Protocol of the Session on May 18, 2017

Auch wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass die geplante Grundgesetzänderung der Bundesregierung zahlreiche Hintertüren offen lässt. Auch wenn das Eigentum der Infrastrukturgesellschaft Verkehr unveräußerlich ist, so bestanden doch weitaus mehr Privatisierungsmöglichkeiten als der Verkauf der Gesellschaft an sich.

Deswegen haben wir Grüne immer wieder gefordert, dass weitere Privatisierungsschranken im Grundgesetz eingezogen werden müssen. Die einzige Fraktion im Bundestag, die das entgegen jeglicher Vernunft diametral anders sieht, war bis zuletzt offenbar die CSU.

Ob der nun angekündigte Kompromiss von gestern Nacht unserer Prüfung tatsächlich standhalten wird und die Beteiligung Privater komplett ausschließt, kann ich zum aktuellen Zeitpunkt noch gar nicht sagen. Wir haben bisher auch auf Bundesebene nur mündliche Informationen.

Auch deshalb halten wir nach wie vor an diesem Antrag fest. Sollten die Änderungen am Gesetzentwurf unseren Ansprüchen Genüge tun, kann ich nur feststellen: Der vehemente und nachdrückliche Widerstand aus unserem Bundesland zu verschiedenen Zeitpunkten hat einen entscheidenden Anteil zu diesem Verhandlungsergebnis geleistet. Schließlich wird sich auch noch der Bundesrat damit befassen.

Die Gewinnoptimierung der Privaten droht die Arbeitsplätze in den Straßenbaubehörden zum Wackeln zu bringen. Das hat sie schon getan. Wir haben das im Zusammenhang mit dem Bau der A 7 in ÖPP mitansehen müssen. Das ist ein Projekt, das die CDU auf Bundesebene gegen den Willen des Landes als ÖPP durchgedrückt hat. Was ist das nur für eine Farce, dass Sie als CDU hier und heute versuchen, sich entgegen Ihrer

Bundespolitik als Anwalt der Beschäftigten aufzuspielen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn es nach uns geht, darf es nicht darum gehen, hochprofitable Anlagemöglichkeiten für private Anleger zu schaffen, gerade in Zeiten mit niedrigen Zinsen. Im Mittelpunkt muss weiterhin das Gemeinwohl stehen. Im Mittelpunkt stehen für uns die Beschäftigten mit ihrem wertvollen Fachwissen, das wir hier in Niedersachsen halten wollen. Es geht um 3 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Straßenbaubehörden in Niedersachsen, die um ihre Zukunft bangen. Knapp ein Drittel von ihnen wäre von der Umwandlung betroffen. Wie es für sie beruflich weitergeht, hängt auch davon ab, wie viel Privatisierung das Gesetz letztlich zulassen wird.

Mit diesem Antrag machen wir unmissverständlich klar: Wir stehen an der Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und setzen uns dafür ein, dass sie eine sichere und verlässliche berufliche Zukunft hier in Niedersachsen haben.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Westphely. - Für die FDP hat der Kollege Jörg Bode das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wieder einmal das übliche Bild: Zuerst geht der Ministerpräsident los und verscherbelt auf der großen Berliner Bühne die Auftragsverwaltung unserer Bundesautobahn, und das auch noch mit einem schlechten Deal. Immerhin ist er 16. von 16 geworden, als es um das Geldverteilen ging. „Verscherbelt“ ist wahrscheinlich noch geprahlt für das, was Ministerpräsident Weil dort tatsächlich gemacht hat.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Sie haben das bei der Wasserschifffahrtsverwal- tung gut hinbekommen! Das sagt der Richtige!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem das unter Ihrem Ministerpräsidenten passiert ist, schicken Sie Ihren Kollegen Schminke hier auf das Podium, damit er große Krokodilstränen weint und

sagt: Die bösen anderen haben etwas Schlimmes gemacht, und wir müssen dem Einhalt gebieten. Er und seine Fraktion sind die einzigen, die sich querstellen. - Herr Kollege Schminke, wenn Ihr Ministerpräsident diesen Unsinn in Berlin nicht gemacht hätte, müssten wir hier heute gar nicht debattieren. Das ist die Wahrheit. Darüber müssten Sie sich mal Gedanken machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Es gibt in diesem Haus ja auch gar keinen Dissens darüber, dass der andere Weg der richtige gewesen wäre, nämlich die Auftragsverwaltung in der Landesstraßenbaubehörde mit ihren gebündelten Kompetenzen zu erhalten, damit man die Genehmigungsbehörden gleich hier hat, damit Planungen übergreifend passieren und damit man nicht nur eine Autobahn plant, sondern vielleicht auch noch die Auf- und Abfahrt mit der Anbindung an die Bundes- und Landesstraßen gleich mit. Das alles hat Ihr Ministerpräsident für ein paar Millionen Euro - und dann auch noch für so wenige - in Berlin verkauft und zerschlagen.

(Ronald Schminke [SPD]: Das hat die CDU gemacht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Rot-Grün sind die Planungen und die Vorbereitungen für weitere Infrastrukturmaßnahmen ohnehin schon hinausgezögert worden. Sie treten massiv auf die Bremse.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wie viele Meter A 20 und A 39 haben Sie denn gebaut?)

Wenn ich mir allein die Prognosen, die wir jetzt aus dem Verkehrsministerium vorgelegt bekommen haben, ansehe! Was die Planfeststellungsbeschlüsse für die A 20 oder die A 39 angeht, sind Sie um Jahre zurückgeworfen worden. Ich vermute, es liegt an den Grünen, die Ihnen durch den Verzicht auf Sonderplanungsmittel etc. dort tatsächlich die Feder führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist klar, dass wir einen anderen Weg präferieren. Es ist auch klar, dass wir, wenn der Bundestag und der Bundesrat das Grundgesetz ändern sollten, versuchen müssen, das Beste aus der Situation zu machen. Ich würde mir aber wünschen, Herr Schminke, dass Sie, solange das noch nicht der Fall ist, hier nicht nur solche Reden schwingen, sondern tatsächlich noch versuchen, es zu verhindern, und dass Sie Ihren Ministerpräsidenten oder

Ihren Verkehrsminister zur Seite nehmen und sagen: Versuch doch mal die Beschlussfassung in dieser Frage aufheben zu lassen, damit es nicht so weit kommt!

Stattdessen kommen Sie her, sprechen ein Privatisierungsmantra und beklagen, dass böse Menschen die Autobahnen sozusagen übernehmen wollen. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass übrigens auch die FDP - insofern sollten Sie vielleicht Ihre Position insgesamt überdenken - gesagt hat, dass die Veräußerung an Private in diesem Fall keineswegs passieren darf, weil es sich dann nämlich um eine verkappte Steuererhöhung handeln würde. Das ist nämlich der Fall.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Warum sollten wir deswegen unsere Position überdenken?)

Wir sagen allerdings nicht, dass alles, was Private machen, böse sei. Ganz im Gegenteil: Wir kritisieren, dass Sie von vornherein die guten Projekte, die es in der Vergangenheit gegeben hat, ablehnen, und die dortigen Erfolge überhaupt nicht umsetzen, Herr Minister. Das ist der Punkt!

Schauen Sie sich doch mal an, wie die A 1 zwischen Hamburg und Bremen gebaut worden ist! Ein privates Konsortium hat ein ganz neues Konzept mit einer mitlaufenden Baustelle erarbeitet und damit einen enormen Vorsprung, was die Bauzeit angeht, herausgeholt.

Und jetzt schauen Sie sich mal an, wie Sie gerade die A 7 sechsstreifig ausbauen! Da ist schon heute abzusehen, dass das, was die Zeit angeht, schlicht und ergreifend einen enormen Rückschritt darstellt, weil Sie nicht so modern bauen lassen, wie es die Privaten gemacht haben.

Das ist der Punkt! Wir wollen, dass es schnell geht, dass Infrastruktur günstig gebaut wird und dass die Menschen diese Infrastruktur mit ihren Autos auch tatsächlich benutzen können. Da wäre mit aufseiten der Landesregierung etwas mehr Engagement wirklich sehr lieb.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Gerd Ludwig Will [SPD]: Ha, ha, ha! Das sagt der Rich- tige!)

Vielen Dank, Kollege Bode. - Das Wort hat jetzt für die Landesregierung Herr Minister Olaf Lies.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zumindest ein paar Dinge ausräumen, die so nicht stimmen.

Herr Bley hat gesagt, wir haben eine im Ergebnis schlechte Landesbehörde, weil es uns nicht gelingt, die Mittel des Bundes umzusetzen.

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Nicht die beste!)

Fairerweise muss man aber sagen: Wir haben in jedem Jahr mehr Geld ausgegeben - sogar im letzten -, als uns eigentlich zugestanden hat, und das, obwohl es im letzten Jahr einen enormen Mittelaufwuchs gegeben hat. Ich finde, man muss klarstellen: Es ist überhaupt nicht so, wie Herr Bley es darstellt.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Wenn es vielmehr zwei wirklich extrem leistungsfähige Landesbehörden an der Stelle gibt, dann sind es die in Niedersachsen und Bayern. Deshalb waren die Niedersachsen und die Bayern für den Erhalt dieser Struktur.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das hat vor allen Dingen - das ist ja zu Recht gesagt worden - viel mit der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tun. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten mit ihren Projekten übrigens genauso leistungsfähig sein wie diejenigen, die ÖPP-Projekte umsetzen, von denen immer wieder gesprochen wird. Herr Bode hatte das Projekt A 1 genannt, wobei wir nicht von den Rechtsstreitigkeiten sprechen, weil die Gelder am Ende nicht ausreichen.

Überlegen wir mal: Wenn wir die gleichen Möglichkeiten hätten - das ist ja das Problem - und in dieser Form bauen könnten, wie es das Konsortium gemacht hatte, dann könnten wir genauso schnell und genauso effizient sein. Aber die Landesbehörde kann in ihren rechtlichen Rahmenbedingungen, die durch die Bundesauftragsverwaltung gegeben sind, nicht in diesem Stil bauen. Das müsste aber das Ziel sein. Man muss deutlich sagen: Die Qualität von Baustellen und die Geschwindigkeit des Baufortschritts verbessern sich nicht, weil die Aufgabe ausschließlich von Privaten erbracht wird. Wir müssen auf der staatlichen Seite nur die gleichen Möglichkeiten haben, damit wir genauso

effizient sind. Das muss die Aufgabe sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wir stehen vor der großen Herausforderung, dass die Große Koalition in Berlin am Ende Willens ist und die Zielsetzung hat, genau das zu beschließen, was verhandelt worden ist; davon gehe ich zumindest aus. Ich glaube, dass es am Ende notwendig ist, politisch dafür zu sorgen, dass neben der klaren Formulierung „Wir wollen das nicht!“, die wir immer wieder gebracht haben, zu der wir gestanden haben und was wir überall deutlich kommuniziert haben, auch der konstruktive Weg gesucht wird, das Beste für unsere Region und unsere Landesbehörde daraus zu machen, wenn es denn so entschieden wird; denn wir legen großen Wert darauf, dass die Infrastruktur weiterhin zukunftsfähig ausgebaut wird.

Einmal wird man es noch sagen dürfen: Wenn der Bund bereit ist, Milliardenbeträge zur Verfügung zu stellen, um richtigerweise die Infrastruktur in unserem Land auszubauen und zeitgleich den größten Umstrukturierungsprozess der Infrastrukturverwaltungsgeschichte auf den Weg bringt, dann erschließt sich mir nicht ganz, was der Bund damit wirklich vorhat; denn eine Beschleunigung des Ausbaus der Infrastruktur, die dann in Bundeshand ist, wird damit nicht vollzogen werden. Das ist unsere große Sorge.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Insofern ist das genau die Kritik. Wir müssen bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung gar nicht darüber reden - wir haben schon oft darüber gesprochen -, wie viele Hunderte von Millionen Euro nicht verausgabt worden sind, weil die Strukturreform mehr Zeit gekostet hat, als man jemals gedacht hat, und mehr Personal gebunden hat, als es eigentlich sinnvoll ist.

Jetzt geht es darum, zu sehen, was zu erreichen ist. Wenn es dazu kommt, was angesichts der Debatte in Berlin einfach zur politischen Realität gehört, dann müssen wir dafür sorgen, dass erstens eine der Regionaltöchter - die Gesellschaftsform ist noch nicht ganz klar - am Ende in Niedersachsen ist. Das ist, glaube ich, erst einmal wichtig. Angesichts der Tatsache, dass ein Straßennetz von 1 000 km die Grundlage ist, wir aber eines von über 1 300 km haben, sieht das relativ gut aus. Wir müssen aber auch Personalkapazität und Kompetenz in den jetzigen Strukturen behalten, dürfen

also nicht alles zerschlagen. Unser Ziel ist, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns bleiben.

Wir haben neben der Frage, mehr Planungsmittel zur Verfügung zu stellen, auch das Ziel, 100 Leute zusätzlich einzustellen. Das klappt erstaunlich gut; das ist die Rückmeldung, die ich bekomme. Nicht alles ist leicht. Aber angesichts der großen Sorge, ob wir überhaupt Personal finden, haben wir gut Personal gefunden und gerade die A-20-Planungen damit elementar personell unterstützen können.

Jetzt geht es in den Verhandlungen darum, zu sehen, wie weit wir gekommen sind. Ich glaube, man muss angesichts des Drucks, der in Berlin entfaltet wurde, anerkennen - Frau Westphely hat gesagt, dass man das ein bisschen genauer prüfen muss -, dass es gelungen ist, die Privatisierung zu verhindern; das war ja das Ziel. Zum Schutz davor sind nicht nur die zuvor vorgesehenen zwei Schranken errichtet worden, sondern auch eine dritte, mit der eine Privatisierung durch eine Hintertür ausgeschlossen wird. Das ist, glaube ich, ein guter Weg.