Protocol of the Session on March 1, 2017

Meine Damen und Herren, so geht man, glaube ich, mit Kommunen nicht um. Wir sind - genau wie die kommunalen Spitzenverbände - der festen Überzeugung, dass Fehler produziert werden, dass in viel mehr Verfahren der Rechtsweg eingeschlagen wird, wenn in dieser Form eine komplexe Ermessensausübung für die Mitarbeiter der Verwaltung eröffnet wird.

Ich glaube, an dieser Stelle sollte man deutlich machen: Wenn man das Widerspruchsverfahren wieder einführen will, dann darf man das nur mit dem nötigen Vorlauf machen, dann muss man Fachleute anhören, und dann muss man sich über die Folgen im Klaren sein, und zwar idealerweise an der richtigen Stelle, nämlich bei einer entsprechenden Änderung des Justiz- und des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Da hätte es hingehört und nicht ins Kommunalabgabengesetz!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aus diesen drei Gründen lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Ich glaube, er ist kommunalfeindlich. Er entspricht nicht den Vorstellungen der Kommunen. Sicherlich sind einzelne Bereiche immer gewollt. Aber ich glaube, alles in allem ist er eher ein Bürokratiemonster als eine Hilfe für die Kommunen. Wir lehnen ihn deshalb ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die SPD-Fraktion erhält nun das Wort Herr Kollege Lynack. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Hiebing, zu Beginn Ihrer Rede

habe ich glatt gedacht, wir reden doch noch über das FAG, das wir gerade unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt behandelt haben. Sie haben ständig über Steuern gesprochen. Wir reden jetzt über das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz. Dabei geht es ausschließlich um Gebühren und Beiträge.

(Björn Thümler [CDU]: Das sind Steu- ern!)

Insofern hat der Vergleich gehinkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novelle des NKAG gehört gewissermaßen schon ein bisschen zu unseren Spätlesen. Denn wir haben das Gesetz vor knapp einem Jahr erstmals hier im Plenum beraten. Aber ich finde, der Vergleich mit Wein ist dennoch gut und richtig. Denn gerade die intensiven Beratungen haben gezeigt, dass das Gesetz jetzt erst richtig rund geworden ist.

(Gudrun Pieper [CDU]: Es ist Murks!)

In seiner Rede zur ersten Beratung dieses Gesetzentwurfes hat mein Kollege Dr. Saipa - Frau Pieper, hören Sie einfach zu! - sehr zutreffend festgestellt: „Erfolgreiche Kommunen sind die Basis für ein erfolgreiches Land.“ Recht hat er, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zustimmung bei der SPD)

Die Kommunen brauchen nicht nur einen verlässlichen Finanzausgleich - der durch das FAG geregelt wird - für die ihnen übertragenen Aufgaben; vielmehr muss auch der Rahmen stimmen, in dem vor Ort in eigener Zuständigkeit Gebühren und Beiträge auskömmlich erhoben werden können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diesen Rahmen wollen wir heute geraderücken und den aufgabenrechtlichen Gestaltungsspielraum für unsere Kommunen an die Bedürfnisse in der Praxis anpassen.

Im Kern betrifft die Novellierung - Herr Hiebing hat es gesagt - im Wesentlichen drei Punkte: erstens die Einführung einer Rechtsgrundlage für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge, zweitens die Erweiterung des Erhebungsrechts für Tourismus- und Gästebeiträge sowie drittens die teilweise Wiedereinführung von Widerspruchsverfahren.

Auf die Möglichkeit zur Erhebung von Tourismus- und Gästebeiträgen wird im Anschluss mein Kollege Dr. Saipa eingehen, sodass ich mich in meiner

Rede auf die anderen beiden Punkte konzentrieren möchte.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Instrument der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge erhalten die Kommunen eine zusätzliche - das betone ich: eine zusätzliche - Option, um den oft immens hohen Beitragsforderungen gegenüber Grundstücksanliegerinnen und -anliegern im Sanierungsfall effektiv begegnen zu können.

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei nicht um eine neue, zusätzliche Gebühr handelt.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Sondern?)

Vielmehr geht es darum - hören Sie gut zu! -, ein sowohl für Kommunen als auch für Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen verlässliches wie kalkulierbares Instrument zu schaffen.

Die Belastung für Bürgerinnen und Bürger wird durch diese Option nämlich nicht steigen. Vielmehr wird es künftig möglich sein, die Beitragslast auf einen größeren Zeitraum und eine größere Zahl von Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern gleichmäßig zu verteilen. Es ist ein bisschen so wie das Prinzip der Sozialversicherung: Irgendwann zahlt jeder, und irgendwann wird auch jeder einmal davon profitieren können.

Die Städte und Gemeinden bekommen mehr Flexibilität, und die Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer brauchen in Zukunft keine existenzbedrohenden Gebührenbescheide mehr zu fürchten. Das ist ebenso kommunalfreundlich wie bürgerinnen- und bürgerfreundlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung von Petra Tiemann [SPD])

Gerade Bürgerinnen und Bürger wünschen sich das. Da habe ich andere Informationen als Sie, Kollege Hiebing. Gerade die sind es gewesen, die das gefordert und gesagt haben: Nehmt uns die Bürde weg, im Falle der Sanierung zu exorbitant hohen Gebühren herangezogen zu werden, gerade im Alter!

Übrigens - ich denke, auch das ist in diesem Zusammenhang aufgrund Ihrer Einleitung wichtig -: Die oft diskutierte pauschale Erhöhung der Grundsteuer ist absolut keine Alternative zu wiederkehrenden Beiträgen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Warum nicht?)

Steuern sind Mittel zur allgemeinen Deckung des Haushaltes. Das sollten Sie wissen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Ja, das weiß ich auch!)

Wir reden hier über Gebühren und Beiträge, die nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen.

Stellen Sie sich vor, Ihre Kommune gerät in eine Schieflage. Sie hat zwar etwas für die Straßensanierung auf die hohe Kante gelegt, aber die Kommunalaufsicht schreibt ihr vor, diese Mittel für die allgemeine Deckung des Haushaltes zu verwenden. Dann ist das Geld futsch, Herr Kollege Oetjen!

(Zustimmung bei der SPD - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Das kann die Kommunalaufsicht nicht vorschreiben, Herr Kollege!)

Meine Damen, meine Herren, auch die Änderungen in Artikel 4 bringen ein Stück mehr Bürgerinnen- und Bürgerfreundlichkeit. Denn die pauschale Unzulässigkeit von Widerspruchsverfahren, wie sie mit der Auflösung der Bezirksregierungen im Jahr 2004 in diesem Hause beschlossen wurde, wird jetzt für gewisse Verwaltungsbereiche zurückgenommen. Betroffene haben damit wieder eine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten im Rahmen eines Vorverfahrens überprüfen zu lassen,

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ein Rück- schritt!)

statt den Verwaltungsgerichtsweg beschreiten zu müssen, was für viele eine abschreckend hohe Hürde ist. Damit setzen wir heute auch endlich eine Handlungsempfehlung einer wissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahre 2009 - ich wiederhole die Jahreszahl: 2009 - zur Praxis nach der Abschaffung der Widerspruchsverfahren um.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Warum nicht mit einem eigenen Gesetz?)

In der letzten Legislaturperiode scheint das irgendwie liegen geblieben zu sein.

Last, but not least konnten wir quasi in allerletzter Minute mit dieser Novelle verhindern, dass die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren nach neuester Rechtsprechung in Zukunft Heerscharen von Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern bindet. In Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden ist es nämlich gelungen, dass wir

die Rechtsanwendung auf eine praktikable Art umsetzen konnten.

Meine Damen, meine Herren, ich danke allen Häusern, die an der Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs mitgewirkt haben. Dies gilt insbesondere für den GBD, der uns durch intensive Rechtsmaterien geleitet hat. Herzlichen Dank dafür!

Herr Hiebing, zum Thema Bilanz habe ich meine eigene Sichtweise. Diese Rückmeldung bekomme ich auch vor Ort. Ja, wir sind kommunalfreundlich. Darüber hinaus sind wir aber auch bürgerinnen- und bürgerfreundlich. Ich lade Sie ein, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Das ist gut.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lynack. - Nun, wie bereits angekündigt, Herr Dr. Saipa. Nun haben Sie das Wort. Sie haben noch knapp zwei Minuten.

Der Kollege hat nicht viel übrig gelassen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der kurzen Zeit muss ich mir vielleicht das eine oder andere Füllwort sparen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das kön- nen Sie sich grundsätzlich sparen!)

Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir doch alle darin vereint sind, unsere Kommunen so zu unterstützen, dass sie zukünftig ihre Aufgaben erfolgreich für die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen können. Hierfür steht Rot-Grün. Somit stellen wir mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf erneut eine hohe Kommunalfreundlichkeit unter Beweis.