Protocol of the Session on January 22, 2014

Im Sommer - im Sommer! - fasst sie den Beschluss, mit der sogenannten Zukunftsoffensive erst einmal im ganzen Land Geld einzukassieren, indem sie auf die Altersermäßigung der Lehrkräfte verzichtet und die Gymnasiallehrkräfte zukünftig deutlich mehr arbeiten lässt. Erst einmal schön einkassieren und dann nicht wissen, was man mit den ganzen Mitteln machen soll!

Dann wird im Sommer versprochen, der Ganztagsschulerlass komme im Herbst. Im Herbst wird dann versprochen, der Ganztagsschulerlass komme Ende des Jahres. Jetzt ist Januar. Anscheinend soll irgendwo ein Papier existieren. Das wird aber weder der Öffentlichkeit noch den Verbänden mitgeteilt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ganz ähnlich ist es mit der Diskussion über G 8/G 9. Was passiert bei der Diskussion? - Da wird erst ein Dialogforum gemacht, eine Kick-offVeranstaltung, dann wird sich zurückgezogen in einen kleinen Kreis. Man kriegt überhaupt keine Ergebnisse mehr. Erst wird gesagt, Ende des Jahres solle es eine Entscheidung geben. Dann heißt es, die Kommission müsse noch tagen. Im März werde mit einer Entscheidung gerechnet. Zum Jahreswechsel stößt der Ministerpräsident dann nach vorn und nennt schon Details, die darauf schließen lassen, dass man sich hier eher eine Veränderung bei G 8 als die Rückkehr zu G 9 vorstellt.

Ganz ähnlich ist es dann bei der Änderung des Schulgesetzes bezüglich der Inklusion. Da verunsichern Sie mit den Formulierungen im Koalitionsvertrag im Januar 2013 die Förderschulen und prophezeien ihnen die Abschaffung zum Schuljahr 2013/2014. Dann rudern Sie zurück und sagen, Sie würden das erst 2014/2015 machen. Dann kommt irgendwann im Herbst 2013 die Nachricht: Nein, wir schieben das jetzt noch einmal auf das Schuljahr 2015/2016 weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe überhaupt kein Problem damit, dass Rot-Grün nicht mehr weiß, was sie in der Schulpolitik tun. Aber Sie verunsichern die Menschen, die an Bildung beteiligten Personen draußen. Sie schaffen Unsicherheit - nichts anderes! - nur wegen Ihrer

Hilflosigkeit, wegen Ihrer Konzeptlosigkeit und weil keiner weiß, wer im Schulbereich eigentlich etwas zu sagen hat: die Kultusministerin oder der Ministerpräsident oder am Ende gar keiner. Wahrscheinlich wäre es für die Menschen draußen auch besser, wenn gar keiner von beiden das Sagen hätte.

(Heiterkeit und starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt die Abgeordnete Korter. Frau Korter, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Seefried, Herr Kollege Försterling, das war jetzt nicht leicht für Sie, zu diesem Thema zu reden, nicht wahr?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Da fällt Ihnen auch nichts anderes ein, als sich darüber zu beschweren, dass der Erlass immer noch nicht vorliegt. Sie wissen seit 2008 über die Probleme Bescheid, kriegen sie nicht gelöst und beschweren sich hier, dass der Erlass nicht in Kürze vorliegt. Das ist schon ein bisschen dünn.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die schwarz-gelbe Landesregierung hat uns in der Schulpolitik eine ganze Reihe von Baustellen hinterlassen. Aber das mit den Ganztagsschulen, das ist die größte Baustelle überhaupt. Das wissen auch Sie, und deswegen fällt Ihnen hier nichts anderes zu dieser Aktuellen Stunde ein.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Als im Jahr 2004 die damalige rot-grüne Bundesregierung 400 Millionen Euro für Ganztagsschulen zur Verfügung stellte, da hat Ihre Landesregierung doch nur zu gern zugegriffen, das Geld in Anspruch genommen und im Lande verteilt. Sie hat aber überhaupt nichts dazugegeben, um auch die Personalausstattung der Ganztagsschulen zu sichern, damit dort gute Schule möglich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Stattdessen haben Sie das Modell der „Ganztagsschule light“ erfunden, und das ist der Kern des Problems, an dem wir heute arbeiten müssen. Wir müssen heute Ihre Probleme lösen. Was Sie in sechs Jahren nicht hingekriegt haben, das hat unsere Kultusministerin, Frauke Heiligenstadt, in noch nicht einmal einem Jahr gelöst.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Kai Seefried [CDU]: Bis jetzt wurde nur Porzellan zerschlagen!)

Sie hat das Problem mit der Sozialversicherung, mit der Deutschen Rentenversicherung in den Griff gekriegt. Dieses Problem ist gelöst. Aber wir müssen für die Schäden, die Sie angerichtet haben, 12 Millionen Euro nachzahlen. Und damit haben wir noch lange nicht alle Probleme gelöst, die Sie, meine Damen und Herren, uns eingebrockt haben; denn das sind nur die Altverträge, die wir damit abgelten.

Jetzt geht es darum, dass wir die Ganztagsschulen in Zukunft richtig ausstatten, sodass sie Ganztagsschulen mit Qualität sein können. Wir wollen keine fragwürdigen Beschäftigungsverhältnisse mehr, keine rechtswidrigen Arbeitsverträge mehr, sondern Ganztagsschule auf solide Füße stellen.

Ganztagsschule, meine Damen und Herren, ist für uns mehr als vormittags Unterricht und nachmittags ein bisschen Betreuung. Das ist hier schon gesagt worden. Wir wollen, dass Ganztagsschule mit guten Konzepten arbeiten kann, mit einem gemeinsamen, ganzheitlichen Konzept für den Vormittag und für den Nachmittag. Wir wollen, dass Ganztagsschulen offene Angebote machen können, aber auch teilgebundene und gebundene. Das hatten Sie - außer für die Oberschulen - abgeschafft.

Ganztagsschulen brauchen Konzepte für individuelle Lern- und Förderzeiten, für Pausen, für eine Zeitstruktur, für ein warmes Mittagessen - das ist für uns ganz wichtig -, für die Teilhabe der Beteiligten am Schulbetrieb, für Kooperationen. Und dafür brauchen sie Ressourcen - Ressourcen, die Sie ihnen jahrelang nicht zur Verfügung gestellt haben, die wir aber jetzt mit der neuen, rot-grünen Landesregierung teilnehmerbezogen zuweisen werden. Das bedeutet: Eine Schule, die mehr Kinder im Ganztag hat, wo viele Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen, bekommt mehr Ganztagsmittel.

(Astrid Vockert [CDU]: Eine Schule, bei der viele für den Ganztag ange- meldet sind! Ob sie tatsächlich da sind, ist eine andere Frage!)

Das ist nur gerecht so; denn sie muss für mehr Schülerinnen und Schüler auch mehr anbieten.

(Jörg Hillmer [CDU]: Wann geht es denn los? Wann kommt das denn?)

Die Grundlagen dafür haben wir hier im Dezember mit dem Haushalt 2014 beschlossen. Das wird uns eine ganze Menge Geld kosten - der Kollege Poppe hat darauf hingewiesen -: 260 Millionen Euro in den nächsten Jahren.

Lieber Kollege Seefried, Herr Kollege Försterling, der Erlass wird in den nächsten Tagen von der Kultusministerin in die Anhörung gegeben. Da werden wir selbstverständlich alle Verbände beteiligen, und selbstverständlich können dann alle jedes Detail diskutieren, sich dazu äußern und Stellung nehmen.

(Ulf Thiele [CDU]: Woher wissen Sie das? Kennen Sie ihn schon? - Jörg Hillmer [CDU]: Haben Sie ihn schon?)

- Nein, wir haben ihn natürlich nicht. Er wird erst in die öffentliche Anhörung gegeben, Herr Hillmer. Dann werden wir ihn genauso bekommen wie Sie.

Ganztagsschulen, meine Damen und Herren, sind für die rot-grüne Koalition Kernelemente einer guten Schulpolitik. Mit guten Ganztagsschulen werden wir versuchen, die skandalöse soziale Spaltung in unserem Schulsystem, die wir bei PISA immer wieder attestiert bekommen haben, aufzubrechen und mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

„Ganztagsschule light“ - das war gestern. Ganztagsschule mit Qualität - das kommt jetzt. Dafür sorgt Rot-Grün.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Korter. - Es folgt jetzt, ebenfalls zu diesem Tagesordnungspunkt, die Kultusministerin, Frau Heiligenstadt. Frau Heiligenstadt, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

(Jörg Hillmer [CDU]: Wir dachten, Herr Weil redet!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich kann direkt an den letzten Satz von Frau Korter anknüpfen: „Ganztagsschule light“ - das war gestern. „Ganztagsschule light“ wird ab dem 1. August 2014 in Niedersachsen der Vergangenheit angehören. Gute Ganztagsschulen werden sich ab dem 1. August 2014 in Niedersachsen auf den Weg machen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was brauchen gute Ganztagsschulen denn insgesamt? - Gute Ganztagsschulen brauchen ausreichend Ressourcen, ausreichend Mittel, ausreichend Stundenzuweisungen. Schulen brauchen ausreichend Zeit, um sich in gut ausgestattete Ganztagsschulen umwandeln zu können. Gute Ganztagsschulen brauchen Gestaltungsspielräume. Gute Ganztagsschulen brauchen Sicherheit für ihre Arbeit. Und: Gute Ganztagsschulen brauchen Unterstützung seitens der Landesregierung, seitens der Landesschulbehörde und seitens der Schulträger. Nichts von dem - weder Ressourcen noch Zeit, weder Gestaltungsspielräume noch Unterstützung - hatten die Ganztagsschulen in Niedersachsen in den letzten zehn Jahren.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Astrid Vockert [CDU]: Seit einem Jahr!)

Zum Thema Ressourcen: 260 Millionen Euro werden wir in den nächsten vier Jahren zur Verfügung stellen. Wir werden den Schulen einen teilnehmerbezogenen Zuschlag - pro Kind, pro Tag - zur Verfügung stellen. Wir werden bei allen 1 200 derzeitigen offenen Ganztagsschulen mit einem Zuschlag in Höhe von 60 % dieses teilnehmerbezogenen Zuschlages starten.

(Astrid Vockert [CDU]: Für kleine Grundschulen ist das eine Minimie- rung!)

Sie dagegen haben die Schulen mit zum Teil nicht einmal 25 % ausgestattet.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir werden versuchen, diesen Faktor des Ganztagszuschlages Schritt für Schritt zu erhöhen. Aber wir müssen erst einmal

die Baustellen aufräumen, die Sie in den letzten zehn Jahren hinterlassen haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir werden weiterhin ermöglichen, Lehrerstunden und Budget in Anspruch zu nehmen.

Zum Thema Zeit: Wir werden den Ganztagsschulen eine Übergangszeit einräumen. Wir werden den Schulen das erste Jahr nach Inkrafttreten des Erlasses als ein sogenanntes Probejahr zur Verfügung stellen. Sie müssen nicht zum 1. August 2014 fertige Konzepte vorlegen, wie Herr Seefried hier gerade an die Wand gemalt hat. Sie werden ein ganzes Jahr lang und, wenn sie es brauchen, auch noch länger Zeit haben, sich auf den Weg zu ihrer neuen pädagogischen Konzeption zu machen - wenn sie den Ganztag denn neu konzipieren wollen.

Die Schulen können aber auch ihre bisherigen Konzepte fortführen.

(Jörg Hillmer [CDU]: Ich denke, die waren nicht gut!)