Protocol of the Session on October 31, 2013

Die Politik ist sich einig, dass wir Verantwortung dafür tragen, für alle Verkehrsträger gleichberechtigte Rahmenbedingungen zu schaffen, um ausgefeilte, zukunftsfähige Logistiksysteme zu entwickeln. Dies betrifft die entsprechenden Kernnetze für leistungsfähige, grenzübergreifende Güterverkehre, aber auch durchgängige Ergänzungsnetze. Mehr noch: Wir haben die übereinstimmende Auffassung, dass die Verkehrsströme angesichts der geforderten Entlastung der Straßen künftig auch verstärkt auf das Wasser zu lenken sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Sektor muss sich um Qualität bemühen, um die Ziele des Weißbuchs Verkehr - Verlagerung auf Schiene und Wasserwege und Verringerung des CO2-Ausstoßes - einzuhalten. Dabei sind wir in der Pflicht, angesichts günstiger Seeverkehrsprognosen nicht nur die Hafenstandorte unseres Bundeslandes wettbewerbsfähig zu halten, sondern auch unsere Binnenwasserstraßen. Dennoch wird auch in diesem Hause in immer kürzer werdenden Abständen festgestellt, dass der Erhaltungszustand der niedersächsischen Wasserwege nicht den Erfordernissen entspricht.

Wir schließen daraus: Niedersachsen gerät ins Hintertreffen und nutzt die Entwicklungschancen nicht konsequent genug, welche sich im Bereich der multimodalen europäischen Transportketten ergeben. Insofern kommt das Programm NAIADES II genau zur richtigen Zeit. Auch angesichts der Schwierigkeiten, die mit dem Ausbau von Straßen und Schienen verbunden sind, bietet uns die Binnenschifffahrt Chancen, die wir verstärkt in den Blick nehmen sollten.

Aus diesem Grunde dürfen wir nicht länger den Fehler machen, bei der Diskussion um Wasserstraßen ausschließlich taktisch mit der Lupe auf lokale Gegebenheiten zu schauen. Wir müssen größer denken und größer planen. Wir sind gefordert, den Ausbau der Binnenwasserstraßen systematischer voranzubringen, damit unsere Seehäfen wettbewerbsfähig bleiben und damit flexible Transportprobleme wachsen können. Unser Land braucht eine strategische Aufstellung, um die Wasserwege in Niedersachsen als Adern im europäischen Kreislauf zu betrachten und nutzbarer zu machen. Nur so werden wir mittelfristig und langfristig weitergehende Entwicklungschancen eröffnen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen.

Übrigens: NAIADES steht für „Navigation and Inland Waterway Action and Development in Europe“ und folgt der alten Erkenntnis: Navigare necesse est.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Ah! Donnerwet- ter! - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Krogmann das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon merkwürdig: Seit dem Rauswurf aus dem Deutschen Bundestag und aus der Bundesregierung wird die FDP plötzlich zum Sachwalter für die Binnenschifffahrt. Zuerst wollten Sie nur die Mittelweser ausbauen - wir haben einen entsprechenden Antrag in der Beratung -, und jetzt kommt gleich der ganz große Aufschlag. Die Zukunft der Binnenwasserstraßen insgesamt soll gesichert werden - ausgerechnet von der FDP. Da kann ich nur sagen: Der Fachmann staunt, der Laie wundert sich.

Und ich frage mich: Wer hat denn eigentlich maßgeblich z. B. mit der Zerschlagung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion einen wichtigen Partner der Binnenschifffahrt hier im Norden geschwächt? - Das waren doch Sie. Wer hat im Deutschen Bundestag eigentlich die Kategorisierung der Investitionsmittel zu Lasten Niedersachsens und des Nordens durch die Tonnageregelung betrieben? Wer hat dafür gesorgt, dass die Rheinschiene jetzt überproportional bevorzugt wird? Wer hat das gegen alle Einwände der Hafenwirtschaft, der Kommunen und vieler anderer Interessengruppen durchgesetzt? - Das waren auch und vor allem die FDP-Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Ihre Kolleginnen und Kollegen im Niedersächsischen Landtag, liebe Frau Eilers, haben wirklich nicht sehr stark dagegengehalten, obwohl die SPDFraktion viele Anträge dazu gestellt hat. Sie sind also wirklich nicht die richtigen Anwälte in dieser Angelegenheit.

(Beifall bei der SPD)

Man könnte sagen, jetzt springt der Bock - oder sagen wir: das Böcklein - aus dem Blumenbeet und spielt sich als Gärtner auf. Ich sage Ihnen: Das wird nicht verfangen. Die maritime Wirtschaft in Niedersachsen hat Ihre Rolle in vier Jahren Bundesregierung nicht vergessen, und da werden Sie mit diesem Antrag kaum punkten können.

Meine Damen und Herren, die rot-grüne Mehrheit dieses Hauses jedenfalls braucht keine Nachhilfe in Form eines solchen Antrags, wenn es um die Bedeutung der Binnenschifffahrt für die niedersächsische Hafen- und Logistikwirtschaft geht. Uns ist klar: Ein Binnenschiff entlastet unsere Straßen je nach Schiffsgröße um etwa 50 bis 80 Lkw. Binnenschifffahrt ist also nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern sie trägt auch - das ist der Bogen zur vorherigen Debatte - zum Klimaschutz bei.

Wir wissen, dass viele Unternehmen die Anbindung nicht nur an die Seehäfen, sondern auch die Möglichkeit wollen, den Wasserweg im Binnenland für ihre logistischen Systeme immer stärker zu nutzen, sei es zur Verschiffung von Containern - dafür ist Volkswagen ein Beispiel - oder aber auch bei Projektladungen, die immer wichtiger werden, die aber gerade nicht von der Tonnageregelung Ihrer Bundesregierung begünstigt werden. Das ist uns sehr wohl bekannt.

(Ronald Schminke [SPD]: Bei Schwer- transporten!)

Wir müssen allerdings auch sehen, wo wir heute mit der Binnenschifffahrt stehen. Ich will Ihnen einmal eine Zahl nennen: In Hamburg gehen von den Containerverkehren heute 2 bis 5 % über das Binnenschiff weg. Das macht deutlich, welch ein riesiges Potenzial in diesem Bereich liegt. Frau Eilers, Herrn Bode müssen Sie nicht fragen. Dass er davon wenig Ahnung hat, hat er gezeigt.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD - Hillgriet Eilers [FDP]: Unver- schämt!)

2 bis 5 % gehen dort heute weg. Dort liegt noch ein gewaltiges Potenzial, aber es ist eben auch noch ein sehr weiter Weg.

Meine Damen und Herren, ein kleines Detail Ihres Antrags will ich dann doch noch einmal ansprechen. Daran wird auch ein bisschen das Motiv oder die Geisteshaltung deutlich. Sie fordern die Sicherstellung des durchgängigen Binnenwasserstraßennetzes und damit notwendiger und unvermeidlicher Flussvertiefungen. Aha! Da sind wir also am richtigen Punkt. Ich muss Ihnen aber leider sagen, dass das für das Binnenschiff ziemlicher Unsinn ist, denn beim Binnenschiff ist in der Regel nicht der Tiefgang das Problem, sondern es geht um Engstellen, um Schleusen und um Brücken. Es geht darum, Begegnungsverkehr zu ermöglichen. Flussvertiefungen sollten aber offensichtlich unbedingt als politisches Schlagwort in den Antrag hinein, und das ist ein bisschen kennzeichnend für den gesamten Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Übrigen nennen Sie nicht ein einziges niedersächsisches Projekt. Sie nennen nicht den Küstenkanal, nicht den Dortmund-Ems-Kanal, nicht das Aufstiegsbauwerk in Scharnebeck, nicht die wichtigen Stichkanäle gerade im Osten des Landes und auch nicht die Oberweser. Ronald

Schminke hat mich noch einmal gebeten, darauf hinzuweisen. Seien wir ehrlich: Es ist eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen. Ich vermute, seitens der FDP wurde dieser Antrag auch in allen anderen Landtagen gestellt, die es in Deutschland gibt; es sind ja nicht mehr so viele, in denen Sie vertreten sind. Das hat mit Niedersachsen nichts zu tun. Die niedersächsische Komponente fehlt völlig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Aufhänger nehmen Sie das EU-Programm NAIADES. Gut, ob uns das hilft, wissen wir noch nicht. Dieses Programm ist gerade erst veröffentlicht worden, und man weiß noch nicht, wie die konkreten Ausgestaltungen sind. Ich gehe davon aus, dass wir im Unterausschuss einen entsprechenden Bericht dazu bekommen werden. Aber auch diese EU-Förderung, wenn sie denn für uns in Frage kommt, wird für unsere Binnenschifffahrt ganz gewiss nicht reichen. Wir brauchen stattdessen eine andere Investitionspolitik in Deutschland. Wir brauchen letztlich mehr Geld für unsere Schleusen, Brücken, Stichkanäle und Häfen. Wir brauchen vor allem eine Investitionspolitik, die den Norden gleichberechtigt behandelt und die unsere Entwicklungschancen berücksichtigt. Dass die FDP in der nächsten Bundesregierung ganz sicher nicht dabei ist, ist zumindest für die maritime Wirtschaft schon einmal eine gute Nachricht.

In diesem Sinne und vor diesem Hintergrund gehen wir frohen Mutes in die Ausschussberatung.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Krogmann. - Der nächste Redner ist nun Herr Kollege Hiebing für die CDU-Fraktion. Bitte!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Krogmann, ich hätte mir bei einem solch wichtigen Thema wie Binnenwasserstraßen und Binnenschifffahrt eigentlich gewünscht, dass vielleicht doch ein bisschen mehr Sachlichkeit an den Tag gelegt worden wäre.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Interesse Niedersachsens haben wir den Bund immer als den großen Partner, an den wir Forderungen stellen. Aber wenn wir uns darüber so zerstreiten, wie Sie es gerade gemacht haben, dann bringt uns das für Niedersachsen wahrscheinlich wenig voran.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die maritime Wirtschaft ist sozusagen als globale Wirtschaft - wenn man sie einmal so bezeichnen darf - für Niedersachsen, für Deutschland von zentraler Bedeutung. Ich glaube, das wissen wir auch alle.

Niedersachsen hat aufgrund der langen Küstenlinien und als Land mit vielen See- und Binnenhäfen in Deutschland einen ganz klaren und guten Standortvorteil. Den gilt es zu nutzen. Es gibt immerhin 900 Unternehmen und 40 000 Menschen, die in dem Bereich in Lohn und Brot sind. Niedersachsen ist weiterhin größter Schiffbau- und zweitgrößter Reedereistandort. Der JadeWeserPort ist nach anfänglichen Schwierigkeiten, wie ich finde, auf einem guten Weg. Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen zahlreiche Bundeswasserstraßen von überregionaler Bedeutung. Gerade Niedersachsen ist auf seine Wasserwege angewiesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen wir diesen Sektor weiterhin gezielt fördern, müssen wir Chancen erkennen und Potenziale heben. Gerade das Binnenschiff hat im Verkehrssystem eine ganz hohe und wichtige Bedeutung. Darum ist dieser Antrag, die Binnenwasserwege und die Binnenschifffahrt zu stärken, vom Grunde her zu begrüßen; denn, verehrte Frau Kollegin, ein wenig Schattendasein haben sie schon. Die Seeschiffe stehen häufig eher im Fokus. Darüber - auch über die Krisen - wird häufig berichtet. Das Binnenschiff hat das Schattendasein. Die Binnenschiffer sind auch nicht so gut organisiert. Sie haben mehrere Bundesverbände. Ich als Harener, der allein 50 Binnenschifffahrtspartikuliere in seiner Heimatstadt hat, weiß, dass die sich ein wenig schwertun. Ich meine, wir tun gut daran, sie zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das Binnenschiff zeichnet sich durch niedrige Transportkosten, hohe Ladekapazitäten und auch durch Zuverlässigkeit aus. Es ist CO2-emissionsfreundlich, und auch der Kraftstoffverbrauch ist niedriger als bei anderen

Verkehrsträgern. Das sollten wir dabei auch immer im Auge haben. Insofern ist das Potenzial der Binnenschifffahrtswege zu verbessern; denn nur dadurch wird auch der Binnenschifffahrt geholfen. Ich glaube schon, dass diese Chancen, die die Wasserstraße bietet, die Situation zu verbessern, uns allen ein Anliegen sein sollte. Da gibt es sicherlich immer wieder auch Forderungen, die regionalen Gedanken folgen. Aber gleichwohl ist es erforderlich, ein Binnenwasserstraßengesamtkonzept mit leistungsfähigen Binnenwasserstraßen zu entwickeln. Dazu gehören die Schleusen, dazu gehören die Umschlagsplätze. Das alles ist nie so gut, wie man es sich wünscht. Da wird auch weiterhin viel investiert werden müssen.

Allein im Jahre 2012 wurden immerhin mehr als 200 Millionen Tonnen Güter auf Bundeswasserstraßen transportiert. Nur beim Binnenschiff haben wir einen Zuwachs an Transportleistungskapazitäten aufzuweisen. Gleichwohl - das sollte uns Sorgen machen - ist die Zahl der Schiffseigner gesunken. Es sind welche aus dem Markt ausgestiegen, weil ihnen die Kosten davongelaufen sind und die Einnahmesituation nicht entsprechend war. Ich meine, dass uns das Sorgen machen muss; denn insgesamt sollten wir die Chancen der Binnenwasserstraßen und der Binnenschifffahrt unterstützen und fördern und gucken, wie die Unternehmen mit den Krisen, die sie derzeit durchaus haben, fertig werden; ob das die Finanzierung von Schiffen ist oder ob das die Konkurrenz aus den Niederlanden und aus Belgien ist. Teilweise sind die Staaten in der Nachbarschaft bereit, Binnenschifffahrt stärker zu fördern, als wir es tun. Ich meine, dass wir uns auch darüber Gedanken machen sollten.

Meine Damen und Herren, es ist doch völlig unstrittig, dass der Bund bei dieser Thematik eine wichtige Rolle spielt. Wir wissen auch, dass unsere Infrastruktur, was Schleusen anbelangt, durchaus verbesserungswürdig ist. Dort muss mehr investiert werden. Es ist doch eigentlich das Anliegen Niedersachsens, dem Bund - wer auch immer dort im Verkehrsressort in Zukunft Verantwortung trägt - klarzumachen, dass dort mehr investiert werden muss, um die Potenziale gerade der Binnenwasserstraßen mehr als bisher zu nutzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns das auf jeden Fall genau anschauen. Wir sollten uns auch darüber unterhalten, welche Vorstellungen Europa zu diesem Thema hat. Auch Europa ist darauf angewiesen, dass Wasserstraßen leistungsfähiger

werden. Ich meine, dass wir uns dann, wenn sich die Wachstumsmärkte so entwickeln, wie man es prognostiziert, ohne leistungsfähige Wasserstraßen Wirtschaft auch in Zukunft nicht vorstellen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb wird es auch länderübergreifende Konzepte und transeuropäische Verkehrsnetze geben müssen, um diese Situation zu verbessern.

(Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, im FDP-Antrag sind viele Punkte, die wir als CDU unterstützen. Sicherlich gibt es auch Punkte, die schon von anderen gefordert und unterstützt worden sind. Insgesamt sollten wir uns mit dieser Thematik im Interesse Niedersachsens sachlich auseinandersetzen. Dazu hat dieser Antrag sicherlich seine Berechtigung. Wir halten es für notwendig, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten den Bund immer wieder ermahnen und auffordern, für Niedersachsen das Sinnvolle und Notwendige zu tun.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)