjenigen kennenlernen, der das einem normal denkenden Menschen erklären kann.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir von der FDP-Fraktion würden uns eine Neuregelung im Staatsbürgerschaftsrecht wünschen, die für Kinder, die in Deutschland geboren sind, die doppelte Staatsbürgerschaft oder die Mehrstaatigkeit generell zulässt. Wir halten nichts davon, irgendwelche Jahre zu zählen, die man in Deutschland zur Schule gegangen sein muss. Deswegen wünscht sich die FDP-Fraktion, dass sich das Land Niedersachsen der Bundesratsinitiative der Länder Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg anschließt, um die generelle Mehrstaatigkeit in Deutschland in Zukunft zuzulassen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.