Protocol of the Session on September 14, 2016

(Anhaltende Unruhe)

- Wir haben Zeit, Frau Kollegin.

Vielen Dank. - Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle, die wir hier sitzen, haben in den letzten Wochen in unseren Wahlkreisen sehr häufig an Wahlkampfveranstaltungen teilgenommen und dabei sehr viele Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern in Niedersachsen geführt.

Wie erwartet, war eines der beherrschenden Themen und wahrscheinlich das beherrschende Thema die Flüchtlingspolitik. Sehr viele Menschen sind in großer Sorge, ob die Integration der vielen

Flüchtlinge wohl gelingen wird, ob die Teilhabe in unserer Gesellschaft problemlos möglich sein wird. Viele Menschen fragen sich, wie wir zukünftig in unserem Land miteinander leben wollen.

Glücklicherweise sind die meisten dieser Menschen dazu bereit, ihren Teil dazu beizutragen, dass Teilhabe und Integration gelingen. Das wird jedoch nicht funktionieren, wenn nicht alles getan wird, um auch den Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, ihren Teil zur Integration beizutragen. Sie benötigen umfassende, strukturierte und zielgerichtete Integrationsangebote, um in allen Bereichen - sozial, politisch, kulturell und natürlich auch ökonomisch - partizipieren zu können.

Das Angebot dieser integrationsbegleitenden Maßnahmen muss z. B. differenzierte Sprachkurse, Fortbildungskurse, Betriebspraktika, Maßnahmen zur kulturellen Integration und sehr viel mehr beinhalten.

(Beifall bei der CDU)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir sind der festen Überzeugung, dass dies am besten in Integrationszentren in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten gelingen wird. Dort können, kommunal verortet, auf kurzem Wege die wichtigsten Akteure wie Verwaltung, Jobcenter, Bildungseinrichtungen oder Arbeitgeberverbände vernetzt werden. Dort hätten wir ein umfassendes Angebot gezielter Fördermaßnahmen an einem Ort.

(Beifall bei der CDU)

Dort könnten die in einem Integrationsvertrag festgehaltenen einzelnen Integrationsschritte abgestimmt und koordiniert werden, und wir hätten landesweit einheitliche Rahmenbedingungen, Verbindlichkeit und Rechtssicherheit für alle Seiten.

Meine Damen und Herren, all dies muss natürlich finanziert werden. Wir alle wissen: Bedauerlicherweise sind die Ressourcen begrenzt. Deshalb müssen diese begrenzten Ressourcen für die wichtige Aufgabe der Integration sinnvoll eingesetzt werden.

Die oben genannten Maßnahmen zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten können natürlich nur von anerkannten Asylbewerbern und Menschen mit guter Bleibeperspektive in Anspruch genommen werden.

(Beifall bei der CDU)

Es ist weder personell noch finanziell möglich, Integrationsangebote für all die Menschen anzubieten, die irgendwie nach Niedersachsen gelangt sind unabhängig davon, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht.

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Polat zu?

Das würde im Übrigen auch den Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zuwiderlaufen, die ganz klar aufzeigen, dass die Menschen nach einem abgelehnten Asylantrag konsequent wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen sind.

(Beifall bei der CDU)

Das sieht übrigens auch die niedersächsische Migrationsbeauftrage, unsere Kollegin Doris Schröder-Köpf, so. Sie sagte am 28. Juli im Rundblick, Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, die aus sicheren Herkunftsstaaten kommen, sollten nicht an die Kommunen verteilt werden. Stattdessen schlägt sie vor, sie in Landeswohnheimen unterzubringen und damit später eine Rückführung leichter möglich zu machen.

(Zuruf von der CDU: Guter Vorschlag!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie haben in den Ausschussberatungen unseren Gesetzentwurf stets abgelehnt. Ich fürchte, Sie werden das auch heute tun. Ich kann nur mein Bedauern darüber ausdrücken; denn gesetzlich geregelte, einheitliche Rahmenbedingungen für die Integration wären sehr hilfreich.

Das ist übrigens auch die Auffassung ganz vieler Verbände, die wir angehört haben. Da sagt die IHK: ein geeignetes Instrument, sehr zielführend. - Da sagt das Katholische Büro: sehr hilfreich. - Auch vom Roten Kreuz wird es ausdrücklich als sehr zielführend begrüßt. Der vdw - der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft - sagt: ein sinnvoller Ansatz. - Sie sehen also, die CDUFraktion steht hier wahrhaft nicht allein.

Ich kann nur sagen, meine Damen und Herren: Mit Ihrer Verweigerungshaltung errichten Sie ein großes Hindernis auf dem Weg zu einer erfolgreichen Integration.

Ich kann Sie hier und jetzt nur noch einmal darum bitten: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es gibt auf Sie nun eine Kurzintervention der Kollegin Polat. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Joumaah, ich war ein bisschen irritiert. Wir hatten hier mehrfach Debatten, die insbesondere 2014 mit einem Entschließungsantrag der CDU-Fraktion zur Initiierung von Sprachkursen im Erwachsenenbildungsbereich anfingen. Herr Hillmer hat dazu geredet. Wir haben öfter die Auseinandersetzung vor dem Hintergrund gesucht, wer denn Zugang zu diesen Sprachkursen hat. Wir haben die Position vertreten, dass die Integrations- und Sprachkurse auf Bundesebene geöffnet werden müssen, weil die Leute nämlich im Durchschnitt ein Jahr, zwei Jahre oder bestimmte Nationalitäten fünf Jahre auf ihren Asylbescheid warten, sodass die Kommunen anfingen, die Sprachkurse mit eigenen Mitteln zu kompensieren. Sie haben dazu aufgefordert, dass das Land einspringt. Wir haben gesagt: Der Bund muss in die Pflicht genommen werden. - Dann wurden die Sprachkurse für Personen mit Bleibeperspektive geöffnet.

(Jörg Hillmer [CDU]: Das ist schon zwei Jahre her!)

Die Position der CDU-Fraktion war weiterhin: Die Mittel für Sprachkurse des Landes sollen, wie es auch die Position der Landesregierung ist, für alle geöffnet sein. Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass das nicht mehr so sein soll?

Diese Landesregierung nimmt 20 Millionen Euro in die Hand, weil der Bund, insbesondere das BAMF, es nicht gebacken bekommt, Asylanträge rechtzeitig zu bescheiden. Die Einhaltung der Frist von drei Monaten steht noch aus. Der Durchschnitt beträgt weit über ein Jahr. Die Personen mit Bleibeperspektive, Frau Joumaah, beispielsweise Afghanen, beispielsweise Somalier, beispielsweise Sudanesen, die in Niedersachsen leben, profitieren jetzt von den 20 Millionen Euro, profitieren von den Sprachkursen, die flächendeckend stattfinden und stattfinden werden. Ich wundere mich, dass Sie von dieser Position abrücken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es antwortet auf Sie Herr Kollege Hillmer. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Polat, Sie können ja unseren Antrag von damals nachlesen. In der Tat: Wir haben darin keine Unterscheidung vorgenommen, dass wir zwischen Menschen unterscheiden, die eine Bleibeperspektive haben oder nicht. Wir wollten Sprachkurse für jeden, weil es für jeden, der nach Niedersachsen kommt, natürlich schwierig ist, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden, wenn ihm die Sprache fremd bleibt. Dem wollten wir abhelfen. Schon vor zwei Jahren, wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie allerdings dagegen gestimmt. Und das ist das eigentliche Problem.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben damals gesagt: Das soll der Bund machen. - Wir haben Ihnen damals gesagt - das haben wir Ihnen mehrfach vorgeschlagen; wir haben das auch in den Haushaltsberatungen gemacht -, dass das Land originär zuständig ist.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Was ist denn Ih- re aktuelle Position?)

- Die aktuelle Position ist genau so, wie sie in dem Antrag beschrieben ist. Sonst hätte ich jetzt nicht darauf verwiesen. Die aktuelle Position ist, dass das Land Niedersachsen das, was der Bund offenlässt, auffüllen kann. Wir nehmen das, was der Bund macht, gerne in Anspruch; das ist uns sehr willkommen. Aber das, was dann noch offenbleibt, kann und soll das Land auffüllen.

Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Wir fahren nun fort. Für die SPDFraktion hat das Wort Herr Kollege Dr. Pantazis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Joumaah, wir hatten ja den Gesetzentwurf schon am 17. Dezember letzten Jahres im Plenum erstmalig beraten. Bereits seinerzeit hatte ich erläutert, dass entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung unsere Migrationspolitik, die wir seit dem Regierungswechsel als

Querschnittsaufgabe definieren und der die Arbeit in allen Ressorts der Landesregierung untergeordnet ist, im Prinzip einer teilhabeorientierten Migrationspolitik folgt.

Trotz des erfolgten Anstiegs der Zuwanderung seit September letzten Jahres und der Herausforderungen, denen wir uns gegenüberstanden - wir mussten zunächst einmal Obdachlosigkeit verhindern und dementsprechend eine Unterbringung gewährleisten; jetzt steht natürlich die große Herausforderung der Integration vor uns -, folgt unsere Politik weiterhin genau der Maxime der teilhabeorientierten Migrationspolitik.

Landesseitig verfolgen wir dieses Ziel, indem wir ein flächendeckendes - darin liegt genau der Unterschied -, lokales, also dezentrales, Migrations- und Teilhabemanagement etabliert haben. Ausgehend von den weiterentwickelten Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe, also als Nukleus einer solchen Politik, einer solchen Strategie, ist zunächst einmal unsere feste Überzeugung, dass Dezentralität Teilhabe begünstigt. Deswegen ist das völlig konträr zu dem, was Sie hier gerade in dieser Hinsicht dargestellt haben. Unabhängig davon, ob es sich um die Unterbringung, die Vermittlung von Arbeitsangeboten oder das Erlernen der deutschen Sprache handelt: Auch da sind wir der Ansicht, dass Dezentralität in dieser Hinsicht die Integration im Gegensatz zur Zentralisierung deutlich fördert.

Wenn man sich einmal die sogenannten Landesprogramme zur Sprache anguckt, dann müsste man, so finde ich, die Geschichte schon zu Ende erzählen. Dabei kommt es immer darauf an, wie man das Ganze ursprünglich gegenfinanzieren wollte. Herr Hillmer hat gerade unterlassen, dies zu tun, weil nämlich die Gegenfinanzierungsstrategie so ausschaute, die entsprechenden Haushaltsbereiche für Migration und Teilhabe respektive die Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe im Einzelplan 05 gänzlich zu streichen.

(Widerspruch bei der CDU - Jörg Hillmer [CDU]: Das war das Märchen, das Sie sich damals ausgedacht ha- ben! Das stimmte schon damals nicht!)

- Das war so. Das war die Gegenfinanzierungsstrategie. Seinerzeit sollte zum Teil sogar noch der studentische Wohnungsbau zur Gegenfinanzierung herangezogen werden.

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])