Die Einsetzung nach der Wiederwahl von Frau Professor Dienel ist zum 1. Januar 2017 geplant. Sie ist aber in meinem Hause im Moment formal auch noch nicht abgearbeitet bzw. beschieden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass das kritisierte Seminar inzwischen eingestellt worden ist und dass es nur noch um Rechthaberei ex post gehen kann, frage ich die Landesregierung: Welchen konkreten Auftrag hat das Gutachten an die TU Berlin?
Lieber Herr Hillmer, dieses Gutachten hat den Auftrag, die Frage, ob der Antisemitismus-Vorwurf berechtigt ist, tatsächlich zu klären und dazu nicht nur die Seminarunterlagen zu sichten, die der Amadeu Antonio Stiftung als Grundlage vorlagen, sondern auch die gesamten Unterlagen zu würdigen und vor allen Dingen auch die tatsächlichen Abläufe im Seminar, d. h. die pädagogischdidaktische Aufbereitung der Materialien, zu untersuchen.
Zu dieser Dringlichen Anfrage liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen vor, sodass wir zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen können:
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit drei Wochen berichten verschiedene Medien über die „Versetzungsserie“ bei der Polizei. Erst musste der Wolfsburger Polizeichef die Leitung der Polizeiinspektion Wolfsburg abgeben, dann wurde bekannt, dass auch gegen den Braunschweiger Polizeipräsidenten Michael Pientka ein Disziplinarverfahren läuft. Hinzu kommt, dass die Chefin der Wolfsburger Kriminalpolizei in das Innenministerium versetzt wurde. Über mögliche Zusammenhänge wollte dieses zunächst jedoch keinen Kommentar abgegeben. Das Ministerium wies darauf hin, dass mögliche Fehlverhalten der beiden Polizeichefs durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig überprüft würden.
Am 5. August 2016 meldete sich dann Polizeipräsident Pientka öffentlich zu Wort und äußerte sich zu den Vorwürfen. Unter anderem entschuldigte er sich und räumte Fehler ein. Der NDR zitierte ihn am 5. August 2016 wie folgt: „Mit den mir heute vorliegenden Erkenntnissen hätte ich bereits am 8. Juni zu einer anderen Bewertung kommen, ein Disziplinarverfahren einleiten sowie Herrn P.... vorübergehend von seiner Aufgabe freistellen müssen.“
Der Rundblick berichtet, dass Pientka stattdessen dem Wolfsburger Polizeichef im Vorfeld einer möglichen Beförderung eine positive Beurteilung ausgestellt habe.
Der Anwalt des Wolfsburger Polizeichefs kritisierte die Aussagen des Polizeipräsidenten Pientka. Der NDR schreibt: „Besonders scharf kritisiert der Jurist Polizeipräsident Pientka: Durch die von ihm abgehaltene Pressekonferenz habe eine öffentliche Vorverurteilung … stattgefunden.“
Ebenfalls deutet einiges darauf hin, dass Herr Pientka die Pressekonferenz auf Wunsch des Innenministeriums abgehalten habe, so die HAZ am 12. August 2016.
Ebenfalls heißt es in dem Artikel weiter, dass am 11. August 2016 das Innenministerium in einer Unterrichtung des Innenausschusses die Vorwürfe gegen den Wolfsburger Polizeichef bestätigt haben soll. In der entsprechenden dpa-Meldung heißt es weiter: „Wie Manke sagte, habe es eine Fehleinschätzung des Polizeipräsidenten gegeben. Er habe schon Anfang Juni - damals erfuhr er von den Vorwürfen gegen P. … - anders handeln und ein Disziplinarverfahren einleiten und den Inspekti
onsleiter umsetzen müssen. Die Kripo-Chefin habe Pientka in ihrem Amt belassen müssen, statt sie auf eigenen Wunsch zu versetzen.“
1. Zu welchem Zeitpunkt hat Minister Pistorius in welcher Form Kontakt zu Polizeipräsident Pientka gehabt, seitdem das Innenministerium über die fraglichen Vorgänge informiert war?
2. Sind der Landesregierung die Umstände bekannt, die dazu geführt haben, dass Herr Pientka in seinem Statement angegeben hat, dass er bereits am 8. Juni hätte handeln können, und, wenn ja, welche sind dies?
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Die Antwort der Landesregierung wird vermittelt von Herrn Innenminister Pistorius. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zunächst darauf hinweisen, dass am letzten Donnerstag, am 11. August, also vor genau einer Woche, die Landesregierung durch Herrn Staatssekretär Manke den Ausschuss für Inneres und Sport in vertraulicher Sitzung zu den Vorgängen in der Polizeiinspektion in Wolfsburg/Helmstedt bzw. in der Polizeidirektion Braunschweig umfänglich und sehr ausführlich unterrichtet hat. In vertraulicher Sitzung deshalb, um auf der einen Seite dem parlamentarischen Auskunftsanspruch der Abgeordneten gerecht zu werden, und um auf der anderen Seite die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten zu wahren. Sie werden deshalb sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich hier im Plenum nur in sich daraus ergebenden Grenzen dazu Stellung nehmen kann.
Mit großer Verärgerung habe ich allerdings im Übrigen zur Kenntnis nehmen müssen, dass nicht wenige Details der vertraulichen Ausschussunterrichtung in die Öffentlichkeit gelangt sind und am Folgetag der Berichterstattung zu entnehmen waren, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich aber zunächst die Abläufe in meinem Haus schildern, um deutlich zu machen, wie ernst wir von Anfang an die Geschehnisse in der Polizeiinspektion Wolfsburg bzw. der PD Braunschweig genommen haben und mit welch hoher Priorität sie bearbeitet wurden.
Am 26. Juli 2016 erhielt das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport - das Landespolizeipräsidium - Kenntnis über mögliche Pflichtverletzungen in der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt und der Polizeidirektion Braunschweig.
Am 27. Juli, also einen Tag später, wurde gegen den Leiter der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt durch das Innenministerium ein Disziplinarverfahren eingeleitet und diesem bekannt gegeben.
Am 28. Juli, also am Folgetag, wurde durch das Innenministerium gegen den Präsidenten der Polizeidirektion Braunschweig ein Disziplinarverfahren eingeleitet und diesem am 29. Juli bekannt gegeben. Ebenfalls am 28. Juli wurde der Sachverhalt an die zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig zur rechtlichen Würdigung übermittelt, ausdrücklich nicht mit der Verwendung des Begriffs „Strafanzeige“.
Am 1. August 2016 fand im Innenministerium unter Leitung des Staatssekretärs mit dem Braunschweiger Polizeipräsidenten sowie dem zuständigen Abteilungs- und Referatsleiter ein Gespräch statt. Dabei wurde der Polizeipräsident zu dem im Ministerium bis dahin bekannten Sachverhalt angehört und befragt.
Am 4. August habe ich dann zusammen mit dem Staatssekretär ein Gespräch mit dem Braunschweiger Polizeipräsidenten geführt, um mir ein persönliches Bild zu machen. Hierbei räumte dieser ein, die Vorgänge in der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt insgesamt falsch eingeschätzt zu haben. Er legte dar, dass er bereits am 8. Juni, als er von der betroffenen Mitarbeiterin zum ersten Mal informiert worden sei, zu ihrem Schutz hätte anders handeln müssen. Richtig wäre es demnach gewesen, so der Polizeipräsident nach dem Gespräch mit dem PI-Leiter, nicht die betroffene Mitarbeiterin, sondern den PI-Leiter umzusetzen und ein Disziplinarverfahren gegen diesen einzuleiten, um den Sachverhalt aufzuklären.
In dem Gespräch am 4. August ist man gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen eines persönlichen Briefes, aber eben auch in einer Pressekonferenz Herr Pientka sein Fehlverhalten öffentlich einräumt und sich bei der Mitarbeiterin ausdrücklich entschuldigt, dies insbesondere, um bereits in der Öffentlichkeit entstandenen Spekulationen darüber entgegenzutreten, inwieweit die Mitarbeiterin in den Vorgang involviert sei und sie gegebenenfalls eine Ursache für ihre Umsetzung nach Braunschweig gesetzt habe.
Mit dem am 5. August 2016 beim Innenministerium eingegangenen Schreiben teilte die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den PI-Leiter mit. Gleichzeitig teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass der die Aufnahme von Ermittlungen gegen Herrn Pientka rechtfertigende Anfangsverdacht derzeit nicht gesehen werde. Daraufhin sind die Disziplinarverfahren sowohl gegen den Leiter der PI Wolfsburg/Helmstedt als auch gegen den Polizeipräsidenten ausgesetzt worden. - Ein üblicher Vorgang!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie alle der Berichterstattung entnehmen konnten, hat am 5. August Herr Pientka in Braunschweig seine Pressekonferenz gegeben, in der er sich bei der betroffenen Mitarbeiterin öffentlich entschuldigte. Darüber hinaus hat er sich in einem persönlichen Brief an sie gewandt. Dass Herr Pientka seinen Fehler nicht nur mir gegenüber einräumte, sondern auch öffentlich und persönlich gegenüber seiner Mitarbeiterin und dabei sein Bedauern zum Ausdruck gebracht hat, war für mich in der Bewertung dieser Angelegenheit äußerst wichtig.
Da, wo Menschen zusammenarbeiten, lässt sich nun einmal niemals ausschließen, dass es zu Konflikten kommt. Diese Konflikte zu erkennen und zu lösen, ist gerade Aufgabe von Führungskräften, die hierbei eine besondere Sensibilität an den Tag legen müssen. Der Vorfall in der Polizeidirektion Braunschweig zeigt mir, dass mit den bisher getroffenen Maßnahmen, insbesondere bei der Sensibilisierung der Führungskräfte, noch nicht Schluss sein kann. Vorgesetzte tragen eben eine besondere Verantwortung, und deshalb werden wir hier nicht nachlassen.
Leider erleben wir viel zu selten, dass in Organisationsstrukturen Mitarbeiter, aber eben auch Vorgesetzte, offen zu ihren Fehlern stehen. Aber genau das schadet unserer Arbeitswelt. Es sind die Menschen selbst, die ihre Organisation prägen, und ich werde nicht müde zu betonen, dass Menschen
auch Fehler machen dürfen, sofern sie bereit sind, daraus zu lernen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
Das ist im Übrigen bei der Polizei nicht anders als bei anderen Beschäftigungsgruppen, das ist im Beruflichen nicht anders als im Privaten.
Lassen Sie mich ganz konkret zum Bereich der Polizei Folgendes dazu sagen: Wir haben uns in den Zielsetzungen der polizeieigenen Strategie 2020 darauf verständigt, eine von Offenheit und Vertrauen geprägte Organisations- und Führungskultur zu leben. Wir sind uns darüber einig, dass es insbesondere die Führungskräfte in der Hand haben, maßgeblich auf einen solchen kulturellen Wandel hinzuwirken - einen Wandel, der veraltete Denk- und Handlungsweisen aufbricht, der geprägt ist von einer Kultur, in der Fehler auch eingestanden werden dürfen. Das bedingt allerdings, dass es nach einem Fehler nicht zuvorderst darum geht, vorschnell zu urteilen, zu verurteilen, weil ansonsten Fehler am Ende immer eher verschwiegen als benannt werden.
Eine solche von Offenheit und Vertrauen geprägte Fehlerkultur habe ich immer eingefordert, und mit dieser Prämisse haben wir seit 2013 in der Polizei agiert.
Dies ist für mich fester Bestandteil einer Organisationskultur, die sich durch ein vertrauensvolles partnerschaftliches Verhalten auszeichnet, die die Basis für ein gutes Arbeitsklima bildet und die damit eine wesentliche Voraussetzung für ein positives Berufsbild innerhalb der Polizeiorganisation wie auch in der Öffentlichkeit ist.
Der vorliegende Fall zeigt, dass wir noch lange nicht am Ziel sind. Es sind Fehler gemacht worden, Entscheidungen getroffen worden, die so nicht hätten getroffen werden dürfen. Es zeigt aber auch, dass ein Bewusstseinswandel stattfindet, nämlich offen mit diesen Fehlern umzugehen, selbst mit Fehlern in sensiblen Bereichen.
Meine Damen und Herren, aus den Reihen der CDU und der FDP werden Stimmen laut, der Polizeipräsident müsse entlassen werden.