Protocol of the Session on August 29, 2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von einem so ausgiebigen Dialog und von der großen Wertschätzung, die Sie, Herr Seefried, hier geschildert haben, haben die Kolleginnen und Kollegen da nicht viel gespürt, glaube ich. Die Hannoversche Allgemeine schrieb dazu am 27. August 2013:

„Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt will den Ganztagsunterricht ausbauen, damit Schüler - und auch Lehrer - mehr verschnaufen können und der Druck aus den Schulen genommen wird.“

Darum geht es im Gesamtpaket: den Druck aus den Schulen zu nehmen, mehr Qualität in die Schulen zu bringen und das Geld, das durch diese eine Stunde Mehrbelastung frei wird, wirklich sinnvoll im Bildungsbereich einzusetzen. Ich will gleich schildern, worum es dabei geht.

Die Erwartungen und vor allem die Hoffnungen waren gerade im Bildungsbereich groß. Das hat Herr Seefried schon angedeutet. Wir sind, glaube ich, zu einem Großteil deshalb gewählt worden, weil die Enttäuschung aller am Bildungsbereich Beteiligten - Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler - groß war, was die alte, schwarz-gelbe Landesregierung anging.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir brauchen deshalb eine Zukunftsoffensive Bildung, wie sie jetzt von der Kultusministerin vorgelegt und umgesetzt wird. Diese wurde nur möglich, weil deutlich mehr Ressourcen für den Bildungsbereich insgesamt zur Verfügung gestellt werden. Es

muss deshalb auch eine Umverteilung im System geben.

Qualitätsverbesserung für alle - das ist unser Ziel. Diese Landesregierung hat sich entschlossen, im Zeitraum von 2014 bis Ende 2017 zusätzlich 420 Millionen Euro für den Bildungsbereich zur Verfügung zu stellen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will im Folgenden skizzieren, wie dieses Geld eingesetzt werden soll.

Es werden 80 Millionen Euro zusätzlich in die frühkindliche Bildung fließen. Davon werden 5 000 Krippenplätze zusätzlich geschaffen und vorhandene Krippenplätze abgesichert.

Herr Seefried hat vorhin gesagt: Der Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungskarriere sind die Lehrerinnen und Lehrer. - Auch sie. Aber der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungskarriere der Schülerinnen und Schüler wird nun einmal im Bereich der frühkindlichen Bildung gesetzt, im Alter von null bis drei Jahren. Da müssen wir für Qualität sorgen, und das machen wir mit diesem Schritt. Von daher ist das Geld sinnvoll angelegt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die schwarz-gelbe Landesregierung hat bei den Ganztagsschulen ein Chaos hinterlassen. Sozialversicherungspflichtige und arbeitsrechtlich korrekte Arbeitsverträge waren Mangelware. Die müssen jetzt kommen. Dazu muss man den Ganztag so ausbauen, dass Unterricht am Nachmittag möglich ist, nicht nur Betreuung, dass die Schulen die Möglichkeit haben, qualitativ und pädagogisch gute Betreuung und Unterricht am Nachmittag zu machen. Deshalb wird der Ganztagsschuletat verdreifacht, meine sehr verehrten Damen und Herren, sodass wir bis zu 75 % des vollen Ganztagszuschlags an Lehrerstunden zur Verfügung stellen. Das ist eine einmalige Anstrengung. 260 Millionen Euro werden dafür eingesetzt. Ich denke, dass es den niedersächsischen Schulen gut zu Gesicht steht, jetzt den Ganztag auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann will ich auf das eingehen - da spreche ich aufgrund von Erfahrungen aus der Praxis -, was Stressfaktoren für Lehrerinnen und Lehrer sind. Wir haben zunehmend damit zu tun - ich glaube, da sind wir uns einig -, dass die Tätigkeit an Schu

len umfangreicher wird. Es geht nicht nur darum, Fächer zu unterrichten, sondern es geht auch darum, zur Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler beizutragen. Es geht darum, Verhaltensauffälligkeiten aufzufangen. Es geht darum, Schülerinnen und Schüler über das, was das Unterrichtsfach mit sich bringt, hinaus zu unterstützen, mit ihnen den eigenen Lernerfolg zu reflektieren usw. usf. Ich könnte noch wesentlich mehr aufzählen, was die heutige Lehrertätigkeit mit sich bringt.

Was braucht man dazu? - Man braucht dazu einen großen Fortbildungsetat.

(Jens Nacke [CDU]: Zeit, Herr Kolle- ge, braucht man dazu, und die neh- men Sie jetzt!)

- Man braucht Zeit. Man braucht Fortbildung. Man muss die Lehrkräfte über Schulsozialarbeit und Schulpsychologie unterstützen. Man braucht Fortbildung, um sie z. B. auf die große Herausforderung der Inklusion vorzubereiten.

Man muss die Lehrkräfte mitnehmen. Man muss sie mit dem ausstatten, was sie brauchen, um diesen großen Herausforderungen gerecht werden zu können. Dafür stehen 80 Millionen Euro zur Verfügung. Ich denke, es ist einmalig, so an die Sache heranzugehen,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

um Schulen besser auszustatten. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird allen Lehrerkolleginnen und -kollegen zugute kommen.

(Jens Nacke [CDU]: Bezahlt wird es von den Gymnasiallehrern! Das ist unglaubwürdig!)

- Herr Nacke, ich will Ihnen gleich sagen, was unglaubwürdig ist. Da haben Sie mir ein gutes Stichwort geliefert. Insgesamt sind nämlich im Kultusetat immer noch alte Einsparauflagen Ihrer Landesregierung in Höhe von 100 Millionen Euro vorhanden. Sie haben uns eine Menge ungedeckter Schecks hinterlassen,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

fordern ein schnelleres Wirksamwerden der Schuldenbremse - die FDP fordert sogar noch Steuererleichterungen -, und dann skandalisieren Sie die Umverteilung im Kultusetat. Das hat doch mit seriöser Politik nichts mehr zu tun, meine sehr verehr

ten Damen und Herren. Sie haben Ihre Rolle in der Opposition schon wunderbar gefunden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie haben recht, Herr Kollege, das ist un- glaubwürdig!)

Mit der Zukunftsoffensive Bildung, die ich hier geschildert habe und die noch wesentlich mehr enthält - das lässt sich hier gar nicht alles schildern -, wird nicht weniger als das größte Bildungspaket Niedersachsens auf den Weg gebracht. Durch die Einschnitte bei Arbeitszeit und Altersermäßigung werden 80 Millionen Euro frei, die in den Ganztagsbereich fließen und für Qualitätsverbesserungen genutzt werden, von denen die gesamte Bildungslandschaft in Niedersachsen profitieren wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir halten dies in der Gesamtbetrachtung bildungspolitisch für absolut vertretbar und bitten daher im Sinne einer guten Bildung für alle gerade bei den Lehrerkolleginnen und -kollegen um Verständnis.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU] mel- det sich zu einer Zwischenfrage)

Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Herr Thiele, wie Sie sicherlich nachvollziehen können, kann ich keine Zwischenfrage mehr zulassen, wenn die ordentliche Redezeit abgelaufen ist. Das war eben wenige Sekunden der Fall. Aber es folgt eine Wortmeldung Ihrer Fraktion; denn jetzt hat zu einer Kurzintervention der Kollege Seefried für anderthalb Minuten das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. - Herr Bratmann, es gibt so vieles, was man in Ihrer Rede nicht stehen lassen kann und was richtiggestellt werden muss. Aber ich möchte mich auf einen Teil Ihrer Aussagen konzentrieren. Sie haben gerade auch den Einstieg Ihrer Rede so gewählt, dass Sie intensiv auf die Wertschätzung der Lehrkräfte eingegangen sind. Sie haben davon gesprochen, dass diese Wertschätzung auch durch Ihre Fraktion gelebt wird, handeln in der Realität aber ganz anders.

Ich möchte hier einfach noch einmal zitieren, was in der Ostfriesen-Zeitung am 6. Juli stand. Da wurde Frau Janssen-Kucz mit den Worten zitiert: Nicht mal 10 % engagierte Lehrkräfte haben wir in Niedersachsen. - Dann wurde Frau Modder dort mit den Worten zitiert, es sei erschreckend, wer da vor einer Klasse steht. - Das sind die Zitate, die dort in der Zeitung standen.

(Johanne Modder [SPD]: Falsch wie- dergegeben!)

Angesichts dessen würde ich Sie, wenn Sie so viel von Wertschätzung reden, bitten, das auch Ihrer Fraktion zu erklären. Ich weiß, dass Frau JanssenKucz bei der Ostfriesen-Zeitung eine Richtigstellung beantragt hat. Eine solche wurde dann auch vorgenommen. Da stand dann drin, sie habe gemeint, es sind nur 10 % unserer Lehrerinnen und Lehrer zu Veränderungen bereit. Damit meinte Sie, das Ganze besser zu machen.

Ich will nur einmal einige Beispiel bringen. Wir erleben derzeit die Inklusion, die nur durch engagierte Lehrkräfte möglich ist. Wir haben eine Verzehnfachung des Ausbaus von Ganztagsschulen in Niedersachsen erlebt, die nur durch engagierte Lehrkräfte möglich gewesen ist. Wir haben die Einführung der Eigenverantwortlichen Schulen erlebt, die nur mit engagierten Lehrkräften möglich war. Es ist beschämend, wie Sie sich hier einlassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das war zeitlich eine Punktlandung. - Herr Kollege Bratmann, möchten Sie erwidern? - Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Seefried, ich selbst fühle mich als Lehrer in meiner Fraktion nicht diskriminiert.

(Zurufe von der CDU)

Ich weiß auch aufgrund von Gesprächen, dass die Aussagen von Frau Janssen-Kucz und auch die von unserer Fraktionsvorsitzenden Hanne Modder aus dem Zusammenhang herausgerissen wurden und falsch wiedergegeben worden sind.

(Jens Nacke [CDU]: Ja, natürlich!)

Bei Frau Janssen-Kucz ist eine Gegendarstellung abgedruckt worden.

(Ulf Thiele [CDU]: Eine Verschlimm- besserung ist abgedruckt worden!)

Ich glaube, es gebietet die Seriosität in diesem Parlament, dass man solche Aussagen aus der Presse nicht als Beleg für eine generelle Diskriminierung von Lehrkräften verwendet. Ich glaube, das ist ein Niveau, auf dem wir hier nicht diskutieren sollten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn dann noch - wie so oft hier - auf Gerhard Schröder abgehoben wird, der vor 15 oder 20 Jahren einer Schülerzeitung gegenüber eine Äußerung gemacht hat, die auch ich als unglücklich empfand, und das als Anlass dafür genommen wird zu sagen, dass Rot-Grün, insbesondere die SPD, die Lehrer und deren Arbeit nicht wertschätzt, dann muss ich sagen: Das ist doch schon ziemlich hanebüchen und sehr weit hergeholt, meine sehr verehrten Damen und Herren.