Protocol of the Session on January 22, 2014

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Jetzt hat sich für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Grant Hendrik Tonne zu Wort gemeldet. Herr Tonne, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Toepffer, Ihre gerade gehaltene Rede ist das Eingeständnis, dass Ihre Fraktion thematisch nichts mehr im Köcher hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU)

Es ist doch geradezu abenteuerlich, mit welchem Maß an Unterstellungen und Vermutungen Sie sich hier wirklich krampfhaft bemühen, den Ministerpräsidenten zu diskreditieren. Aber das wird Ihnen auch in dieser Frage nicht gelingen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass ausgerechnet jetzt die CDU hier der Landesregierung vermeintliche Versäumnisse in der Menschenrechtspolitik unterstellt, ist schon ein interessanter Vorgang, zumal Sie in Ihrer Regierungszeit

bei diesem Thema nicht mit besonderem Nachdruck gehandelt haben, um es mal ganz vorsichtig zu formulieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich darf Sie daran erinnern, dass es CDU und FDP waren, die die schwangere Gazale Salame nebst einjähriger Tochter abgeschoben haben. Meine Damen und Herren, das ist ein Verstoß gegen Menschenrechte!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es waren Ihre eigenen Leute - Rudolf Seiters, Rita Süssmuth -, die die CDU an Humanität und Menschenrechte erinnern mussten. Wie wir alle wissen: erfolglos.

Herrn McAllister fiel kurz nach seiner Wahlniederlage ein, dass die eigene Abschiebepolitik vielleicht doch etwas zu rigide gewesen sei. Und genau deswegen fehlt Ihnen jedwede Berechtigung, sich hier heute so aufzuspielen, wie Sie es getan haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz zu Ihnen hat Ministerpräsident Stephan Weil seine Russlandreise dazu genutzt, um die Menschenrechte wieder und wieder bei seinen Terminen und Gesprächen auf die Agenda zu setzen, wie z. B. bei dem Termin mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew, bei seinen Terminen in der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Vertretern der Zivilgesellschaft oder bei seinem Treffen mit der Vorsitzenden des Föderationsrates, Frau Matwijenko.

(Dirk Toepffer [CDU]: Was hat er denn gesagt?)

Es kann doch wohl nicht ernst gemeint sein, wenn Sie jetzt die Art und Weise kritisieren! Glauben Sie ernsthaft, wir würden in unserem gemeinsamen Bemühen um Achtung der Menschenrechte ein kleines Stück erfolgreicher sein, wenn wir polternd, schreiend und johlend, in Marktschreiermanier - am besten noch verbunden mit aufdringlicher Arroganz - Russland erklären wollten, wie Demokratie und Rechtsstaat funktionieren? - Das mag Ihr Stil sein, unserer ist es nicht!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist genau die Einstellung, die schadet! Unfassbar! Peinlich!)

Meine Damen und Herren, Diplomatie lebt von Signalen, die sachlich und ruhig, gleichwohl beharrlich vertreten werden. Ruhige Töne, aber in der Sache unmissverständlich: Das ist der Weg, verehrte Kollegen Dürr und Nacke.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Herr Nacke ist ganz friedlich und hat nichts gesagt!)

Wer Menschenrechte nur aus innenpolitischen Gründen lauthals einfordert, um der Galerie zu gefallen, nur um dem Image Genüge zu tun, wird der Bedeutung der Menschenrechte nicht gerecht. Herr Toepffer, das war zu wenig heute Morgen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Eine ganz klasse Rede!)

Außerdem - auch darauf möchte ich hinweisen - sollte sich gerade Deutschland insbesondere vor dem Hintergrund seiner Rolle in der jüngeren Geschichte sehr genau überlegen, wie man im Ausland, wie man in Russland auftritt.

Ich finde, genau diese Herausforderung hat Ministerpräsident Stephan Weil exzellent bewältigt. Dafür gebührt ihm der Dank dieses Hauses und nicht unsachliche Kritik von Ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Olympischen Winterspiele sind eine gute Gelegenheit, Demokratie, Weltoffenheit und Liberalität zu zeigen, Missstände aufzuzeigen, diese zu benennen und sich für Abhilfe einzusetzen.

Wenn die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit nicht eingehalten werden, dann ist das falsch und muss geändert werden. Wenn sich deutsche Stiftungen in Russland als „ausländische Agenten“ registrieren lassen müssen, dann ist das ebenso falsch. Gleiches gilt für Gesetze, die Homosexualität bzw. entsprechende Auftritte in der Öffentlichkeit unter Strafe stellen.

In jedem Fall aber sind wir als Deutsche und Europäer gut beraten, uns auf einen ernsthaften und vor allen Dingen ehrlichen Dialog mit Russland einzulassen. Klare Worte, eine klare Haltung genauso wie Geduld und Offenheit: Das müssen die

Leitlinien sein, und die hat unser Ministerpräsident Stephan Weil hervorragend in Russland vertreten.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE] geht zum Präsidium)

Vielen Dank, Herr Tonne. - Ich weiß nicht, ob gerade eine Wortmeldung zu diesem Punkt auf uns zukommt. - Ich darf feststellen, dass dem so ist. Herr Limburg, bleiben Sie gleich hier. Sie sind der nächste Redner zu diesem Tagesordnungspunkt. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die universellen Menschenrechte haben weltweit Gültigkeit, müssen weltweit Gültigkeit haben, und dies sollte und darf von niemandem infrage gestellt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Gerade deshalb sollten wir uns auch hier in Niedersachsen fragen, was wir denn selbst als Landespolitiker zur Durchsetzung der universellen Menschenrechte weltweit beitragen können.

Eine Möglichkeit ist z. B. das Thema Vergabe. Wir können hier in Niedersachsen ganz konkret darauf achten, dass das Land und die Kommunen die Möglichkeit bekommen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Kriterien der universellen Menschenrechte einzuhalten, z. B. das Verbot von Kinderarbeit, das Verbot von Hungerlöhnen und das Verbot der Ausbeutung insbesondere von Frauen.

Die Möglichkeit dazu hat Rot-Grün unter Ministerpräsident Weil mit dem neuen Landesvergabegesetz geschaffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wo waren Sie eigentlich, Herr Kollege Toepffer, als über dieses Landesvergabegesetz in diesem Hause beraten worden ist?

(Björn Thümler [CDU]: Hier, in diesem Hause!)

Sie, Herr Toepffer, haben bei der Schlussabstimmung dem Gesetz die Zustimmung verweigert

(Björn Thümler [CDU]: Weil es falsch ist!)

und damit deutlich dokumentiert, wie Ihre Haltung ist, wenn es ganz konkret darum geht, Menschenrechte auch in Niedersachsen zu achten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Kollege Tonne hat es schon angesprochen: Ganz ohne Frage ist die Menschenrechtssituation in Russland schlecht. Die Versammlungsfreiheit wird eingeschränkt. Die Rechte Homosexueller werden verletzt. Die Punkband Pussy Riot ist in einem rechtsstaatswidrigen Verfahren inhaftiert worden. Greenpeace-Aktivisten sind unter fragwürdigen Bedingungen festgehalten worden.

Gar keine Frage: Es ist richtig, das auf verschiedenen Ebenen zu kritisieren. Und es ist vor allem richtig, Russland daran zu erinnern, dass es die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben hat und all diese Maßnahmen im Widerspruch zur Menschenrechtskonvention stehen.

Aber was folgt für uns Niedersachsen, für uns Deutsche daraus? - Ein Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen vielleicht? Ein Ende des Wissenschaftsaustauschs, meine Damen und Herren? - Nein, eine Isolierung Russlands ist und wäre der falsche Weg.

Wenn ich die Reden der Kolleginnen und Kollegen der CDU höre, dann fühle ich mich manchmal an die frühen 60er-Jahre erinnert. Damals hat die CDU gehofft, durch Ignoranz die DDR und den Ostblock zum Einsturz bringen zu können.

(Widerspruch bei der CDU)

Damals war es Willy Brandt, der durch seine Politik „Wandel durch Annäherung“ erst die Öffnung des Ostblocks ermöglicht hat.