Es muss uns allen eine Herzensangelegenheit sein, immer wieder darauf hinzuweisen, dass dieser Berufsgruppe der Pflegenden höchste Wertschätzung und größter Respekt entgegengebracht werden müssen. Dafür ist ein gesellschaftliches Umdenken notwendig.
Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, von all diesen Problemen rund um den Themenbereich „Aufwertung der Pflegeberufe, mehr Personal, Veränderungen in der Personalbemessung, gute Arbeitsbedingungen und adäquate Bezahlung“ wird eine Pflegekammer kein einziges lösen.
Dafür stehen ihr nämlich keine wirksamen Instrumente zur Verfügung. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass durch eine Zwangsverkammerung in den Reihen der Pflegenden zwischen Befürwortern und Gegnern eine Kluft entsteht, die das Arbeitsklima beschädigt und die Betroffenen belastet.
Weiterhin ist zu befürchten, dass bei vielen Beschäftigten, denen durch diese Zwangsverkammerung ja nicht unerhebliche Kosten und Abgaben entstehen, die Bereitschaft sinkt, auch noch einen Gewerkschaftsbeitrag zu zahlen und sich dort zu engagieren. Gute Bezahlung braucht starke Verhandlungspartner bei den Tarifverhandlungen. Aber die Pflegekammer sitzt nicht mit am Tisch - das machen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.
Und, wer weiß, ob es nicht in Randlagen zu unseren Nachbarbundesländern demnächst Abwanderungen von niedersächsischen Pflegekräften in Krankenhäuser oder Pflegeheime ohne Zwangsverkammerung geben wird? Das würde dann den Pflegenotstand eventuell sogar noch verschlimmern.
Meine Damen und Herren, das vorliegende Pflegekammergesetz nützt den in der Pflege Beschäftigten in keiner Weise. Es gibt keine Antworten auf die gegenwärtigen und zukünftigen Fragen bezüglich der Beseitigung des Fachkräftemangels, der Erhöhung des Personalschlüssels und der erfolgreichen Führung von Tarifverhandlungen. Es kann bestehende Arbeits- und Einkommensbedingungen nicht verändern. Aber es kostet die in der Pflege Beschäftigten eine Menge Geld. Dem können und wollen wir nicht zustimmen.
Herr Brunotte, Sie haben uns gebeten, wir mögen z. B. Herrn Laumann folgen. Sie sind Ihrer Ministerin auch nicht gefolgt. Sie hat nämlich, als sie noch Geschäftsführerin bei den Paritäten war, gesagt: Eine Pflegekammer nützt den in der Pflege Beschäftigten überhaupt nicht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Joumaah. - Auf Ihre Rede gibt es den Wunsch nach einer Kurzintervention des Herrn Kollegen Schremmer. Bitte, 90 Sekunden!
Herr Präsident! Frau Kollegin Joumaah, weil Sie meine Zwischenfrage nicht zugelassen haben, habe ich einmal herausgesucht, was Ihr Parteikollege Laumann konkret zu Pflegekammern gesagt hat:
„Ich bin mir sicher: der Zusammenschluss zu einer Pflegekammer, die mit einer Stimme die Pflegeexpertise in die gesundheits- und berufspolitischen Entscheidungsprozesse wirksam einbringt, wird zwangsläufig dazu führen, dass die Pflege die Wertschätzung und Aufmerksamkeit erhält, die ihr zusteht.“
Denn Sie sagen genau das Gegenteil von dem, was der Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte des CDU-Gesundheitsministers auf Bundesebene sagt.
Ich frage: Woher beziehen Sie Ihre Informationen? In welchem Ausschuss haben Sie gesessen? Diese Pflegekammer ist ein gutes Projekt.
Was Frau Ministerin Rundt angeht, muss man ja ehrlicherweise sagen: Natürlich kann man im Laufe seines politischen Wirkens zu einer anderen Meinung kommen. Das hat sie offensichtlich getan, und das ist richtig so.
Herr Schremmer, ich will Ihnen ganz genau sagen, warum ich in diesem einen Punkt mit Herrn Laumann nicht einverstanden bin. - In einer großen Volkspartei wie bei uns in der CDU ist so etwas übrigens durchaus möglich!
Ich möchte Ihnen genau sagen, warum ich in diesem einen Punkt nicht mit seiner Position einverstanden bin: Weil ich im Gegensatz zu Ihnen eine examinierte Kinderkrankenschwester bin, die zeitweise in einem Pflegeheim gearbeitet hat. Ich kenne die Materie sehr genau, was ich nicht von allen hier Anwesenden behaupten kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte es mir zu Beginn meiner Rede gönnen, auf das Zitat von Herrn Laumann einzugehen. Wenn ich das schon höre: „Dann spricht die Pflege mit einer Stimme.“ - In keiner Partei spricht man mit einer Stimme. Mit einer Stimme spricht man in Diktaturen, nicht aber in Parteien, Kammern oder sonst wo.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Richtig! So ist das! Sehr richtig! - Filiz Polat [GRÜ- NE]: Es kommt darauf an, wer es sagt!)
- Nein, das finde ich nicht. Für mich gilt durch die Bank, dass sich unterschiedliche Meinungen nicht bündeln lassen.
Ein Weiteres: Das von Ihnen, Frau Polat, angeführte Zitat, dass sich endlich einmal alle Beteiligten
und auch alle die, die dagegen sind, für die Pflegenden interessieren sollten, unterstellt, dass sich kein Verband der freien Wohlfahrt, kein Verband der Diakonie, kein Caritasverband und auch nicht die Leute, die in diesen Vereinen sind, für die Pflegenden interessiert haben. Das kann es ja wohl auch nicht sein, aus diesem Grund eine Kammer einzurichten.