Protocol of the Session on March 2, 2017

Meine Damen und Herren, niemand ist unsterblich, auch große Künstler nicht. Unsterblich sind aber ihr Wirken und ihr Werk. Es ist zu finden in Museen, im öffentlichen Raum, in Sammlungen, Galerien, Büros, Kanzleien und bei den Künstlern in ihren Ateliers oder Werkstätten.

Nicht alle Werke, Studien und Aufzeichnungen gibt der Künstler aus der Hand. Es gibt Lieblingsstücke, es gibt Zeugnisse der eigenen künstlerischen Entwicklung, und es gibt auch Kunstwerke von sehr

hoher Emotionalität. All dies gehört irgendwann zum Nachlass eines Künstlers. Die eigene Familie kann das Werk oft nicht bewahren, und sei der Künstler noch so bekannt und zu Lebzeiten noch so anerkannt.

Meine Damen und Herren, das Werk in Wert und Bedeutung zu wahren, ist ein Ziel unseres Antrags. Aber Anerkennung über Lebzeiten hinaus soll auch dabei sein. Weiter soll das Werk für die Öffentlichkeit sichtbar sein; Stichwort: „Digitalisierung des Bestandes“. Außerdem soll es zugänglich sein für die Kunstwissenschaften, aber auch für die Ausleihe für Ausstellungen.

Niedersachsen hat große Künstler, erfolgreich und preisgekrönt. Der Antrag steht für den Erhalt ihres Werkes nach dem Künstlerleben. Deswegen bitte ich darum, diesem Antrag von uns Freien Demokraten zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Gabriela Kohlenberg [CDU])

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Ulf Prange. Bitte schön!

(Jens Nacke [CDU]: Von Kunst ver- stehst du auch was?)

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Umgang mit Künstlernachlässen“ ist in der Tat in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Fachöffentlichkeit gerückt. Künstlerinnen und Künstler bzw. ihre Erben stehen vor der Herausforderung, das Werk für die Nachwelt zu bewahren bzw. die Nachlässe zu regeln. Im Dezember 2015 hat der BBK ein Symposium zum Thema Nachlässe durchgeführt, an dem ca. 400 Personen teilgenommen haben. Das Thema ist also von großem Interesse. Es geht darum, Nachlässe ordnungsgemäß zu lagern, sie zu sichten und zu ordnen sowie sie zugänglich zu machen.

Liebe Kollegen von der FDP, Sie greifen in der Tat ein wichtiges Thema auf. Ihr Antrag greift aber zu kurz und geht in die falsche Richtung. Sie setzen im Wesentlichen auf den Bau eines Archivs, das von eine neu einzurichtenden Stiftung verwaltet werden soll.

Zum einen wird es kaum möglich sein, staatlicherseits Archivflächen zu schaffen, die alle Nachlässe aufnehmen können. Im Übrigen brauchen wir keine neue Stiftung. Dies würde letztlich zu Doppelstrukturen führen, die eine Menge Geld kosten.

Ich finde es ausgesprochen schade, dass Sie an diesem Weg auch in Ihrem Änderungsvorschlag festgehalten haben und nicht bereit waren, das, was zu dem Thema Künstlernachlässe auf Bundes- und Landesebene diskutiert wird, in Ihren Antrag aufzunehmen.

Sie wollen einen niedersächsischen Sonderweg einschlagen, der nach unserer Auffassung nicht zum Ziel führt. Sie fordern den Bau eines Archivs, das als Schaumagazin konzipiert werden soll, ohne auch nur ein Wort zu den Kosten zu verlieren. Jetzt haben Sie nachgelegt, das könne man irgendwie finanzieren, aber konkret war auch das nicht. Ein Gebäude für ein solches Schaumagazin kostet sicherlich mehrere Millionen Euro. Hinzu kommen die laufenden Kosten für Betrieb und Personal. Ferner ist die neu zu gründende Stiftung mit einem großzügigen Etat für Ankäufe auszustatten, jedenfalls dann, wenn, wie von Ihnen vorgeschlagen, auch renommierte Künstler in den Blick genommen werden sollen.

Herr Kollege Prange, ich muss Sie kurz unterbrechen, weil ich Sie fragen muss, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin von Below-Neufeldt beantworten würden.

Ich wollte eigentlich erst einmal im Zusammenhang ausführen.

Das ist Ihr gutes Recht. Machen Sie weiter!

Zu den Kosten - ich hatte es gesagt - findet sich kein Satz in Ihrem Antrag. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Sie entsprechende Änderungsanträge zum Doppelhaushalt eingebracht hätten. Ihr Antrag ist dann doch wohl leider nur ein Schaufensterantrag. Damit werden Sie den berechtigten Anliegen aus der Kunst nicht gerecht. Eine Konzeption haben Sie weder für die Stiftung noch für das Schauarchiv vorgelegt.

Für die SPD habe ich im Ausschuss klargestellt, dass wir uns ein solches Neubauprojekt bereits

aus Kostengründen nicht vorstellen können, erst recht nicht, wenn nicht einmal ein tragfähiges Konzept vorgelegt wird.

Wir wollen auf bestehende Strukturen setzen, d. h. auf vorhandene Museen, Galerien, Archive, Bibliotheken usw., und wollen diese stärken. Im Übrigen halte ich eine zentrale Aufbewahrung von Nachlässen auch für falsch, weil es aus fachlicher Sicht darum gehen muss, regionale bzw. dezentrale Lösungsansätze zu finden. Gerade bei Künstlern, die stark regional verwurzelt sind, gibt es vor Ort ein großes Interesse an den Nachlässen und die Expertise, um die Nachlässe aufzubereiten und zu erforschen. Sicherlich gibt es Nachlässe in Form von Schenkungen. Bei diesen wird es vor allem darum gehen, qualitativ, aber auch quantitativ auszuwählen; denn es wird nicht alles aufzubewahren sein. Hier geht es also um Kriterien für ein Auswahlverfahren.

Der Regelfall wird aber wohl der Ankauf von Nachlässen sein, die von Erben oder auch als Vorlässe von Künstlern angeboten werden. Hier bräuchte es dann eine finanzielle Ausstattung der Stiftung, um Ankäufe vornehmen zu können. Auch dazu finde ich nichts in Ihrem Antrag. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass die Ankaufetats vieler Museen und anderer öffentlicher Akteure insbesondere während Ihrer Regierungszeit deutlich heruntergefahren wurden.

Der Ausschuss war kürzlich im Sprengel Museum. Uns wurde berichtet, dem Museum standen in den letzten Jahren keine Landesmittel für Ankäufe zur Verfügung. Erst im letzten Jahr wurde dies von uns - von Rot-Grün - geändert und wurde das Museum wieder in die Lage versetzt, ankaufen zu können.

In Gesprächen stelle ich immer wieder fest, dass es auch für junge Künstler an einer entsprechenden Förderung fehlt und der öffentliche Bereich in den letzten Jahren zurückgefahren wurde, ob es um Kunst am Bau oder um Ankaufetats geht. Da kommt der Kunstpreis der SPD-Fraktion zur Sprache. Das ist tatsächlich ein Instrument, durch das Künstler Wertschätzung und Förderung erfahren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn andere diesem Beispiel folgen würden, dann wäre das ein großes Verdienst. Es wäre auch eine Chance, Wertschätzung gegenüber Kunst und Künstlern zu artikulieren.

Unabhängig von Ihrem Antrag beschäftigen wir von Rot-Grün uns bereits seit einiger Zeit mit dem Thema Künstlernachlässe. Das geschah nicht auf Ihre Initiative, sondern das hat die Landesregierung schon selbst gemacht. Sie hat nämlich auf Bundesebene, aber auch vor Ort einiges angeschoben. Das möchte ich kurz darstellen:

Bereits Anfang 2015 hat das MWK zum Thema „Umgang mit Künstlernachlässen“ einen Round Table mit Experten und Akteuren durchgeführt. Daneben hat Niedersachsen das Thema auf die Agenda des Kulturausschusses der Kultusministerkonferenz gebracht. Dort wurde auf Vorschlag Niedersachsens eine länderoffene Ad-hoc-AG zum Thema „Umgang mit Künstlernachlässen“ mit dem Ziel eingesetzt, eine Bestandsaufnahme zu erstellen und länderübergreifende Empfehlungen zum Umgang mit Künstlernachlässen zu erarbeiten.

Im Ausschuss wurden wir fortlaufend über die Beratungen und Ergebnisse beider Initiativen unterrichtet. In der Arbeitsgruppe auf Bundesebene bestand Einigkeit darüber, dass keine neuen Institutionen geschaffen werden sollen, da es bereits ausreichend Institutionen gibt. Die Experten haben also Ihrem Vorschlag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, eine Stiftung zu gründen, eine klare Absage erteilt. Seitens der Arbeitsgruppe wurde stattdessen vorgeschlagen, bestehende Strukturen zu unterstützen und ein bundesweit aktives Beratungsangebot für Künstler, Erben und Ehrenamtliche zu etablieren. Ein Umsetzungs- und Finanzierungskonzept wird erarbeitet werden.

Daneben wurde auf Expertenebene über die digitale Erfassung und Bewahrung von Künstlernachlässen diskutiert. Der Digitalisierung kommt auch nach meiner Einschätzung eine wesentliche Rolle in diesem Bereich zu. Die neuen Medien bieten hier ein großes Potenzial. In der Ad-hoc-AG wurden zu den Themen Digitalisierung und Beratung Handlungsempfehlungen für die Bundesländer erarbeitet bzw. das ist noch im Gange.

Auch auf niedersächsischer Ebene hat es, wie erwähnt, den Round Table gegeben. Dort wurden Lösungen und Lösungsvorschläge erarbeitet. Es ging darum, Handlungslinien zu besprechen. Auch hier wurde das Thema Digitalisierung neben den Themen Information und Beratung als ein Schwerpunkt identifiziert. Es geht darum, eine digitale Plattform zu schaffen, die für jeden zugänglich ist und einheitlich beliefert werden kann, um dann zu einer Art digitaler Galerie zu kommen. Aber auch da stehen wir in der Tat ganz am Anfang.

Abschließend habe ich festzustellen, dass das Thema „Umgang mit Künstlernachlässen“ bei uns von Rot-Grün in guten Händen ist. Dieses Thema ist uns wichtig. Zurzeit wird auf Bundes- und Landesebene beraten und gearbeitet. Dabei werden die Punkte Digitalisierung, Beratung und Stärkung vorhandener Strukturen in den Blick genommen.

Ihren Vorschlag zur Einrichtung einer Stiftung mit einem Zentralarchiv halten wir für falsch, und zwar auch deshalb, weil eine zentrale Lösung für das Flächenland Niedersachsen keine Lösung sein kann und dem Land nicht gerecht wird.

Wir werden das Thema weiterverfolgen. Die Empfehlungen der Arbeitskreise werden wir zu gegebener Zeit bewerten und das Thema dann wieder im Ausschuss besprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Prange. - Auf Ihre Rede gibt es eine Kurzintervention. Frau Kollegin von Below-Neufeldt, Sie haben 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass die SPD jetzt anfängt, sich ernsthaft Gedanken über das Thema zu machen.

(Zuruf von der SPD: Ha, ha, ha!)

Ich frage mich an dieser Stelle, Herr Prange, wie ernst Sie eigentlich die Arbeit im Ausschuss nehmen; denn dort haben wir uns nie in dieser Weise ausgesprochen. Das ist etwas Erstaunliches.

Außerdem möchte ich fragen, ob Sie schon einmal über die Möglichkeit nachgedacht haben, dass Künstler selbst Interesse daran haben, ihr Werk zu stiften, damit es für die Nachwelt erhalten wird. Es muss also nicht unbedingt viel Geld vonseiten der Landesregierung in die Hand genommen werden. Es kann durchaus auch sein, dass Künstler ihr Werk erhalten wollen und es stiften, damit es erhalten wird.

(Beifall bei der FDP - Ulf Prange [SPD] tritt an das Redepult)

Dem Verhalten des Kollegen Prange entnehme ich, dass er erwidern möchte. Sie haben für 90 Sekunden die Möglichkeit dazu. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es sind zwei Punkte angesprochen worden. Zum einen ging es um die Beratungen im Ausschuss. Wir haben uns drei- oder viermal über das unterrichten lassen, was auf Bundesebene passiert. Das ist wichtig. Man muss doch eine Entscheidungsgrundlage haben. Diese haben wir uns im Ausschuss gemeinsam erarbeitet. Sie haben auch noch in der letzten Sitzung insistiert, dass dieses Zentralarchiv für Sie unverzichtbar ist. Es ist aus finanziellen Gründen schwierig, das in diesen Antrag aufzunehmen. Deswegen haben wir da nicht zusammengefunden.

Zum anderen haben Sie angesprochen, dass Künstler natürlich auch stiften. Das ist absolut richtig. Das habe ich auch vorhin in meinem Beitrag angesprochen. Es wird dann auch darum gehen, eine Entscheidung zu treffen, was man auswählt, was man sammeln und aufbewahren möchte. Dafür müssen wir Auswahlkriterien erarbeiten.

Sie haben in Ihrem Antrag auch immer ganz konkret angesprochen, renommierte Künstler in den Fokus zu nehmen. Bei renommierten Künstlern müssen gerade dann, wenn sie durch Erben vertreten werden, oftmals Beträge gezahlt werden, um solche Nachlässe zu sichern. Ich habe den Antrag immer so verstanden - das haben Sie im Ausschuss nie anders formuliert -, dass es genau um diese Intention geht, auch solche hochkarätigen Nachlässe für Niedersachsen zu bewahren. Das ist in der Sache auch nicht verkehrt. Dann muss man im zweiten Schritt aber auch sagen: Das kostet Geld, und dieses Geld wollen wir zur Verfügung stellen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das ist von Ihnen weder in den Beratungen noch im Antrag konsequent umgesetzt worden. Deswegen sind wir nicht zusammengekommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)