Protocol of the Session on September 25, 2013

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums. Wir wünschen Ihnen allen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsi- dent! - Heiterkeit)

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen des Präsidenten

Im Einvernehmen mit den Schriftführern darf ich die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Zur Tagesordnung: Die Einladung, die Tagesordnung und der Nachtrag zur Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen vor. Außerdem haben Sie eine Übersicht erhalten, aus der Sie ersehen können, wie die Fraktionen die ihnen zustehenden Zeitkontingente verteilt haben. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen Redezeiten fest. Die heutige Sitzung soll demnach gegen 20 Uhr enden.

Ergänzend weise ich auf folgende Ausstellungen hin: In der Portikushalle ist die Ausstellung „Mediation - ein guter Weg zur Einigung“ zu sehen, die von der Deutschen Stiftung Mediation konzipiert wurde. In der Wandelhalle ist die Ausstellung „1933 und das Recht: Der Beitrag der Justiz zur Machtergreifung“ zu sehen, die die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten konzipiert hat. Die Veranstalter freuen sich über Ihr Interesse, und es wäre auch unser Wunsch wäre, dass Sie - vielleicht in der Mittagspause - sich fünf Minuten oder auch mehr Zeit nehmen, um sich diese Ausstellungen anzusehen.

Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der Realschule aus Gieboldehausen wieder mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat der Abgeordnete Lothar Koch übernommen,

(Beifall)

der gerade noch bei seinen Patenkindern weilt.

Sendungen, die das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ der Multi-Media Berufsbildende Schule erstellt, stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit und sollen auch über den Regionalsender LeineHertz 106einhalb gesendet werden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer, Herr Onay, mit.

Für heute haben sich entschuldigt: von der Landesregierung ab 15 Uhr Herr Finanzminister Schneider, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Hamburg und von der Fraktion der FDP Herr Grupe.

Danke schön. - Meine Damen und Herren, ich darf übergehen zu dem

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können. Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setzte ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu Punkt a:

Journalisten im Visier: CDU/FDP nicht aus der Verantwortung lassen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/600

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Grant Hendrik Tonne. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vergangene Woche wurde bekannt, dass der niedersächsische Verfassungsschutz unter Verantwortung der schwarz-gelben Regierung jahrelang rechtswidrig Daten von Journalisten gespeichert hat. Die Datensätze reichen offensichtlich bis in das Jahr 2006 zurück.

Für uns ist dieser Vorgang nicht hinnehmbar, er ist nicht akzeptabel, und er bedarf dringend einer umfassenden Aufklärung.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine solche Speicherung verletzt die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und die verfassungsrechtlich garantierte Pressefreiheit. Beides ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, man kann es auch noch deutlicher formulieren: Dieses Vorgehen ist ein in Deutschland bis dato einmaliger Vorgang. Es ist ein handfester Skandal. Und, meine Damen und Herren, das Ganze fand unter einer CDU/FDPRegierung und unter einem Innenminister a. D. Schünemann statt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Am Beispiel von Andrea Röpke kann man anschaulich erklären, was passiert ist. Das Berichten über rechtsextreme Veranstaltungen und der Besuch ebendieser Veranstaltungen reichten schon aus, um ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten,

(Zuruf von der CDU: Woher wisst ihr das alles?)

und das, obwohl Frau Röpke eine über jeden Zweifel erhabene Journalistin ist. Sie ist Trägerin mehrerer Journalistenpreise und hat sich vor allem für ihre mutige Aufklärung von Naziumtrieben in Niedersachsen und Deutschland für die Gesellschaft verdient gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ihre Frage, warum gerade jetzt der Zeitpunkt gegeben war, das Parlament zu informieren, hätte sich bei genauem Hinhören erschlossen. Es ist nicht nur bei stichprobenartigen Überprüfungen nach und nach bekannt geworden, dass Daten rechtswidrig gespeichert worden sind. Es ist erschwerend hinzugekommen, dass man diese Daten nach einer Anfrage gelöscht hat, um diese Anfrage wahrheitswidrig zu beantworten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Man antwortete Frau Röpke auf ihr Auskunftsersuchen aus dem April 2012, über sie sei zu diesem Zeitpunkt nichts gespeichert. Das war eine glatte Lüge.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Entscheidung, dass ein solch ungeheuerlicher Vorgang umgehend öffentlich gemacht werden muss, ist genau richtig. Er hat unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich erinnere mich noch gut an einen Innenminister Uwe Schünemann, der mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten die Partei DIE LINKE in Niedersachsen flächendeckend überwachen ließ, der die Einbürgerung der Linken-Politikerin Jannine Menger-Hamilton verhindern wollte und erst auf massiven öffentlichen Druck nachgab. Genau dieser Innenminister a. D. will, wo doch so gut wie jedem Beobachter klar ist, dass es genau dieser Geist von Schünemann ist, der durch die Gänge des Verfassungsschutzes weht, von diesem bekannt gewordenen Vorfall nichts gewusst haben?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU)

Wir fordern den ehemaligen Innenminister und den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes auf, sich zu erklären und nicht die Ahnungslosen zu spielen.

(Zurufe von der CDU)

In kurzen Statements den Eindruck zu erwecken, es habe im Verfassungsschutz quasi ein Eigenleben gegeben, wird den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gerecht. Dies legt nur das organisatorische Versagen der Verantwortlichen offen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und genau diejenigen, die sich hier im Hause an Formulierungen in der Angelegenheit Paschedag stören, die Geringfügigkeiten zu einer Staatsaffäre erheben wollen, sind bei diesem echten Skandal sprachlos.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich bin sehr dankbar, dass sich unser Innenminister und die Präsidentin des Verfassungsschutzes an die Arbeit gemacht haben, notwenige Reformen der Verfassungsschutzbehörde zu prüfen, und sich dabei von einem Expertengremium beraten lassen.

In gemeinsamer Abstimmung werden wir gemäß § 27 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes über den Ausschuss den Datenschutzbeauftragten unterstützend bitten, die vorgenommenen Maßnahmen einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Der Innenminister hat deutlich gemacht, wie ernst ihm die parlamentarische Kontrolle ist: Der zuständige Ausschuss wurde umgehend informiert.

(Björn Thümler [CDU]: Vier Monate später!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich nicht daran erinnern, dass in schwarz-gelber Zeit das Kontrollgremium je so schnell unterrichtet wurde.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass der Verfassungsschutz eine Organisation ist, die verfassungsfeindliche Strömungen und gefährliche Entwicklungen in der Gesellschaft erkennt, analysiert und ein Seismograf für echte Gefahren ist, die unsere freiheitliche demokratische Grundordnung bedrohen. Wir wollen nicht, dass - wie unter Uwe Schünemann - der Verfassungsschutz politisch instrumentalisiert wird. Wir wollen einen transparenten Verfassungsschutz. Das ist Demokratie, wie wir sie wollen und wir sie meinen.

Danke schön.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)