Diese Regelungen zur Kreditwürdigkeitsprüfung führen - so wird vor allem von Sparkassen und Genossenschaftsbanken beklagt - zu negativen Folgen gerade für junge Familien und Senioren. Auch bei einer Anschlussfinanzierung und bei der Finanzierung von Umbau- und Renovierungsmaßnahmen soll es Probleme bei der Kreditvergabe geben. Allerdings ergibt sich - das gehört dazu - bei der Bewertung möglicher Folgen der Wohnimmobilienrichtlinie noch ein nicht ganz einheitliches Bild. Nicht alle Banken sehen diese geschilderten Probleme.
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentrale fordert aktuell noch keine konkreten Veränderungen und verweist darauf, dass das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ausreichend Handlungsspielräume biete. In diesem Zusammenhang gibt es auch bei Fachleuten die Vermutung - die zu überprüfen ist -, dass die
Angst vor möglichen Regressansprüchen bei mangelhafter Beratung so groß sein könnte, dass zum Teil vorsichtshalber erst gar keine Kredite an Rentner und an junge Familien vergeben werden.
Belastbare Daten zur Vergabe von Wohnimmobilienkrediten und zur Anzahl der abgelehnten Wohnimmobilienkreditanträge nach Inkrafttreten des Gesetzes einschließlich der Gründe für deren Ablehnung liegen zurzeit noch nicht vor. Darauf haben sowohl ein Vertreter der Bundesregierung in diesem Monat im Bundesrat als auch Vertreter der Landesregierung vor wenigen Wochen bei einer Unterrichtung im Haushaltsausschuss des Landtages hingewiesen. Dennoch sind wir uns sehr einig in dem Ziel, dass wir in dieser heutigen Zeit, in der wir gemeinsam die Notwendigkeit von zusätzlichem Wohnungsbau, von energetischer Sanierung und von altersgerechtem Umbau sehen, alle Hemmnisse beseitigen sollten, die das Voranschreiten des Wohnungsbaus unnötig behindern.
Daher nehmen wir selbstverständlich die Hinweise auf Probleme sehr ernst, die aktuell gerade aus den Reihen der Genossenschaftsbanken und Sparkassen geäußert werden und die auch schon bei der Anhörung zu den Gesetzentwürfen Anfang dieses Jahres geäußert worden sind. Niedersachsen hat auch deshalb - daran sei erinnert - bei der Beratung des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie im Februar dieses Jahres im Bundesrat gemeinsam mit anderen Bundesländern die Sorge geäußert, dass durch die sehr strikten Regelungen des Gesetzes die Kreditvergabe an bestimmte Zielgruppen wie junge Familien, Senioren und Menschen mit stark schwankendem Erwerbseinkommen erschwert werden könne.
Leider ist der Deutsche Bundestag der Anregung der Länder nicht gefolgt, die in der EU-Richtlinie ausdrücklich zugelassene Ausnahme für Substanzkredite für die Fälle, in denen der Kreditvertrag zum Bau oder zur Renovierung einer Wohnimmobilie dient, zu übernehmen. Auch der Appell an den Bund, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die unbestimmten Rechtsbegriffe der Kreditwürdigkeitsprüfung so zu konkretisieren, dass nur die Verbraucher von Krediten ausgeschlossen werden, bei denen weder aufgrund der persönlichen Verhältnisse noch unter Berücksichtigung der Immobilie von einer Rückzahlung ausgegangen werden kann, ist nicht auf fruchtbaren Boden gefallen.
Am 14. Oktober 2016 haben im Bundesrat die Länder Baden-Württemberg und Hessen die bisherigen Diskussionen zu diesem Thema aufgegriffen und u. a. beantragt, die von mir angesprochene Ausnahmemöglichkeit der EU-Richtlinie für Substanzkredite in das Gesetz aufzunehmen. Wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, hat Niedersachsen durchaus signalisiert, dass es diese Zielsetzung unterstützt.
Die Diskussion dazu im Bundesrat hat aber auch gezeigt, dass es nur gelingen kann, zu einer Veränderung zu kommen, wenn die vorgetragenen Sachverhalte auch mit Fakten unterlegt werden können. Dafür brauchen wir eine solide Datenbasis und aussagekräftiges Zahlenmaterial. Wir werden daher in den jetzt anstehenden Beratungen in den betroffenen Ausschüssen überlegen müssen, wie es gelingt, belastbare Daten auch für Niedersachsen zur Verfügung zu stellen.
Wir benötigen auch eine sichere Problemanalyse, die die Frage beantwortet, ob die Probleme bei der Auslegung des Gesetzes entstanden sind oder ob das Gesetz selbst geändert werden muss und wie wir weiter damit umgehen; denn die EU-Richtlinie verfolgt den völlig richtigen Grundsatz, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Überschuldung und Banken vor faulen Krediten zu bewahren.
Bei allem Bedarf an notwendiger Veränderung, den auch wir sehen, müssen wir daher darauf achten, dass wir dieses Ziel weder unterlaufen noch aushebeln. Altersgerechter Umbau des Gebäudebestandes, energetische Sanierung und Eigentumsbildung junger Familien dürfen nicht durch überbordende Restriktionen bei der Kreditaufnahme erschwert werden.
In diesem Sinne unterstützen wir die Zielsetzung der vorliegenden Anträge. In der Diskussion in den betroffenen Ausschüssen werden wir daher klären, welche dazu erforderlichen Maßnahmen noch auf den Weg zu bringen sind. Aber, wie gesagt, in der Zielsetzung sind wir uns einig.
Vielen Dank, Frau Kollegin Geuter. Auch auf Ihren Beitrag möchte der Kollege Dr. Siemer kurzintervenieren. - Sie erhalten die Gelegenheit dazu. 90 Sekunden, bitte schön!
Erstens. Der Justizminister war durchaus für das Gesetz federführend verantwortlich. Insofern hilft es nicht, sich mit der Frage, ob er ein Mandat im Bundestag hat, herauszureden. Die Verantwortung liegt ganz klar bei ihm.
Zweitens hatten Sie, Frau Geuter, angesprochen, dass es vonseiten der Banken unterschiedliche Stellungnahmen gibt. Das liegt - ganz einfach! - daran, dass die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen in dem Bereich der Wohnungsbaufinanzierung führend sind. Die Privatbanken sind in diesem Bereich nicht so stark. Deshalb gehen sie etwas anders an dieses Thema heran. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, dieses Thema mit hoher Priorität zu behandeln.
Außerdem sprechen wir hier im Parlament häufig davon, EU-Richtlinien 1 : 1 umzusetzen. Sich jetzt dahinter zu verstecken, dass wir noch belastbare Daten brauchen usw., finde ich nicht in Ordnung. Wir alle sollten sagen: Wir setzen die EU-Richtlinie 1 : 1 um, dann ist das Problem gelöst. Bitte alles rausstreichen, was zusätzlich reingekommen ist!
Wir brauchen keine belastbaren Daten. Wir haben im Moment belastete Familien, Senioren usw., das sollte uns Argument genug sein. Die Zusätze, die aufgenommen wurden, oder die Dinge, die im Gesetz bewusst weggelassen wurden, um die Situation zu verschärfen, müssen meines Erachtens geändert werden. Da tut es eine Ausführungsverordnung nicht; denn die Rechtsunsicherheit liegt bei den Banken, und diese hält sie davon ab, Kredite zu vergeben.
Vielen Dank, Herr Dr. Siemer. - Frau Kollegin Geuter möchte erwidern. Auch Sie erhalten die Gelegenheit dazu für bis zu 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause in den letzten Wochen und Monaten sehr oft über das Selbstverständnis dieses Parlaments bei der Verabschiedung von Gesetzen gesprochen. Gerade von der Seite der Opposition ist immer ganz ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass wir die Rechte des Parla
ments sehr ernst nehmen sollten. Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass in diesem Fall - zumindest in Teilen der CDU-Fraktion - offensichtlich andere Vorstellungen bestehen.
Ich möchte noch einmal klarstellen: Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir die Zielsetzung der Anträge von CDU und FDP unterstützen, dass wir aber auch daran arbeiten müssen, Mehrheiten für diese Zielsetzungen zu bekommen, sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag. Von daher sehe ich es jetzt gerade auch in den Ausschussberatungen als unsere Aufgabe an, dass wir die Argumentation unterstützen und erweitern, die wir brauchen, um tatsächlich eine Veränderung zu erreichen.
Wie gesagt, in der Zielsetzung sind wir uns einig, und Ihre Vorstellungen über Gesetzgebungsverfahren nehme ich mit Interesse zur Kenntnis. Wir werden an anderer Stelle sicherlich noch einmal darauf zurückkommen können.
Schönen Dank, Frau Geuter. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Christian Meyer zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Minister!
(Zuruf von der CDU: Meyer spricht zu Krediten! - Gegenruf von Miriam Staudte [GRÜNE]: Es spricht der Ver- braucherschutzminister! Im Bund war es Verbraucherschutzminister Maas!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch angesichts des Zwischenrufs will ich erklären, wie Gesetze verabschiedet werden. Sie werden nicht von einem für Verbraucherschutz zuständigen Justizminister verabschiedet, sondern Gesetze werden vom Bundestag oder vom Landtag, also von Parlamenten, verabschiedet. Hierbei geht es um ein Gesetz zur Umsetzung einer EU-Richtlinie. Deshalb sollte die CDU einmal eine Überlegung anstellen: Die CDU/CSU ist die stärkste Fraktion im Bundestag. Sie hat damit auch die stärkste Zustimmung zu diesem Gesetz gegeben.
Jetzt - zu Recht - auf die Probleme hinzuweisen, ist auch ziemlich schlank. Ich weise darauf hin, dass das Land Niedersachsen am 8. Oktober 2015 - vor einem Jahr - eine Stellungnahme abge
geben hat, die genau die Kritikpunkte anspricht, die Sie jetzt aufgreifen. Wir haben nämlich kritisiert - das haben wir auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage dargestellt - und
„deutlich gemacht, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung konkretisiert werden sollte. Ferner wurde die Sorge gegenüber der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass die Kreditvergabe an bestimmte Zielgruppen (junge Familien, Senioren, Men- schen mit stark schwankenden Erwerbsein- kommen) nicht unnötig eingeschränkt werden sollte.“
Leider folgten die Bundesregierung und vor allem auch der Bundestag diesen Bundesratsbeschlüssen nicht. Es geht hierbei um mehr Verbraucherschutz. Es ist richtig, dass wir eine gute Beratung haben.
Wir haben übrigens zusammen mit NordrheinWestfalen auch einen Antrag eingebracht, um die Verbraucher vor einer Abzocke durch Dispozinsen zu schützen. In unserem Koalitionsvertrag heißt es ja, dass die Dispozinsen bei acht Prozentpunkten über dem Nominalzinssatz gedeckelt werden sollen. Auch hierzu haben wir einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht - nach meiner Erinnerung zusammen mit Nordrhein-Westfalen -, um das umzusetzen. Auch das wurde von der Bundesregierung und vor allem auch vom Bundestag nicht aufgegriffen. Wenn es also erhöhte Dispozinsen gibt, können Sie sich gerne bei der CDU/CSUFraktion bedanken, die das dort anscheinend blockiert hat.
Zur Umsetzung: Vom Prinzip her ist es positiv, dass es eine bessere Information und Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher gibt. Aber in der Tat ist Deutschland an vielen Stellen über das Ziel hinausgeschossen. Es gibt dieses Problem für die älteren Menschen, wobei es heißt: Gibt es eine Gewähr, dass der Kreditnehmer den Kredit zurückzahlt? - Dann wird geprüft, ob die Lebenserwartung noch so hoch ist, dass er in beispielsweise 20 Jahren noch lebt. - Das kann es natürlich nicht sein! Man braucht dabei vernünftige Prioritäten.
Wir haben Ihnen übrigens in der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 8. September auch geschildert, dass die Sparkassen in Niedersachsen von einem Rückgang um 12 % beim Zusagevolumen für Wohnimmobilienkredite sprechen. Deshalb gibt es die Probleme.
Ich habe viel Sympathie für die Anträge aus Hessen und Baden-Württemberg. Aber es ist so: Der Bundesrat hat alle diese Forderungen bereits vor einem Jahr erhoben. Es kommt darauf an - vielleicht hat die CDU-Landtagsfraktion einen guten Draht, und der Kollege Siemer bräuchte sich nicht am Justizminister abzuarbeiten, sondern er kann sich vielleicht auch mal an der CDU/CSU-Bundestagsfraktion abarbeiten -, dass wir eine vernünftige Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie erreichen, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unlauterem Geschäftsgebaren dient, die aber auch nicht ältere und jüngere Menschen daran hindert, Kredite für den Wohnungsbau zu erhalten. Wir dürfen nicht durch ein aus der Sicht der Landesregierung nicht so gut formuliertes Gesetz ein Hemmnis erhalten. Vielleicht sollte man jetzt, nach einem Jahr, die Vorschläge der Länder doch einmal ernsthaft prüfen und aufnehmen.
Weitere Wortmeldungen zu diesen verbundenen Tagesordnungspunkten liegen nicht vor, sodass wir zur Ausschussüberweisung kommen.
Federführend soll sich der Ausschuss für Haushalt und Finanzen, mitberatend der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung damit befassen. Angeregt wurde ferner, auch den Unterausschuss „Verbraucherschutz“ zu beteiligen, was der federführende Ausschuss im Einzelnen noch veranlassen kann. Ich gebe das erst einmal erst so zu Protokoll, da ein formaler Antrag auf Überweisung an den Unterausschuss hier nicht vorliegt, sondern nur die Anregung. Aber nach der Geschäftsordnung kann darüber der federführende Ausschuss entscheiden. - Wer diese Ausschussüberweisung unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist ausreichend unterstützt und wird so geschehen.
Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Videoüberwachung ist ein wertvolles Instrument für mehr Sicherheit - Die Landesregierung muss es stärker nutzen und bessere rechtliche Voraussetzungen schaffen! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/6682
Die Einbringung wird nun die Kollegin Angelika Jahns für die CDU-Fraktion vornehmen. Bitte schön, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Videoüberwachung ist politisch höchst umstritten. Die rot-grüne Koalition hat sich bereits zu Beginn der Wahlperiode festgelegt. Im Koalitionsvertrag heißt es:
„Die rot-grüne Koalition wird die von der abgelösten Landesregierung ausgeweitete Videoüberwachung einschränken.“
Die CDU-Fraktion hingegen fordert den Ausbau der Videoüberwachung. Frau Kollegin Modder sagte zu dieser und unseren anderen Forderungen zur Verbesserung der Sicherheit in der Aussprache zur Regierungserklärung am 17. August 2016:
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mehrheit in diesem Land genau das nicht will, meine Damen und Herren.“
Sehr geehrte Frau Kollegin Modder, Sie irren mal wieder. Wir zitieren es auch im Antrag: Mehr als 81 % der Befragten einer Umfrage von InfratestDimap forderten bereits vor den Ereignissen der letzten Silvesternacht mehr Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen.