Der Konzessionsnehmer ist A 1 mobil, ursprünglich unter der Beteiligung auch von Bilfinger Berger. Bilfinger Berger ist 2015 endgültig ausgestiegen. Das heutige Konsortium setzt sich aus Johann Bunte Bauunternehmung und der John Laing Infrastructure Ltd., einem Finanzinvestor aus Großbritannien, zusammen. Der Ausbau der Strecke - Sie erinnern sich an die Diskussion darüber - erfolgte in den Jahren 2008 bis 2012. Das Projekt ist derzeit in der Erhaltungs- und Betriebsphase.
Beim A-Modell, über das wir hier reden, erhält der Konzessionsnehmer als Gegenleistung für Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung - weil alle vier Aspekte umfasst sind - vom Staat eine verkehrsmengenabhängige Vergütung auf Basis der LkwMaut; damals war das auf Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 12 t festgelegt. Dabei spielen bei der Vergütungsbemessung nicht nur die Fahrleistung, sondern auch die Höhe der LkwMaut und der Flottenmix eine Rolle. Das heißt, das Verkehrsmengenrisiko liegt beim Konzessionsnehmer. Er entscheidet, von welchen Zahlen er ausgeht. Damit definieren sich seine Einnahmen. Und damit definiert sich auch seine von ihm zu erwartende Wirtschaftlichkeit.
Neben der verkehrsabhängigen Vergütung ist bei den A-Modellen grundsätzlich auch eine Anschubfinanzierung möglich, die in der Bauphase in Form eines Baukostenzuschusses gewährt werden kann. Bei der A 1 in Niedersachsen erhält der Konzessionsnehmer die auf dem ÖPP-Streckenabschnitt tatsächlich angefallene Lkw-Maut, reduziert um einen im Wettbewerb ermittelten monatlichen fixen Abzugsbetrag, d. h. die Lkw-Maut wird grundsätzlich für den Betreiber vorgesehen, aber im Bieterwettbewerb sagt der eine Anbieter, er komme mit x % davon aus, während der andere mehr fordert. Danach entscheidet der Bund bei der Vergabe, welches Angebot für ihn das günstigste ist.
Meine Damen und Herren, die grundsätzliche Position zur ÖPP - ich spreche hier ganz klar für die Landesregierung und habe das an vielen Stellen auch als der für das Thema Infrastruktur zuständiger Minister deutlich gemacht -: Die Landesregierung steht den ÖPP-Projekten sehr kritisch gegenüber. - Aber wir haben immer gesagt: Wir sind bereit, sie ergebnisoffen zu prüfen. Bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit kann ÖPP im Einzelfall eine Option sein. Das muss aber geklärt sein. Deswegen wird das nicht im Vorhinein ausgeschlossen, aber es muss eine sehr saubere Überprüfung geben. Außerdem ist die Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidung wichtig.
Kernpunkt unserer Kritik - ich denke, das eint uns alle sogar - ist die systemimmanente Nichttransparenz, die Nichtnachvollziehbarkeit und somit die Nichtöffentlichkeit der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, der dafür verwendeten Annahmen und der entsprechenden Ergebnisse. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung dient dazu, eine den Maßnahmenträgern möglichst wirtschaftliche Beschaffungsform zu identifizieren - eben in der Entschei
dung zwischen konventionell oder ÖPP. Nach § 7 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung sind für jedes finanzwirksame Handeln des Staates eine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und eine explizite Würdigung der Risiken durchzuführen.
Für die geplante 30-jährige Vertragslaufzeit wurden offensichtlich sehr optimistische Risikoannahmen getroffen. Dass diese Makulatur sein können, zeigen übrigens auch andere Beispiele von ÖPPProjekten. Kontroverse Auseinandersetzungen sind daher nicht zuletzt bei jedem Projekt zu führen. Und - ich glaube, das zeigt sich an vielen Stellen; wir sehen es auch beim Projekt A 7 - ÖPPProjekte werden ganz überwiegend für Großkonzerne ausgeschrieben. Von ihnen profitieren ganz überwiegend Großkonzerne. Meine Damen und Herren, die niedersächsische Bauwirtschaft ist aber stark durch mittelständische Unternehmen geprägt. Unser Ziel muss es doch sein, dass Infrastrukturinvestitionen auch dazu dienen, dass die mittelständische Bauwirtschaft davon profitiert!
Die Risiken, die sich über einen Zeitraum von 30 Jahren ergeben, sind eben nicht verlässlich abgeschätzt und können nicht verlässlich abgeschätzt werden. Konzerne wären in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften und damit am Ende einen Mehrwert für sich, aber nicht für die Infrastruktur in unserem Land zu erzielen, und - was ganz entscheidend ist; ich bin davon überzeugt und will es an der Stelle noch einmal sagen; das gilt auch für andere Maßnahmen - der Staat gibt Gestaltungsfreiheit ab, weil er für viele Jahre nicht über seine - eigentlich über unser aller - Infrastruktur verfügen kann. Wir sollten klar bei dem Motto bleiben: Das ist Daseinsvorsorge. Daseinsvorsorge gehört in öffentliche Hand! - Das muss die Botschaft sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das gegenüber dem Bund bestehende Verhältnis der Auftragsverwaltung - das gilt für uns, das Land - begrenzt die Möglichkeiten der Einflussnahme des Landes auf Entscheidungen des Bundes. Daher konnte ich nach der Amtsübernahme 2013 keinen Einfluss mehr darauf nehmen - Sie erinnern sich an die Diskussion -, dass der Bund ein weiteres ÖPP-Projekt in Niedersachsen auf den Weg gebracht hat.
Für die zweite ÖPP-Staffel war damals ursprünglich vorgesehen, dass der Ausbau der A 7 vom Autobahndreieck Salzgitter bis zum Autobahndreieck Drammetal als ÖPP-Maßnahme durchgeführt wird. Auf meine Weigerung zur weiteren Durchführung des Vergabeverfahrens erhielt ich eine Weisung vom damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Aufgrund von Zweifeln an der Verfassungskonformität der Weisung des Bundes - weil wir im Rahmen der Auftragsverwaltung agieren und entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung haben - habe ich ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, mit dem der ehemalige Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Herr Professor Ipsen, beauftragt wurde.
Herr Ipsen kam in seiner Expertise zu dem Ergebnis, dass das Land im Rahmen der Auftragsverwaltung der Befolgungspflicht unterliegt und keine Möglichkeit besteht, davon abzuweichen - selbst dann nicht, wenn wir aus unserer Sicht möglicherweise belegen können, dass nicht alle Voruntersuchungen und Daten im ausreichenden Maß geliefert werden.
Uns ist es im Weiteren gelungen, den Umfang des ÖPP-Projekts A 7 einzugrenzen. Die ursprünglich 82 km lange ÖPP-Strecke umfasst nun ca. 60 km von der Autobahnanschlussstelle Bockenem bis Göttingen. Auch für die betroffenen Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Seesen konnte wir eine - hoffentlich zumindest sozial verträgliche - Lösung finden.
Dass dies überhaupt geglückt ist, meine Damen und Herren, hat sehr viel mit dem Engagement und der Kraft aller Beteiligten in der Straßenbauverwaltung zu tun. Es darf nie der Eindruck einstehen, dass diese Entscheidung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit unserer Landesbehörde getroffen wurde. Denn ihre Leistungsfähigkeit ist groß.
Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, haben uns dazu bewogen, bei der Grundgesetzänderung zur Abschaffung der Auftragsverwaltung für die Autobahnen und zur Gründung der Infrastrukturgesellschaft darauf hinzuwirken, dass es grundsätzliche ÖPP-Grenzen gibt. Die Neuregelung sieht vor, dass „eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften … für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teil davon umfassen“, ausgeschlossen ist. So
Zum Thema A 7 will ich aber noch einmal sagen: Es erschließt sich, glaube ich, keinem, dass ein 60 km langes Teilstück der Autobahn 7 nicht nur in ÖPP realisiert und gebaut, sondern auch in ÖPP bewirtschaftet wird. Ich halte das wirklich für eine falsche Entscheidung.
Zur aktuellen Situation: ÖPP und die dazugehörigen Pilotmodelle wurden und werden vom Bund aus gelenkt. Dabei sind vor allem die vertragsrechtlichen und maut-/vergütungsbezogenen Fragestellungen und Entscheidungen dort - mit Unterstützung externer Fachberater - angesiedelt. Die Landesbehörde ist im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund in der Vertragsabwicklung tätig und überwacht die Bau-, Erhaltungs- und Betriebsdienstleistungen des Konzessionsnehmers. Sie ist dabei fachaufsichtlich und weisungsrechtlich dem BMVI unterstellt.
Die Klage, die am 19. September vom Landgericht zugestellt wurde, liegt der NLStBV vor. Aufgrund der Kürze der Zeit und des Umfangs des Dokuments - es sind einige Hundert Seiten - ist eine inhaltliche Bewertung der Klage selbst sowie der Interessenlage des Konzessionsnehmers zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich.
Es liegen auch keine weiteren Fakten zum derzeitigen Finanzstatus des Konzessionsnehmers vor. In den Medien wurde von der Gefahr einer Insolvenz zum Jahresende 2017 berichtet.
Es ist derzeit auch nichts darüber bekannt, ob die Banken selbst eine Restrukturierung des Projektes vornehmen. Das wäre sicherlich für das Projekt selber ein wichtiger Schritt. Die Banken müssten eigenständig einen Umbau der Gesellschaft vornehmen und ihr eine neue, solide Finanzausstattung geben. Dazu müssten sie gegebenenfalls auch auf einen Teil ihrer kalkulierten Gewinne verzichten. Das hielte ich jedoch angesichts der Situation für angemessen.
Für mich ist wichtig, meine Damen und Herren: Im Falle einer tatsächlichen wirtschaftlichen Schieflage oder wenn der Konzessionsnehmer nicht die vereinbarten Leistungen erbringt, sehen die Regelungen im Konzessionsvertrag eine adäquate Absicherung des Bundes und des Landes vor. Zahlungsverpflichtungen für das Land Niedersachsen werden in jedem Fall nicht ausgelöst.
Ich möchte mich aber - auch zum Schutz des Konzessionsnehmers - nicht an Spekulationen über Zahlungsschwierigkeiten beteiligen. Wir reden immer noch von einem Unternehmen, das aus unserem Land kommt. Insofern, glaube ich, muss man zwischen der ÖPP-Frage und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens unterscheiden. Vor allen Dingen muss man sehr sensibel mit dem Unternehmen umgehen.
Als Vertragspartner - das sind wir als Landesbehörde - sind wir gemäß Schlichtungsansatz zur Verschwiegenheit verpflichtet. Auch das ist für mich ein hohes Gut. Daher werden wir uns auch an weiteren Spekulationen zum Unternehmen nicht beteiligen und auch nicht beteiligen können.
Festzuhalten ist: Herr des Verfahrens ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Für ein mögliches Gerichtsverfahren muss bedacht werden, dass die Rechtsposition dabei gewahrt bleibt.
Zu 1: Bei der A 1 erhält der Konzessionsnehmer die auf dem ÖPP-Streckenabschnitt tatsächlich anfallende Maut für Lkw mit einem Gesamtgewicht über 12 t, reduziert um einen im Wettbewerb ermittelten, fixen monatlichen Abzugsbetrag.
Zu 2: Die Klageschrift des Konzessionsnehmers ist dem Land Niedersachsen als Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen vom Landgericht Hannover erst am 19. September zugestellt worden. Eine Bewertung der konkreten Argumentation des Konzessionsnehmers kann somit zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden.
Zu 3: Die grundsätzliche Kritik an ÖPP gilt unverändert fort. Als Beschaffungsvariante sollten ÖPP nach § 7 der Haushaltsordnung nur im Einzelfall und bei wirklich erbrachtem Nachweis der Wirtschaftlichkeit einschließlich aller detaillierten Risikobewertungen zum Einsatz kommen. Sie können - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das anfügen - nicht als Allheilmittel für den Ausbau der Infrastruktur und die Sicherung der Daseinsvorsorge dienen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der jetzt vorliegenden Probleme und Skandale frage ich die Landesregierung: Hat der Bund aus Sicht der Landesregierung die Risiken von ÖPP ausreichend reflektiert und evaluiert, und liegt der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann, der gesagt hat, dass der Bund nach dem Spatenstich an der A 7 noch weitere ÖPP-Projekte starten wird, damit aus Sicht der Landesregierung richtig?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Menge, ich glaube, man muss zunächst einmal zwischen dem A-Modell und dem V-Modell unterscheiden.
Beim A-Modell baut ein Unternehmen die Infrastruktur und finanziert das durch Mauteinnahmen. Aus heutiger Sicht besteht zumindest die Gefahr - das kann man mit aller Vorsicht sagen -, dass ein Unternehmen, das in den Markt eintreten will, auf steigende Verkehrsmengen spekuliert und die Einnahmen zu hoch kalkuliert. Die Prognose der Verkehrsmengenentwicklung durch das Unternehmen muss nicht einmal konform mit den Prognosen des Landes und des Bundes sein.
Beim Verfügbarkeitsmodell, dem sogenannten V-Modell, baut ein Unternehmen die Infrastruktur und hält sie verfügbar, und für die Verfügbarkeit bekommt es Geld vom Staat.
Die Zinsen, die der Konzessionsnehmer für seine Investition zu zahlen hat, sind in der Regel deutlich höher als die Zinsen, die der Staat - zumindest normalerweise - zahlen würde.
Er wird eine eigene Rendite kalkulieren. Es ist schließlich sein Ziel, eine Rendite zu erwirtschaften. Er sieht es ja nicht als gemeinnützige Aufgabe an, privat organisiert Infrastruktur zu bauen.
Man muss sich die Frage stellen, ob wir überhaupt in der Lage sind, das ausreichend zu bewerten, und ob das wirklich mit einem konventionellen Bauprojekt vergleichbar ist - auch angesichts der heutigen Zinssituation, in der der Staat in der Lage wäre, Infrastruktur deutlich günstiger selber - mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt - zu bauen. Wir sehen ja, wie viele Milliarden in den nächsten Jahren noch zur Verfügung stehen.
Auf die von mir eingangs aufgeworfene Frage, warum man eigentlich 2005 den Weg gewählt hat, Infrastrukturmaßnahmen so zu finanzieren, ist zu antworten: Das hatte viel mit der Haushaltslage des Staates zu tun. - Das muss man offen sagen. Das war sicherlich ein Grund dafür, die Kosten vor sich her zu schieben.
Heute ist die Ausgangssituation eine andere. Heute ist es deutlich wirtschaftlicher - davon bin ich überzeugt -, selber zu bauen. Heute wären wir genauso in der Lage, schnell zu bauen. Das A-1Modell wird ja immer als Beispiel dafür genommen, wie schnell das gehen kann.
Weil auch das zur Reflexion gehört, will ich hier noch kurz sagen: Das A-1-Modell zeichnete sich dadurch aus, dass man auf allen - sieben, glaube ich - Planfeststellungsabschnitten gleichzeitig gebaut hat. Dafür musste aber auch erst einmal auf allen Planfeststellungsabschnitt unanfechtbares Baurecht vorliegen.