Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, dass gegengesteuert wird. Und es ist notwendig, unseren Sicherheitskräften alle dafür notwendigen Mittel an die Hand zu geben. Dazu gehört
erstens die Polizei endlich mit Waffen, persönlicher Schutzausstattung und Fahrzeugen auszustatten, die geeignet sind, auf Anschläge nach dem Muster von Paris und Bombay zu reagieren,
zweitens gemeinsam mit der Bundeswehr Vorbereitungen zum Einsatz von Bundeswehreinheiten wie z. B. Feldjägern im Wege der Amtshilfe bei Terroranschlägen zu treffen - das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich beschrieben, wie dieser Weg zu gehen ist -,
viertens kurzfristig ein Handlungskonzept zur Bekämpfung des Islamismus einschließlich eines Landesprogramms zur flächendeckenden Islamismusprävention vorzulegen,
fünftens einen Gesetzentwurf zum Ausbau der Videoüberwachung auf zentralen Plätzen, in Bussen und Bahnen vorzulegen,
sechstens endlich zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der steigenden Einbruchskriminalität und der systematischen Bandenkriminalität zu ergreifen,
siebtens islamistische Moscheen, die als solche identifiziert sind, und deren Versammlungsstellen eng zu überwachen,
achtens ein Personalentwicklungskonzept für die Polizei und den Verfassungsschutz - einschließlich der Schaffung von mindestens 1 000 zusätzlichen Stellen - aufzulegen und zusätzlich 200 Stellen für den Verwaltungsdienst zu schaffen,
neuntens die sogenannte Beschwerdestelle im Innenministerium aufzulösen, weil sie die Arbeit der Polizei einem Generalverdacht aussetzt und niemandem hilft, und
zehntens Bürokratie abzubauen und nicht aufzubauen, damit die Polizistinnen und Polizisten nicht von ihrer eigentlichen Arbeit abgehalten werden.
Meine Damen und Herren, mit diesem Maßnahmenbündel, das Sie relativ schnell bzw. sofort umsetzen könnten, würden Sie die innere Sicherheit in diesem Land signifikant erhöhen. Und das ist Ihre Aufgabe.
Wir können eben nicht alles so lassen, wie es bei uns ist. Dazu ist die Bedrohung zu real. Niemand - ich sage es noch einmal - kann absolute Sicherheit garantieren, aber das uns Mögliche müssen wir tun. Das sind wir den Menschen in diesem Land schuldig, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, weil Sie ihn erwähnt haben. Es geht um die Verhandlungen zum Islamvertrag. Wir haben hier im Plenum in den letzten Monaten oft kontrovers dazu diskutiert. Sie, Herr Weil, hatten Gelegenheit, hier im Plenum klar Stellung zu beziehen. Das haben Sie nicht getan. Sie haben vielmehr eine Kultusministerin vorgeschickt. Auch das ist sicherlich kein Zeichen und Ausdruck innerer Stärke.
Wir haben uns als Fraktion immer klar und eindeutig positioniert. Wir haben klare Bedingungen formuliert. Wir haben auch klar gesagt, was geht und was nicht geht. Das gilt auch für den jetzt vorliegenden Vertragstext. Sie aber zögern und lavieren weiter herum.
Wir stehen auch jetzt mit unserer Meinung nicht allein. Ich sage es hier in allem Ernst: Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemir hat mit Blick auf DITIB von einer türkischen Pegida gesprochen. Das ist ein Vergleich, den ich mir übrigens nicht zu eigen mache. Aber ich frage Sie, Frau Kollegin Piel: Wie wollen Sie eigentlich weiterhin Verhandlungen mit DITIB gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen, wenn Ihre eigenen Parteifreunde solch schwere Geschütze auffahren?
Im Übrigen sind auch die Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen deutlich auf Abstand gegangen. Die Regierung von Frau Dreyer hat die Verhandlungen mit DITIB über den islamischen Religionsunterricht in Gänze ausgesetzt.
Kein Gutachten dieser Welt kann die angebliche Unabhängigkeit des Türkisch-Islamischen Verbandes DITIB vom Staat Türkei belegen. Den Nachweis, dass man organisatorisch, ideell und finanziell unabhängig vom türkischen Staat ist, kann DITIB am Ende nur selbst erbringen, indem man sich vom Einfluss der türkischen Religionsbehörden dauerhaft und nachhaltig befreit.
Herr Weil, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung auch auf die zugespitzte innenpolitische Situation in der Türkei nach dem gescheiterten Militärputsch Bezug genommen. In Baden-Württemberg hat die dortige schwarz-grüne Landesregierung die Bitte des türkischen Generalkonsulats abgelehnt
- wenn es hilft, auch Grün-Schwarz -, eine Liste mit 30 Einrichtungen der Gülen-Bewegung neu zu bewerten. Ich frage mich, ob die Staatskanzlei in Hannover auch so konsequent verfährt. In der gestrigen Ausgabe des Rundblick war zu lesen, dass die Staatskanzlei alle Ministerien aufgefordert habe, Fakten über die Gülen-Bewegung in Niedersachsen zusammenzutragen.
Ich frage mich: Zu welchem Zweck wird hier gesammelt? Wem nützt so etwas? Wäre das nicht eigentlich die Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes und des Verfassungsschutzes? Was ist, wenn diese Datensammlung in falsche Hände gerät? Gerade wurde dazwischengerufen: Auf welcher Rechtsgrundlage wird das vor allen Dingen veranlasst?
Wir sehen hier noch erheblichen Aufklärungsbedarf. Die Bitte damit einhergehend ist, diesen innertürkischen Konflikt nicht in Deutschland im innenpolitischen Bereich auszutragen, meine Damen und Herren.
Das Gleiche gilt für Boykottaufrufe, die aus unserer Sicht ein No-Go sind. Eine bewusste Ausgrenzung von Menschen aus Gründen der Nationalität und Gesinnung oder der Religion darf es in Deutschland niemals geben.
Meine Damen und Herren, das Schuljahr in Niedersachsen ist erst wenige Wochen alt, aber die Stimmung an den Schulen ist jetzt schon auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Das hat weniger mit der Einstellung der Lehrerinnen und Lehrer zu tun. Im Gegenteil, die Lehrerinnen und Lehrer machen einen tollen Job unter erschwerten Bedingungen.
Was uns aber zu Recht alle aufregt, ist die katastrophal schlechte Unterrichtsversorgung, die schlechteste seit 15 Jahren.
Dafür trägt allein die Kultusministerin die Verantwortung. Sie hat den Lehrermangel in Niedersachsen selbst provoziert. Sie hat alles getan, um den Lehrerberuf unattraktiv zu machen. Das Bild, das Frau Heiligenstadt seit Jahren abgibt, ist ein Bild der Schwäche. Nichts an der Politik im Bildungsbereich hat etwas mit innerer Stärke zu tun.
Stärke in der Schulpolitik heißt aus unserer Sicht, erstens endlich den jahrelangen Streit mit Lehrkräften zu beenden. Wir brauchen endlich eine unabhängige Erhebung der Arbeitszeit der Lehrkräfte und schnelle Umsetzung von Entlastungen, die keine Lehrerstunden kosten, z. B. mehr Verwaltungsunterstützung für kleine Grundschulen.
Zweitens. Um die katastrophale Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen zu verbessern, müssen diese endlich wieder die Hoheit über die Stellenbewirtschaftung bei den Lehrerstellen übernehmen. Es war eben falsch, ProReKo abzuwickeln.
(Ministerpräsident Stephan Weil spricht mit Dr. Gabriele Andretta [SPD] - Ulf Thiele [CDU]: Herr Minis- terpräsident, das ist Ihre Regierungs- erklärung!)
Genau dieses System brauchen wir wieder mit der örtlichen Nähe, der Möglichkeit der örtlichen Steuerung. Das hat landesweit funktioniert. Sie haben es einfach kaputtgemacht, ohne einen entsprechenden Ersatz zu schaffen. Das ist fahrlässig und fällt Ihnen jetzt auf die Füße.
Drittens. Ebenso notwendig ist eine Anschlusslösung für die Schulsozialarbeit. Das Kultusministerium muss endlich ein neues Landeskonzept für die Schulsozialarbeit in Abstimmung mit der kommunalen Ebene vorlegen. Bewährte Konzepte müssen unter Einbindung der freien Träger und des bisherigen Personals weitergeführt werden.
Das Chaos, das Sie an dieser Stelle zu verantworten haben, meine Damen und Herren, sucht seinesgleichen, weil es zu Frust an den Schulen führt. Das ist ein Umstand, den wir nicht hinnehmen
Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins. Die Landwirtschaft mit ihrem vor- und nachgelagerten Bereich macht in gewisser Weise auch die wirtschaftliche Stärke unseres Landes aus. Vor diesem Hintergrund hätte ich mir von Ihnen, Herr Weil, hier und heute ein Bekenntnis zu unseren Landwirten gewünscht.
Es ist auch ein Alarmsignal, wenn sich die Anrufe beim Sorgentelefon für Landwirte häufen. Es ist gesellschaftlich schwierig, wenn Landwirtinnen und Landwirte den Eindruck haben, sie seien in dieser Gesellschaft ausgegrenzt.