Ich finde es aber auch wichtig - und das wird Sie alle nicht großartig wundern -, dass sich die FDP gegen eine Quote ausspricht. Wir haben das schon immer getan.
Ich möchte jetzt gern auch noch etwas zu den Beratungen im Sozialausschuss sagen. Ich habe mich daran nicht in der Tiefe beteiligt, weil für mich von Anfang an klar war: Die 50-%-Quote ist nicht mein Weg. - Für mich wäre es schöner gewesen - das habe ich da auch noch kurz eingebracht -, wenn die Formulierung „das unterrepräsentierte Geschlecht“ aufgenommen wäre. Es ist aber durchaus legitim, es auch so zu machen, wie Sie es jetzt machen möchten. Deswegen brauche ich jetzt auch nicht einen so langen Weg zu gehen und muss nicht über Verfassungsmäßigkeit reden. Ich kann mit einer 50-%-Quote nicht leben; das können die Freien Demokraten nicht. Deswegen werden wir sie an dieser Stelle auch ablehnen.
Ich wollte das auch nicht der Diskontinuität anheimfallen lassen. Meine Fraktion und ich sind durchaus bereit, heute abzustimmen, weil das immer klar war.
Jetzt noch ein paar Randbemerkungen zu meinen grundlegenden Problemen mit der Sache: Ich selbst habe zwei kleine Kinder. Wir haben einfach das Problem, dass viele Frauen, die Kinder haben, nicht auf eine ausreichende Kinderbetreuung, auch nicht auf eine ausreichend flexible Kinderbetreuung zurückgreifen können. Wie soll ich allen Ernstes einen Achtstundenjob machen und morgens meine Kinder wegbringen? - Dann bin ich flott um 8 Uhr da, kann aber schon wieder um 16.30 Uhr wieder fahren, weil die Kita um 17 Uhr schließt. Das kann von Frauen unmöglich geleistet werden.
Natürlich hat unsere Kita beide Nummern. Sie hat die Nummer meines Mannes, und sie hat auch meine Nummer. Die rufen aber ständig nur mich an. Deswegen ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen und zu sagen, dass es zwei Leute gibt, obwohl mein Mann ein Jahr in Elternzeit war. Es ist noch nicht alles erreicht worden, was wir uns so erträumen. Es ist wichtig, auch das einmal zu sagen.
Was mich persönlich immer sehr trifft, ist die Ernsthaftigkeit des Themas. Mir wird relativ häufig unterstellt: Du bist gegen die Quote, und deshalb bist du irgendwie gegen Gleichstellung. - Ich aber sehe das nicht so. Gerade in Zeiten wie diesen kommen wieder ganz andere Familienbilder hoch: Von bestimmten Parteien wird gesagt, dass alleinerziehende Frauen einen gescheiterten Lebensentwurf haben, und da müssen wir ran; denn zum normalen Familienbild gehören Mann, Frau und zwei Kinder. - Da kommt also sehr viel Gedankengut auf uns zu, das wirklich sehr retro ist.
Deshalb ist es wichtig, dass wir zusammenhalten und uns nicht daran aufreiben, dass die einen gut sind, weil die eine Quote wollen, die anderen aber böse sind, weil sie keine Quote haben wollen. Wir müssen vielmehr die Gemeinsamkeiten finden, damit das Gesellschaftsbild, das sich zurzeit draußen entwickelt, nicht weiter in die Gesellschaft einzieht. Wir wollen stattdessen das behalten, was wir uns irgendwann erkämpft haben und was auch andere Frauen für uns erkämpft haben.
Vielen Dank, Frau Bruns. - Jetzt hat sich die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Frau Piel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Entwurf eines Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes habe ich als Vorsitzende der Grüne-Fraktion in seiner Entstehung mitbegleitet. Die intensiven Beratungen haben in den Fachausschüssen stattgefunden. Ich finde, der Gesetzentwurf ist gut geworden.
Es ist ein Gesetz geworden, über das zu reden sich heute lohnt und auch über das abzustimmen sich heute lohnt.
Die Fraktionen von SPD und Grünen haben derzeit keine eigene Mehrheit. Aber wir haben im Landtag auch eine Fraktion der Frauen, und ich spreche Sie, liebe Kolleginnen, jetzt ganz persönlich an: Haben Sie selbst nie Bekanntschaft gemacht mit der gläsernen Decke? Haben Sie nie erlebt, dass eine Frau frustriert war, weil Posten wie von Zauberhand mit Männern besetzt worden sind, bei denen nicht klar wurde, was sie geeigneter macht als ihre Mitbewerberinnen? Kennen Sie keine Frau, die sich auf Posten gar nicht erst bewirbt, weil es ihr zu aufreibend ist, sich in den Männerdomänen durchzusetzen? - Ich kenne solche Fälle, und ich glaube, Sie kennen sie auch.
Meine Damen und Herren, Herr Birkner hat mir am Sonntag ja bereits vorgerechnet, was seiner Meinung nach gegen Quoten spricht. Er ist damit auch nicht allein. Oliver Stettes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln äußerte sich gegenüber dem Deutschlandfunk zur Frage der Quote für Unternehmen wie folgt:
„Das Interesse des Unternehmens ist ja, die Person in eine Führungsverantwortung hineinzubringen, die aus Sicht des Unternehmens dafür am besten geeignet ist … Und da stellt sich dann die Frage, was das Geschlecht an sich mit der Eignung für eine Führungsposition zu tun haben kann, nämlich aus unserer Sicht gar keine.“
Das klingt erst einmal sehr überzeugend. Aber - und das geht auch in Richtung der beiden Kolleginnen, die vor mir gesprochen haben - das entspricht leider nicht der Wirklichkeit bei Personalentscheidungen. In Wirklichkeit sitzen in den Personalabteilungen vieler Unternehmen hauptsächlich Männer. Ich sage gar nicht, dass diese Männer grundsätzlich etwas gegen Frauen haben. So einfach und durchschaubar funktioniert Diskriminierung nämlich nicht. Es reicht, wenn der Personaler im Einzelfall das Gefühl hat, dass der männliche Bewerber - den er vielleicht auch schon ein bisschen länger kennt - auf die Stelle irgendwie besser passt als die Bewerberin. Festzustellen, dass dies passiert, hat übrigens nichts mit Misstrauen zu tun. Was ich beschreibe, ist menschlich. Sprechen Sie mal mit Frauen, die an der Uni oder in Wirtschaftsunternehmen Karriere machen! Sie werden genau darauf stoßen.
Meine Damen und Herren, die wesentlichen Punkte dieses Gesetzes sind bekannt. Wir wollen die 50-%-Quote wiedereinführen. In allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung sollen Bewerberinnen bei gleicher Eignung bevorzugt werden. Nur am Rande: Diese Quote führt am Ende nicht dazu, dass Stellen unbesetzt bleiben. Sie ist nur die Richtgröße, auf die wir zuarbeiten. Wir wollen sie wiedereinführen, weil wir sie bereits hatten, bis SchwarzGelb sie abgeschafft hat. - Übrigens hat die Kollegin, die zur CDU gegangen ist, noch im Frühjahr 2016 von „zehn Jahren rückwärtsgewandter Frauenpolitik“ gesprochen.
Wir schaffen die Praxis der internen Ausschreibung ab. Auf offene Stellen kann sich nach diesem Gesetz jeder und jede bewerben. Die Vorteile, die diejenigen haben, die bereits im Betrieb sind, dürfen nicht dazu führen, dass die Sache von vornherein geklärt ist.
Wir stärken die Gleichstellungsbeauftragten; denn Regeln nützen nichts, wenn sie nicht überwacht werden. Sie bekommen ein Klagerecht vor den Verwaltungsgerichten eingeräumt. Bei Uneinigkeit zwischen Dienststelle und Gleichstellungsbeauftragter soll die Angelegenheit künftig der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden können.
Und - das ist in diesem Gesetz ein sehr wichtiger Punkt, der mir persönlich auch sehr wichtig ist -: Wir stärken Frauen, die am Arbeitsplatz sexuell belästigt werden. Bei diesem Thema muss Sensibilität geschaffen werden, genau die Sensibilität, die dieses Problem gerade im Berufsleben verdient.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Landesfrauenrat haben diesen Gesetzentwurf unterstützt. Die Fraktionen der SPD und der Grünen sagen hier und heute klar und deutlich Ja zu diesem Gesetzentwurf.
Liebe Kolleginnen und insbesondere vielleicht auch liebe Kollegen aus allen Fraktionen, folgen Sie Ihrem Gewissen! Sagen auch Sie Ja! Lassen Sie uns heute gemeinsam diesen Gesetzentwurf beschließen!
Vielen Dank, Frau Piel. - Die Kollegin Astrid Vockert hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön, Frau Vockert!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin stolz darauf, dass ich als Vizepräsidentin 2008 zum Thema „80 Jahre Frauenwahlrecht“ hier für alle Abgeordneten des Landtages sprechen durfte.
Wenn ich morgen die letzte Plenarsitzung hier habe, dann gehe ich in die Geschichte ein als die Frau, die dem Landtag mit 27 Jahren und fünf Monaten am längsten in der Geschichte des Landtages angehört hat.
Muss es nicht trotzdem unser Bestreben sein, wenn ich mich so umschaue, wie es jetzt weitergeht, wie viele Frauen kandidieren - egal, bei welcher Partei -, wie viele durchkommen und wie viele sich durchsetzen - - - Frau Piel, Sie haben das eben angesprochen. Jede Frau und auch Männer haben die Erfahrung gemacht, dass sie sich in einem demokratischen Prozess nicht immer haben durchsetzen können.
meine Fraktion hatte es zum Teil nicht einfach mit mir, weil ich immer auch in der Sache gestritten habe. Wenn ich überlege, was ich im Bereich Kitapolitik erreicht habe und was ich eigentlich erreichen wollte, dann muss ich sagen, dass das nur ein kleiner Baustein ist. Aber es ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich möchte Ihnen eines mit auf den Weg geben: Sie alle wissen, dass Geduld dazugehört. Ich hoffe, dass auch Sie mit Leidenschaft und mit Herzblut, so wie ich gekämpft habe, weiter kämpfen werden - in der Sache. In der Sache sollten Sie das auch akzeptieren, nicht nur weil es politisch Andersdenkende sind. Das sind in den allermeisten Fällen kluge, ehrliche und ehrenwerte Personen und Kolleginnen und Kollegen. Das heißt also, durchaus auch einmal das anzunehmen, was politisch Andersdenkende sagen und das nicht gleich in Bausch und Bogen zu verdammen. Auch das habe ich gelernt. Ich möchte es Ihnen mit auf den Weg geben.