Protocol of the Session on October 28, 2016

Herr Minister Meyer, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht war die Einführung, die ich vorhin auf die Anfrage gegeben habe, zu kurz.

(Björn Thümler [CDU]: Das wahr- scheinlich auch!)

Als ich zum Thema Gentechnik ausgeführt habe, habe ich erwähnt, was wir zur Thematik dieser neuen Züchtungstechnologien - CRISPR etc. - sagen. Ich habe darauf verwiesen, dass es einen Brief der Umwelt- und Landwirtschaftsstaatssekre

täre der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Hessen - ich glaube, auch Rheinland-Pfalz war dabei -, Bremen etc. an den Bund gibt, in dem sie klar gesagt haben, dass so etwas aus ihrer Sicht dem Gentechnikgesetz und den Gentechnikrichtlinien der EU unterfalle, weil das aus ihrer Sicht Gentechnik sei und deshalb auch den entsprechenden Regeln unterfallen müsse.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ganz ge- nau!)

Die Bundesregierung äußert sich dazu leider noch nicht so eindeutig.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Wie im- mer!)

Die EU-Kommission prüft, worum es sich dabei handelt. Aus meiner Sicht wäre es auch für den ökologischen Landbau sehr gefährlich, wenn man damit sozusagen Gentechnik durch die Hintertür zulassen würde. Im Bundesratsbeschluss haben wir deshalb einen Vorschlag zum Opt-out gemacht. Es gibt die klare Aussage, dass wir keinen Gentechnikanbau wollen. Ich bin sehr froh, dass die SPD-Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche in der Debatte zum Gesetzentwurf von Bundesminister Schmidt, den Sie erwähnt haben und der mit der Bundesumweltministerin noch nicht abgestimmt ist, klar gesagt hat, dass dieser Gesetzentwurf so nicht verabschiedet werden kann und dass das Ziel bundesweite Anbauverbote sein müssen. Sie dagegen wollen diese Gentechnikmethoden jetzt anscheinend zulassen.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Es geht darum, dass das nicht nachweis- bar ist!)

Es geht um die Frage, ob das Gentechnik ist oder nicht. Unsere Position dazu ist ganz klar: Das ist Gentechnik!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich soeben Herr Grupe gemeldet. Bleiben Sie gleich hier vorne! Sie sind schon dran! Das war sozusagen eine Last-minute-Meldung.

(Heiterkeit)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben ausgeführt, dass es Ihr Ziel ist, im Jahr

2025 92 % konventionelle Landwirtschaft in Niedersachsen zu haben. Vor dem Hintergrund, dass das bedeutet, dass Sie dann den Anteil des Biolandbaus auf 8 % verdoppeln müssten, frage ich Sie: Wie begegnen Sie der großen Sorge der Biobetriebe, dass dann das Angebot die Nachfrage deutlich überschreiten kann? Sie haben ja ausgeführt, dass sich der Preis am Milchmarkt für Biobetriebe bei über 40 Cent gehalten hat - was uns sehr freut -, weil die Nachfrage größer als die sehr geringe Produktion war. Wie begegnen Sie der Sorge, dass dann die Preise im Biomarkt sehr stark nachgeben werden?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder ein bisschen Marktwirtschaft - ich habe ja Volkswirtschaft studiert.

Momentan wächst die Nachfrage nach Bioprodukten in Deutschland stärker als das Angebot. Auch im letzten Jahr und im vorletzten Jahr betrug der Mengenzuwachs bei den Biolebensmitteln bei den Verbrauchern 10 bis 11 %. Dieser Zuwachs ist seit Jahren konstant. Es gibt keinen Abbruch dieses Booms. Jedes Jahr werden ungefähr 10 % mehr Bio nachgefragt. Das ist zwar je nach Sparte verschieden, aber eigentlich hat man überall, sowohl bei Biomilch als auch bei Bioeiern oder Biokartoffeln, einen Wachstumstrend. Bei dem einen Lebensmittel ist er mal etwas höher und bei dem anderen mal etwas geringer. Das ist so wie mit dem Dinkel, über den ich vorhin berichtet habe. Dort schwankt der Wert manchmal.

Diesen starken Anstieg um 10 bis 11 % in jedem Jahr gibt es seit Jahren ohne jeglichen Einbruch und unabhängig von Wirtschaftskrisen oder finanziellen Situationen. Obwohl die Fläche des ökologischen Landbaus im vergangenen Jahr in Niedersachsen um 1 200 ha und auch im Bund ganz leicht gestiegen ist, wurde wieder mehr importiert.

Wir sind unterversorgt. Wir sind bei Bioeiern unterversorgt, und wir sind bei Biomilch unterversorgt. Deshalb gibt es aus meiner Sicht ein erhebliches Potenzial, hier mehr Produkte zu erzeugen. Es kann doch nicht sein, dass wir die Biokartoffeln aus Neuseeland, Südamerika oder Südafrika einfliegen

müssen. „Bio“ und „regional“ gehören doch zusammen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Deshalb mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass wir in Niedersachsen ein Überangebot an Bioanbau bekommen. Dafür sind die Pachtpreise nun auch wirklich zu hoch. Das lohnt sich nur bei besonderer Förderung und in besonderen Bereichen. Wir haben bei unseren Bioprodukten aufgrund der guten Kontrollen sogar hohe Exportpotenziale, und auf Kontrollen legen ja viele sehr großen Wert. Von daher mache ich mir nicht so sehr Sorgen darüber, dass der Biomarkt überschwemmt wird, sondern eher darüber, dass wir die Nachfrage nicht bedienen können.

Die Supermärkte, die Handelsunternehmen, die Verarbeiter und die kleinen Bioläden sagen händeringend, sie brauchten mehr Bioprodukte, sie könnten noch viel mehr verkaufen.

Wir müssen die Kette vom Erzeuger bis zum Handel gemeinsam in Einklang bringen. Aber dazu gehört natürlich auch, dass sich ein Supermarkt verpflichtet, die Ernte auch dann zu einem bestimmten Preis abzunehmen, wenn sie einmal nicht so gut ist. Der Handel muss sich auf langfristige Vertragsabschlüsse einlassen, damit die Biobetrieb mehr Planungssicherheit haben. Wir arbeiten mit der Wirtschaft zusammen, damit das funktioniert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es folgt noch einmal Kollege Hermann Grupe.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, weil Sie meine Frage nicht beantwortet haben, versuche ich es mit einer anderen. Sie haben von industrieller Massenproduktion gesprochen und davon, dass Sie im Gegensatz dazu den Biolandbau fördern wollen. Vor dem Hintergrund, dass es auch im Biobereich sehr gut strukturierte große Betriebe mit Zigtausenden von Tieren gibt - die Ihrer Definition von industrieller Massentierhaltung mit Sicherheit entsprechen -, frage ich Sie: Werden Sie diese Biobetriebe mit Ihrer Polemik genauso verfolgen wie die konventionellen Betriebe?

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das mit der Polemik weise ich zurück. Wir wollen in beiden Bereichen die bäuerlichen Familienbetriebe schützen und keine großen anonymen Agrarkonzerne. So steht es im Koalitionsvertrag, und eigentlich dachte ich auch, dass das unser gemeinsames Ziel ist. Selbst das Landvolk grenzt sich in einem Positionspapier von solchen fremd- bzw. investorgesteuerten Betrieben ab. Das gilt für bio genauso wie für konventionell.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe vorhin gesagt, ich mache mir sogar Sorgen, dass die Biobetriebe kleiner werden. Die Anzahl der Betriebe wächst Jahr um Jahr, aber ihre Größe sinkt. Ich meine, wir liegen beim Biobetrieb jetzt zwischen 45 bis 50 ha. Wenn Pachtverträge auslaufen, bietet einer, der Mais für eine Biogasanlage erzeugen will, eben mehr als einer, der Biokartoffeln oder Bioweizen anbauen möchte. Auch da benötigen wir sicherlich ein gesundes Wachstum. Wir benötigen aber auch kleine Betriebe.

Wenn man 3 000 oder 6 000 Legehennen hat, kann man davon leben. Die Bioverordnung enthält Obergrenzen - aus Verbrauchergründen. Diese Obergrenzen sind konsentiert. Danach sollen nicht mehr als 3 000 Biotiere pro Stall gehalten werden. Diese Regeln entsprechen sowohl den Bedürfnissen der Tiere als auch denen der Verbraucher. Viele Verbände haben solche Obergrenzen: Neuland - auch wenn die nicht bio sind -, Bioland, Demeter usw. Die Verbraucher finden diese Grenzen manchmal ziemlich hoch. 3 000 Hühner, 1 000 oder 2 000 Schweine sind aus Sicht des Verbrauchers schon ziemlich viel. Aber aus Sicht des Landwirtes ist es eher Durchschnitt. Das muss man sehen. Aber wie gesagt: Ziel muss immer sein, gerade die kleinen und mittleren Betriebe mitzunehmen.

Im Übrigen, Herr Grupe, haben Sie recht: Die Landwirtschaft wird auch in zehn Jahren noch überwiegend konventionell betrieben werden. Verändern müssen sich beide. Auch im Ökolandbau gibt es Probleme. Jetzt haben wir bei den Kontrollen etwas getan. Darüber beklagen sich einige immer wieder. Diese Kontrollen sorgen aber auch für Wettbewerbsgleichheit und Fairness. Wo „bio“

draufsteht, muss auch „bio“ drin sein. Wir sorgen für Vertrauen und Akzeptanz.

Wir sollten also nicht anfangen, konventionell gegen bio auszuspielen; denn beiden haben eine Chance und eine Perspektive in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Hermann Grupe [FDP]: Das hat er von mir ab- geschrieben! Das geht doch nicht! Der kann doch nicht einfach meine Sätze nachlabern!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Kollege DammannTamke, Sie sind der Nächste. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, ich habe die gleiche Vorlage wie wir alle.

(Hermann Grupe [FDP]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!)

Ich werde nicht auf die Seite 1 eingehen, in der die Geschäftsführerin des KÖN selbst davor warnt, dass der Biomilchmarkt im Moment zu stark aufwächst, sondern ich habe eine Frage bezüglich der Seite 11, und zwar vor dem Hintergrund Ihrer Worte von vorhin, dass man bio nicht gegen konventionell ausspielen solle. Ein wesentlicher Kritikpunkt an der konventionellen Tierhaltung ist ja immer wieder, dass die wesentliche Grundlage der Eiweißversorgung in Form von Soja importiert werden muss. In dem Zusammenhang frage ich Sie: Wie viel Prozent der Eiweißfuttermittel können die niedersächsischen Biobetriebe nach gegenwärtigem Stand selbst erzeugen? - Die Antwort ist für uns deshalb besonders interessant, weil Sie während der Beantwortung dieser Frage mehrmals auf den Punkt der Regionalität hingewiesen haben.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Herr Minister Meyer, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort steht auf Seite 11. Unter „Engpass Eiweiß“ heißt es:

„Hätte man die Eiweißfuttermittel 2015“

- für den Biolandbau -

„vollständig in Niedersachsen erzeugen müssen, wären rechnerisch 2 500 ha Ackerbohnen, 3 500 ha Erbsen, 6 000 ha Soja sowie 10 000 ha Ölpflanzen wie Raps oder Sonnenblumen nötig gewesen. Angebaut wurden: 1 121 ha Ackerbohnen, 1 231 ha Erbsen, 259 ha Soja, dazu 168 ha Raps und 25 ha Sonnenblumen.“

Bei Sonnenblumen ist übrigens noch Luft nach oben.