Zum Zeitpunkt. Was hätte wohl die Öffentlichkeit gesagt, wenn ich am 12. September von diesen Vorgängen erfahre und dann mit Rücksicht auf Wahlen diese Informationen zurückhalte und zwei Wochen später damit in einen Ausschuss gehe? - Dann wären Sie die ersten gewesen, die gesagt hätten: Warum haben Sie mit dieser Information hinter dem Berg gehalten, wenn Sie seit zwei Wochen bereits davon wussten?
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Sie haben doch vier Monate gewartet! - Ulf Thiele [CDU]: Es war zu spät, Herr Innenminister! - Jens Nacke [CDU]: Sie haben vier Monate das Parlament hintergangen!)
Zweite Schlussbemerkung: Es zeugt schon von einer bemerkenswerten Chuzpe, meine Damen und Herren, wenn Sie hier von dem Versagen der Vergangenheit, von dem Organisationsverschulden und von anderen Dingen ablenken und auf diejenigen zeigen, die aufklären. So etwas ist mir noch nicht untergekommen, meine Damen und Herren.
Die letzte Bemerkung: Nach meiner Kenntnis ist es höchst unüblich, dass in parlamentarischen Debatten Mitarbeiter des Landes als unqualifiziert, unfähig und sonstiges beschrieben werden. Ich finde, dies ist ein ziemlich ungeheuerlicher Vorgang.
Vielen Dank, Herr Innenminister. - Meine Damen und Herren, grundsätzlich hat jede Fraktion, aber auch die Landesregierung ein Zeitkontingent von fünf Minuten. Das wurde im letzten Fall um gut drei Minuten überschritten.
Zum einen freuen wir uns, dass Sie, sehr versteckt zugegebenermaßen, aber gleichwohl offenkundig zugegeben haben, dass die Löschungen, die seitens der Präsidentin des Verfassungsschutzes veranlasst wurden, unzulässig waren, da eine Sperrung notwendig gewesen wäre.
Gleichzeitig, Herr Minister, möchte ich ausdrücklich Kritik daran üben. Ich halte es für ein merkwürdiges Parlamentsverständnis, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, dass Sie die Fraktionen, die nicht die Regierung tragen, die Oppositionsfraktionen, bei wesentlichen Entscheidungen über den Verfassungsschutz außen vor lassen wollen, nicht beteiligen wollen und dass Sie offenkundig bereits in einer ersten Stellungnahme die vorgeschlagene Enquetekommission in diesem Fall ablehnen wollen. Das ist ein Umgang mit dem Parlament, den Sie schon öfter an den Tag gelegt haben. Ich habe öfter darauf hinweisen müssen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Er hat ge- sagt: Die haben nicht dazu beigetra- gen! Zehn Jahre versagt im Verfas- sungsschutz!)
Herr Minister, ich kann es doch nicht ändern. Es wäre mir auch anders lieber, aber Sie versagen in Ihrer Aufgabe ein um das andere Mal.
Darauf müssen wir hier hinweisen. Das ist die Aufgabe von Oppositionsfraktionen. Stimmen Sie der Enquetekommission zu! Das ist ein guter Vorschlag der FDP-Fraktion, den - davon gehe ich aus - die CDU-Fraktion voll mit unterstützen wird. Dann haben wir eine breite Basis, um die Zukunft des Verfassungsschutzes zu diskutieren. Ihre Präsidentin allerdings hat sich ins Aus geschossen. Ihre Präsidentin ist ungeeignet, die Zukunft des Verfassungsschutzes mitzugestalten.
Danke schön, Herr Kollege Nacke. - Für die Fraktion der FDP hat sich Herr Dr. Birkner zu Wort gemeldet. Herr Kollege, Sie haben anderthalb Minuten. Danach spricht der Kollege Limburg ebenfalls mit einer Redezeit von anderthalb Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, das ist schon sehr bemerkenswert. Sie haben im Verfassungsschutz Umstände zur Kenntnis bekommen, bei denen Sie sagen: Das hätte so nicht passieren dürfen, das ist rechtswidrig. - Was Sie hier machen, ist, die alten Regierungsfraktionen, die heutigen Oppositionsfraktionen, zu beschimpfen und von diesem Prozess auszugrenzen
- ja -, indem Sie ganz deutlich sagen: Ihr dürft an einem Prozess zur Reform des Verfassungsschutzes nicht mehr mitwirken, weil ihr meinen politischen Vorstellungen nicht entsprecht.
Das ist das, was sich gedanklich dahinter verbirgt, eindeutig. Ich will ausdrücklich sagen: Da bin ich sehr verwundert, Herr Ministerpräsident, dass Sie dem einfach so zusehen und dass Sie das zulassen. Denn ich erinnere mich noch sehr gut an Ihre
Regierungserklärung und an Ihr Bemühen, dieses gesamte Haus, alle Fraktionen bei wichtigen Entscheidungen und Prozessen mitzunehmen. Wenn dann Missstände im Verfassungsschutz sind, ist es doch klar, dass wir diese gemeinsam aufklären wollen. Das hat der Kollege Nacke gesagt. Das haben wir gesagt. Wir sind bereit mitzuwirken. Wir bieten Ihnen an, konstruktiv den Verfassungsschutz neu aufzustellen, um ihn zukunftsfähig zu machen. Dafür gibt es ein parlamentarisches Instrumentarium.
Ohne überhaupt eine Willensbildung in der Regierung herbeizuführen, lehnen Sie das hier ab und sagen: Mit euch wollen wir nichts zu tun haben. Wir machen das nur mit unseren Truppen. - Ich muss sagen, das ist wirklich ein undemokratisches und unparlamentarisches Verständnis. Denken Sie darüber nach!
Danke schön. - Jetzt kommt Herr Kollege Limburg. Ihre Redezeit beträgt, wie bereits angekündigt, anderthalb Minuten.
Erstens zu der Arbeit von Frau Brandenburger. Ich habe, gerade weil sie so offensiv und aktiv aufklärt, überhaupt keinen Zweifel daran, dass sie ihre Arbeit hervorragend machen wird. Ich muss sagen, die Kritik von Herrn Nacke bestärkt mich noch in dieser Auffassung, meine Damen und Herren.
Zweitens. Zur Enquetekommission verstehe ich überhaupt nicht Ihre Aufregung. Zu der hat sich der Innenminister gar nicht explizit geäußert. Im Übrigen entscheidet darüber gar nicht der Innenminister, sondern das Parlament, und zwar zu dem Zeitpunkt, wenn hier ein konkreter Antrag vorliegt. Der wird dann beraten, und dann wird es dazu
Drittens zur Reformdiskussion insgesamt: Ich finde es schon sehr merkwürdig. Sie haben hier zehn Jahre lang, wenn Sie am Verfassungsschutz überhaupt Reformen vorgenommen haben, Gesetzesverschärfungen und Aushebelungen der Bürgerrechte vorgenommen. Jetzt wollen Sie, wenige Monate nach dem Regierungswechsel, auf einmal die großen Bürgerrechtler spielen und an positiven Reformen konstruktiv mitarbeiten.
Ich sage aber auch: Dazu werden Sie Gelegenheit haben. Wenn die eingesetzte Regierungskommission Vorschläge für Gesetzesänderungen hat, dann werden diese doch selbstverständlich in aller Ausführlichkeit, in der notwendigen Breite in allen zuständigen Landtagsausschüssen beraten. Dann freuen wir uns auf Ihre konstruktiven Beiträge. Das ist doch selbstverständlich.
Abschließend möchte ich gern den Niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius zitieren: Wer aufklären will, muss auch zuhören lernen.
Danke schön, Herr Kollege Limburg. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Tonne noch einmal das Wort. Sie haben drei Minuten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade überlegt, ob ich damit starten soll, dass ich über den Beitrag von Herrn Nacke verwundert bin. Wenn ich ehrlich bin, verwundert er mich nicht. Er steht sehr in der Kontinuität der vorherigen Beiträge, die er hier abgeleistet hat.
Sich hier ans Pult zu stellen und den Innenminister und die Präsidentin des Verfassungsschutzes dafür zu kritisieren, dass sie - bestätigterweise - ausdrücklich gesetzeskonform gehandelt hat, da frage ich mich: Wie soll man das noch erklären? Wie soll man das in einem Beitrag kommentieren? Herr Nacke, in welcher Welt leben Sie eigentlich? - Das muss man sich bei den Beiträgen, die Sie hier leisten, fragen.
Der zweite Punkt betrifft die Kommission zur Reform des Verfassungsschutzes: In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich eine Regierungskommission, eine Expertenkommission besetzt worden. Wie oft, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wie viele dutzend Male haben Sie so etwas in den letzten zehn Jahren so gehandelt? - Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass in einem Ministerium über eine Reform beraten wird und dann hier im Parlament eine Diskussion darüber stattfindet. Stattdessen schmeißen Sie Nebelkerzen, und Herr Dr. Birkner spielt hier die beleidigte Leberwurst, weil Sie nicht dabei sind. Sie haben zehn Jahre lang bei der Reform des Verfassungsschutzes versagt! Das ist doch der Fakt!