Protocol of the Session on December 13, 2013

Danke sehr für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Janssen-Kucz das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt und undemokratisch ist. Ihr Agieren ist menschenverachtend. Das haben wir auch im Landtagswahlkampf erlebt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Der NPD-Verbotsantrag aller Bundesländer ist Anfang Dezember 2013 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Auf der Innenministerkonferenz in Osnabrück wurden die Eckpunkte in einer Pressekonferenz vorgestellt. Wir hatten am 5. Dezember 2013 eine Unterrichtung im Innenausschuss. Dort wurden diese Eckpunkte auch vorgestellt. Die in Teilen zitierten Textstellen aus öffentlichen Reden, Agitationen und Schriftstücken der NPD haben alle Ausschussmitglieder mehr als betroffen gemacht. Die Wesensverwandtschaft, die

Parallelen zwischen der Ideologie der NPD und den Nationalsozialisten der NSDAP wurden sehr deutlich.

Ich hätte es begrüßt, wenn sich der Bundestag und auch die Bundesregierung der Initiative der Bundesländer angeschlossen hätten. Das wäre ein starkes Zeichen gewesen - ein starkes Zeichen im gemeinsamen Kampf gegen Rechtsextremismus.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, und jetzt haben wir hier diesen Antrag der FDP-Fraktion. Lieber Herr Birkner, Sie haben eine etwas andere Rede gehalten als das, was in dem Antrag steht. Sie fordern die Landesregierung mit Ihrem Antrag auf, das NPD-Verbotsverfahren nicht länger zu unterstützen. Ich finde, das ist mehr als absurd. Wir gemeinsam haben den Antrag zur Regierungszeit der CDU und der FDP und nach langem Zögern von Herrn Schünemann auf den Weg gebracht. Wir haben uns als Land Niedersachsen entschieden, das NPD-Verbotsverfahren aktiv zu begleiten und zu unterstützen.

(Unruhe)

Moment, bitte, Frau Kollegin! - Ich bitte um etwas Ruhe. - Danke.

Wir wollen und wir werden nicht zulassen, dass die NPD Staatsgelder kassiert und damit nicht nur die eigenen rechtsextremen Strukturen unterhält, sondern auch andere rechtsextreme Gruppierungen und freie Kameradschaften mitfinanziert.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir dürfen nicht zulassen, dass unter dem Schutz des Parteienprivilegs eine so rassistische und menschenfeindliche Ideologie weiter verbreitet wird. Deshalb unterstützen wir weiter das Verbotsverfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben von einem Maßnahmenbündel gesprochen, Herr Dr. Birkner: Die NPD effektiv bekämpfen. Ich habe Ihnen gestern in den Haushaltsberatungen dargelegt, wie wir das unter Rot-Grün konsequent angehen: mit dem Landesprogramm gegen Rechts, dem „Löschangriff gegen Rechts“ und der Fortsetzung des Aussteigerprogramms PARC.

Aber es ist ein Widerspruch in sich, einerseits aktiv in Präventionsprogramme gegen Rechts zu investieren und Geld in die Hand zu nehmen und andererseits die NPD und ihre menschenverachtende Politik über die Parteienfinanzierung mitzufinanzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Rich- tig!)

Natürlich birgt das Verbotsverfahren auch die Gefahr des Scheiterns. Aber deswegen gleich die Flinte ins Korn zu werfen und die Hetze der NPD einfach laufen zu lassen, wäre fatal.

Wir brauchen ein deutliches Signal in die Gesellschaft: Der Staat bekämpft die Nazis auf allen Ebenen. Lassen Sie uns entschlossen gegen die NPD und andere Naziorganisationen vorgehen!

Ich finde, wir sollten beim NDP-Verbot mehr die Betroffenen in den Blick nehmen und hören, was sie zu sagen haben. Daher möchte ich zum Schluss die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano zitieren:

„In Zeiten, in denen die NPD und neofaschistische Kameradschaften ganze Regionen zu national befreiten Zonen erklären und die NPD immer noch nicht verboten ist, müssen wir alle uns einmischen und von der Regierung fordern, endlich zu handeln. Wer nicht durch die Hölle von Auschwitz gegangen ist, kann es schwer erahnen, was es für uns bedeutet, wenn Nazibanden in allen Städten marschieren dürfen.“

Danke schön.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat das Wort für die SPD-Fraktion Herr Höntsch. Bitte!

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Birkner, es ist fast 50 Jahre her, da zeigte mir mein Vater die Gräberfelder in Bergen-Belsen. Seit diesem Tag haben mich die Bilder der Leichenberge nicht mehr losgelassen. Dieser Besuch hat mich geprägt. Es entsetzt mich noch immer, wohin die Naziideologie in Deutschland geführt hat. Auch und gerade in dieser Tradition steht die NPD.

49 Jahre ist es her, dass sie in der Döhrener Masch hier in Hannover gegründet wurde. Seit vier Jahrzehnten bin ich dabei, wenn diese Partei irgendwo aufmarschiert. Das anstehende Jubiläum der NPD im kommenden Jahr sollte das letzte sein, das diese Partei, mit Steuergeldern finanziert, begehen kann.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dafür wünscht sich Rot-Grün die Unterstützung dieses Hauses.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, Sie haben hier im Niedersächsischen Landtag in dieser Frage leider ein Alleinstellungsmerkmal, das Ihnen nicht gut zu Gesicht steht.

Häufig wird der Eindruck erweckt, das Ganze sei ein Nischenthema. Auch bei Ihnen ging das wieder ein bisschen in diese Richtung. Das ist definitiv falsch und gefährlich obendrein.

Sprechen wir mit den Opfern rechter Gewalt, reden wir mit den Menschen, die sich zu Recht bedroht fühlen, dann merken wir sehr schnell: Von einer Petitesse kann keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bitte erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung. Böse anonyme Nachrichten kann ich von meinen Enkelsöhnen fernhalten. Aber der Frage meines ältesten Enkelsohnes, warum vor seiner Kita immer die Polizei steht - ja, es ist die jüdische Kita -, kann ich nicht ausweichen. Da muss die Antwort des Opas immer nur etwas Angst machen. Ich will aber meine Enkelkinder ohne Angst aufwachsen sehen. Sie sollen jüdische Kultur und jüdischen Glauben fröhlich in unserer Stadt erleben können.

Auf der Seite der NPD in Niedersachsen finden wir sehr Schlimmes:

„Gerade vor dem Hintergrund des großen Einflusses der Juden kommt es für uns kaum überraschend, dass die Förderung des Judentums kurz vor der Bundestagswahl geschieht, wobei es in der Bundesrepublik egal ist, welche Bundespartei Sie wählen. Die Bundestagsparteien sind sich in der Förderung des Judentums alle einig.“

Erschreckend auch immer wieder die Plakate, auf denen offensichtlich Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund auf ihrem Weg zum Flugha

fen gezeigt werden. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, hier wird, wenn auch strafrechtlich auf schmalem Grat, an die niedersten Instinkte appelliert. Ich denke, wir sind uns alle darüber einig.

Ich war vor ein paar Wochen in Wolfsburg beim sogenannten Nationalen Tag, den die NPD einmal im Jahr veranstaltet. Hier ein paar Redefetzen: „Willkommen in der KdF-Stadt Wolfsburg. Wir begrüßen den Kameraden Schmidt aus der Reichshauptstadt. Multikulti ist Völkermord. Lasst uns des 1. Mai gedenken; wir wissen, wem wir diesen Tag zu verdanken haben.“ Udo Pastörs meinte in Braunschweig: „Es wird der Tag kommen, an dem die Führer dieses korrupten Systems für ihre verbrecherischen Taten zur Rechenschaft gezogen werden.“

Volksverhetzung und Verherrlichung des Nationalsozialismus - das ist ihr Programm, und das dürfen Demokraten nicht hinnehmen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Es zieht sich eine Blutspur rechter Gewalt durch die letzten Jahre. Ich bin froh, dass es auch hier bei der Beurteilung zu einem Paradigmenwechsel in Niedersachsen gekommen ist. Es war ein Fehler, über Jahre hinweg Rechts- und Linksextremismus gleichzusetzen. Das hat zur Blindheit auf dem rechten Auge geführt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu meiner Schulzeit sprachen Lehrer immer noch von der dunklen Zeit. Das hat sich zum Glück verändert. Heute sprechen die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen von Verbrechen der Nazifaschisten.

Es kann nicht angehen, dass Initiativen, die sich gegen Nazis wehren, ein Revers unterschreiben müssen, wenn sie denn Förderung erhalten wollen. Es ist die Ministerin Kristina Schröder, die damit DGB, Jugendfalken und andere in die Nähe von Verfassungsfeinden rückt. Damit muss endlich Schluss sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch das ist ein Paradigmenwechsel: Nicht der Protest gegen Naziaufmärsche ist der Skandal, sondern die Aufmärsche selber sind es.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Innenminister Pistorius, ich danke Ihnen von ganzem Herzen, wie Sie in Bad Nenndorf Flagge gezeigt haben. Das und wie - das hat den Menschen dieser Stadt Mut gemacht. Und nicht nur ihnen. Ich habe in den letzten Wochen viele Gespräche mit Polizistinnen und Polizisten geführt. Ja, auch sie sind es leid, diese Rabauken beschützen zu müssen, einmal ganz abgesehen davon, wie das den Landeshaushalt belastet.

Es wird behauptet - auch von Ihnen, liebe FDP -, die NPD sei am Ende. Sie ist es nicht. Diese Partei sitzt nach wie vor in zwei Landtagen und in zahlreichen Kommunalparlamenten. Die Gelder, die sie daraus erhält, zusammen mit den Erstattungen sind seit dem gescheiterten Verbotsantrag zu einer zweistelligen Millionensumme angewachsen.