Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Der letzte Redner zu einem solchen Thema an einem Freitag zu fortgeschrittener Zeit sollte nichts wiederholen, was bereits zutreffend gesagt wurde.
Lieber Belit Onay, ich kann nicht stehenlassen, dass im Rahmen juristischer Prüfungen Diskriminierung stattfinde. Für unser - wie die Kollegin Wahlmann gesagt hat - hervorragendes Rechtssystem - das schließt das Landesjustizprüfungsamt und alle Prüfer mit ein -, für alle diese Menschen nehme ich in Anspruch, dass hier nicht diskriminiert wird im Hinblick auf Nachnamen und Ähnliches. Das möchte ich im Rahmen der Anhörung bewiesen haben. Das kann so nicht stehen bleiben. Dazu also deutlicher Widerspruch.
Die Überschrift dieses Antrages „Das Rechtsreferendariat praxisnah und familienfreundlich gestalten“ kann eigentlich nur jeder unterstreichen. Aber der Teufel steckt im Detail. Wir haben, wenn man die Juristenausbildung in Europa und international vergleicht, ein hervorragendes System, das sich bewährt hat; erneut Zustimmung, Frau Kollegin Wahlmann. Seit Jahrzehnten wird immer wieder einmal darüber nachgedacht, die Juristenausbildung in Deutschland grundlegend zu reformieren. Ich finde, es ist gut, und dass trotz unterschiedlicher Mehrheiten auf Bundes- und Länderebenen an dem klassischen System der Juristenausbildung festgehalten wurde, zeigt doch, dass das ein sehr, sehr gutes System ist.
Aber jetzt kommt meine Sorge, kommen meine Bedenken. Ich bin der Meinung, dass wir bei allen Veränderungen genau hingucken müssten, ob für Veränderungen überhaupt ein Bedarf besteht und ob das, was an Veränderungen angedacht wird, für die betroffenen Personen überhaupt nützlich ist und ob es machbar ist.
Ich habe als Praktiker versucht, mich im Vorfeld des heutigen Tages ein bisschen schlauzumachen. Ich habe mit Ausbildern telefoniert, die Referendararbeitsgemeinschaften führen. Ich habe versucht, mit Menschen vom Landesjustizprüfungsamt zu sprechen und genauso mit Menschen, die bei den OLGen für das Referendarwesen verantwortlich sind.
Es gibt natürlich - aber das schon seit Generationen - die Situation, dass junge, intelligente, tüchtige Frauen die berufliche Entwicklung im Rechtsre
ferendariat und die Mutterrolle in Einklang bringen müssen. Dafür sind schon in der Vergangenheit, auch ohne ein Teilzeitreferendariat, immer Lösungen gefunden worden - durch sensibles Miteinander zwischen Ausbildern, Arbeitsgemeinschaftsleitern und den entsprechenden Personen.
Meine Damen, die Frauen, die diesen harten Durchgang geschafft haben - die Mutterrolle und auch das Referendariat nebeneinander zu managen -, die sind in der Regel besser als die meisten anderen, vielfach auch als junge Männer, weil sie gelernt haben, sich hervorragend zu organisieren, was ihnen später in dem juristischen Beruf geholfen hat.
Jetzt zu der Frage, ob das den Frauen wirklich nützt. Ich habe Stimmen von Arbeitsgemeinschaftsleitern gehört, die gesagt haben: Aus zwei Jahren vier Jahre zu machen, wird dem vernünftigen Streben, ein gutes zweites Staatsexamen hinlegen zu können, nichts nützen. - Denken wir beispielsweise an die Arbeitsgemeinschaften! Wenn Arbeitsgemeinschaften im Rahmen eines regulären Zweijahresreferendariates die Regel sind und es nur wenige gibt, die sozusagen den gleichen Stoff in der doppelten Zeit absolvieren wollen, dann müsste beispielsweise eine junge Frau aus Oldenburg nach Hannover kommen, genauso jemand aus Goslar oder von sonst woher. Das heißt, die Wegezeiten zu solchen speziellen Arbeitsgemeinschaften wären erheblich und würden den Zweck, nämlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, konterkarieren.
Ist das machbar? - Sie wissen aus der Vergangenheit: Mein Anliegen ist es, dass wir die Justiz stärken und bei den begrenzten Ressourcen und ohnehin hohen Belastungen nicht noch weiter belasten. Die Ausbilder und die Arbeitsgemeinschaftsleiter haben schon jetzt ein strammes Programm. Je mehr wir die Dinge auch noch über eine Teilzeitregelung verkomplizieren, umso mehr laden wir Arbeit bei Mitgliedern der Justiz ab, die dann Arbeit im Übermaß ist und die nicht der qualitativen Verbesserung der Referendarausbildung dient.
Herr Winkelmann, ich möchte Sie unterbrechen. Herr Kollege Saipa möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.
Vielen Dank. - Herr Kollege Winkelmann, Sie reden die ganze Zeit nur von Frauen. Ist Ihnen vielleicht schon einmal untergekommen, dass es auch Männer betreffen könnte, oder wie antiquiert ist Ihr Familienbild?
Herr Kollege Saipa, ich danke Ihnen für diese Frage. Ich habe mein Referendariat abgewickelt. Ich war zuerst Landwirt. Ich war Vater dreier Kinder, und ich war ein sehr engagierter Vater. Ich habe meine Frau in vielen Bereichen entlastet. Ich kann Ihnen sagen: Auch männliche Rechtsreferendare haben in Abhängigkeit vom Familienstand das Problem, die Dinge unter einen Hut zu bringen. Mein hoher Respekt vor den Frauen! Der Grund, aus dem ich hier vermehrt auf unsere leistungsstarken Frauen eingehe, ist, weil die Frauen nun einmal das Privileg der Gebärfähigkeit haben
Noch etwas, Herr Kollege Saipa: Ich bin Vater dreier intelligenter junger Frauen. Eine davon muss im Moment die Endphase ihrer Schwangerschaft, die Arbeit an einer laufenden Promotion und die Facharztausbildung zur Gynäkologin irgendwie unter einen Hut bringen. Ich kann also aus eigener familiärer Erfahrung am Beispiel dieser einen Tochter sehr gut nachvollziehen, was junge Frauen leisten müssen.
Um eines klarzustellen: Diese Gesellschaft braucht Kinder von solchen jungen starken Frauen - ganz gleich in welchen Berufen -, auch im Bereich der Juristinnen.
Es ist bereits ein Kabinettsbeschluss ergangen. Das heißt, wir werden uns mit dem Thema im Ausschuss befassen. Ich bin gespannt auf die Diskussionen, die wir dort haben.
Ich halte es für unverzichtbar, dass wir Anhörungen durchführen. Ich bitte darum, dass wir Praktiker, nämlich Ausbilder, Arbeitsgemeinschaftsleiter, Personen, die in der Verwaltung der OLGen mit dem Thema Referendarausbildung zu tun haben, anhören, gerne auch die eine oder andere Referendarin. Ich weiß vom OLG Celle, dass es da den Antrag einer dreifachen Mutter gibt, die beantragt hat, dass man ihr ein Teilzeitreferendariat ermöglichen möge, was gesetzlich noch nicht möglich ist.
Soft Skills selbstverständlich. Juristen müssen geistig nicht nur Kümmel spalten können, sie brauchen auch noch Befähigungen, die das juristische Wissen ergänzen, damit sie überhaupt für die Praxis tauglich sind.
- Kurzintervention, natürlich. Bitte! Darauf habe ich auch quasi bei dem einen Einwand gewartet. Bitte schön!
Ich kann Ihren Einwand zu Beginn Ihrer Ausführungen nicht so stehen lassen. Sie haben recht: Natürlich haben die zu prüfenden Personen einen Anspruch auf rechtliche Gleichbehandlung im Rahmen ihrer Prüfung. Genau diesen Anspruch müssen wir garantieren und durchsetzen. Ich möchte Ihnen widersprechen, wenn Sie davon reden, dass es keine Diskriminierung gebe. Herr Traxler von der Hertie School of Governance ist in dem von mir eben erwähnten Artikel im SpiegelOnline mit folgenden Satz zitiert: Frauen schneiden bei gleichen Leistungen und Voraussetzungen im Examen knapp 10 % schlechter ab.
Das müsste auch Sie persönlich als Vater von drei Töchtern umtreiben. Dieses Themas müssen wir uns annehmen. Wir müssen schauen, ob es solche Diskriminierungssituationen geben kann, wo Schwierigkeiten auftreten und in welchen Fällen sie greifen. Da kann es meines Erachtens keine Tabus über Diskussionen geben. Sie können sich ja noch einmal zu Wort melden. Wir müssen offen darüber diskutieren dürfen.
Wir möchten prüfen, ob es die Möglichkeit zu einem Teilzeitreferendariat geben kann. Die Wahl müssen natürlich die davon betroffenen Personen treffen können. Ich möchte auch noch einmal in Erinnerung rufen, dass es ein solches Teilzeitmodell im Lehramtsbereich bereits gibt.
Eine ganz kurze Antwort: Herr Kollege Onay, wir beide wissen, dass Klausuren, die den Prüfern vorgelegt werden, anonymisiert sind.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Optimierung der Juristenausbildung ist ein wesentliches Ziel der Landesregierung und deswegen auch Gegenstand des Koalitionsvertrages. Nach einem ausführlichen und konstruktiven Diskussionsprozess mit allen Verantwortlichen haben wir eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Qualitätssteigerung des juristischen Vorbereitungsdienstes umgesetzt. Ich freue mich sehr, dass das Eingang in den Entschließungsantrag gefunden hat. Vielen Dank dafür.
Aber wir wollen noch mehr erreichen. Zum einen agieren wir gemeinsam mit Brandenburg bundesweit als Vorreiter mit einer Bundesratsinitiative zur Änderung des deutschen Richtergesetzes, um auch im Referendariat die Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung zu verbessern. Wir wollen das durch eine Öffnungsklausel erreichen, die es den