Protocol of the Session on October 26, 2016

Die Welt schreibt am 15. Oktober: „Schäuble zahlt und bekommt mehr Kontrolle“.

Das ist das Ergebnis, das Sie erzielt haben, Herr Ministerpräsident. Es ist schade, dass Sie das hier nicht eingestehen und dass Sie dieses schlechte Ergebnis, das Sie erreicht haben, nicht wenigstens etwas detaillierter, mit etwas weniger Begeisterung, sondern mit etwas mehr selbstkritischen Tönen vorgetragen haben.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie schon nicht ordentlich aushandeln können und wenn Sie schon mit diesem schlechten Ergebnis wiederkommen, dann machen Sie es wenigstens so, wie es Ihr Finanzminister macht: Geben Sie zu, dass das ein Ausverkauf der Länderinteressen ist! Dann könnten Sie aufrechten Hauptes vor dieses Parlament treten und dieses schlechte Ergebnis verkünden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist kein Erfolg, sondern das ist und bleibt ein Misserfolg, den Sie nicht schönreden können.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. - Es folgt jetzt für die Fraktion der SPD deren Vorsitzende, die Abgeordnete Johanne Modder. Frau Modder, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hilbers, ich habe eine herzliche Bitte an Sie: Wenn Sie in den nächsten

Tagen einmal ein bisschen Ruhe finden, dann sollten Sie Ihre Rede noch einmal durchgehen.

(Jörg Bode [FDP]: Weil sie so gut war, nicht wahr?)

Dann werden Sie nämlich feststellen: Wenn Sie das alles umsetzen wollten, wenn Sie denn irgendwann einmal Verhandlungsführer bei irgendetwas wären, dann hätten Sie gar nichts, überhaupt nichts erreicht. Sie haben sich in Ihrer Rede, glaube ich, fünfmal widersprochen.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Nein, da liegen Sie falsch! - Jörg Bode [FDP]: Wo denn?)

Das müssen Sie sich in aller Ruhe noch einmal durchlesen. Ich komme gleich anhand einiger Beispiele dazu.

Meine Damen und Herren, die vor mehr als einer Woche, nämlich am 13. und 14. Oktober, erzielte Einigung zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und dem Bundesfinanzminister markiert aus meiner Sicht einen Meilenstein in den Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern.

(Björn Thümler [CDU]: Das stimmt! Ein Meilenstein ist das! Das ist wahr!)

Der Druck auf alle an den Verhandlungen Beteiligten war enorm hoch, weil klar war, dass alle unbedingt eine Einigung in dieser Angelegenheit erzielen wollten und mussten.

Meine Damen und Herren, man muss sich die Situation, in der diese Verhandlungen geführt wurden, einmal vor Augen führen:

Die sogenannten Geberländer Bayern und Hessen waren fest entschlossen, ihre Klage gegen den Länderfinanzausgleich bei einer ausbleibenden Einigung bis zum Ende durchzufechten. Finanzschwache Länder, wie z. B. Bremen und das Saarland, fürchteten angesichts dieser Klage tatsächlich um ihre Existenz. Darüber hinaus sorgte das drohende Auslaufen des Solidarpaktes für große Verunsicherung in den neuen Bundesländern. Dort bangte man ebenfalls um die Handlungsfähigkeit.

Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches wehrte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit Händen und Füßen gegen eine höhere Zahlung an die Länder, obwohl diese mit immer mehr Aufgaben konfrontiert werden.

Sie wissen: Grundlage dieses Kompromisses ist der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember letzten Jahres.

Wenn man in diese ohnehin schon schwierige Gemengelage noch mit einbezieht, dass die Schuldenbremse in den Ländern ab dem Jahr 2020 in Kraft treten wird, zeigt sich sehr deutlich, vor welchen gewaltigen Herausforderungen die Verhandlungspartner - 16 Bundesländer und die Bundesebene - standen.

Herr Hilbers, hier so zu tun, als sei der Kompromiss „mal eben so“ zu erreichen gewesen, zeigt mir, dass Sie nicht im Entferntesten eine Ahnung davon haben, unter welchen Bedingungen diese Verhandlungen geführt wurden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Noch ein weiteres Beispiel, Herr Hilbers: Das von Ihnen geforderte Steuerheberecht der Länder hätte genau das bewirkt, was alle nicht wollten. So hätten sich nämlich die Stärken und Schwächen der Länder, die Ungleichheiten weiter verschärft. Das ist genau das, was man im Grundgesetz nicht wollte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das nennt man Wettbewerbsföderalis- mus!)

Dank der soliden und vorausschauenden Haushaltspolitik unserer Landesregierung und unseres Finanzministers Peter-Jürgen Schneider sind wir in Niedersachsen in einer vergleichsweise komfortablen Situation.

(Jörg Bode [FDP]: Wie bitte?)

Mit dem vorgelegten Entwurf des Doppelhaushalts 2017/2018 erreichen wir die schwarze Null weit vor dem Inkrafttreten der Schuldenbremse.

(Christian Dürr [FDP]: Anstrengungs- los ist das!)

Wir erreichen sie trotz der deutlichen Mehrausgaben, die durch die Flüchtlingsströme auf uns zugekommen sind. Wir erreichen sie, obwohl wir mehr Investitionen in die Bildung, in die Infrastruktur und in die Zukunftsfähigkeit des Landes geben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Wirtschaft in Niedersachsen floriert, und die Steuereinnahmen steigen. Niedersachsen hat die

niedrigste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung.

Dies alles ist jedoch kein Zufall und keine glückliche Fügung, meine Damen und Herren, sondern das ist das Ergebnis harter und erfolgreicher Arbeit dieser rot-grünen Landesregierung und der sie tragenden Landtagsfraktionen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist aber neu! Da muss selbst die Red- nerin lächeln!)

Vor diesem Hintergrund befand sich Niedersachsen in den Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen in einer vergleichsweise komfortablen, aber gleichzeitig auch in einer sehr gefährlichen Situation.

Während andere Länder aufgrund der eben vorgestellten Ausgangslage klar definierte Sonderinteressen verfolgten, um ihre finanzielle Handlungsfähigkeit zu erhalten, musste es für uns darum gehen, bei allen diesen widerstreitenden Interessen nicht unter die sprichwörtlichen Räder zu geraten.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Aber genau das ist passiert!)

Meine Damen und Herren, mit dieser Herausforderung konfrontiert, hat unser Ministerpräsident einen hervorragenden Job gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Er hat versagt! - Christian Dürr [FDP]: Er hat gar nichts gemacht!)

Niedersachsen wird von diesem ausgehandelten Kompromiss massiv profitieren, und zwar mit 600 Millionen Euro, die wir ab 2020 jährlich mehr erhalten werden als bisher. Das sind jährlich netto rund 400 Millionen Euro - der Herr Ministerpräsident hat dies ausgeführt -, wenn man die sogenannten Entflechtungsmittel abrechnet. Diese waren allerdings bis 2019 befristet und werden nun fortgeführt. Das ist ein weiterer Erfolg, wie ich finde, der sich sehen lassen kann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Außerdem wird der Forschungsstandort Niedersachsen von der beschlossenen Forschungs-Bundesergänzungszuweisung mit insgesamt 62 Millionen Euro profitieren.

Die Förderabgabe für Erdöl und Erdgas wird nicht mehr mit 100 %, sondern nur noch mit 33 % in die Finanzkraftberechnung einbezogen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, der uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ganz besonders am Herzen lag, ist zudem die teilweise Aufhebung des, wie wir finden, unsinnigen Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern im Bereich der Investitionen in die Bildung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Durch die getroffene Vereinbarung wird es endlich möglich, dass der Bund die dringend benötigten Mittel für die Sanierung und den Neubau der Schulgebäude in den Kommunen bereitstellen kann.

Meine Damen und Herren, die sicherlich schwierige Einigung sichert langfristig die Existenz der finanzschwächeren Bundesländer und entlastet gleichzeitig die Geberländer durch massiv erhöhte Zahlungen des Bundes. Das ist angesichts der komplizierten Ausgangslage ein gewaltiger Erfolg für die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland,

(Ulf Thiele [CDU]: Ganz sicher nicht!)

aber auch für das Land Niedersachsen. Ich widerspreche ganz eindeutig dem hier heute Morgen schon zitierten Interview, in dem sich Herr Busemann positioniert hat.