Protocol of the Session on March 3, 2017

- Es sind sehr wohl vergleichbare Fälle. Insofern sind wir auf einer guten Ebene.

Ich bin übrigens sehr gespannt, was Sie von einem noch besseren Kompensationsvorschlag halten, mit dem man auch noch ein Steuerschlupfloch schließen könnte: von der Einschränkung von Share Deals.

Herr Hilbers hat eben in einem Nebensatz schon auf Share Deals hingewiesen. Wenn eine Fläche an eine GmbH übertragen wird und jemand weniger als 95 % dieses Unternehmens kauft, muss er keinerlei Grunderwerbsteuer zahlen, obwohl die Fläche den Besitzer wechselt - kein Steueraufkommen! Angeblich sollen 20 % aller Grundstücksgeschäfte so ablaufen. Wenn man das einschränken würde, könnte man die Förderung eines Erwerbs von Grundeigentum - mit welchem zielgerichteten Instrument auch immer - gut gegenfinanzieren.

Share Deals sind auch in der Landwirtschaft ein echtes Problem. - Schön, dass Herr Grupe zuhört. - Erst kürzlich kamen Berichte aus Brandenburg, wo eine Rückversicherung 94,9 % der Anteile an einer Firma mit 2 300 ha landwirtschaftlichen Flächen gekauft hat. Da sind dem Fiskus fast 2 Millionen Euro Steuern entgangen. Wenn Sie dabei mitmachen würden, so etwas einzuschränken, könnte man durchaus noch weitergehende Ausfälle gegenfinanzieren. Ich setze darauf, dass die landwirtschaftlichen Akteure ein Interesse daran haben, dem Phänomen des Land Grabbing entgegenzuwirken.

Ich bin insbesondere in dieser Hinsicht sehr gespannt auf die Ausschussberatungen. Ich freue mich darauf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Heere. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Finanzminister Schneider das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, dürfen die Bundesländer seit dem 1. September 2006 die Steuersätze selbst festlegen. Davor lagen sie bundeseinheitlich bei 3,5 %.

Die erste Erhöhung - Herr Henning hat darauf hingewiesen - haben wir in Niedersachsen 2011 gesehen. Die CDU und die FDP erhöhten um einen Prozentpunkt. Insofern ist das, was ich heute höre, schon erstaunlich. Damals hatten Sie offensichtlich nicht erkannt, dass eine Erhöhung um einen Prozentpunkt die Hauskäufer je nach Objekt einige Tausend Euro zusätzlich kostet.

(Christian Grascha [FDP]: Vielleicht hat sich die haushaltspolitische Lage seitdem auch ein Stück weit geän- dert!)

Im Januar 2014 hat diese Koalition dann noch einmal einen halben Prozentpunkt draufgepackt. Jetzt haben wir einen Steuersatz von 5 %. Im Bundesvergleich haben weitere fünf Länder einen Steuersatz von 5 %, drei Länder einen niedrigeren und sieben Länder einen höheren. Wir liegen also unter dem Durchschnitt.

Beim Aufkommen liegen wir, auch in den nächsten Jahren, oberhalb von 900 Millionen Euro. Das ist für den Landeshaushalt eine erhebliche Summe. Und dann ist zu berücksichtigen, dass hier nicht der normale Verteilungsmodus für die Kommunen greift, mit 15,5 %, sondern dass in diesem Fall ein Drittel an die Kommunen geht. Das würde bedeuten: Wenn wir die Steuerausfälle berücksichtigen - und dass es sie geben wird, hat die FDP ja selbst vorgetragen -, haben wir rund 250 Millionen Euro Verlust beim Land und 125 Millionen Euro bei den Kommunen des Landes. Das sind zusammengerechnet und etwas abgerundet die 375 Millionen Euro, die Sie in Ihrem Papier selbst nennen.

Einen solchen Ausfall können das Land und die Kommunen des Landes aber nicht verkraften. Die Idee, dass der Bund diesen Ausfall mit Hunderten von Millionen Euro kompensiert, ist, ehrlich gesagt, abenteuerlich. Wir haben gerade die Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen abgeschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren ist unterwegs. Was Sie hier vorgerechnet haben, ist absolut aussichtslos. Deswegen ist auch das Modell in sich nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und noch etwas: Herr Hilbers und auch die FDP haben ja kunstvolle Betrachtungen angestellt. Aber dabei die Erhöhung des Aufkommens zu strapazieren, ist natürlich völlig neben der Sache. Denn der einzelne Grundstücks- oder Hauskäufer ist ein Einzelfall. Für ihn ist der Steuersatz, also die 5 %, maßgeblich. Tatsächlich beweist die Tatsache, dass wir einen solchen Aufwuchs haben, genau das Gegenteil von dem, was Sie damit beweisen wollten. Sie beweist nämlich, dass die Zahl der Grundstücksgeschäfte erheblich angestiegen ist. Daher kommt das hohe Aufkommen. Das hat mit dem Steuersatz und dem individuellen Erwerb erst einmal gar nichts zu tun.

Im Übrigen: So simpel, wie Ihr Vorschlag zunächst zu sein scheint, ist er nicht. Das gilt z. B. für die Administrierbarkeit. Sehen Sie sich das mal genauer an! Ihren Vorschlag umzusetzen, würde eine erhebliche Bürokratie nach sich ziehen. Ich nenne nur eine kleine Auswahl der komplexen Fragestellungen, die dann zu betrachten wären:

500 000 Euro - je Person oder je Paar? - Ich finde die Antwort nicht.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Je Steuer- nummer! - Christian Grascha [FDP]: Pro Kopf!)

Inanspruchnahme durch jedermann oder nur durch Familien? Nur Haushalte mit Kindern? Nur für reine Wohngrundstücke? - Was ist, wenn wir Mischnutzungen haben?

Ist Selbstnutzung erforderlich, oder kann man die so erworbene Wohnung oder das Haus weitervermieten?

Ist der volle Freibetrag verbraucht, wenn man bei einem Ersterwerb nur in geringer Höhe tätig geworden ist?

Gibt es Ausnahmen für berufs- oder familienbedingte Wohnungswechsel?

Und so geht es weiter. - Wir müssen eine bundesweite Erfassung aller dieser Vorgänge organisieren - einmal im Leben; die Menschen ziehen um - und müssen das über Jahrzehnte nachhalten.

Länderindividuelle Freibeträge sind nicht möglich - darauf hat Herr Grascha dankenswerterweise schon hingewiesen -, weil die Länder an der Stelle nur sehr eingeschränkt autonom sind. Sie sind es nämlich nur hinsichtlich der Bestimmung des Steuersatzes. Im Übrigen ist das durch den Bund zu regeln.

Was bleibt als Gesamteinschätzung, meine Damen und Herren? - Die FDP möchte steuerliche Leckerlis verteilen und ignoriert dabei administrative, steuerliche und haushaltspolitische Grundsätze.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die FDP-Fraktion hat um zusätzliche Redezeit gebeten, die ich ihr selbstverständlich gewähre. Maximal zwei Minuten, Herr Kollege Grascha!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Finanzminister Schneider, ich würde gerne noch einmal auf zwei Punkte zu sprechen kommen.

Sie haben gesagt, die Einführung eines Freibetrags sei total unrealistisch. Dem möchte ich entgegenhalten: Das entscheidet am 24. September der Wähler. Die Debatte hat ja schon gezeigt, dass diese Forderung nicht nur von meiner Partei erhoben wird, sondern dass sie auch von der CDU unterstützt wird. Wenn diese Forderung also auch Teil des Wahlprogramms der CDU wird, wird sie schon von zwei Parteien unterstützt.

(Zuruf von der SPD: Aber das ist noch nicht die Mehrheit!)

Also warten wir mal ab, wie der Deutsche Bundestag nach dem 24. September zusammengesetzt sein wird. Das würde ich an dieser Stelle jedenfalls nicht vorwegnehmen.

Zweitens haben Sie uns vorgeworfen, dass wir es waren, die im Jahr 2011 den Steuersatz von 3,5 auf 4,5 % erhöht haben. Das ist so, aber das ist mittlerweile auch ein halbes Jahrzehnt her! Ich will einmal versuchen, Sie in die damalige Zeit zurückzubeamen. 2011 hatten wir eine Finanz- und Wirtschaftskrise hinter uns, in der die Steuereinnahmen massiv eingebrochen waren. Die damalige schwarz-gelbe Landesregierung hatte eine Sparrunde in einer Größenordnung von 350 Millionen Euro aufgelegt, um den Haushalt einigermaßen in den Griff zu kriegen. - Sie, Herr Schneider, wissen ja gar nicht mehr, was eine Sparrunde ist.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

350 Millionen Euro hatten wir eingespart. Teil dieses Sparpakets war, den Grunderwerbsteuersatz anzuheben. Dass das damals nicht unser Herzensanliegen war, muss ich hier nicht unterstreichen. Aber die politische und haushaltspolitische Landschaft war eben eine völlig andere als heute.

Seitdem sind die Steuereinnahmen des Landes um 6,5 Milliarden Euro gestiegen. Außerdem liegen die Zinsausgaben um 500 Millionen Euro niedriger. Die haushaltspolitische Situation ist also eine ganz andere, und in diese Landschaft passt es sehr wohl hinein, die Bildung von Wohneigentum von bis zu 500 000 Euro zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Von der gleichen Regelung der Geschäftsordnung möchte auch die CDU-Fraktion Gebrauch machen. Ebenfalls maximal zwei Minuten, Herr Kollege Hilbers!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schneider, wer Probleme sucht, wird natürlich immer welche finden. Aber ich sehe die administrative Handhabung analog zu der bei der damaligen Eigenheimzulage. Die Eigenheimzulage wurde pro Person gewährt, und es gab auch eine Regelung für gemeinsam genutztes Wohneigentum. Das Ganze lief über die Steuernummer. Es war vom bürokratischen Aufwand her überhaupt kein Problem, das zu bewerkstelligen. Das würde auch hier möglich sein.

Zweitens. Natürlich hat die Höhe des Aufkommens etwas damit zu tun, ob man Spielräume bei den Prozentsätzen hat! Ich gebe Ihnen ja recht, dass wir in Niedersachsen einen mittleren Prozentsatz haben. Aber: Das Aufkommen ist in wenigen Jahren von 398 Millionen Euro auf 983 Millionen Euro gestiegen ist. Sie können doch niemandem weismachen, dass dieser Anstieg - der natürlich auch durch eine steigende Anzahl von Grundstücksgeschäften bedingt ist - keine Spielräume eröffnet, den Steuersatz abzusenken.

Sie haben doch jetzt viel mehr in der Kasse, als die von uns gestellte Landesregierung damals hatte, als über die Erhöhung diskutiert worden ist. Ihnen stehen gegenüber 2012 5 Milliarden Euro mehr aus Steuereinnahmen zur Verfügung, und Sie

haben eine halbe Milliarde Euro weniger Zinsausgaben. Beides ist schon angesprochen worden. Deshalb ist durchaus darüber nachzudenken, ob diese Position nicht genutzt werden kann, um die Bildung von Wohneigentum ein wenig zu fördern.

Das kommt mir bei all den Diskussionen über die Wohnraumförderung bei Ihnen viel zu kurz.

(Zustimmung bei der CDU)

Aber auch das ist eine berechtigte Form der Wohnbauförderung. Es geht darum, bei den Bürgerinnen und Bürgern Eigentum zu schaffen, erst recht in Zeiten, in denen sich die Kosten für selbst genutzten Wohnraum erheblich günstiger als in der Vergangenheit entwickeln und im Vergleich zur Miete positiv darstellen. In solchen Zeiten sollten wir es mehr Menschen ermöglichen, Wohneigentum zu erwerben.

Das muss das Ziel unserer Politik sein. Von daher finde ich es sehr gut, dass wir über diese Frage diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Da die Debatte noch nicht beendet ist, kann auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die angemeldete zusätzliche Redezeit in Anspruch nehmen. Herr Heere, ebenfalls maximal zwei Minuten!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, es ist schon interessant, wie wir von einer Debatte über die gezielte Förderung von Wohneigentum, insbesondere für den Ersterwerb durch Familien, zu einer allgemeinen Debatte über die Senkung des Grunderwerbsteuersatzes gekommen sind. Insofern finde ich Ihre Argumentation an dieser Stelle schwierig. Da sollten Sie auch sehr aufpassen; denn eine Senkung des Grunderwerbsteuersatzes war gerade nicht die Zielsetzung der FDP. Da möchte ich sie ausdrücklich in Schutz nehmen. - Ich habe eben angedeutet, dass wir die Zielsetzung bis zu einem gewissen Grade teilen. Aber in dieser Hinsicht, Herr Hilbers, kommen wir nicht zusammen.