Protocol of the Session on December 12, 2013

Zur Vorbereitung auf das heutige Plenum habe ich mir die Haushaltsreden von vor zwei Jahren angesehen. Auch damals bestand ein großes Maß an Einigkeit über den Justizhaushalt. Diese besteht auch heute zum größten Teil noch fort. Die Justizministerin setzt den richtigen Kurs des Justizministers Busemann a. D. in vielen Bereichen weiter fort. Wir haben, wie auch Sie, bei Engpässen gerade auch in den Sozialgerichten die Richterstellen verstärkt. Das ist richtig so.

Was ich besonders ansprechen möchte, ist PEBB§Y, das Personalbedarfsberechnungssystem, das bundesweit Maßstab für die Bemessung der Zahl der Stellen für Richter und Staatsanwälte an den Gerichten ist. Dies muss immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden, und zwar aus folgendem Grund: Zum einen ändern sich gesetzliche Grundlagen. Zum anderen führen organisatorische Veränderungen oder auch aufwendige Verfahren zu besonderen Arbeitsbelastungen, die sich gegenwärtig über PEBB§Y nur schwerlich abbilden lassen.

Deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Gerichte und Staatsanwaltschaften an der Nacherhebung 2014 teilnehmen. Ich freue mich, dass das Interesse der niedersächsischen Gerichte und Staatsanwaltschaften, an der Nacherhebung teilzunehmen, sehr groß ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Niedersachsen wird zeitnah gutes Recht gesprochen. Daher ist es richtig, dass in diesem Haushaltsentwurf das bereits vom früheren Justizminister Busemann mit dem Richterbund vereinbarte Stellenhebungsprogramm für die Richterschaft und die Staatsanwaltschaften in vollem Umfang umgesetzt wird. Dabei unterstützen wir Sie ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Gabriela König [FDP])

Meine Damen und Herren, die Landesregierung konnte auf einen gesunden Haushalt zurückgreifen, mit dem sich Politik gestalten ließe. Hier, sehr verehrte Frau Ministerin, hätte ich mir von Ihnen mehr Entschiedenheit gewünscht, auch eigene Akzente zu setzen.

Für die Justiz ist die Situation durchaus weiter entspannt, weil durch die Steigerung der Gerichtsgebühren um etwa 19,9 % durch das 2. Kosten

rechtsmodernisierungsgesetz weiterer Spielraum entstanden ist. Hier hätten Sie ansetzen können. Sie hätten die Erhöhung der zu erwartenden Einnahmen in Ihrem Haushaltsentwurf anpassen können. In Ihrem Haushalt sind aber die erwarteten Steigerungen, je nach Gerichtsbarkeit schwankend, zwischen 15 und 18 % angesetzt.

Ich möchte jetzt nicht missverstanden werden. Vorsichtige und zurückhaltende Schätzungen sind grundsätzlich zu begrüßen. Sie bleiben aber mit Ihren Haushaltsansätzen zum Teil hinter den tatsächlichen Isteinnahmen des Jahres 2013 zurück. Deshalb schlägt die CDU-Fraktion als Ansatz für die Gerichtseinnahmen 19,1 % vor. Dieser Satz liegt damit näher an den von der Frau Ministerin selbst angekündigten 19,9 %. Diese Steigerung der Einnahmen ermöglicht den Spielraum, den wir mit unseren Vorschlägen nutzen wollen.

Ich möchte jetzt die Vorschläge von uns im Einzelnen kurz darstellen.

Wir wollen mehr für die soziale Gerechtigkeit innerhalb der Justiz tun. Zwar konnte in den letzten Jahren die Besoldung der Justizwachtmeister deutlich verbessert werden. Dennoch sind weiterhin mehrere Hundert Justizwachtmeister in der Besoldungsgruppe A 5 eingestuft. Wir möchten als Einstieg in eine Mindestbesoldung ab A 6 zunächst 50 Stellen bei den Justizwachtmeistern von A 5 auf A 6 heben.

Bei den Justizwachtmeistern muss in Zukunft auch die Aus- und Fortbildung weiter gestärkt werden. Mit einem Sofortprogramm zur Qualifizierung der Justizwachtmeister, insbesondere beispielsweise in Fragen von Sicherheit und Deeskalation oder auch Selbstverteidigung, möchten wir den berechtigten Forderungen des Landesverbandes der Justizwachtmeister an den niedersächsischen Gerichten nachkommen.

(Beifall bei der CDU)

Eine bessere Qualifizierung gibt Wachtmeistern die nötige Sicherheit, ihren Aufgaben noch besser gerecht zu werden. Dies führt auch immer zu einer Stärkung der Sicherheit an den niedersächsischen Gerichten.

Ferner wollen wir eine sexualtherapeutische Ambulanz beim ambulanten Jugendsozialdienst schaffen. Ich glaube, dieser Bereich ist ganz besonders wichtig, genau angeschaut zu werden. Der Anteil der Sexualstraftäter in den niedersächsischen Gerichten steigt. Um diesen Menschen zu helfen und um die Allgemeinheit zu schützen,

müssen die Betreuungsmöglichkeiten für sie dringend ausgebaut werden.

(Beifall bei der CDU)

Trotz grundsätzlich sinkender Kriminalität haben wir einen eklatanten Anstieg von Einbruchdiebstählen in Niedersachsen zu verzeichnen. Selbstverständlich ist es wichtig und richtig, sowohl Ermittlungskapazitäten als auch die Prävention auszubauen. Aber wir müssen uns auch den seelischen Schaden derjenigen Menschen anschauen, die Opfer von Einbruchdiebstählen geworden sind. Kein Opfer einer Straftat darf vergessen werden. Sie brauchen Schutz und unsere Unterstützung.

(Beifall bei der CDU - Dirk Toepffer [CDU]: Sehr richtig!)

Für viele Opfer von Wohnungseinbrüchen ist ein Wohnungseinbruch ein traumatisches Erlebnis, weil in ihren höchstpersönlichen Rechtsbereich eingedrungen wird. Viele Opfer wissen sich gar nicht anders zu helfen, als aus ihrer Wohnung auszuziehen und in eine neue Wohnung einzuziehen. Deshalb sehen wir hier einen konkreten Handlungsbedarf. Wir brauchen ein Beratungs-, Informations- und Betreuungskonzept zugunsten der Opfer, welches schnell umzusetzen ist. Hierfür möchten wir 250 000 Euro als Einstieg einsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Den Bereich der Mediation hat auch die Frau Ministerin als einen Schwerpunktbereich angesehen. Ich glaube, die Mediation ist ein ganz effektives und wichtiges Mittel, um Streitigkeiten zwischen zwei Parteien auf Augenhöhe möglichst schnell zu beenden. Wir möchten im Bereich des Baus gemeinsam mit Handwerkskammern und Handwerkstag ein Projekt entwickeln, damit über die außergerichtliche Mediation teure und kostenintensive Verfahren vermieden werden, damit sich die Partner auf Augenhöhe begegnen und über die Mediation ihre Streitigkeiten schlichten.

Zum Schluss möchte ich noch betonen, was uns als CDU ganz besonders wichtig ist. Gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft ist es richtig, dass wir unsere kleinen Amtsgerichte in der Fläche erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Denn eine älter werdende Gesellschaft bedeutet auch mehr Immobilität der Menschen. Ein gleichberechtigter Zugang zu den Gerichten muss uns allen sehr wichtig und ein hohes Gut sein. Deshalb ist es wichtig, wenn auch von diesem Landtag als

Signal ausgeht: Erhalt der Amtsgerichte in der Fläche.

Abschließend möchten wir feststellen, dass im Haushaltsentwurf für das Justizressort kein rotgrüner Politikwechsel zu sehen ist. Das wird von uns ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der CDU)

Besondere eigene Akzente der Ministerin sehen wir nicht. Wir hoffen, dass sich die Ministerin bei zukünftigen Beratungen der Landesregierung besser durchsetzen kann.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ross-Luttmann. - Nun hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Schröder-Ehlers das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist das erste Mal, dass ich zum Justizhaushalt sprechen darf. Ich muss feststellen, in diesem Themenbereich herrscht doch eine etwas andere Debattenkultur als im Themenbereich Landwirtschaft.

Bei Ihrem Abschlussstatement, Frau Kollegin, mussten Sie schon selber lachen. Das ist uns allen aufgefallen.

Meine Damen und Herren, bevor ich zu den Einzelheiten unseres Haushaltsantrags komme, zunächst einmal ein großer Dank und große Anerkennung an alle, die zum guten Funktionieren der niedersächsischen Justiz beitragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das sind viele - ob im Ministerium, in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, in der Anwaltschaft, im Justizvollzug, im Sozialdienst oder in den Verbänden. Besonders nennen möchte ich auch diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, ob als Schöffen im Betreuungsrecht oder bei der Straffälligenhilfe. Ihnen allen im Namen der SPD-Fraktion ganz herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Danken möchte ich aber auch Herrn Dr. Matusche und seinen Kolleginnen und Kollegen, die uns über alle Klippen des Haushaltsrechts hinweggeholfen

und uns den Etat erläutert haben. Ich finde, Frau Kollegin, die Zuarbeit, die wir aus den Häusern erfahren, ist immer sehr hilfreich.

Der Justizetat 2014 beträgt knapp 1,2 Milliarden Euro; das sind 4,3 % des Landeshaushalts. Das ist ein relativ bescheidener Anteil, über den wir für die dritte Gewalt reden. Trotz des bescheidenen Anteils setzen wir deutlich neue Akzente, Frau RossLuttmann. Dazu erhöhen wir den Etat um über 1 Million Euro. Ich finde, das ist auch nötig.

Es erstaunt mich schon sehr, dass man, wenn man in der Gesamtschau Ihrer Anträge alles einmal addiert und subtrahiert, feststellen muss, dass Sie gemäß dem CDU-Antrag insgesamt 2,2 Millionen Euro und gemäß dem FDP-Antrag sogar 3,5 Millionen aus dem Justizetat in andere Haushaltsetats umschichten wollen. Das finde ich schon sehr ungewöhnlich.

Herr Busemann, da hätte ich mir doch eine stärkere interne Intervention gewünscht. Ich kann gar nicht nachvollziehen, dass Sie so etwas zulassen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich nur an wenigen Punkten benennen, wo wir auf jeden Fall etwas tun müssen. Mein Kollege Brunotte wird dann im Anschluss die Aspekte des Justizvollzuges und der Straffälligenhilfe besonders hervorheben; denn das sind unsere klaren politischen Schwerpunkte.

Meine Damen und Herren, der Spiegel hat am Montag aus einer von einem Versicherungsunternehmen in Auftrag gegebenen, aber noch nicht veröffentlichten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zitiert, dass 72 % der Richterinnen und Richter darüber klagen, dass sich ihre Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren verschlechtert haben. 85 % beurteilen die personelle Ausstattung der Gerichte als schlecht. Dabei wird besonders die Situation in Niedersachsen hervorgehoben, Herr Busemann, und zwar insbesondere in Wirtschaftsstrafverfahren. Nun war es noch nicht möglich, die Daten genauer auszuwerten. Aber deutlich wird schon - das wird auch von allen Verbänden in der Justiz einvernehmlich mitgetragen, was ich sehr begrüße -, dass es das Stellenhebungsprogramm, das schon lange in der Diskussion ist, nun endlich geben muss. Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte begrüßen dieses auch ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch richtig ist, die Strafkammern mit Blick auf die Securenta-Verfahren in Göttingen und die IuK-Kriminalität zu verstärken; denn gerade die Bereiche Wirtschaftskriminalität und IuK-Kriminalität stellen die Justiz in Zukunft vor ganz besondere Herausforderungen. Es geht um einen Bereich, der sich sehr rasant weiterentwickelt und den wir in Zukunft, glaube ich, sehr genau im Auge behalten müssen. Gerichte und Staatsanwaltschaften müssen personell und materiell so ausgestattet sein, dass sie auch diese hochkomplexen Verfahren auf Augenhöhe durchführen können.

(Beifall bei der SPD - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Sehr gut!)

Neben der wichtigen Frage, wie wir die Ausbildung von Polizei und Justiz zukünftig sicherstellen, damit sie diese rasante digitale Entwicklung nachvollziehen können, stellen sich hierbei große rechtspolitische Fragen. Das will ich an dieser Stelle sehr deutlich sagen.

Der Appell der Internetanbieter in der letzten Woche und der vorgestern von fünf Nobelpreisträgern und 560 Schriftstellern veröffentlichte Aufruf machen die Spannweite deutlich. Auch die Debatte zur Vorratsdatenspeicherung von heute Morgen hat das Thema schon angerissen. Im Übrigen hat mittlerweile der Generalanwalt sein Gutachten vorgestellt. Er hält die umfangreiche Vorratsdatenspeicherung für nicht grundrechtskonform.