Der SPD-Bundesparteivorstand hat einstimmig beschlossen, die Mitgliedsrechte von Sebastian Edathy ruhen zu lassen. Laut Spiegel Online vom 17. Februar 2014 soll der SPD-Bundesvorsitzende Gabriel aus Goslar auf einen Parteiausschluss drängen. Der SPD-Landesvorsitzende und Niedersächsische Ministerpräsident Weil soll der Zeitung Die Welt vom 19. Februar 2014 zufolge hingegen dafür sein, man solle „die Sache erst mal sacken lassen“ und keine übereilten Schlüsse ziehen.
2. War die Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover am 14. Februar 2014 mit dem Justizministerium abgestimmt, und wurden dabei die Persönlichkeitsrechte Sebastians Edathys gewahrt?
3. Kann die Landesregierung ausschließen, dass es seitens der Polizei und Justiz in Niedersachsen zu Fehlern in dem Fall gekommen ist, und, wenn nein, welche Fehler sieht sie?
Vielen Dank, Frau Ross-Luttmann. - Bevor die Landesregierung antwortet, darf ich Ihnen mitteilen, dass es an diesem Tag auch freudige Ereignisse gibt. Unser Landtagskollege Lechner war ja heute Morgen bereits als entschuldigt gemeldet worden. Er meldet zurück: „Soeben ist geboren
Jetzt geht es weiter. Für die Landesregierung beantwortet Frau Justizministerin Niewisch-Lennartz diese Anfrage. Bitte sehr!
Herr Nacke, ich entschuldige mich für die Angabe des falschen Paragrafen. Sie haben völlig recht. Es war § 145. Sie haben vielleicht bemerkt: Ich habe vor der Nennung des Paragrafen einen kleinen Augenblick gezögert. Gott sei Dank war ich nicht im juristischen Staatsexamen, sodass mir das hoffentlich nicht allzu negativ angerechnet wird.
Zu Frage 1: Die wesentlichen Ermittlungsschritte habe ich bereits unter Tagesordnungspunkt 2 des aktuellen Tagungsabschnitts des Niedersächsischen Landtags dargestellt. Ich möchte das gern noch einmal detaillierter wiederholen.
In Kanada wurde seit 2010 von den dortigen Behörden unter der Bezeichnung „Operation Spade“ ein Ermittlungsverfahren gegen ein Unternehmen geführt, das Filme von nackten bzw. weitgehend unbekleideten, vorpubertären Kindern in fast 100 Staaten verkauft hatte. Im Mai 2011 kam es dort zu Durchsuchungs- und Sicherstellungsmaßnahmen sowie zur Festnahme des Firmenbetreibers.
Im November 2011 erhielt das Bundeskriminalamt umfangreiches Datenmaterial, das über 800 deutsche Besteller betraf. Mit der Auswertung begann das BKA im Juni 2012. Die Ergebnisse wurden in Abstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt/Main rechtlich bewertet und in die Kategorien 1 - kinder- und jugendpornografisch - und 2 - nicht tatbestandlich - unterteilt.
Erste Personenüberprüfungen fanden am 2. November 2012 statt und betrafen bundesweit 433 Besteller, davon 34 in Niedersachsen.
Nach Individualisierung der übrigen Tatverdächtigen wurden am 15. Oktober 2013 alle 16 Landeskriminalämter um Mitteilung personenbezogener Erkenntnisse zu den Bestellern gebeten.
Das Landeskriminalamt Niedersachsen leitete die ihm zugegangenen und 16 Personen in Niedersachsen betreffenden Informationen noch am selben Tag den örtlichen Polizeidienststellen zu. Darunter befand sich erstmalig auch eine Erkenntnisanfrage bezüglich des damaligen Bundestagsabgeordneten Edathy, die an die Polizeiinspektion in Nienburg weitergeleitet wurde.
Am 31. Oktober 2013 erhielt die Generalstaatsanwaltschaft Celle die den damaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy betreffenden Vorgänge, bestehend aus einem Hauptband und einem Sonderheft, die diese am 1. November, einem Freitag, an die zuständige Staatsanwaltschaft in Hannover sandte, wo sie am darauffolgenden Dienstag einging.
Innerhalb der Staatsanwaltschaft Hannover ist seither der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung Gewalt darstellender, pornografischer und sonst jugendgefährdender Schriften für das Verfahren zuständig, der eine eigenständige rechtliche Bewertung vornahm und im Benehmen mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt und der Generalstaatsanwaltschaft in Celle weitere Ermittlungen im Interesse einer einheitlichen Behandlung zurückstellte, bis am 20. Dezember 2013 die bei der für den Ermittlungskomplex in Deutschland zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main angeforderten acht Kategorie-1-Verfahren und neben dem Edathy-Verfahren weitere sieben Kategorie-2Verfahren vorlagen.
Am 28. Januar 2014 fand eine abschließende Besprechung bei der Generalstaatsanwaltschaft in Celle statt, in deren Folge die Entscheidung erging, einen Anfangsverdacht für Straftaten auch in Bezug auf die in Kategorie 2 eingestuften Fälle, d. h. auch für die Fälle, in denen es um nicht pornografisches Bildmaterial ging, zu bejahen und in der Folge ein förmliches Ermittlungsverfahren auch gegen den Beschuldigten Edathy einzuleiten.
Am 6. Februar wandte sich die Staatsanwaltschaft Hannover sodann an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, um entsprechend Nummer 182 a Abs. 2 - jetzt stimmt es - der Richtlinien über
Am 10. Februar 2014 teilte außerdem der Verteidiger des Beschuldigten Edathy mit, dass dieser am vorangegangenen Freitag sein Bundestagsmandat niedergelegt habe, was zutrifft.
Die förmliche Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgte am 10. Februar 2014 unter dem Aktenzeichen 3714 Js 9585/14.
An diesem Tag erhielt auch das Landeskriminalamt Niedersachsen den Auftrag zur Vorbereitung von Durchsuchungsmaßnahmen. Dieses bediente sich wiederum der Unterstützung durch die Polizeiinspektion in Nienburg.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ergingen außerdem mehrere Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Hannover, die noch am selben Tag vollstreckt wurden. Dabei wurden verschiedene Beweismittel sichergestellt. Ein Reporter, der aus bislang ungeklärter Quelle von dem Durchsuchungstermin erfahren, sich Zutritt zu dem betreffenden Grundstück verschafft und unerlaubt fotografische Aufnahmen gefertigt hatte, wurde während der laufenden Maßnahmen vom Grundstück verwiesen.
Wegen dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft Hannover am 12. Februar 2014 auf eine Strafanzeige des Verteidigers des Beschuldigten Edathy vom Vortag hin das Verfahren 1141 U Js 11665/14 eingeleitet. Die diesbezüglichen Ermittlungen dauern an.
Am 11. Februar 2014 bat die Staatsanwaltschaft Hannover die Bundestagsverwaltung um Sicherung der Büroräume des Beschuldigten im Bundestag, wobei es ihr insbesondere auf die EDVAusstattung ankam. Aufgrund der geführten Gespräche ging sie zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass sie entsprechende Unterstützung erfahren würde. Allerdings erfuhr sie schon nicht, dass das frühere Büro des Beschuldigten inzwischen von der nachrückenden Abgeordneten Groneberg bezogen worden war.
Ebenfalls am 11. Februar 2014 erhielt das Landeskriminalamt Niedersachsen aus der Nachbarschaft Hinweise auf ein weiteres Büro des Beschuldigten nahe seiner Wohnanschrift. Dieses wurde dann, nachdem ein Durchsuchungsbe
Im Verlauf des 12. Februar 2014 ging ein am 7. Februar 2014 abgesandtes Originalschreiben der Staatsanwaltschaft vom 6. Februar beim Präsidenten des Deutschen Bundestages ein. Es befand sich in einem geöffneten Umschlag der Citipost, der seinerseits im Umschlag eines anderen Dienstleisters steckte. Wegen der Umstände der Übersendung des Schreibens führt die Staatsanwaltschaft Hannover unter dem Aktenzeichen 1141 Js 13155/14 ein Ermittlungsverfahren, das am 17. Februar 2014 von Amts wegen eingeleitet worden ist und ebenfalls noch andauert.
Am 13. Februar 2014 wurde der Staatsanwaltschaft aus Pressemitteilungen bekannt, dass der damalige Innenminister Friedrich den SPDVorsitzenden Gabriel bereits im Oktober 2013 über mögliche Ermittlungen gegen Herrn Edathy informiert habe, woraufhin im Anschluss mehrere SPDSpitzenpolitiker den Sachverhalt erfahren haben sollen. Wegen dieses Sachverhalts ist das am 19. Februar 2014 eingeleitete Ermittlungsverfahren 1141 U Js 14464/14 anhängig, das ebenfalls noch andauert.
Die Ermittlungen gegen den früheren Bundeslandwirtschaftsminister Dr. Hans-Peter Friedrich aus diesem Vorgang hat aufgrund einer Vereinbarung vom 18. Februar 2014 zwischen den Generalstaatsanwaltschaften in Celle und Berlin mittlerweile die Staatsanwaltschaft Berlin übernommen.
Am 14. Februar 2014 - es handelte sich dabei um einen Freitag - erhielt die Staatsanwaltschaft schließlich die Nachricht, dass der Präsident des Deutschen Bundestages es abgelehnt habe, das Büro des Beschuldigten Edathy versiegeln zu lassen, bevor ihm ein Durchsuchungsbeschuss vorliege. Daher wurde am 17. Februar - das war ein Montag - ein Durchsuchungsbeschluss beantragt und erlassen sowie dem Präsidenten des Deutschen Bundestages am 18. Februar - ein Dienstag - von den zuständigen Dezernaten überbracht.
Am 18. Februar 2014 erfuhr die Staatsanwaltschaft Hannover aus einem Schreiben des Präsidenten der Bundespolizeidirektion Berlin, dass der Beschuldigte Edathy am 12. Februar beim Bundestag den ihm von dort zur Verfügung gestellten Laptop als gestohlen gemeldet habe. Wegen dieses Sachverhalts ermittelt die Staatsanwaltschaft unter
dem Aktenzeichen 3714 U Js 14319/14. Die Ermittlungen dauern an. Weitergehende Auskünfte können daher dazu gegenwärtig nicht gegeben werden.
Zu Frage 2: Die Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover am 14. Februar 2014 war organisatorisch, aber nicht inhaltlich mit dem Justizministerium abgestimmt. Ich erläutere Ihnen sehr gern den Hintergrund und den Verlauf dieser organisatorischen Abstimmung.
Vor dem 14. Februar 2014 hatte die Staatsanwaltschaft Hannover eine als sehr zurückhaltend wahrgenommene Pressearbeit betrieben, die von den Medien zunehmend deutlich kritisiert wurde. Am 13. Februar trat ich selbst um 19 Uhr vor die Presse. Gleichwohl meldete sich am 14. Februar 2014 morgens der Vorsitzende der Landespressekonferenz beim Pressesprecher des Justizministeriums und bat um eine offensivere Pressearbeit entweder des Justizministeriums oder der Staatsanwaltschaft in Hannover im Rahmen der Landespressekonferenz. Der Pressesprecher des Justizministeriums nahm deshalb Kontakt zu dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich auf und fragte an, ob die Staatsanwaltschaft Hannover bereit sei, im Anschluss an die reguläre Landespressekonferenz, die um 10.30 Uhr beginnt, eine Pressekonferenz zu geben. Herr Dr. Fröhlich sagte zu, sodass der Termin gegenüber der Landespressekonferenz bestätigt werden konnte. Eine Absprache über Inhalte der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft fand nicht statt.
Ob im Rahmen der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Hannover die Persönlichkeitsrechte von Herrn Edathy gewahrt wurden, ist Gegenstand einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Verteidigers von Herrn Edathy, Herrn Rechtsanwalt Noll, gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Fröhlich. Die Zuständigkeit hierfür liegt bei der Generalstaatsanwaltschaft in Celle. Das Ergebnis dieser Überprüfung bleibt abzuwarten.
Zu Frage 3: Auf der Grundlage der bisher vorliegenden Berichterstattung und Erkenntnisse ist ein Fehler vonseiten der Polizei zurzeit nicht erkennbar. Eine abschließende Bewertung kann wegen der noch andauernden vielschichtigen Ermittlungen derzeit nicht erfolgen. Entsprechendes gilt für die Staatsanwaltschaft Hannover. Für die Bewertung von etwaigen Fehlern der Staatsanwaltschaft Hannover im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Herrn Edathy ist die Generalstaatsanwaltschaft in Celle zuständig, die derzeit auch die
Dienstaufsichtsbeschwerde von Rechtsanwalt Noll bearbeitet. Von dort liegt mir eine Bewertung noch nicht vor.