Protocol of the Session on November 1, 2013

Eine von Niedersachsen und dem Bund in Auftrag gegebene Studie des Von-Thünen-Instituts hat gezeigt, dass die Nutzung von Hoch- und Niedermooren den größten Anteil der Treibhausgasemissionen der niedersächsischen Landwirtschaft einnimmt.

Niedersachsen hat hier durch spezifische regionale Begebenheiten eine besondere Verantwortung; denn rund 38 % der gesamtdeutschen Moorfläche liegen in unserer Region. Bei den Hochmooren sind es sogar 70 %.

Dabei sind die Emissionsminderungskosten vergleichsweise gering, aber bisher nie ausgeschöpft worden. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen aus Moorböden lässt sich schon durch eine Anhebung des Wasserstandes erreichen. Das heißt, dass wir mit technisch einfachen und zugleich kostengünstigen Lösungen bedeutende Effekte erzielen können. Nach aktuellen Berechnungen können in Niedersachsen durch Wiedervernässung in Mooren Einsparungen in Höhe von 30 t CO2-Äquivalenten pro Hektar und Jahr erreicht werden.

Klimaschutz durch Moorentwicklung hat für die Landesregierung daher eine besondere Priorität.

Der Erhalt naturnaher Moore und die klimaverträgliche Bewirtschaftung kultivierter Moorböden gehören zu den großen klimapolitischen Herausforderungen unseres Landes.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kern der niedersächsischen Klimaschutzpolitik ist die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Klimaschutzstrategie ist daher auch eine nachhaltige Energiepolitik des Landes.

Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien möchten wir ein neues, nachhaltiges System erreichen, das völlig auf Atomkraft und schrittweise auch auf fossile Energieträger verzichtet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir streben dabei eine Energieversorgung aus 100 % erneuerbaren Quellen an.

Niedersachsen als Energieland kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Die Niedersächsische Landesregierung ist sich dieser Herausforderung bewusst.

Auch die Teilnehmer der auf Einladung von Ministerpräsident Stephan Weil und mir zusammengekommenen „Kleinen Energierunde“ halten eine zeitnahe Korrektur der energiepolitischen Rahmenbedingungen für erforderlich. Das am 16. Oktober vorgestellte Positionspapier „Energiewende 2.0“ enthält zahlreiche Empfehlungen für eine erfolgreiche Gestaltung der Energiewende. Dabei haben sich die Teilnehmer der Runde auf folgende Grundlagen für die Erarbeitung von Umsetzungsoptionen verständigt:

Das heutige Produktivitätsniveau von Industrie und Wirtschaft soll auch künftig beibehalten werden. Die Versorgungssicherheit soll weiterhin auf dem bestehenden hohen Niveau sichergestellt werden. Die Wege der Energiewende zur Erreichung der gesetzten Ziele sollen volkswirtschaftlich optimal ausgestaltet werden.

Die Runde gibt darauf aufbauend konkrete Empfehlungen für die Eckpfeiler der Energiewende, u. a. zur zukünftigen Förderung erneuerbarer Energien, zum Emissionshandel und zum Strommarktdesign.

Die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes des Landes schließlich ist ein zentrales Vorhaben, das die bisher genannten Punkte einbettet und ergänzt. Es soll im Rahmen eines gesellschaftli

chen Dialogs entwickelt werden und konkrete energie- und klimaschutzpolitische Ziele sowie Verfahrensvorschläge zur Durchführung von Maßnahmen des Klimaschutzes enthalten. Diese Maßnahmen sollen mit den Handlungsempfehlungen der Regierungskommission in einem verbindlichen Integrierten Klimaschutz- und Energieprogramm des Landes Niedersachsen zusammengeführt werden, das alle fünf Jahre evaluiert und fortgeschrieben werden soll.

Um die Handlungserfordernisse und Umsetzungsoptionen konkret und pragmatisch zu beschreiben, sollen Ziele und Maßnahmen zeitlich differenziert bewertet werden mit einer Fokussierung auf die nächsten ca. zehn Jahre und unter gleichzeitiger Beachtung der langfristigen Zielperspektive bis 2050. Damit der Klimawandel auf eine Erwärmung von weniger als 2 °C beschränkt bleibt, hat der Europäische Rat 2011 das Ziel bestätigt, die Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 % gegenüber 1990 zu verringern.

Der Schutz des Klimas und seine Auswirkungen auf künftige Generationen sind von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Für die Landesregierung ergibt sich daraus, dass Energiewende, Klimaschutz und Klimawandel als gesellschaftliche Aufgabe wahrzunehmen sind. Dies ist eine Herausforderung, die Staat und Gesellschaft, Land und Kommunen nur gemeinsam bewältigen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin davon überzeugt, dass wir technisch in der Lage wären, diese Transformation in 20 Jahren zu vollziehen. Ob dies gelingt, ob es tatsächlich in diesem Tempo geht, hängt von der gesellschaftspolitischen Akzeptanz ab. Von daher ist dies im Kern eine gesellschaftspolitische Herausforderung, die nur gelingt, wenn es parteiübergreifend und auch legislaturperiodenübergreifend zu Lösungen kommt.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Wenzel, für die Beantwortung der Anfrage. - Es liegt eine ganze Reihe von Zusatzfragen vor. Die erste Zusatzfrage stellt der Herr Kollege Marcus Bosse von der SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Minister Wenzel, können Sie Extremwetterereignisse der letzten Zeit benennen?

(Jörg Hillmer [CDU]: Verliest er jetzt den Wetterbericht?)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die ersten Anzeichen für eine Steigerung von Extremwetterereignissen sind in den letzten Jahren von den großen Rückversicherungen, vor allem von der Münchener Rück, präsentiert worden. Bereits vor zehn Jahren wurden erste Daten vorgelegt, für die eine große Zahl von Versicherungspolicen und die Schadensereignisse aggregiert worden sind. Dabei hat die Münchener Rück schon vor zehn Jahren deutlich gemacht, dass es offensichtlich einen Anstieg der Extremwetterereignisse gibt.

Wir haben an der Elbe in den letzten elf Jahren fünf sogenannte Jahrhunderthochwasserereignisse gehabt, in den 100 Jahren davor, soweit die Aufzeichnungen stimmen, nur zwei.

Wir hatten kürzlich einen Orkan, der in Niedersachsen u. a. eine der wunderschönen historischen Mühlen in Greetsiel stark beschädigt und umgekippt hat. Wir haben dies zum Anlass genommen, um einmal nachzufragen, wie die Windgeschwindigkeiten bei dem Orkan waren. Wir haben beispielsweise in Spiekeroog historisch 148,3 km/h gemessen, in Cuxhaven 160,9 km/h und in Hannover 122 km/h. Bei dem Orkan vor wenigen Tagen haben wir in Sankt Peter-Ording 172 km/h gemessen. Das war in den letzten 25 Jahren unter den Top fünf. In Dänemark wurden sogar Böen mit Geschwindigkeiten von 193 km/h gemessen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Marcus Bosse [SPD])

Danke, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen von der FDP-Fraktion. Bitte schön!

(Axel Brammer [SPD]: Das ist schön, dass ihr neugierig seid!)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte gern gewusst, warum die Landesre

gierung vor dem Hintergrund der Hochwasserereignisse, die wir in diesem Jahr gehabt haben, und des IPCC-Berichts nicht die Landesmittel für den Hochwasserschutz erhöht, um ihn auf einem gleich hohen Niveau zu halten wie in der Vergangenheit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Minister Wenzel, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Oetjen, wir halten die Landesmittel auf dem Niveau. Wir sind bemüht, diese Mittel noch zu erhöhen, indem wir die GAK-Mittel des Bundes künftig möglicherweise in einem Sonderrahmenplan in Anspruch nehmen können. Dazu haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der die Zustimmung aller Länder in der Umweltministerkonferenz gefunden hat. Dieser Vorschlag wurde wiederum auf der Ministerpräsidentenkonferenz verhandelt. Ich freue mich, dass der Ministerpräsident dort erreichen konnte, dass sich alle Länder diese Forderung zu eigen gemacht haben. Der Bund hat die GAK-Mittel gekürzt. Wir hoffen, dass wir wieder zu Erhöhungen kommen.

Zusätzlich sind wir im Gespräch über eine Förderung aus dem ELER. Auch das ist möglich, hängt aber z. B. auch davon ab, ob es gelingt, mehr Mittel von der ersten Säule in die zweite Säule zu übertragen. Da wäre ich Ihrer Fraktion und auch der CDU-Fraktion sehr dankbar, wenn Sie hier im Land, aber auch mit Blick auf die anderen Bundesländer mit dafür Sorge tragen würden, dass tatsächlich ein substanzieller Teil der Mittel aus der ersten Säule in die zweite Säule übertragen werden kann. Dies käme dann direkt auch dem Hochwasserschutz im Binnenland zugute, weil wir dann den ELER in diesem Bereich besser ausstatten können.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung von Marcus Bosse [SPD] und Grant Hendrik Tonne [SPD])

Das sind Sachen, die eng miteinander zusammenhängen, Herr Oetjen. Ich glaube, es wäre wichtig, sich die finanziellen Zusammenhänge einmal anzugucken.

Ich bin guter Hoffnung, dass es gelingt, am Ende auch den Bund zu überzeugen, dass wir ein nationales Hochwasserschutzprogramm brauchen. Die

jetzt bereitgestellten Mittel in Milliardenhöhe sind insbesondere zur Schadensbeseitigung vorgesehen. Mir liegt daran, dass wir insbesondere auch in die Vorsorge investieren und dass wir langfristig nicht immer wieder in die Situation kommen, Reparatur finanzieren zu müssen. Das ist das Ziel unserer Landesregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Marcus Bosse [SPD])

Die nächste Frage stellt der Kollege Thomas Schremmer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass der IPCC in der Öffentlichkeit gelegentlich als kleine Gruppe von Wissenschaftlern im Elfenbeinturm wahrgenommen wird, z. B. von Alec Rawls, quasi dem internationalen Dr. Hocker der Klimaskeptiker,

(Lachen und Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

frage ich die Landesregierung: Wie groß ist denn die Beteiligung von Politik und Wissenschaft an der Erstellung des Fünften Sachstandsberichtes?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Dr. Hocker, war das sachgerecht?

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Absolut!)

Herr Minister Wenzel!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schremmer, insgesamt haben 3 000 Wissenschaftler Vorschläge gemacht. Daraufhin wurden 830 international renommierte Wissenschaftler berufen, 40 davon aus Deutschland.