Wer auf der Basis der Empfehlungen in der Drucksache 17/834 diesen Gesetzentwurf beschließen will, den darf ich bitten, sich vom Platz zu erheben. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Enthaltungen? - Dann ist das Gesetz mit großer Mehrheit so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Regulierungskammer Niedersachsen (RegKNG) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/740 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/837 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/849
Ich eröffne die Beratung und erteile als Erstes für die SPD-Fraktion dem Abgeordneten Karsten Becker das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Dritte Binnenmarktpaket Energie der EUKommission verlangt, dass Regulierungsaufgaben unparteiisch, frei von Marktinteressen und autonom von Regierungs- und anderen öffentlichen Stellen wahrgenommen werden müssen. Für die niedersächsischen Energieversorgungsunternehmen mit weniger als 100 000 Kunden hat Niedersachsen diese Aufgabe im Jahre 2005 im Wege der Organleihe an die Bundesnetzagentur übertragen.
Wir holen diese Aufgabe jetzt zurück in eine Regulierungskammer Niedersachsen, und das, meine Damen und Herren, mit guten Gründen.
Die in Niedersachsen rasant aufgewachsene dezentrale Energieerzeugung erfordert Regulierungsprinzipien, die den Anforderungen der dezentralen Energieeinspeisung an die Netze genügen. Die Bundesnetzagentur ist diesen Anforderungen in der Vergangenheit nur unzureichend gerecht geworden. Vielleicht kann die Bundesnetzagentur mit ihren an den Strukturbedingungen der großen Energieerzeuger orientierten Maßstäben den Bedingungen der Betreiber kleiner Netze aber tatsächlich auch nur schwer genügen. Die Gründe, meine Damen und Herren, können aber auch dahinstehen. Viel entscheidender ist jetzt nämlich, dass sich bei der Regulierung der Energienetze in Niedersachsen etwas ändert.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen in Deutschland bis spätestens 2050 mindestens 80 % des Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energien decken, im Wesentlichen mit Windkraft. Ca. 95 % der Windräder werden den produzierten Strom dann in die Mittel- und Niederspannungsnetze, also in die Verteilnetze, einspeisen. Darauf muss die Netzinfrastruktur dringend vorbereitet werden, und zwar parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien - also jetzt, meine Damen und Herren.
Nach Berechnungen der dena müssen die Stromverteilnetze zur Integration der erneuerbaren Energien in einer Größenordnung von 135 000 bis 193 000 km ausgebaut und auf einer Länge von 21 000 bis 25 000 km umgebaut werden. Meine Damen und Herren, das entspricht einem Investitionsbedarf von zwischen 27,5 und 42,5 Milliarden Euro. Diese Investitionen werden nur dann fließen - ich glaube, das ist klar -, wenn Sie über die Netzentgelte refinanziert werden. Dass das in einem regulierten Markt nicht zwangsläufig gewährleistet sein muss, zeigt die bisherige Praxis der Bundesnetzagentur. Denn laut dena erreichen Verteilnetzbetreiber, deren Netze einen hohen Ausbaubedarf für den Anschluss von EEG-Anlagen aufweisen, die durch die Anreizregulierung zugestandenen Renditen nicht. Es sind ganz überwiegend die Betreiber der kleinen Netze, die die von der Bundesnetzagentur vorgesehenen Renditen nicht erreichen können, jedenfalls dann nicht, wenn sie einen hohen Ausbaubedarf in ihrem Netz haben, auf den sie reagieren müssen. Diese Unternehmen sehen ihre Ansprüche naturgemäß nicht sachgerecht gewürdigt. Meine Damen und Herren, wer beim Netzbetrieb Geld dazulegt, der wird nicht auch noch zusätzlich investieren.
Mit einer Regulierungskammer Niedersachsen wollen wir zukünftig diese Regulierung von Energieunternehmen mit weniger als 100 000 Kunden bei uns im Lande selbst vornehmen lassen. Damit gewährleisten wir gerade für unsere kleinen und mittleren Unternehmen kurze Wege und unmittelbare Ansprechbarkeit, geringere bürokratische Aufwände, eine höhere Flexibilität bei der Berücksichtigung individueller Besonderheiten kleiner und mittlerer Energieunternehmen und eine deutlich stärkere Berücksichtigung der besonderen Bedingungen des Netzbetriebs in einem Flächenland mit besonders hohen Zuwachsraten und Anschlussbedarfen von Anlagen, die erneuerbare Energien erzeugen.
Sehr geehrte Damen und Herren, insgesamt erwarten wir von der Regulierungskammer Niedersachsens einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Ausbau der Netze und damit zu einer Stabilisierung der Energiewende in Niedersachsen und in Deutschland.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was ich jetzt sage, kommt aus vollem Herzen: Das Gesetz über die Regulierungskammer Niedersachsen ist ein gutes Gesetz, und der heutige Tag ist ein guter Tag für das Energieland Nummer eins in Deutschland, ein guter Tag für Niedersachsen.
Auch wenn man bei geschichtlicher Betrachtung eines Tages schreiben wird, dass das Gesetz beschlossen worden ist, als in Niedersachsen zumindest zeitweise Rot-Grün regiert hat, so möchte ich doch heute nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass dieses Gesetz gleich einstimmig beschlossen werden wird und dass die Initiative zu diesem Ge
Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, es waren damals CDU und FDP, die im Jahr 2012 den Entschluss gefasst haben, die in § 54 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes beschriebenen Aufgaben nicht mehr im Wege der Organleihe von der Bundesnetzagentur in Bonn durchführen zu lassen, sondern dafür eine eigene Landesregulierungsbehörde zu gründen.
Gerade uns als CDU-Landtagsfraktion hat dieses Thema immer sehr am Herzen gelegen, weil sich gerade die kleinen Unternehmen in Niedersachsen durch die bisherige Organisationsform benachteiligt sahen. Da musste man dann schon mal in Bonn erklären, dass Munster nicht Münster ist. Auch viele andere Fragen wurden eben in Bonn anders betrachtet, als man es zukünftig von Hannover aus betrachten wird. Deshalb haben wir in dieser Sache in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Gesprächen geführt, mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU), mit dem BDEW und den Vorständen von niedersächsischen Stadtwerken. Wir haben auch die Erfahrungen anderer Bundesländer aus dem Betrieb einer eigenen Behörde gesammelt und ausgewertet, und am Ende stand dann für uns fest, dass es durchaus Sinn macht, den laufenden Vertrag mit der Bundesnetzagentur zu kündigen und Aufgaben wie z. B. die Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang, die Genehmigung oder Untersagung individueller Entgelte, die Überwachung der Vorschriften zum Netzzugang oder auch die Missbrauchsaufsicht, um nur einige Aufgaben zu nennen, wieder in eigener Verantwortung wahrzunehmen.
Von dieser Idee mussten, weil sie aus der Fraktion kam, naturgemäß einige Minister wie der Umweltminister und auch der Finanzminister überzeugt werden, ebenso wie einige Mitarbeiter der Landesverwaltung. Aber auch diese Gespräche waren erfolgreich, und so konnte am 12. Juni 2012 das Kabinett beschließen, dass der Organleihevertrag zum 31. Dezember 2013 gekündigt wird.
Den vorliegenden Gesetzentwurf haben wir im Umweltausschuss einvernehmlich und ohne große Diskussion beraten. Gemeinsam haben wir daran gearbeitet, dass der Entwurf durch die Beratung im Ausschuss noch wesentlich besser geworden ist.
behörden ab dem 1. Januar 2014 von einem kurzen Draht und einem vertrauensvollen Miteinander in den wichtigen Regulierungsfragen profitieren werden. So können landesspezifische Eigenheiten der Netze berücksichtigt und auch Umsetzungsfragen vor Ort viel schneller zwischen den Beteiligten geklärt werden. Daraus können sich deutliche volkswirtschaftliche Vorteile für unser Land ergeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich mich gleich zur Beschlussfassung erheben werde, dann tue ich das auch in Gedenken an unseren viel zu früh verstorbenen Kollegen Karl-Heinrich Langspecht, der einen ganz maßgeblichen Anteil an dem heutigen Beschluss hat.
Auch Ihnen herzlichen Dank, Herr Kollege Bäumer. Bevor Sie sich aber erheben können, haben wir noch drei Wortmeldungen, und die arbeiten wir jetzt ab. Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Bajus für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird dank Rot-Grün nun endlich gut. Das kann man zu diesem Gesetzentwurf unserer neuen Landesregierung durchaus sagen.
Das wird ja auch durch die große Zustimmung im Rahmen der Beratung und der Anhörung bestätigt. Die kommunalen Spitzenverbände, die niedersächsische Wirtschaft und die kommunalen Unternehmen unterstützen die Neuregelung ebenso wie die CDU, wie wir eben gehört haben. Dafür allen Beteiligten vielen Dank.
Aber da Herr Bäumer die Geschichte angesprochen hat, möchte ich darauf doch ganz gerne einmal eingehen. Ein Blick zurück. 2005 machte die Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes den Netzzugang und die Netzentgelte für Strom- und Gasnetze zum Thema. Die Zuständigkeit für die Regulierung kleiner Netzbetreiber, also mit unter 100 000 Kunden, wurde den Bundesländern zugeordnet. Die Landesregierung wiederum delegierte diese Landeszuständigkeit auf Antrag des Umweltministers Sander an den Bund. Seine Begründung: Einheitliche Lösung, geringerer Verwal
Und die Praxis? - Mit dieser Entscheidung war Niedersachsen das einzige größere Bundesland ohne eigene Netzagentur, und die kleinen Netzbetreiber, vorneweg die kommunalen Stadtwerke, hatten nun keinen Ansprechpartner mehr im Land. Das Problem hat Herr Bäumer, finde ich, sehr gut beschrieben.
So ist es kein Wunder, dass es von Anfang an Kritik an dieser Regelung gab und die damalige rot-grüne Opposition schon in den Folgemonaten entsprechende Initiativen ergriff, um das zu ändern; denn die Versprechungen des Ministers hatten sich nicht erfüllt. Die zentrale Bundeslösung bedeutete für die regionalen und kommunalen Betreiber weite Wege, mehr Aufwand, weniger Wirtschaftlichkeit.
Rot-Grün dagegen - das machen wir heute hier klar - will die kommunale Ebene stärken. Kleinere kommunale Einheiten brauchen eben besondere Unterstützung. Lokale Besonderheiten bei Strom- und Gasnetzen müssen angemessen berücksichtigt werden.
Schwarz-Gelb hat volle sechs Jahre gebraucht, um das zu erkennen und hier Handlungsfähigkeit zu zeigen, sechs Jahre, um zu erkennen, dass das Potenzial der Energiewende auch und gerade in den Regionen liegt. Erst 2012, Herr Bäumer, kam bei Ihnen die späte Einsicht, dass das Sander’sche Wegdelegieren von Verantwortung eben nicht hilfreich ist. Leider haben Sie Ihre Hausaufgaben nicht einmal mehr fertigbekommen. Wir müssen nun das erledigen, was Sie nicht geschafft haben.
Wir als Rot-Grün stärken die kleinen Stadtwerke. Wir fördern eine Energieversorgung von und mit den Menschen vor Ort. Wir wollen Energie in Bürgerhand. Dazu braucht es eben auch hier Strukturen. Meine Damen und Herren, Rot-Grün zeigt einmal mehr: So geht Energiewende für Niedersachsen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz bereits in der alten Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurde. Deswegen freue ich mich besonders, dass auch die neue Landesregierung dieses Gesetz und diese Entwürfe in den Grundzügen nicht geändert, sondern daran festgehalten hat und die grundsätzliche Ausrichtung dieses Gesetzes nicht verändert hat. Entsprechend haben wir uns im Umweltausschuss mit großer und - ich gebe es gerne zu - auch seltener Einmütigkeit entschieden, diesen Gesetzentwurf so zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, ich meine, Regulierung darf nie Selbstzweck sein und muss immer dem Verbraucher dienen. Sie muss deswegen immer dezentral organisiert sein. Diesem Anspruch wird dieser Gesetzentwurf gerecht: dezentrale Strukturen, Regionalbezug und Ortsnähe. - Umso wichtiger ist es in meinen Augen, dass das Land seinen Gestaltungsspielraum, den es in dieser Frage besitzt, nutzt. Das gilt für diesen Gesetzentwurf, und das soll für die Zukunft bitte ebenfalls gelten - gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass man nicht weiß, wer in einigen Wochen an der Spitze des Bundesumweltministeriums sitzen wird.