Protocol of the Session on March 13, 2013

Der Wassersektor ist trotz vielfacher Bemühungen ausdrücklich nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Der Beschluss sieht zwar vor, dass öffentlich-rechtlich organisierte Betriebe, auch kommunale Eigenbetriebe und Zweckverbände, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind, Betriebe in privater Rechtsform und Kommunalunternehmen jedoch nur, sofern 80 % des Unternehmensumsatzes der vergangenen drei Jahren für den kommunalen Auftraggeber erbracht werden. Das ist bei Verbundunternehmen, die außer mit Wasser auch mit Strom und Gas versorgen, und somit bei typisch organisierten Stadtwerken gerade nicht der Fall. Dies wäre entgegen den Beteuerungen der EU-Kommission, eine nicht hinnehmbare Beschneidung der kommunalen Entscheidungshoheit bei der Wasserversorgung.

Meine Damen und Herren, wir gehen mit dem Verband kommunaler Unternehmen davon aus, dass mit dem Kompromissvorschlag bundesweit rund 400 von 900 und in Niedersachsen allein etwa 100 Stadtwerke nicht den neuen Ausnahmekriterien

dieser Richtlinie entsprechen könnten. Gleichwohl sehen Europaabgeordnete der FDP und der CDU in dem Vorschlag jetzt keine Bedrohung mehr. Die Bundesregierung verfolgt hier offenbar eine Doppelstrategie: Einerseits kritisiert sie den Privatisierungsdruck auf die Wasserversorgung, andererseits hat sie jedoch grundsätzlich Unterstützung für diese Richtlinie signalisiert. Das ist ein Problem. Das muss korrigiert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ein Grund dafür, dass viele Stadtwerke in Deutschland die 80-%-Regel nicht erfüllen werden, liegt darin, dass es sich um Mehrspartenunternehmen handelt, die neben Wasser auch Gas oder Strom anbieten. Die Strom- und Gasmärkte sind bereits liberalisiert. Eine europaweite Ausschreibung wird unvermeidlich werden. Stadtwerke werden hiermit womöglich sogar schlechter gestellt als private Großkonzerne. Auch Kommunen, deren Stadtwerke bereits private Anteilseigner haben, müssten die Vergabe neu ausschreiben.

Nur wenige Kommunen werden derzeit finanziell in der Lage sein, diese Teilprivatisierungen rückgängig zu machen. Mittlerweile kennen wir in Deutschland schon das langjährige Bemühen der Kommunen um den Rückkauf privatisierter Wasserversorgungsunternehmen, der zudem kaum finanzierbar ist. Die Berliner Wasserversorgung ist hier das prominenteste Beispiel.

Es ist daher eine klare Positionierung der deutschen Bundesregierung gegen die Einbeziehung des Wassersektors in die Richtlinie vonnöten. Nur so können die Verhandlungen am Ende in die richtige Richtung gehen.

Dies, meine Damen und Herren, sehen mittlerweile auch 1,2 Millionen Menschen so und haben mit ihrer Unterschrift unter einer der ersten europäischen Bürgerinitiativen, „right2water“, die bisherigen Erfolge und diese Diskussion ermöglicht.

Meine Damen und Herren, ganz aktuell liegt der Landesregierung eine Entschließung des Kreistages des Landkreises Lüchow-Dannenberg vor. Der Tenor heißt: Wasserversorgung und auch Abwasserreinigung gehören in die öffentliche Hand.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, im Bundestag sowie im Niedersächsischen Landtag, bei den kommunalen

Gremien und im Bundesrat, überall gab und gibt es weiter eine breite Mehrheit für den Erhalt einer kommunalen Entscheidungshoheit über die Wasserversorgung. Die EU-Kommission vermittelt hingegen immer wieder den Eindruck, die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wäre förderlich für die Gesellschaft. Das Gegenteil ist der Fall. Beispiele erfolgter Privatisierungen zeigen teilweise enorme Preissteigerungen. Die unterlassenen Unterhaltungsmaßnahmen führen zu langfristig hohen Folgekosten für die öffentliche Hand.

Meine Damen und Herren, ich kann die Initiativen auf kommunaler Basis wie hier im Landtag nur unterstützen. Die Wasserversorgung muss Teil der kommunalen Daseinsvorsorge bleiben und darf nicht auf rein ökonomische und wirtschaftsliberale Sichtweisen reduziert werden.

Der Zugang zu kostengünstigem und gesundheitlich hochqualitativem Wasser ist nach Auffassung der Landesregierung ein Menschenrecht. Von daher würden wir uns freuen, wenn das Parlament entsprechend entscheidet.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe daher die Beratung zu diesem Antrag.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat hat empfohlen, diesen Antrag dem Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz zu überweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Der Überweisungsbeschluss ist ausreichend unterstützt. Damit ist es so beschlossen.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung: DVB-T als Verbreitungsweg für Fernsehprogramme erhalten - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/20

Zur Einbringung des Antrages hat sich der Kollege Jens Nacke für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die niedersächsische Medienlandschaft ist vielfältig und bunt. Darauf können wir alle in diesem Haus sehr stolz sein. 58 Zeitungen liefern eine Gesamtauflage von 1,5 Millionen. Das ist eine journalistische Arbeit im gesunden Wettbewerb. Wir haben den NDR als großen öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender, aber auch 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei privaten Radio- und TV-Veranstaltern. Sie schaffen es, nur durch Werbung finanziert, ihre Zuschauerinnen und Zuschauer, ihre Hörerinnen und Hörer 24 Stunden am Tag zu informieren und zu unterhalten.

Aber die elektronischen Medien haben gemeinsam eine Hürde zu überwinden: Ihr Programm muss den Zuschauer erreichen. Da gibt es drei unterschiedliche Übertragungswege:

Da ist zum einen die Versorgung durch Kabelfernsehen. Dafür gibt es in Niedersachen die Anbieter Kabel Deutschland, EWE TEL und Tele Columbus. Diese Variante kostet monatlich 18 Euro.

Der zweite Weg ist die Übertragung per Satellit. Er ist mit einmaligen Installationskosten von immerhin 500 bis 1 000 Euro verbunden.

Der dritte Weg ist das Digital Video Broadcasting - Terrestrial, also das digitale Überallfernsehen. Der Anschaffungspreis beträgt 10 bis 60 Euro, laufende Kosten gibt es keine.

Von dieser Variante der Übertragung machen in Niedersachsen rund 500 000 Haushalte, also jeder achte Haushalt, Gebrauch. Dazu kommen eine Menge an Zweit- und Drittgeräten und viele Kleingeräte, die DVB-T über einen USB-Stick erreichen.

DVB-T ist aufgrund seiner geringen Kosten ein Musterbeispiel für unverschlüsselten, preisgünstigen und damit diskriminierungsfreien Empfang.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Schon aus diesem Grund gilt es, diesen Verbreitungsweg aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach der Ankündigung der Mediengruppe RTL, Ende 2014 aus diesem sogenannten Überallfernsehen auszusteigen, ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch die Sendergruppe ProSiebenSat.1 dem Konkurrenten folgt.

Der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, Andreas Fischer, hat diesen Ausstieg

jüngst kommentiert. Am 12. März 2013 sagte er u. a. zu dpa: „RTL steigt zur Unzeit und unabgestimmt aus.“ Weiter sagte er: „Es gäbe auch gute Gründe, weiterzumachen.“

(Björn Thümler [CDU]: So ist das!)

Es ist nämlich zu befürchten, dass es einen Dominoeffekt gibt, dass nach und nach Sender oder Sendergruppen aus diesem Verbreitungsweg aussteigen und ihm den Rücken kehren.

(Björn Thümler [CDU]: Eben!)

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben sich bereits grundsätzlich dafür ausgesprochen, DVB-T als Verbreitungsweg zu erhalten und auch weiterzuentwickeln. Sie haben aber auch betont, dass ein Miteinander der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, der privaten Anbieter und der Medienpolitik vonnöten ist.

Zu befürchten ist folgendes Szenario: Durch den Ausstieg weiterer Sender sinkt die Attraktivität von DVB-T weiter. Der Marktanteil von DVB-T könnte in den einstelligen Prozentbereich rutschen, und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssten am Ende die Kosten für DVB-T alleine tragen. Das würde bedeuten, dass die Haushaltsabgabe für jeden Einzelnen steigt, und das kann hier keiner wollen.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber auch der Blick nach vorne lohnt sich. Über den zukünftigen Standard DVB-T2 können noch mehr Programme und eine bessere Bildqualität gesendet werden. Möglicherweise kann dann auch HDTV über DVB-T übertragen werden. Niedersachsen hat als erstes Bundesland bereits die Nachfolgetechnik erprobt.

Die erfolgreiche Einführung von DVB-T2 ist nur mit erheblichen Anstrengungen und in Zusammenarbeit aller Marktteilnehmer, von der Industrie über die Programmveranstalter bis hin zur Politik, möglich. Deswegen ist die Mithilfe der Politik notwendig, und deswegen ist der Antrag hier angemessen und angebracht.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, den Dominoeffekt, der zu befürchten ist, gilt es zu verhindern. Zur Grundversorgung gehört frei empfangbares Fernsehen, auch mit Privatsendern. Das muss ohne Zusatzkosten und ohne technische Ausstattung und Anmeldung möglich sein.

Wir haben in diesem Haus, Herr Ministerpräsident, einige Politikbereiche strittig - sehr strittig - diskutiert. Die Medienpolitik - das möchte ich an dieser Stelle anmerken - gehört ausdrücklich nicht dazu. In der Medienpolitik waren wir in diesem Haus immer um einen breiten Konsens und um ein breites Miteinander zum Wohle des Landes Niedersachsen bestrebt. Da mir die Polemik ohnehin nicht so liegt, biete ich hier ausdrücklich meine Mithilfe und meine Zusammenarbeit an. Ich würde mich freuen, wenn wir über diesen Antrag entsprechend diskutieren könnten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Im Rahmen der Aussprache hat für die SPD-Fraktion der Kollege Hans-Dieter Haase das Wort. Bitte schön, Herr Haase!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nacke, ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn wir hier eine konsensuale Lösung fänden. Ich glaube auch nicht, dass dieses Thema wirklich streitig ist.

Gleichwohl war ich überrascht, als ich den Antrag gelesen habe, war er doch relativ knapp und substanzlos, auch in der Begründung. Sie haben das jetzt ein bisschen angefettet, wie ich umgangssprachlich einmal sagen will, sodass etwas klarer geworden ist - so auch durch die Pressekampagne der letzten Tage -, worum es geht.