Das, was der Minister vorhin gesagt hat, bedeutet im Grunde: In Schacht Konrad kommen Sie nicht hinein. Aber wenn sie da nicht hineinkommen, dann braucht man entweder ein großes Endlager für hoch radioaktive Abfälle und die Asse-Abfälle, oder man braucht noch ein weiteres Endlager. Auch dazu hätte der Minister ausführen können, wie er sich die Suche danach vorstellt. Aber auch das haben wir nicht gehört. Das kann doch in der Konsequenz nur bedeuten: Wer sich um den AsseMüll nicht kümmert - der Minister hat heute mit die Verantwortung dafür -, der geht im Grunde davon aus, wenn eines Tages nichts geregelt werden kann, dass der Müll dort unten bleibt. Das hätte ich vom Umweltminister Stefan Wenzel nach der Art und Weise, wie er sich im Asse-Ausschuss geriert hat, niemals erwartet.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Hui! Da ist aber noch viel nachzuarbeiten, Herr Kollege!)
Denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen, war doch das Thema, das ihn zu Oppositionszeiten emotional umgetrieben hat. Aber davon ist heute, nach vier Jahren im Ministeramt, so gut wie nichts mehr geblieben.
Nein, Herr Minister Wenzel, die Erklärung heute Morgen war aus meiner Sicht eine einzige Enttäuschung. Das wirkte wie der pflichtschuldige Rechenschaftsbericht eines ehemaligen Umweltaktivisten, der sich seine blasse Regierungsbilanz schönredet.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Da gibt es überhaupt nichts schönzureden! Das alles ist schön!)
Wir hätten heute Morgen auch gerne viel mehr über das Thema Forschung erfahren. Schon vor über einem Jahr haben der Kollege Ernst-Ingolf Angermann und ich in einer Anfrage wissen wollen, ob Sie eine Machbarkeitsstudie der Technischen Universität Clausthal und der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften unterstützen.
Die beiden Hochschulen wollten klären, Herr Kollege von da vorne, ob uns ein neues Bohrverfahren bei der Endlagerforschung voranbringen kann.
„Aufgabe der... Machbarkeitsstudie ist es, den Nachweis zu erbringen, dass im kristallinen Festgestein unter Anwendung der Flammenschmelzbohrtechnik eine sichere Endlagerung von auch hoch radioaktiven, Wärme entwickelnden Abfällen in der in ca. 1 100 m Tiefe geplanten Schachtanlage entsprechend dem neu zu entwickelnden Endlagerkonzept grundsätzlich möglich ist...“
Sie hatten schon im Jahr 2015, also vor zwei Jahren, den Initiatoren dieser Studie zugesagt, sie bei der Antragstellung auf Bundesebene zu unterstützen. Passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber bis heute nichts.
(Zustimmung bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Nebulös! - Anja Piel [GRÜNE]: Da haben aber nicht sehr viele Leute in den eigenen Reihen geklatscht!)
Das nährt zum wiederholten Male den Verdacht, dass Sie an einer endgültigen Lösung kein Interesse haben. Da kommen schon heute Sätze wie: Nehmen Sie Kanada! Dort rechnet man mit einem 50 Jahre längeren Zeitbedarf! - Meine sehr geehrten Damen und Herren, wird hier schon der Grundstein dafür gelegt, dass es länger als lange dauern wird?
Herr Minister, was sagen Sie den Menschen an den Zwischenlagerstandorten? - Sie lassen sich dafür abfeiern, dass kein Castorbehälter mehr nach Gorleben geht. Aber in Lingen und Grohnde steht der Müll in Zwischenlagern, die für die dort lebenden Menschen - ich habe das hier schon einmal gesagt und wiederhole mich gerne - de facto zu Endlagern werden, weil dieser Müll zu Lebzeiten der dort lebenden erwachsenen Menschen in Lingen und Grohnde nicht abtransportiert werden wird. Haben Sie, Herr Minister, den Mut,
Sie sagen: Dabei muss man bedenken, dass den Standorten damals zugesagt worden ist, dass die Zwischenlagerung nach 40 Jahren beendet ist.
Das ist ein toller Satz! Aber wie sieht denn eigentlich Ihr Horizont heute aus? - Hören Sie auf mit „zu bedenken“! Packen Sie lieber an; denn das ist die Aufgabe von Ministern!
Sie hätten im Rahmen Ihrer Rede, Herr Minister, auch den weiteren Mitgliedern der Endlagerkommission namentlich danken können, beispielsweise Landesbischof Meister oder dem CDU-Bundestagsabgeordneten Pols. Sie hätten auch David McAllister erwähnen können. Er saß zwar nicht in der Kommission, aber er hat seinen Anteil daran, dass die Arbeit erfolgreich starten konnte.
Stattdessen hören wir heute Morgen Sätze wie: Die Geschichte der Anti-Atomkraft-Bewegung gehört mit zu den besten Kapiteln der Demokratie! - Na ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, da fällt mir ad hoc eine ganze Reihe von Kapiteln ein, die ich persönlich für viel spannender halte.
- Herr Kollege, die Wiedervereinigung Deutschlands war ein spannendes Kapitel der deutschen Demokratie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dem, was der Minister hier heute vorgetragen hat, und bei dem, was wir von diesem Minister in den vergangenen vier Jahren erlebt haben, ist man manchmal geneigt, das Bild von dem Tiger und dem Bettvorleger zu verwenden. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Beispiel passt nicht. Denn den Tiger
- lieber Kollege, bleiben Sie mal ruhig! - haben wir in diesen vier Jahren als Umweltminister nicht erlebt. Vielleicht war es einmal ein Kater. Aber das, was wir heute Morgen hier gehört haben, war nicht
mal ein Kater, das war ein grünes Schmusekätzchen, das bei der eigenen Klientel dafür werben musste, dass es vielleicht demnächst einen guten Listenplatz bekommt.
Herr Minister, Sie können sich ja gerne mit den früheren Weggefährten der Anti-AKW-Bewegung an der Legende vom Hüttendorf der Freien Republik Wendland erwärmen. Zünden Sie das Feuer an - aber der Landtag ist dafür definitiv der falsche Ort!
Vielen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Es folgt jetzt die Fraktion der SPD. Ich erteile dem Abgeordneten Marcus Bosse das Wort. Bitte sehr, Herr Bosse!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal gleich vorweg: Ich halte diese Regierungserklärung durchaus für gerechtfertigt und für angemessen.
Ich will Ihnen auch sagen, warum. Ich glaube, es gibt nicht ein einziges anderes Bundesland als Niedersachsen, das eine derartig große Betroffenheit hat, und kein anderes Bundesland, mit dem die Endlagerung und die Kern- bzw. Atomenergie so eng verbunden sind wie mit Niedersachsen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darum halte ich diese Regierungserklärung durchaus für angemessen. Vielen Dank!
Ich finde es auch ein bisschen vermessen, wenn hier bei diesem Thema gesagt wird, man läuft jedem rostigen Fass hinterher. - Man kann es doch nicht verharmlosen, wenn rostige Atommüllfässer, egal ob in Leese oder in welchem Zwischenlager auch immer, gelagert werden! Dann muss man das doch anprangern! Denn wir haben ja genügend aus der Vergangenheit gelernt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In den vielen Diskussionen über das Für und Wider der Nutzung der Kernenergie gerade zu Beginn der 50er-Jahren - Franz-Josef Strauß war damals Atomminister; auch von den Sozialdemokraten ist die Kernenergie seinerzeit durchaus gelobt und vorangetrieben worden - war man sich überhaupt nicht darüber im Klaren, wohin letzten Endes die Reise mit der Endlagerung gehen sollte. Es wird immer gerne das Beispiel angeführt, das ich auch für richtig halte: Man ist mit Volldampf in den Himmel gestartet, rauschte in den oberen Sphären herum, und irgendwann hieß es: Was nun? Wohin mit dem Müll?
Gerade wir als Niedersachsen wissen im Zusammenhang mit dem Thema Asse, wo der Müll dann verscharrt und verbuddelt worden ist. Wir feiern - „feiern“ kann man eigentlich nicht sagen; wir begehen eher den Trauertag - 50 Jahre Atommülllagerung in der Asse. Das heißt, die ersten Fässer sind vor 50 Jahren in der Asse eingelagert worden. Darum ist Niedersachsen unbedingt mit dem Verbuddeln von Atommüll in der Asse verbunden. Damit hat es zunächst einmal begonnen.
Nach den vielen Diskussionen über Tschernobyl, Harrisburg, Fukushima, den Ausstieg, den Wiedereinstieg, den Ausstieg sowohl hier im Plenarsaal als auch auf Bundesebene und in anderen Landtagen sowie auf vielen gesellschaftlichen Ebenen muss doch eines klar sein: Der Weg in die Atomenergie, in die Atomkraft ist eine Sackgasse, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Atomenergie ist wahrlich keine sichere Technologie. Mit Rückblick auf die vielen Skandale, die es in Atomkraftwerken gegeben hat, die es durchaus auch in Zwischenlagern auf der ganzen Welt gegeben hat, wissen wir, dass Unfälle, Verschleierung, Vertuschung und Verharmlosung immer wieder geschehen. Auf der ganzen Welt wurde die Bevölkerung, die in der unmittelbaren Nähe wohnt, vorgeführt. Das ist die Realität.
Nun wird versucht, mit dem Standortauswahlgesetz in einem transparenten Verfahren einen Standort zu finden. Da sind sich alle Parteien einig. Auch die Endlagerung gehört dazu. Sie ist unmittelbar mit der Kernenergie verbunden. Die Kernenergie, diese gefährliche Technologie, ist unmittelbar mit der Endlagerung verbunden. Sie kostet viel Geld. Minister Wenzel hat es gesagt - und diese Zahl ist erwiesen -: Wir sprechen von 100 Milliarden Euro!
Ich denke, hier ist es an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen, dass kein Atomkraftwerk in der Bundesrepublik Deutschland länger als bis zum Jahr 2022 laufen soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.