Vielen Dank, Herr Kollege Tonne. - Für die Fraktion der CDU hat sich jetzt Herr Abgeordneter Jens Nacke zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Pistorius, Sie haben mal wieder ein Problem.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der SPD: Wir haben kein Problem! Ihr habt ein Problem!)
Dieses Mal heißt Ihr Problem Maren Brandenburger, die Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes.
Meine Damen und Herren, Frau Brandenburger hat kurz nach ihrer parteipolitisch motivierten Ernennung zur Präsidentin
nach eigenen Aussagen die Datenbestände des Verfassungsschutzes nach ihr bekannten Personen durchsucht. In mehreren Fällen hat sie anschließend Datensätze gelöscht.
beispielsweise weil sie Führungskader einer kommunistischen Partei sind. Mit ihrer Auffassung, diese Informationen seien rechtswidrig gesammelt worden, steht Frau Brandenburger sehr einsam da.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Das ist unglaublich! - Weitere Zurufe von der SPD)
Dies geschah, ohne die zuständigen Gremien des Niedersächsischen Landtages und angeblich ohne den vorgesetzten Innenminister zu informieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Brandenburger hätte eine andere Möglichkeit wählen müssen. Bei einer derart unklaren Sach- und Rechtslage wäre sie verpflichtet gewesen, die Informationen für eine weitere Verwendung zunächst gemäß §§ 10 und 11 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes zu sperren.
In diesem Fall hätten die gesammelten Informationen vom Verfassungsschutz nicht mehr verwendet werden können. Sie hätten aber jetzt zur Aufklärung zur Verfügung gestanden. Durch die Löschung hat sie ihr Verhalten und ihre Entscheidung der Kontrolle sowohl durch die zuständigen Gremien dieses Parlaments als auch durch den Innenminister entzogen. Frau Brandenburger stellt damit ihre Arbeit außerhalb des Rechts.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Wie kann man nur so dreist sein? Unglaublich!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist kaum zu glauben: Noch im Wahlkampf haben Sie sich sehr kritisch mit dem Verfassungsschutz auseinandergesetzt. Die heutige Fraktionsvorsitzende der Grünen hat die Mitarbeiter dieser Behörde pauschal mit Fäkalausdrücken beschimpft. Ausgerechnet die von Ihnen eingesetzte neue Präsidentin bestätigt dann das Vorurteil des leichtfertigen, unsensiblen und willkürlichen Umgangs mit vertraulichen Daten.
Sehr geehrter Herr Minister Pistorius, wenn es stimmt, dass Frau Brandenburger bereits im April gegen den ausdrücklichen Rat der Fachleute Datenbestände des Verfassungsschutzes unwiederbringlich gelöscht hat, ohne Sie darüber zu informieren, dann bliebe Ihnen keine andere Wahl, als diese Präsidentin zu entlassen.
Sie haben das bisher nicht getan. Herr Minister Pistorius, Frau Brandenburger ist für die Aufgabe der Verfassungsschutzpräsidentin offenkundig nicht qualifiziert.
Das war von Anfang an klar. Dass sie dieses Amt trotzdem bekommen hat, hängt ausschließlich mit ihrer SPD-Mitgliedschaft und der Patronage durch den Innenminister zusammen.
Meine Damen und Herren, es erscheint daher aus meiner Sicht sehr viel wahrscheinlicher, dass Frau Brandenburger mit dem Wissen und der Zustimmung des Innenministers gehandelt hat. Dafür
spricht auch der Umstand, dass dieser Sachverhalt passgenau zur Endphase des Bundestagswahlkampfes öffentlich wurde.
Sehr geehrter Herr Minister, ich darf schon jetzt ankündigen, dass die CDU-Fraktion eine Sondersitzung des Innenausschusses in dieser Angelegenheit beantragen wird. Ja, ich wiederhole: des Innenausschusses. - Denn wir möchten, dass Frau Brandenburger in einer öffentlichen Sitzung Rede und Antwort steht.
Herr Minister, mit einer unzureichenden Unterrichtung vor einem vertraulich tagenden Gremium, die das Feld für eine anschließende Pressekonferenz bereiten soll, werden Sie nicht noch einmal davonkommen. Diese Präsidentin wird nicht zu halten sein.
Danke schön, Herr Kollege Nacke. - Jetzt hat sich für die Fraktion der FDP Herr Dr. Birkner zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Speicherung personenbezogener Daten, ohne dass dafür rechtliche Voraussetzungen vorliegen, durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ist völlig inakzeptabel - übrigens auch unabhängig davon, ob es sich um Journalistinnen und Journalisten handelt.
Deshalb muss aufgeklärt werden, wie es dazu kommen konnte, und nachvollzogen werden, in welchem Umfang hier tatsächlich ein rechtswidriges Handeln vorgelegen hat. Das können wir heute noch nicht beurteilen. Es muss ferner sichergestellt werden - sowohl organisatorisch als auch durch entsprechende Verfahren -, dass sich so etwas nicht wiederholt.
Dass dann auch noch ein Auskunftsersuchen offensichtlich falsch beantwortet wurde, ist natürlich ebenso inakzeptabel, und es muss aufgeklärt werden, wie es dazu kommen konnte. Denn das führt am Ende dazu, dass auch der Rechtsschutz der
Betroffenen beschnitten wurde, und das ist absolut nicht hinnehmbar. Da der Verfassungsschutz im Verborgenen arbeitet, ist gerade er auf Vertrauen bei den Menschen - bei uns in der Politik, aber insbesondere bei den Betroffenen - angewiesen, und er muss sich deshalb noch mehr anstrengen als jede andere Behörde, sich an Recht und Gesetz zu halten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Versuch allerdings - und der ist ziemlich offensichtlich gewesen, Herr Innenminister -, aus diesen Missständen politisches Kapital zu schlagen, ist ausgesprochen durchsichtig und lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Anliegens der Regierungsfraktionen und des Ministers aufkommen.
Herr Tonne, ich bin mir auch nicht sicher, ob Sie mit Ihrem Wortbeitrag hier einen konstruktiven Beitrag zur Aufklärung und zur Behebung von Missständen geleistet haben.
Sie sprechen davon, dass das ein noch nie dagewesener Vorgang in Deutschland gewesen ist. - Denken Sie mal darüber nach, wie weit man das gedanklich fassen kann, wenn Sie so undifferenziert arbeiten!
Ferner behaupten Sie einfach schlicht, die Löschung sei erfolgt, um wahrheitsgemäß zu beantworten. - Ich frage Sie: Wissen Sie mehr als wir? Hat Ihnen das Innenministerium weitergehende Informationen gegeben? - Diese Informationen können Sie heute noch nicht valide behaupten. Das muss aufgeklärt werden. Aber das einfach in den Raum zu stellen, ist unseriös und zeigt, dass Ihnen nicht an der Sache gelegen ist.