Protocol of the Session on August 29, 2013

Nach diesen Vorbemerkungen nun die Antworten auf die gestellten Fragen:

Zu Frage 1: Die Kritik der Landesregierung richtet sich auf das Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung insgesamt. Da eine solche Berechnung stets auf sehr vielen Annahmen beruht, haben auch wir erhebliche Zweifel an der Aussagekraft des vom Bund vorgelegten recht knappen Ergebnisses zugunsten des ÖPP-Projektes.

Darüber hinaus fehlen aus unserer Sicht allgemein anerkannte Grundlagen, um die Annahmen zu Effizienzen und zur Risikostruktur wirklich neutral bewerten zu können.

Zu Frage 2: Mit einem ÖPP-Projekt sind in der Tat Vor- und Nachteile verbunden. So profitieren und dominieren beispielsweise große Unternehmen auf der Konsortionalebene gegenüber dem Mittelstand. Das kann nicht unser Ziel sein. Verwaltungsseitig steht eine gewisse Entlastung von Aufgaben einem Substanz- und Personalverlust gegenüber.

Zu Frage 3: Die weiteren Schritte werden sich am Ergebnis des Rechtsgutachtens orientieren.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu einer ersten Zusatzfrage hat sich für die SPD-Fraktion Herr Kollege Holger Ansmann gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Ist es richtig, dass bereits in Kürze für einen Teilabschnitt der A 7 zwischen Echte und Northeim der Planfeststellungsbeschluss erwartet werden kann und - daraus folgernd - ein Baustart nach konventioneller Art erheblich früher als nach einem ÖPP-Projekt beginnen kann, und wann wäre dieser Baustart?

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Herr Minister Lies!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir unterscheiden drei zu untersuchende Planfeststellungsabschnitte. Der Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt Echte bis Northeim wird, wie gerade erwähnt, in Kürze erwartet - voraussichtlich im Oktober 2013 unanfechtbar. Das würde bedeuten, dass wir mit den notwendigen Haushaltsmitteln, die wir dafür brauchen würden - ich komme gleich noch einmal darauf -, in sehr kurzer Folge mit dem Ausbau dieses ersten Abschnittes beginnen, also sofort für eine Entlastungssituation auf der Straße sorgen können.

Die Alternative dazu wäre: Wir fangen nicht an, sondern bewegen uns auf das ÖPP-Verfahren zu. Das würde bedeuten, dass wir zwei Jahre lang gar nichts machen können, weil das gesamte Verfah

ren zwei Jahre dauert. Nach zwei Jahren würden wir dann erneut bewerten: Ist denn jetzt das ÖPPVerfahren mit den Angeboten, die eingegangen sind, wirklich günstiger und wirtschaftlicher als die konventionelle Form? Das würden wir also erneut prüfen. Möglicherweise - das war die Aussage; ich vermute das jetzt - kommt dann das Gleiche heraus: Es ist nicht wirtschaftlicher. Genauso ist umgekehrt nicht sicher, dass nicht das Gleiche dabei herauskommt.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie spekulieren!)

- Genau. Aber umgekehrt spekulieren wir leider auch, weil wir das Ergebnis nicht kennen.

Es könnte sein, dass wir zwei Jahre Verzug hätten, in denen wir nichts machen können, und dass wir danach sehr wohl trotzdem in konventioneller Art und Weise ausbauen müssen. Das entscheidende Signal ist: Wenn wir jetzt auf ÖPP verzichten, dann können wir relativ zeitnah anfangen auszubauen. Das sollte unser gemeinsames Interesse sein.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Susanne Menge, Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Minister! Welche konkreten Mängel existieren aus Ihrer Sicht an der vorgelegten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die das Bundesverkehrsministerium nun vorgelegt hat?

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Bundes, die uns vorliegt. Sie wird in vier grundsätzlichen Punkten vom Bundesrechnungshof bemängelt. Das will ich noch einmal betonen. Sie wird nicht von uns bemängelt. Nicht das Land Niedersachsen sagt, das alles sei entweder gut oder böse. Der Bundesrechnungshof bemängelt das.

Ich will noch einmal wiederholen: In der Regel ist der Ausschuss den Bedenken des Bundesrechnungshofs gefolgt. Es ist einmalig, dass hier als abgestimmtes Ergebnis etwas Kritisches vorliegt, was also nicht im Konsens im Ausschuss beraten

wurde. Man muss noch einmal dazu sagen, dass es um den Diskontierungszinssatz, um Zinsänderungsrisiken, Unternehmenssteuern und den monetären Nutzenvergleich geht. Es geht um Annahmen, die man getätigt hat und so vage sind, dass sie im Ergebnis jetzt dazu führen, dass es ein knappes positives Ergebnis gibt. Im Rückschluss - das hat der Bundesrechnungshof festgestellt - bedeutet das: Mit realen Annahmen, die man treffen würde, würde dieses ÖPP-Projekt 13 Millionen Euro mehr kosten, als wenn man es in konventioneller Art und Weise durchführen würde.

Ich bitte das Parlament um Verständnis. Wir haben in den vergangenen Monaten sehr intensiv darüber diskutiert, dass wir erheblichen Sanierungsbedarf bei den Straßen haben, dass wir Geld brauchen, um die Substanz zu erhalten. Insofern erwarte ich von denen, die sagen, dass wir das in ÖPP machen sollen, dass sie erklären, warum wir 13 Millionen Euro, die wir zusätzlich in den Erhalt unserer Struktur stecken könnten, nicht dafür verwenden, sondern in den teureren Ausbau mit ÖPP. Dieses Argument möchte ich gerne einmal hören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Kollegen Bley, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung in Kenntnis der Tatsache, dass der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee, SPD, im Januar 2008 die Grundsatzentscheidung getroffen hat, die A 7 als PPP/ÖPP auszubauen: Wie sieht man heute die seinerzeitige Entscheidung von Herrn Tiefensee? - Für mich belegen die Zahlen und die Berechnungen eindeutig, dass volkswirtschaftlich die Maßnahme sinnvoller mit ÖPP umzusetzen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bley, es gab eine Liste von Projekten, die im Rahmen einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsprüfung untersucht werden sollten, ob sie ebenfalls geeignet sind, in ÖPP umge

setzt zu werden. Diese vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat ein knappes Ergebnis geliefert. Der Bundesrechnungshof hat deutlich gemacht, warum das, was wir dort haben, nicht belastbar ist. Deswegen bin ich fest davon überzeugt: Würde Herr Tiefensee, der die Liste damals festgelegt hat, jetzt die Zahlen, die wir haben, bzw. das Ergebnis auswerten, würde er genauso von der Umsetzung in ÖPP Abstand nehmen, wie wir das gerade sagen. Denn es ging bei der Liste nicht darum, willkürlich Projekte in ÖPP umzusetzen. Es ging ausschließlich darum, Projekte in ÖPP umzusetzen, die auch wirtschaftlicher sind. Dieses Projekt ist nach allen uns bisher vorliegenden Zahlen nicht wirtschaftlicher. Das Schlimmste wäre es, wenn das doppelt belegt werden müsste und wir das in zwei Jahren noch einmal wüssten, dann aber keinen Schritt weiter gekommen wären.

Lassen Sie mich noch etwas zu den Zahlen sagen. Die Baukosten für das gesamte Projekt betragen - ich kann das nicht genau sagen - 240 Millionen Euro. Der sofort zu leistende Zuschussbedarf im Falle der ÖPP-Umsetzung würde 120 Millionen Euro betragen. Mit diesen 120 Millionen Euro, die sowieso gezahlt werden müssten, hätten wir - mindestens, wenn der Bund den Mut gehabt hätte, im Haushaltsausschuss zu sagen: Okay, ÖPP rechnet sich nicht, aber das Land Niedersachsen muss in die Umsetzung gehen, wir geben also die 120 Millionen Euro - sofort anfangen können. Wir hätten dann mit den entsprechenden Planfeststellungsbeschlüssen für die nächsten Haushaltsjahre auch die weiteren Maßnahmen in Angriff nehmen können. Das wäre konsequent gewesen. Wir hätten damit die Maßnahme zeitnah beginnen und vor allen Dingen auch beenden können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Heymann, SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie viel Zeit benötigt nach Einschätzung der Landesregierung der Bund für die Fortführung des ÖPP-Verfahrens bis hin zur tatsächlichen Vergabe und zum tatsächlichen Baubeginn?

(Björn Thümler [CDU]: Das hat er ge- rade beantwortet!)

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind sozusagen zwei Abschnitte, die vor uns liegen. Einmal geht es um das Verfahren selber, das ungefähr zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Danach erfolgt die Bewertung, ob das in ÖPP - - -

(Jens Nacke [CDU]: Das haben Sie gerade schon gesagt!)

- Ich darf aber trotzdem Herrn Heymann noch einmal antworten.

Zweitens wird dann in einem abschließenden Verfahren bewertet, ob die Wirtschaftlichkeit, die vorher schon nicht da war, wenigstens hinterher vorhanden ist. Erst dann könnte mit dem Bau begonnen werden. Zwei Jahre weiter - 2015/2016 - wäre der Beginn der Umsetzung. Nach vier Jahren Bauzeit wären wir, was die Realisierung anginge, in den Jahren 2019 bzw. 2020. Wenn wir die Mittel des Bundes zur Verfügung hätten und jetzt schon starten könnten, würden wir diese zwei Jahre natürlich einsparen können.

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die FDP-Fraktion der Kollege Grascha.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hält die Landesregierung generell von ÖPP beim Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen, beispielsweise bei der A 20?

Danke schön. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Grascha, wir haben, glaube ich, eine sehr deutliche und klare Definition in der Koalitionsvereinbarung getroffen, dass ÖPP in der Umsetzung davon abhängig ist, ob es denn wirtschaftlicher ist. ÖPP darf kein Beschaffungsprogramm für große Konsortien sein. ÖPP entwickelt sich gerade zu einem Projekt, unter dem insbesondere

der Mittelstand in der Bauwirtschaft in Niedersachsen erheblich leidet - was er auch kritisiert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Uns muss es aber darum gehen, dass solche Infrastrukturmaßnahmen, die dringend notwendig sind, Maßnahmen sind, durch die Beschäftigung in unserem Land und Wertschöpfung in unserem Land entstehen. Das sind unsere Voraussetzungen. Also muss mindestens klar sein, dass die volkswirtschaftliche oder wirtschaftliche Betrachtung sicherstellt, dass dieses Projekt in der Umsetzung wirtschaftlicher ist.

Zum Projekt A 20 kann ich nur sagen: Ich bin ein bisschen überrascht, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium - - -

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Ein guter Mann!)