Protocol of the Session on June 9, 2016

(Thomas Adasch [CDU]: So ist es!)

Das, was Sie tun, ist, die Abgänge zu kompensieren. Das, was notwendig wäre, ist aber, Personal insgesamt aufzubauen, also obendrauf Kollegen zu setzen. Das tun Sie aber nicht. Das aber wäre das, was Sie tun müssten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Rosstäuscherei ist das!)

Verehrte Frau Kollegin, die Landesregierung von CDU und FDP, die bis zum Jahr 2013 die Verantwortung getragen hat, hat doch mit dem 1 000erProgramm genau das gemacht. Wir haben damals dafür gesorgt, dass zusätzliche Kolleginnen und Kollegen eingestellt worden sind. Das war Uwe Schünemann als Innenminister. Das können Sie nicht einfach so wegwischen und wegdiskutieren. Wo wären wir denn heute, wenn wir das damals nicht gemacht hätten, verehrte Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben noch ein großes Problem. Das ist das demografische Problem; der Minister hat es auch gerade gesagt. Die Überalterung des Personalkörpers insgesamt steigt stark an, insbesondere im Bereich der Kriminalpolizei. Es darf uns doch nicht kaltlassen, dass die Kollegen vom BDK uns sagen: Mensch, wir haben bald kaum noch junge Leute, die bei der Kriminalpolizei sind. Auch die braucht die jungen Leute, die neue Impulse, neue Initiativen setzen.

(Angelika Jahns [CDU]: Zusätzlich!)

Also, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Es ist wirklich etwas zu tun, um diese Überalterung herunterzufahren. Dafür brauchen wir neue und mehr Polizisten.

Das Thema Einbruchskriminalität, das bei Ihnen leider ein Nebenkriegsschauplatz ist und Sie

scheinbar nicht so wirklich interessiert, ist aber eines der Hauptthemen der Menschen auf dem Land. Die sagen: Das ist unser Alltagsproblem, bei dem wir die Polizei brauchen. Aber die Polizei ist nicht da.

Es kann uns doch nicht zufriedenstellen, dass wir eine Aufklärungsquote von nur 20 % haben. Es ist mir auch piepegal, ob wir besser sind als andere Bundesländer. Das ist einfach zu wenig, sehr geehrter Herr Minister. Das ist zu wenig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Um es deutlich zu machen: Sie sagen: Wir brauchen nicht mehr Polizei, sondern wir brauchen Einbruchsschutz im Gebäude. - Ja, das stimmt. Aber es sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Bei dem einen geht es darum, zu verhindern, dass Einbrecher kommen und in das Haus gelangen. Bei dem anderen, nämlich bei der Aufklärung, geht es darum, dass bei einem Einbruch, der stattgefunden hat, der Täter tatsächlich ermittelt wird. Das sind doch zwei Paar Schuhe. Das können Sie nicht gegeneinander aufwiegen.

Deshalb: Ja, wir brauchen mehr Einbruchsschutz bei den Gebäuden. Aber wir brauchen eben auch mehr Polizisten, die die Aufklärungsarbeit betreiben.

Deshalb sage ich hier auch ganz klar: Ich bin nicht der Überzeugung, dass wir dafür ein Instrument wie Predictive Policing brauchen, sehr geehrter Herr Kollege Adasch. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass wir dafür einfach mehr Kollegen in Sondereinsatzgruppen brauchen, die klassische Polizeiarbeit machen, die in der Nachbarschaft herumgehen, die die Leute befragen, die Hinweise sammeln. Es hat sich in einzelnen Polizeiinspektionen gezeigt, dass man dadurch die Aufklärungsquote hochkriegen kann.

Das ist der richtige Ansatz, und das schlagen wir als FDP-Fraktion Ihnen auch in einem Entschließungsantrag vor. Wir brauchen das zusätzliche Personal, damit Einbruchskriminalität wirklich wieder in den Mittelpunkt der Arbeit der Polizei rückt, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Insgesamt bleibt zu sagen: Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU, wofür ich mich noch einmal sehr herzlich bedanke, macht ein weiteres Mal deutlich, dass die Landesregierung die innere Sicherheit nicht im Blick hat, dass das, was die Menschen wirklich brauchen, nämlich dass sich die Polizei um ihre Alltagssorgen kümmert, bei dieser Landesregierung leider nur ein

Stiefthema ist und nicht im Mittelpunkt der Arbeit steht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Die Polizei ist für Sicherheitsfragen zuständig, nicht für alle Alltagsprobleme!)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Es hat sich während Ihrer Rede der Kollege Nacke zu einer Kurzintervention gemeldet. Wenn Herr Limburg jetzt Ruhe gibt, kann Herr Nacke 90 Sekunden lang sprechen.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Oetjen, ich möchte an das anknüpfen, was Sie gerade gesagt haben. Sie haben nämlich unterschieden zwischen dem, dass ein Einbruch verhindert wird, damit er gar nicht erst stattfindet, und dem, dass ein Einbruch, der stattgefunden hat, auch verfolgt wird.

Ich finde nicht, dass man darüber so einfach hinweggehen kann, wie es der Minister gerade getan hat, indem er gesagt hat: Wenn der Einbruch im Versuch stecken bleibt, dann ist es ja nicht so schlimm. - Denn natürlich ist auch ein versuchter Einbruch ein Eigentumsdelikt.

Man muss hier doch an die Wurzel gehen. Das Problem, mit dem wir in diesem Land - nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland - inzwischen konfrontiert sind, ist doch, dass es richtige Banden gibt, die professionell ganze Wohnviertel, von denen man weiß, dass dort wenige Leute sind, ausspionieren und die Häuser massenhaft markieren, damit die dann nachfolgenden Banden wissen, wo was zu holen ist und wo nicht. Ein Dorf in meiner Nachbarschaft wurde vollständig durchmarkiert, und es fehlte nur dort ein Kreuz, wo ein Hund war.

Das ist der eigentliche Einbruchsschutz in diesem Land, wenn man ganz ehrlich ist, und das ist zu wenig. Deswegen muss man in der Entwicklung ansetzen. Das haben Sie sehr gut behandelt, Herr Oetjen, aber dieser Minister hat das völlig vernachlässigt.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege. - Herr Oetjen will nicht reagieren.

Dann haben wir als nächste Wortmeldung für die SPD-Fraktion den Kollegen Karsten Becker. Herr Becker, bitte sehr!

Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dann will ich auch mal gleich in die aktuelle Diskussion einsteigen.

Was der Minister gesagt hat, ist, dass der technische Einbruchsschutz eine ganz wichtige Funktion für die Vorbeugung von Wohnungseinbrüchen hat. Darüber hinaus hat er eine wesentliche Funktion für die Möglichkeiten, Wohnungseinbrüche aufzuklären.

(Jens Nacke [CDU]: Welche denn?)

Es ist eben nicht so, wie es der Kollege Oetjen hier eben dargestellt hat - zumindest habe ich ihn so verstanden -, dass dadurch, dass viele Polizisten durch die Nachbarschaft gehen und die Nachbarn fragen, die Aufklärungsquote erhöht werden könnte. Es ist vielmehr so, dass die Spurenlage entscheidend ist für eine hohe Aufklärung im Bereich der Wohnungseinbrüche.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Aber Spuren findet man nur, wenn man sucht!)

Spuren finden Sie dann, wenn Werkzeuge angesetzt und gebraucht werden mussten, und diese Werkzeugspuren sind eben dann da, wenn Sie ernstzunehmende technische Sicherungsvorkehrungen getroffen haben, die einen solchen Einsatz in hinreichender Zahl und in hinreichender Intensität erforderlich gemacht haben.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Das heißt, Sie erreichen mit einer technischen Prävention, mit einer technischen Einbruchssicherung beides: Sie verhindern, dass die Täter in die Wohnung eindringen können, und Sie verbessern die Aufklärungsmöglichkeiten.

Herr Becker, ich darf Sie unterbrechen. Herr Oetjen würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ja, bitte!

Herr Oetjen!

Verehrter Herr Kollege Becker, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Sie haben gerade deutlich gemacht, dass es Spuren bedarf, damit die Polizei Täter ermitteln kann. Sind Sie denn der Meinung, dass beispielsweise DNA-Spuren, die heute bei Einbruchsdiebstählen - die als Eigentumsdelikte leider nachrangig bearbeitet werden - genommen werden, schnell genug bearbeitet werden, sodass durch diese Auswertung die Einbrecher auch tatsächlich gefangen werden können? - Ich glaube nicht, dass das der Fall ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Becker, bitte schön!

Natürlich werden DNA-Spuren bei Einbrüchen genommen, sofern welche gesichert werden können. Das Problem ist, dass Sie bei einem Schnelleinbruch, bei dem Täter rein- und rausgehen, zumindest mit vertretbarem Aufwand keine DNA-Spuren sichern können. Genau um die Problemlage geht es: vernünftig Spuren sicherzustellen.

(Jens Nacke [CDU]: Das war nicht die Frage!)

Aber jetzt, meine Damen und Herren, komme ich zur Großen Anfrage.

Eine Bemerkung vorweg: Niedersachsen ist heute sicherer denn je.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und damit das hier auch einmal von allen angemessen zur Kenntnis genommen wird, möchte ich dazu einige Kennzahlen nennen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Gesamtzahl der Straftaten gegenüber dem Jahr 2006 von 603 597 Fällen auf 568 740 Fälle zurückgegangen - das ist ein Rückgang von 5,82 % -, die Zahl der Kriminalitätsopfer ist in dieser Zeit von 100 962 auf 93 784 zum dritten Mal in Folge auf den insgesamt niedrigsten Stand zurückgegangen, und die Aufklärungsquote

ist in den vergangenen zehn Jahren von 55,52 % auf 61,17 % gestiegen.

Meine Damen und Herren, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Die Polizei in Niedersachsen kann ihre Aufgaben und die Einsatzlagen mit dem bestehenden Personal ganz offensichtlich erfolgreich bewältigen.