Sie hätten z. B. erheblich besser in die Nachrüstung der alten Dieselbusse investiert werden können.
Auf Bundesebene ist doch klar geregelt, wo Tempo-30-Zonen und Tempo-30-Strecken eingerichtet werden können. Vorhin wurde schon ausgeführt,
bereits heute hat jede Kommune die Möglichkeit, vor sensiblen Bereichen wie Kindergärten, Schulen, Senioren- und Pflegeheimen, vor Krankenhäusern und auf Hauptverkehrsstraßen durch Städte und Kommunen Tempo-30-Zonen bzw. -Strecken anzuordnen. Wir haben in allen Kommunen auch noch die Möglichkeit, Spielstraßen, Einbahnstraßen und Fußgängerzonen einzurichten. Genau diese Maßnahmen dienen doch der Verkehrssicherheit.
Ich möchte hier heute klarstellen, dass diese Regelungen von der CDU unterstützt und begrüßt werden. Aber mögliche Nachteile einer Tempo-30Regelung werden dabei gerne übersehen und verschwiegen. Jeder von Ihnen kennt das Sprichwort: Wo Licht ist, da ist auch Schatten. - Wir alle wollen doch Lärm- und Schadstoffemissionen senken. Es stellt sich nur die Frage: Wie können entsprechende Reduzierungen erreicht werden? - Mit einer generellen Regelgeschwindigkeit von 30 km/h mit Sicherheit nicht!
Mobilität ist für den Individualverkehr, für den Berufsverkehr sowie für unsere Wirtschaft und unseren Mittelstand von hoher Bedeutung. Daher steht für die CDU die Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer im Vordergrund. Vor allem in unseren Städten werden viele Kerngebiete neben den sonst üblichen Geschäften auch bewohnt. Das ist so gewollt und geplant; denn Ziel ist, dass solche Bezirke auch nach Feierabend nicht leer und ohne Leben sind. Werden diese Straßen mit einem Zone-30-Gebot überzogen, kann ich Ihnen heute schon garantieren, dass für die Anlieger eine erhöhte Lärm- und Schadstoffbelastung die Folge sein wird. Anhalten, anfahren, stehender Verkehr und im Stand laufende Motoren der Personenkraftwagen, Lieferfahrzeuge, Motorräder, Busse usw. werden die Luft mit mehr Lärm und Schadstoffen füllen.
Geringe Schadstoffwerte sind vor allem durch einen reibungslosen Verkehrsfluss - Herr Bode führte es schon aus - beispielsweise bei einer grünen Welle zu erreichen. Auch aus lufthygienischer Sicht wäre eine Verstetigung des Verkehrsflusses optimal.
Noch etwas: Auch der Einbau von lärmoptimierendem Asphalt schließt aus technischen Gründen eine Tempo-30-Regelung aus, da die Wirksamkeit des Belages deutlich sinkt. Nebenbei bemerkt ist laut den Vorgaben der Lärmschutzrichtlinie - Sie sollten einmal hineinschauen - der Umsetzung von Baumaßnahmen der Vorrang zu geben.
In unseren Städten sind täglich Tausende von dieselbetriebenen Bussen unterwegs. Wir haben leider erst wenige Elektrobusse in den Städten im Einsatz. Wie Sie alle wissen, brauchen diese Dieselfahrzeuge einen Partikelfilter, der den Ruß aus den Abgasen herausfiltert. Um aber den Ruß durch einen Oxidationsprozess zu eliminieren, ist eine Mindesttemperatur erforderlich, die den Effekt der Rußverbrennung ermöglicht. Das wissen Sie auch. Bei 30 km/h wird diese Betriebstemperatur niemals erreicht.
Der Ruß wird dann durch Abbrennen des Filters abgebaut. Mit einem Schlag werden die gesamten Schadstoffe in die Umwelt abgegeben. Jeder von Ihnen kennt die schwarzen Qualmwolken, die man manchmal sieht.
Meine Damen und Herren, eine generelle Regelgeschwindigkeit von 30 km/h wird mehr Nachteile als Vorteile bringen. Viele Straßen abseits der Wohngebiete müssen mit großem finanziellem Aufwand baulich umgestaltet werden, um Diskomfort herzustellen und damit Tempo 30 durchzusetzen. Die meisten Sammelstraßen, örtlichen Geschäfts- und Hauptgeschäftsstraßen würden ihrer Bündelungsfunktion nicht mehr gerecht. Hauptverkehrsstraßen bringen keinen Zeitgewinn mehr.
Gerade die Menschen, die pünktlich an ihrem Arbeitsplatz sein müssen, suchen mit ihren Fahrzeugen Alternativstrecken und bringen Luft- und Lärmbelastung in andere Gebiete. Das Problem wird also nicht gelöst, sondern nur verdrängt und flächendeckend ausgebreitet. Dicht besiedelte Wohnbereiche, die bisher ohne derartige Belastung waren, werden diese Belastungen auch zu spüren bekommen.
Was Sie gar nicht bedenken, ist die Folge für die Beeinträchtigung des ÖPNV. Unsere Busse stünden im Stau und müssten darüber hinaus an allen Kreuzungen und Einmündungen - so ist das bei Tempo 30 - die Regelung rechts vor links beachten, was mit zusätzlichen Zeit- und Komforteinbußen verbunden wäre. Das wäre ein erheblicher
Außerdem würde durch das ständige Abbremsen und Anfahren der Busse die Schadstoff- und Lärmemission weiter steigen.
Wie könnten die Auswirkungen auf Handel, Gewerbe und Dienstleistungen aussehen? Wie entwickeln diese sich vor dem Hintergrund, dass wir den Verkehr aus den Innenstadtbereichen herausdrängen? Wird das Park-and-Ride-System noch seinen gewünschten Nutzen erreichen und seinen Zweck erfüllen, wenn die Busse nicht mehr eine termingerechte Fahrt bieten oder im Stau steckenbleiben? - Auch Handel, Gewerbe und Dienstleistungen werden wahrscheinlich Mindereinnahmen hinnehmen müssen.
Eines ist schon heute sicher - dafür benötigen wir keinen weiteren Modellversuch -: Flächendeckend Zone 30 einzuführen, ist ein Vorhaben, das nur Kosten produziert, aber den Menschen und der Umwelt nichts nutzt. Von daher sagen wir Nein zur Geldverschwendung und zu blindem Aktionismus, der uns nicht weiter voranbringt.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Westphely das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie sprechen immer von Verboten und Einschränkungen usw. Aus unserer Sicht ist Tempo 30 vor allem ein Gebot zum Schutz von Leben. Das ist für uns das Wichtigste.
Hinsichtlich der Frage, was Tempo 30 in punkto Sicherheit und Lärm bewirken kann - der Modellversuch hat ja drei Säulen, nämlich Sicherheit,
Lärm und Emission -, ist überhaupt nicht streitig, dass Temporeduzierungen Vorteile für die Menschen bringen.
In punkto Emissionen gibt es unterschiedliche Untersuchungen, u. a. auch Untersuchungen aus Berlin, die durchaus nachgewiesen haben, dass es zu Reduzierungen kommt. Auch diesbezüglich muss man prüfen: Wie sieht es mit den Stickoxiden aus? Wie sieht es mit dem Feinstaub aus, dem Feinstaub aus dem Motor, dem Feinstaub, der aufgewirbelt wird?
Aber vor dem Hintergrund, dass wir dem Gesundheitsschutz der Menschen verpflichtet sind, ist es unsere Aufgabe, die Möglichkeiten, die wir haben, auszuschöpfen und zu versuchen, diesbezüglich zu Verbesserungen zu kommen.
(Beifall bei den GRÜNEN - Gabriela König [FDP]: Sehen Sie sich einmal die Gutachten an! Die sagen doch et- was ganz anderes aus!)
Was ich bei der Recherche total spannend fand: Wussten Sie eigentlich, dass Niedersachsen die Heimat von Tempo-30-Zonen ist? - Nach der kontroversen Debatte in den 70er- und 80er-Jahren wurde 1983 die erste Tempo-30-Zone in Deutschland als Modellversuch in Buxtehude eingerichtet. Wer hätte das gedacht?
(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von den GRÜNEN: Sehr gut!)
Wir erinnern uns zum Beispiel an die Debatte zur Aktuellen Stunde: Spaß haben beim GTI-Fahren. - Das ist aus meiner Sicht ungefähr der gleiche Versuch wie der, jetzt im Rahmen einer Werbekampagne das Faxgerät wiederbeleben zu wollen.
Inzwischen ist es so: Die Tempo-30-Wohnzonen sind gesellschaftlicher Konsens, und das aus gutem Grund; denn sie gewähren mehr Sicherheit für schwächere Verkehrsteilnehmer.
Je geringer die Geschwindigkeit ist, desto geringer ist die Unfallgefahr, egal ob im Wohngebiet oder an einer Hauptverkehrsstraße. Ab Tempo 30 steigt die Unfallschwere dramatisch an. Das war auch der Hintergrund für die Bund-Länder-Initiative „Tempo 30 vor Kitas und anderen sensiblen Einrichtungen“, die wir alle begrüßen.
Die Menschen wollen aber nicht, dass ihre Kinder nur vor der Schule sicher sind. Sie wollen vielmehr, dass ihre Kinder auch auf dem Weg zur Schule sicher sind. Das ist der wichtigste Grund, warum wir weiter daran arbeiten, die Straßenverkehrsordnung so zu ändern, dass ihr höchstes Ziel ist, die schwachen Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Aber nach wie vor halten sich die Widerstände und auch verschiedene Vorurteile gegen Tempo 30, beispielsweise: Die Leistungsfähigkeit einer Straße wird eingeschränkt.
Das ist falsch. Durch eine städtische volle Straße passen bei geringerer Geschwindigkeit genauso viele Autos durch. Grund ist der geringere Abstand zwischen den Fahrzeugen. Die Sättigungsverkehrsstärke - für die Fachleute - liegt bei 2 000 Kfz pro Stunde. Das ist identisch. Einschränkungen entstehen durch die Knotenpunkte, durch querende Autos, querende Radfahrer, querende Fußgänger.
Aber - das haben Sie als FDP sogar in Ihren Antrag geschrieben - das wollen Sie ja gar nicht ändern. Das wollen Sie nach wie vor ermöglichen, was wir natürlich auch wollen. Dann wird aber der Ruf nach einer grünen Welle zur hohlen Phrase. Das müssen Sie einmal anerkennen.