(Jens Nacke [CDU]: Das kann doch heute mal auf einem anderen Niveau gehen! Bitte! - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Auch wenn dieser Zwischenruf Sie partiell erheitert - wir hier oben finden das gar nicht lustig. Wer hier ein Zwiegespräch austragen möchte: Es gibt dafür benachbarte Räumlichkeiten. Ansonsten hat hier nur eine Person das Wort, nämlich Frau Dr. Wernstedt. - Bitte sehr!
Das Haushaltsrecht wurde gebrochen, und kompensatorisch wurde innerhalb der Hochschule das Personal für Krankenversorgung verringert. Wachstum in der Forschung wurde auf Kosten der Krankenversorgung generiert, und die Regierung McAllister sah zu.
Erst mit dem Regierungswechsel 2013 wurde der Aufsichtspflicht durch das Fachministerium nachgekommen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Der Landesrechnungshof sieht das aber ganz anders! - Reinhold Hilbers [CDU]: Nicht nur der Regierungs- wechsel, sondern auch die großen Verluste, die entstanden sind! - Weite- re Zurufe)
- Frau Tiemann, war was? Ich habe von Ihnen keinen Zettel vorliegen. Gibt es da ein Missverständnis? - Ach so. - Bitte sehr!
Für die MHH kann man formulieren: To big to fail. - Eine Institution von dieser Größe und dieser Bedeutung als Forschungsstandort, Krankenversorger und Arbeitgeber kann man nicht vor die Wand fahren lassen.
Die Regierung Weil - vertreten durch die Fachministerin Dr. Heinen-Kljajić - hat den bedrohlich angewachsenen Fehlbetrag zur Kenntnis nehmen müssen und hat gehandelt.
In engmaschigen Gesprächen mit dem MHH-Präsidium wurde ein Konsolidierungskurs ausgearbeitet und umgesetzt, um den Bilanzverlust von 110 Millionen Euro abzubauen.
Nun ist eine Hochschulklinik nicht nur ein Wirtschaftsunternehmen. Um weiter gute Forscher an die Hochschule zu binden, kann man nicht einfach über mehrere Jahre hinweg einen totalen Einstellungsstopp verhängen. Danach wäre der Forschungsstandort tot. Und man kann keine Weltuntergangsstimmung verbreiten, weil sich schwerkranke Menschen mit gutem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit ihrer Universitätsklinik in Behandlung begeben sollen.
Deswegen wurden von uns die Personalobergrenzen angehoben und die Kontrollen über die MHH engmaschig durch das MWK geführt. Dies ist ein erfolgreicher Kurs gewesen. Die MHH hat sich inzwischen stabilisiert.
Was wir alle kritisch zur Kenntnis nehmen müssen, ist der bauliche Zustand der MHH. Nun kann man mit einem 50 Jahre alten Funktionsbau keinen Staat mehr machen. Das erwartet auch niemand. Aber es ist schon bemerkenswert, wie bereitwillig das Recht von der Vorgängerregierung gebrochen und riesige Schuldenberge angehäuft wurden, während bezüglich der Bausubstanz nur im KleinKlein gedacht wurde. Das Alter der MHH ist ja keine wirkliche Überraschung; die Bausubstanz lässt schon länger zu wünschen übrig. Wir denken jetzt das Ganze neu und stellen die Finanzierung zur Verfügung. Think big!
Dass aber notwendige Teilplanungen für neue Gebäude, Labors und Apotheken über Jahre hinweg offensichtlich unzureichend durchgeführt wurden, lässt kritisch auf die Führung der MHH blicken. Von außen betrachtet, scheint die Machtbalance innerhalb der Hochschule schon seit langer Zeit nicht mehr gewahrt zu sein. Die Forschung hat ein derartiges Übergewicht bekommen, dass die Unterbringung der Patienten, die Arbeitsbedingungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Arbeitsabläufe, die Diagnostik und die Therapie anfangen zu leiden.
Universitäten und Hochschulen genießen in diesem Lande große Freiheiten. Das Ganze firmiert unter dem Begriff der Hochschulautonomie. Wir haben darüber schon am Beginn dieser Legislaturperiode debattiert. Wir trauen unseren Professorinnen und Professoren zu, ihre Angelegenheiten zum Wohle der Patientinnen und Patienten weitgehend selbst zu regeln. Die MHH aber hat in den
letzten Jahren genug Anlass geboten, zu überdenken, ob es gerechtfertigt ist, diese Freiheiten zu gewähren.
Vor dem Hintergrund der großen Bauvorhaben an der MHH mithilfe des gerade vom Parlament eingerichteten Sondervermögens von 750 Millionen Euro sind die hochschulinternen Gremien dringend gefordert, gestaltend in die Zukunftsherausforderungen einzugreifen. Ihre Autorität und Fachkompetenz für die Entwicklung der MHH für die nächsten Jahrzehnte sind dringend notwendig. Neubau und Modernisierung von Universitätskliniken sind ein derartig komplexes Unterfangen, dass man viele Fachleute, gute Absprachen, klare Grenzsetzungen und Verantwortungsübernahme durch die Führungspersonen braucht.
Ich komme zum Schluss: Exzellente Bedingungen für Forschung und Krankenversorgung liegen uns als regierungstragende Fraktionen am Herzen. Deswegen haben wir das Sondervermögen eingerichtet, und wir werden die Verwendung der Mittel mit äußerster Aufmerksamkeit begleiten - für die nächsten erfolgreichen 50 Jahre der MHH!
Vielen Dank, Frau Dr. Wernstedt. - Es folgt jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Christian Grascha. Bitte!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Nachrichten, die Unterrichtungen und die Informationen, die wir in den letzten Wochen zur Medizinischen Hochschule Hannover bekommen haben, sind durchaus besorgniserregend. Wenn man sich überlegt, dass in diese Hochschule in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Milliardenbeträge investiert werden sollen, und sich dann fragt, wie das wohl aussehen könnte, wenn die Fehler, die im Moment gemacht werden, nicht zügig abgestellt werden, kann einem angst und bange werden, meine Damen und Herren.
Zum einen geht es um die unterschiedlichen Maßnahmen am Bau selbst. Zum anderen hat der Landesrechnungshof in den letzten Tagen aber auch
Missstände im Bereich der Betriebsausgaben offenkundig gemacht. Bei der MHH sind Stellen besetzt worden, die es gar nicht gab, wodurch ein Schaden von 23 Millionen Euro entstanden ist. Außerdem sind Leistungszulagen in der Größenordnung von 6,2 Millionen Euro ausgezahlt worden, die eigentlich nicht hätten ausgezahlt werden dürfen. Das alles stellt eine verantwortungslose Haushaltsführung da. Ich weiß nicht, ob es Dreistigkeit ist. Ich weiß nicht, ob es Missmanagement ist. Ich weiß auch nicht, ob das strafrechtlich relevant ist. Insgesamt aber muss man sagen: Das ist eine schwierige Situation, ein Desaster für die Situation der MHH.
Meine Fraktion hat in diesem Haus schon eine Initiative dahin gehend ergriffen, die Haushaltsuntreue als neuen Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufzunehmen. Das würde uns in der Tat helfen, hier auch strafrechtlich relevante Dinge entsprechend zu prüfen. Aber das ist der Teil, der auf der Seite der Medizinischen Hochschule ist. Das ist schon besorgniserregend genug.
Auf der anderen Seite - dann wird es nicht besser - kommen wir zur Aufsicht, nämlich zum Ministerium für Wissenschaft und Kultur und zu Frau Ministerin Heinen-Kljajić.
Der Landesrechnungshof hat eine wirklich deutliche Kritik in der letzten Woche ausgesprochen. Dort hieß es: Man ist nicht rechtzeitig und auch nicht im erforderlichen Maße tätig geworden.
Diese Aufsicht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unter dieser Ministerin hat versagt und ist in dieser Situation überfordert.
Hochschulfreiheit kann doch nicht bedeuten, dass jeder mit dem Geld machen kann, was er will, sondern Hochschulfreiheit heißt, dass man sich im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten so ausrichtet und so engagiert, dass man in der MHH die entsprechende Möglichkeit optimal nutzt. Das passiert hier aber nicht, sondern man hat ganz klar gesetzliche Dinge überschritten, und das ist ja jetzt auch offenkundig geworden.
Landeshaushaltsordnung gilt. Da greift allerdings diese Ministerin nicht ein. Wir haben eher den Eindruck, sie schläft den Schlaf der Gerechten. Sie müssen aufwachen, Frau Ministerin, und Sie müssen bei der MHH endlich eingreifen!
(Beifall bei der FDP - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Habt Ihr alles nicht mitgekriegt! Ihr seid die Verschlafe- nen, Herr Grascha!)
Dann, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen - Frau Wernstedt hat das eben schon versucht -, gibt es ja immer den Vorwurf: Ja, das sind teilweise Vorgänge, die auch schon unter der Vorgängerregierung passiert sind.
Meine Damen und Herren, dahinter können Sie sich halt nicht verstecken. Sie regieren dieses Land seit viereinhalb Jahren. Es sind Ihre Fehler, es sind aktuelle Missstände, und dafür sind Sie verantwortlich.
(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Man muss gucken, wo das herkommt!)
Wir sprechen, diskutieren und tauschen uns über aktuelle Politik aus, über aktuelle Missstände. Das hier ist keine Geschichtsstunde im Landtag, meine Damen und Herren.
(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das hat ja eine Ursache, Herr Grascha! Ist ja nicht vom Himmel gefallen!)
Also, ganz klar: Wir fordern, dass die Ministerin schnell handelt, dass sie endlich durchgreifend ihre Aufsicht tatsächlich wahrnimmt, dass strukturelle Schwächen abgestellt werden, und zwar vor allem deshalb, weil Milliardeninvestitionen in den nächsten Jahren anstehen. Deswegen ist es erforderlich, dass die strukturellen Schwächen abgestellt werden;
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Ich darf noch einmal alle hier um Ruhe und Aufmerksamkeit bitten; denn sonst ist es mit der Debatte ein bisschen schwierig.