Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie behaupten, Ihr Vorschlag zum Erhalt der Förderschulen im Sekundarbereich I sei leicht umzusetzen, dann ist das auch nichts als Augenwischerei. Die Schulträger haben die letzten Jahre dazu genutzt, die Schulstruktur vor Ort an die Erfordernisse der Inklusion anzupassen. Seit 2013 haben die Schulträger 53 Förderschulen und Förderschulzweige im Förderschwerpunkt Lernen aufgehoben. Es ist doch auch schulorganisatorisch äußerst waghalsig, auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler diese Entscheidungen wieder in Zweifel zu ziehen.
(Kai Seefried [CDU]: Wer macht denn hier etwas auf dem Rücken der Schü- lerinnen und Schüler? - Gegenruf von den GRÜNEN: Die CDU!)
An einem weiteren Punkt ist Ihr Gesetzentwurf völlig unausgegoren. Sollten Schulträger, die noch Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen führen, gezwungen sein, auswärtige Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, weil sie vor Ort kein entsprechendes Förderschulangebot mehr vorfinden? Und wer soll dann die Kosten der Schülerbe
förderung tragen, wenn der Schulträger keine eigenen Förderschulen Lernen mehr vorhält? Derartige Fragestellungen sind im Gesetzentwurf überhaupt nicht bedacht worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Gesetzentwurf begründen Sie mit dem Argument der Wahlfreiheit der Eltern sowie dem Mangel an vorhandenen Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen. Eines ist aber doch ganz klar: Wenn man ein Doppelsystem fährt, dann braucht man mehr Sonderpädagogen und nicht weniger. Auch da ist die Finanzierung in Ihrem Gesetzentwurf also völlig falsch angesetzt.
Wenn allgemeine inklusive Schulen finanziell und personell benachteiligt werden sollen, dann reicht es eben nicht, dass Sie sich jetzt mit Ihrem Gesetzentwurf zurücklehnen und sagen: Wir haben es ja versucht; aber die Inklusion klappt eben nicht.
Der umgekehrte Weg ist der richtige, meine sehr verehrten Damen und Herren. Schülerinnen und Schüler, gleich ob mit oder ohne Unterstützungsbedarf, haben ein Recht auf inklusive Bildung an einer inklusiven allgemeinen Schule. Das muss der Staat einlösen.
An diesem Punkt müssen die nun einmal beschränkt vorhandenen Ressourcen gebündelt und gezielt eingesetzt werden. Doppelstrukturen sind schlicht und ergreifend mit dem Personal, das wir momentan haben, weil wir ja kaum Sonderpädagogen einstellen können, noch schwieriger vorzuhalten.
Mit diesem Gesetzentwurf wird nicht nur eine Wahlfreiheit vorgespielt; die Verantwortung dafür sollen offenbar auch noch die Schulträger übernehmen.
„Meine Damen und Herren, Inklusion ist ein ganz großes Thema; ich habe es gesagt. Es taugt nicht für parteipolitische Überlegungen. Leider ist das nicht bei allen angekommen.“
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Kollege Seefried, CDU-Fraktion, hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte, Herr Kollege! Da die Ministerin die Redezeit überzogen hatte, haben Sie drei Minuten.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die drei Minuten will ich nicht ausnutzen, sondern ich möchte hier nur eine Feststellung treffen. Ich möchte nochmals deutlich machen - das habe ich in meiner Rede vorhin schon mehrfach unterstrichen -: Der Niedersächsische Landtag hätte heute eine riesengroße Chance zum Erhalt der Förderschule Lernen gehabt. Der Niedersächsische Landtag hätte heute die letzte Chance zum Erhalt der Förderschule Lernen gehabt.
Ich stelle mit Bedauern fest, dass diese Kultusministerin, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD und Grünen genau diese Chance hier vertan haben. Ich bedaure das.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich werde wohl die volle Zeit nicht ausschöpfen müssen.
Ich will nur noch einmal klarstellen - das wurde auch schon von der Ministerin gesagt -, dass uns die praktische Umsetzung dieses Gesetzentwurfs vor Schwierigkeiten stellen würde, die deutlich größer wären als das, was wir damit erreichen würden. Insbesondere wäre - da spreche ich auch aus kommunaler Sicht - der mit den Kommunen
Außerdem sind die Strukturen überhaupt nicht mehr vorhanden. Das habe ich bereits deutlich gemacht. Auch aus pädagogischer Sicht ist das nicht sinnvoll, weil vielerorts die Strukturen überhaupt nicht mehr vorhanden sind, die notwendig wären, um qualitätsvollen, guten Unterricht an einer Förderschule Schwerpunkt Lernen durchzuführen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Daher kann man nur noch einmal sagen:
Das Thema „Wahlfreiheit und Elternwille“ ist hier eine Farce und soll mit Ihrem Gesetzentwurf nicht bewirkt werden.
Zum Schluss der Debatte ist es meines Erachtens tatsächlich noch einmal wichtig, Einigkeit zu betonen - Einigkeit im Sinne der Schülerinnen und Schüler für die Umsetzung der schulischen Inklusion. Ich habe ja vorhin geschildert, wie die Situation war, bevor wir überhaupt an Inklusion gedacht haben. Dann stand der Begriff Integration im Mittelpunkt. Und heute sind wir alle gefordert - nicht nur schulisch, sondern auch gesellschaftlich -, Inklusion umzusetzen.
Hans Wocken, der UNESCO-Beauftragte für Inklusion, hat gesagt: Integration war eine Gnade. Inklusion ist ein Recht. - Um dieses Recht umzusetzen, müssen wir alles tun, im Sinne der Schülerinnen und Schüler.
Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Auch Herr Kollege Scholing hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Anderthalb Minuten, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben uns ja in dieser Debatte auf den vds bezogen. Ich möchte aus der Stellungnahme des vds zu den Inklusionsanträgen einen Satz zitieren:
„Es besteht keine Veranlassung zur Wiedereinführung institutioneller Angebote, die auf der Grundlage der Behindertenrechtskonvention weitgehend überwunden werden sollten.“
Ich verbinde das mit folgendem Hinweis: Wir müssen uns um die Frage kümmern, wie wir die inklusive Schule stärken können. Das ist die entscheidende Frage. Dazu haben wir durchaus eine Menge Ideen. Sie sind in unserem Antrag zur Weiterentwicklung der inklusiven Schule enthalten.
Wir haben viele Ideen, was getan werden kann und getan werden muss, um die Ressourcenfrage zu klären. Denn das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Das wissen wir seit Langem, das wissen wir nicht erst seit 2013.
Die große Herausforderung ist das Fehlen der Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, aber auch darauf finden wir eine Antwort. Wir sagen: Wir müssen die Multiprofessionalität von Schule stärken, und das macht inklusive Schule besser. Das ist die Richtung, in die unsere Anstrengungen und Überlegungen gehen müssen.
Vielen Dank, Herr Kollege Scholing. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe daher die Beratung.
Federführend soll der Kultusausschuss, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann haben Sie so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Integration in die Gesellschaft durch Arbeit, Bildung und Familie - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/6433 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/8230