Protocol of the Session on December 15, 2016

Vielen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Dafür haben Sie unsere Zustimmung, Frau Kollegin!)

Vielen Dank, Frau Modder. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht weiter mit der Fraktion der FDP. Es spricht der Vorsitzende Herr Dürr,

(Unruhe)

aber nur, wenn hier die notwendige Ruhe herrscht. Ich denke, alle Redner haben es verdient, dass ihnen gerade zu einem so wichtigen Punkt wie diesem gelauscht wird. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es war ja absehbar, dass Sie während der Haushaltsberatungen in dieser Woche die schwarze Null feiern - die Ihnen nachgewiesenermaßen in den Schoß gefallen ist: von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und von denjenigen, die bei ihren Sparkonten auf Zinsen verzichten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung beider SPD - Zuruf von der SPD: Oh!)

Übrigens: Die schwarze Null, das ist doch nichts Modernes mehr, das ist doch nicht mehr State of the Art. Es sind doch nur noch rot-grün regierte Länder wie Bremen oder Nordrhein-Westfalen, die das nicht mehr gebacken bekommen. Sie sind, wenn überhaupt, im Mittelfeld, meine Damen und Herren.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Da spricht der Neid, dass Sie das nicht hingekriegt haben!)

Frau Kollegin, wirklich gestalten, die Frage, wo Niedersachsen in zehn Jahren stehen soll, was eigentlich Ihre Ziele sind - das erschöpft sich bei Ihnen in Arbeitskreisen und Kaffeerunden. Mehr kommt dabei nicht heraus.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, das ist gefährlich. Denn wenn man keine eigenen Ziele hat, dann droht, dass man nicht selbst führt, sondern dass man von anderen geführt wird. Es ist ein kapitaler Fehler, dass Sie sich regelmäßig von Ihrem kleineren Koalitionspartner führen lassen. Meine Damen und Herren, das ist ein Fehler.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Nochmals der Neid!)

Den Grünen geht es doch nicht um das Wohl des Landes Niedersachsen, sondern vor allen Dingen um parteipolitische Ziele.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Die Gesellschaft für deutsche Sprache hat bekanntermaßen das Wort „postfaktisch“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt. Ich halte das für viel zu spät. „Postfaktisch“ ist alles andere als ein neues Phänomen. Ich will Ihnen ein Beispiel geben, eine Debatte, die wir hier im Landtag geführt haben.

Als das Thema Glyphosat im Zusammenhang mit der Muttermilchstudie der Grünen aufkam, sagte Christian Meyer bei Radio Bremen:

„Natürlich ist die Studie nicht repräsentativ. Aber in allen untersuchten Proben ist Glyphosat gefunden worden. Wenn es Trinkwasser wäre und nicht Muttermilch, wäre es nach den gesetzlichen Normen verboten. Das muss schon zu denken geben.“

Das Bundesinstitut für Risikobewertungen hat dann aufgrund vieler Nachfragen besorgter Familien und besorgter Mütter selbst eine Untersuchung angestellt. Es sagte in einer Stellungnahme:

„Wie vom BfR bereits erwartet, wurden in keiner der untersuchten Muttermilchproben Rückstände des Pflanzenschutzmittels Glyphosat oberhalb der Nachweisgrenze gemessen.“

Der Präsident sagte:

„Das Ergebnis zeigt, wie wichtig seriös durchgeführte wissenschaftliche Studien sind, um in der emotional geführten Debatte um Pflanzenschutzrückstände Verbraucherinnen und Verbraucher nicht unnötig zu verunsichern.“

Herr Meyer, ich will das an dieser Stelle sagen, weil das Politik bei Ihnen ist: Ich bin selbst Vater von zwei Kindern. Immer wieder diese Art: Politik auf dem Rücken der Menschen zu betreiben und deren Ängste auszunutzen - das ist unerträglich. Das darf ein Ministerpräsident nicht dulden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das sage ich in aller Deutlichkeit! Das Ziel dabei ist Verunsicherung, nichts anderes!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Un- glaublich!)

Sie schüren immer wieder Ängste. Wir merken das doch bei den TTIP-Diskussionen, die wir mit Ihnen, Frau Staudte, geführt haben.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Mich wun- dert nicht, dass Sie aus dem Landtag weggelobt werden! Das ist ja so pein- lich! - Weitere Zurufe)

Am Samstag gehen Sie zu den Anti-TTIP-Demos und zu Demos gegen US-Großkonzerne, und am Sonntag weinen Sie Krokodilstränen, weil rechte Populisten in die deutschen Parlamente einziehen. Aber so, wie Sie Politik machen, macht man Populisten nicht klein. Sie säen, was die dann später ernten.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Heiße Luft!)

Im Gegenteil: Nicht Lichterketten werden Populisten kleinmachen, sondern nur mit echten Problemlösungen macht man sie klein, meine Damen und Herren. Das müssen Sie endlich begreifen!

Wo ist die Politik dieser Landesregierung für die niedersächsischen Familien? - Die findet nicht statt. Für die Familien in Niedersachsen, für die Mitte der Gesellschaft findet nichts statt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ronald Schminke [SPD]: Schreihals!)

Ich will Ihnen ein Beispiel dazu nennen: Der Wunsch einer jeden jungen Familie ist am Ende, in selbstgenutztes Wohneigentum einzuziehen, auch zur Altersvorsorge. Eine Familie der Mittelschicht hat hier in der Landeshauptstadt Hannover aber keine Chance, ein eigenes Haus zu erwerben. Keine Chance! Zu wenige ausgewiesene Baugebiete, vorgeschriebene Passivhausstandards - das war jahrelang die Politik des Oberbürgermeisters Stephan Weil.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Was hat das mit dem Haushalt zu tun? - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist doch keine Landessache! - Weitere Zurufe)

Jetzt in der Landesregierung kommt als allererstes eine Mietpreisbremse. Außerdem haben Sie in der Landesregierung noch die Grunderwerbsteuer erhöht. Hierzulande sind die Baunebenkosten doppelt oder dreifach so hoch wie in anderen Ländern der Europäischen Union - ganz zu schweigen von den Verordnungen auf Bundesebene, die das Bauen jedes Jahr teurer machen.

Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident: Wo ist Ihre Initiative, den Menschen in der Mitte der Gesellschaft endlich einmal zu helfen? - Sie ergötzen sich daran, dass meine Fraktion die Mittel für die staatlich finanzierte Genderforschung streichen will. Sie tun aber nichts für die ganz normale niedersächsische Familie, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Dann erklä- ren Sie mal, was eine normale Familie aus Sicht der FDP ist! Frauen gehö- ren wohl nicht dazu!)

Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen, nämlich das Thema Inklusion.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein, nein, bleiben Sie einmal bei diesem Thema! Erklären Sie das mal!)

Einen Moment, Herr Dürr! - Herr Limburg, Sie sind nicht dran.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Wir ver- stehen nicht, was er sagen will!)

- Nein, Herr von Holtz. - Wir haben Zeit. - Weiter geht’s!

Zum Thema Inklusion: Uns erreichen immer wieder Briefe und E-Mails von Eltern von Kindern mit einem Förderbedarf. Ich will Ihnen einmal sagen, was vor Kurzem in der Neuen Osnabrücker Zeitung die Behindertenbeauftragte des Landkreises Emsland Ursula Mersmann gesagt hat. Sie äußerte ihre tiefe Bestürzung über die Umsetzung der Inklusion. Sie sprach von besorgten Eltern mit Blick auf die noch bestehenden Förderschulen. Sie seien verzweifelt, weil ihre Kinder im Unterricht immer häufiger auf nicht ausgebildetes Personal treffen würden. Eltern seien besorgt, dass ihre Kinder nicht mehr das Rüstzeug erhalten würden, um später am ersten Arbeitsmarkt anzukommen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen, meine Damen und Herren.

Das Vorstandsmitglied des Verbandes Bildung und Erziehung in Niedersachsen sagt: „Durch die fehlende Unterstützung durch Sonderpädagogen fühlen sich Lehrkräfte allein gelassen und überfordert.“ Herr Meyer warnt: „Wenn nicht endlich gehandelt wird, droht die inklusive Beschulung in Niedersachsen zu scheitern.“

(Johanne Modder [SPD]: Sie haben das Gesetz mit auf den Weg ge- bracht, Herr Dürr! Sie haben nichts gemacht! Gar nichts! - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das liegt daran, dass Sie keine Leute ausgebildet haben!)

So, Frau Heiligenstadt, setzen Sie ein Menschenrecht um? Das ist Ihre Art und Weise, ein Menschenrecht umzusetzen? - Ihr Feldzug gegen die Förderschulen in Niedersachsen findet auf dem Rücken unserer Kinder in diesem Land statt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie auf, diesen Irrsinn endlich zu stoppen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Überlegen Sie mal Ihre Wortwahl!)

Ich will einen zweiten Punkt zum Bereich Schulpolitik ansprechen. Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen befindet sich auf einem historischen Tiefststand wie zu den Zeiten von Renate JürgensPieper. Die Lehrerinnen und Lehrer und auch die Schüler - ich war selbst noch Schüler zu dieser Zeit - haben sie noch in Erinnerung. Die Unterrichtsversorgung befindet sich also auf einem historischen Tiefststand.

Wissen Sie, Frau Heiligenstadt, was der eigentliche Skandal ist?

(Johanne Modder [SPD]: Dass Sie nicht ausgebildet haben, Herr Dürr! Genau so ist das!)