Protocol of the Session on May 17, 2017

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Tonne. - Es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Limburg. Dreieinhalb Minuten! Alles, was da angezeigt ist, stimmt nicht. Dreieinhalb Minuten!

Sozusagen Fake-Redezeit hier! Okay.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich schließe mich ausdrücklich dem Dank für die umgehende und umfassende Unterrichtung durch den Wirtschaftsminister an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine ordnungsgemäße Vergabe ist selbstverständlich wichtig und ist in einem Rechtsstaat und in einer sozialen Marktwirtschaft zentral, gerade auch, um Wettbewerbs- und Chancengleichheit zu gewährleisten.

(Christian Dürr [FDP]: Oh! Denkt ernsthaft darüber nach!)

Ich gehe davon aus, Herr Minister - so habe ich Sie gerade verstanden -, dass die Akten selbstverständlich zügig dem Landtag vorgelegt werden. Und auch das finde ich gut und richtig im Sinne von umfassender Transparenz.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die angekündigten Maßnahmen des Wirtschaftsministers, um zu prüfen, ob man im organisatorischen Bereich der Vergabe Dinge verbessern kann, sind sicherlich angezeigt und in einer solchen Situation richtig, weil es natürlich unser aller Interesse sein muss, zukünftig Vergaben vollkommen korrekt gestalten zu können.

(Zurufe von der CDU)

Aber, Herr Präsident, meine Damen und Herren, was die Wortbeiträge der Kollegen der Opposition angeht, ist doch in einigen Fällen weit über das Ziel hinausgeschossen worden.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Welche denn?)

Herr Kollege Bode, wenn Sie sozusagen als Gerücht in den Raum stellen, dass sich ein niedersächsischer Radiosender von einem Ministerium kaufen lässt, um Berichterstattung zu machen,

(Ulf Thiele [CDU]: Er hat es noch ver- sucht! - Zuruf von Christian Grascha [FDP])

dann haben Sie ein Bild von den Medien in diesem Land, das ganz sicher nicht unseres ist. Einen solchen Vorgang kann sich hier niemand vorstellen. Die Medien in diesem Land lassen sich nicht kaufen, und sie werden auch nicht gekauft, Herr Bode. Niedersachsen ist keine Bananenrepublik!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Aber wir ha- ben das Gefühl, dass nicht alles in Ordnung ist!)

Jetzt zu Herrn Kollegen Schünemann. Herr Schünemann, Sie hatten früher eine andere Tätigkeit in diesem Lande.

(Uwe Schünemann [CDU]: Mehrere!)

- Mehrere! Genau! - Eine davon war die Tätigkeit als niedersächsischer Minister des Innern. In diesem Zeitraum hatten Sie auch Verantwortung für Vergaben - das wissen Sie. Ich möchte Ihnen gern aus einem Bericht des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2012 zum Geschäftsbereich des Innenministeriums vorlesen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ah! Jetzt wird es spannend! - Unruhe bei der CDU)

Ich zitiere:

„Bei einer Prüfung der Vergabe von Gutachten- und Beraterverträgen im Geschäftsbereich des Ministeriums für Inneres und Sport“

- Ihr Haus, Herr Schünemann, damals -

„stellt der Landesrechnungshof fest, dass keine der geprüften Vergaben die maßgeblichen haushalts- und vergaberechtlichen Vorschriften in Gänze einhielt.“

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Nein! Das gibt es doch nicht! Sowas bei Ihnen?)

Herr Schünemann, Ihre künstliche Empörung ist absolut fehl am Platz!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Ich sehe noch eine weitere Wortmeldung von Herrn Schünemann. Bitte! Sie haben noch Redezeit.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja ein ganz übliches Verfahren, dass man dann, wenn man richtig in Not ist, einmal schaut, was die anderen gemacht haben. Das ist auch legitim.

(Anja Piel [GRÜNE]: Danke, danke!)

Aber, meine Damen und Herren, Sie konnten in keinem Fall nachweisen, dass bei diesen Vergaben ein gesteuerter Prozess durchgeführt worden ist. Trotzdem, meine Damen und Herren, kann ich hier feststellen, dass ich als Innenminister die Konsequenzen gezogen habe - ich habe den Staatssekretär entlassen. Genau das müssten auch Sie tun!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten und feststellen, dass zur Unterrichtung durch die Landesregierung keine weiteren Wortmeldungen innerhalb der Aussprache angemeldet sind, sodass wir uns jetzt der eigentlichen Tagesordnung zuwenden können.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie der Tagesordnung entnehmen können.

Ich sage es, wie jedes Mal, auch jetzt: Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu

a) Hebammen vor dem Aus? Geburtshilfe heute und in Zukunft sichern! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/8081

Der Antrag wird eingebracht von der Kollegin Anja Piel. Bitte sehr, Frau Piel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines eint uns alle hier im Raum: Wir alle wurden einmal geboren. Mit jeder und jedem von uns war irgendwann eine Frau schwanger, und keine unserer Mütter hat hoffentlich ihr Kind ganz ohne Unterstützung zur Welt gebracht. Es gab einmal Zeiten, in denen die älteren Frauen den jüngeren bei der Geburt geholfen und damals nach besten Kräften Hilfe geleistet haben. Aber eine Ausbildung und eine fachgerechte Ausstattung hatten sie natürlich nicht. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

Sind Sie es wirklich? - Schwangere Frauen haben immer öfter Probleme, Hebammen zu finden. Im Internet kursieren neuerdings Videos mit Anleitungen, wie Frauen ihre Kinder allein zur Welt bringen können; denn die Zahl der freiberuflichen Hebammen sinkt. Das liegt nicht nur daran, dass es weniger Frauen - und manchmal auch weniger Männer - gibt, die sich für diesen Beruf interessieren. Hebammen haben ein Problem, mit dem auch andere Berufsgruppen im Gesundheitsbereich zu kämpfen haben - nebenbei bemerkt Berufsgruppen, in denen zufällig vor allem Frauen arbeiten. Sie sind ziemlich schlecht bezahlt.

Die Vorschläge der Krankenkassen für ein neues Vergütungssystem waren für die freiberuflichen Hebammen nicht hinnehmbar. An diesem Freitag entscheidet nun die Schiedsstelle über die Regelungen. Ich bin gespannt, aber mäßig optimistisch, dass sich die Situation damit entscheidend verbessert.

Das zweite Problem, auch lange bekannt: Hebammen zahlen Versicherungsprämien, die einen guten Teil des Geldes, das sie verdienen, gleich wieder nehmen. Für freiberufliche Hebammen beläuft sich die Prämie auf jährlich bald 8 000 Euro. Man muss sich einmal klarmachen, was das heißt. Geburten sind keine Kleinigkeit. Es gibt immer noch Risiken. Aber die Last und die Risiken komplett auf die Hebammen und in der Folge auch auf die Schwangeren abzuwälzen, ist absurd.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung von Burkhard Jasper [CDU])

Meine Damen und Herren, Sie werden es aus einigen Ihrer Wahlkreise kennen: Geburtsstationen und Kreißsäle machen zu, weil es einfach an gutem Personal und überhaupt an Personal mangelt. Schwangere müssen deshalb weite Wege in Kauf

nehmen und haben zum Teil Schwierigkeiten, überhaupt noch eine Hebamme zu finden.

Es gibt einen zweiten Aspekt. Wenn es weniger Hebammen gibt, dann haben die Eltern in vielen Fällen auch nicht mehr die Freiheit, darüber zu entscheiden, wie sie ihr Kind zur Welt bringen wollen. Sie müssen sich dem Angebot anpassen, das vor Ort besteht. Frauen sollen nicht gezwungen sein, in der Klinik zu entbinden - nur, weil sie keine Beleghebamme mehr finden. Und schon gar nicht - jetzt richte ich das Wort an alle Frauen hier im Raum - darf sein, dass die Entscheidung für einen Kaiserschnitt deshalb fällt, weil entweder in der Klinik nicht genug Zeit ist oder gerade keine Hebamme zur Verfügung steht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die freie Entscheidung für die Form der Geburt ist auch nicht zuletzt eine Frage der Gleichberechtigung. Wenn ein Bereich, der nur Frauen betrifft, Stück für Stück immer technischer und ökonomischer wird, dann ist das eine Benachteiligung für Frauen, gegen die wir uns wehren sollten.