Protocol of the Session on December 12, 2016

Die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen erhält damit endlich die Möglichkeit, vor allem aber auch die Macht, sich wirksam in die Gremien und Prozesse der Berufs- und Gesundheitspolitik einzubringen. Und weil Zitate so schön sind, möchte ich auch noch gerne Herrn Laumann zitieren, der bei einem Besuch der Pflegekammer RheinlandPfalz im November dieses Jahres Folgendes gesagt hat:

„Überall, wo über die Pflege geredet, verhandelt und beschlossen wird, muss die Pflege selbst auch mitreden und mitentscheiden können.“

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bley zu?

Nein.

Aus ihrer pflegefachlichen Sicht wird die Pflegekammer Änderungsbedarfe aufzeigen und sich für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, hier der pflegerischen Versorgung, einsetzen. Aber auch nach innen, in den eigenen Berufsstand hinein, wird die Pflegekammer tätig werden. Das Gesetz verpflichtet z. B. die Kammermitglieder, das Selbstbestimmungsrecht der Pflegebedürftigen zu respektieren.

Auch die bislang im Gesundheitsfachberufegesetz verankerte Fortbildungspflicht bleibt bestehen. Die Kammer wird diese aber mit ihrer Berufsordnung mit Leben füllen und den Pflegefachkräften so eine

Orientierung für ihre praktische Arbeit bieten. Zukünftig wird also der pflegerische Berufsstand selbst festlegen, welchen Inhalt und Umfang die Fortbildungsmaßnahmen haben.

Nicht zuletzt wird die Pflegekammer in Empfehlungen oder Leitlinien den aktuellen Stand pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse darstellen. Auch auf diese Weise wird sie ihren Mitgliedern Hilfestellung in praktischen Fragen geben. Letztlich kommt dies allen Menschen in Niedersachsen zugute. Denn viele von uns werden mit relativ großer Wahrscheinlichkeit früher oder später auf die Unterstützung kompetenter Pflegefachkräfte angewiesen sein.

Die bundesweit erste Pflegekammer gibt es seit Anfang 2016 in Rheinland-Pfalz. In SchleswigHolstein hat sich der Errichtungsausschuss im Dezember 2015 konstituiert. Die Kammer soll im Sommer 2018 ihre Arbeit aufnehmen. Mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes gehört Niedersachsen damit zur Spitzengruppe der Länder, die den Pflegefachkräften Gehör und Mitsprache verschaffen. Das wird den Pflegebedürftigen in Niedersachsen, ihren Angehörigen und den Pflegenden zugutekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Einzelberatung und zur Abstimmung.

Die Beschlussempfehlung teilt sich in eine Nr. 1 und in eine Nr. 2 auf. Ich bitte, das zu beachten.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dieser Änderungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Artikel 2. - Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dafür ist, hebe die Hand. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Artikel 3. - Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer dafür ist, möge die Hand heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen. - Das Erste war die Mehrheit.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wer dem Gesetz in Gänze seine Zustimmung geben möchte, bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist das Gesetz so beschlossen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir kommen zu Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit die dort aufgeführten, in die Beratung einbezogenen Eingaben für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit sind die Eingaben für erledigt erklärt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Anklage des Landtages gegen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt vor dem Staatsgerichtshof wegen der vorsätzlichen Verletzung von Verfassung und Gesetz gemäß Artikel 40 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung - Antrag des Abgeordneten Adasch und 53 weiterer Mitglieder der Fraktion der CDU - Drs. 17/6993

Einbringen möchte den Antrag für die CDU-Fraktion der Kollege Nacke. Herr Nacke, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Nacke!

Ich darf alle Kolleginnen und Kollegen, die am Rande des Plenums Gespräche führen, bitten, den Plenarsaal zügig zu verlassen. Alle anderen darf ich um Ruhe bitten, sodass wir beginnen können.

Bitte, Herr Kollege Nacke!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall einer vollverschleierten Schülerin in Belm ist in diesen Wochen im ganzen Land ein Thema.

(Zuruf von der SPD: Nein! Das stimmt nicht!)

Dieser Fall droht zu einem Präzedenzfall zu werden.

Die Vollverschleierung insgesamt ist schon seit Jahren ein Thema in dieser Republik. Um es mit den Worten der muslimischen Anwältin und Autorin Seyran Ates auf ndr.de am 18. August dieses Jahres zu sagen:

„Auch der Westen hat die verdammte Pflicht, beim Thema Verschleierung über den eigenen Tellerrand hinauszublicken und zu schauen, welches Leid Frauen in der islamischen Welt wegen der Halb- oder Vollverschleierung ertragen müssen.“

Die Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek formulierte es so: Die Würde der Frau darf nicht hinter einem Schleier versteckt sein - MDR-Kultur am 26. August.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stellt doch auch niemand infrage, Herr Nacke!)

Sie spricht im Zusammenhang mit der Debatte um die Vollverschleierung muslimischer Frauen in westlichen Gesellschaften auch von einer „Fürsorgepflicht des Staates“. Diese Formulierung finde ich sehr passend; denn ich bin der Ansicht, dass der Staat diese Fürsorgepflicht auch gegenüber Mädchen hat, die unsere Schulen besuchen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Falle der Schülerin in Belm hat die Kultusministerin diese Fürsorgepflicht nicht ausgeübt. Sie duldet seit dem 5. September 2016 einen Fall von Rechtsbruch - seit dem Tag, an dem sie davon erfahren hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Tageszeitung taz -

(Zuruf von der SPD: Ui!)

genauer: der Leiter des Parlamentsbüros, Ulrich Schulte - schrieb am 26. August 2016 zum BurkaVerbot:

„Burka und Niqab stehen für einen illiberalen und reaktionären Islam, der Frauen unterdrückt. Der Stoffkäfig degradiert Frauen zu gesichtslosen Wesen, er lässt sie aus dem öffentlichen Raum verschwinden - denn den sollen bitteschön die Männer dominieren. Um diese Tatsache darf sich, wer progressiv denkt, nicht herumdrücken.“

Weiter schreibt er:

„Linksliberale, die gegen das Burka-Verbot argumentieren, dürfen nicht den Fehler machen, eine reaktionäre Strömung des Islam zu verteidigen.“

Aber leider erleben wir im Herbst 2016 genau das mitten in Niedersachsen 2016, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Um es deutlich zu sagen: Burka und Niqab stehen für die Unterdrückung von Frauen und für ein Gesellschaftsverständnis, das unseren Grundwerten widerspricht.

Warum also entscheidet sich ein jetzt 16-jähriges Mädchen im Alter von 13 Jahren, einen Niqab zu tragen und damit ihr Gesicht mit einem Schleier zu verdecken, der nur noch ihre Augen frei lässt?