Protocol of the Session on June 19, 2013

Ich komme zum Schluss. Wir machen hier eine gerechte Finanzierung und machen es nicht so wie Frau Merkel, die jetzt diverse Wahlversprechen macht und dafür kein Konzept zur Gegenfinanzierung hat. Wir sagen, wo wir es hernehmen: Wir nehmen es bei den Reichen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist mir völlig egal, was Herr Steinbrück 2010 in seinem Buch vertreten hat. Taten zählen mehr als Worte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie können sicher sein: Wenn wir Grüne nach dem 22. September gemeinschaftlich mit der SPD die Bundesregierung stellen, dann werden Taten folgen,

(Lachen bei der CDU)

dann werden wir gemeinsam eine rot-grüne Steuerpolitik umsetzen, die gerechter ist und die den Staat endlich wieder in die Lage versetzt, in die Zukunft unseres Landes zu investieren: in Bildung, in Infrastruktur und in Chancengerechtigkeit. Wir machen das.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Heere. Was die Redezeitüberschreitung anbelangt, haben Sie auf die Sekunde mit Herrn Hilbers gleichgezogen.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung hat der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Wenzel, das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Dr. Sohn ist zurück! - Gegenruf bei der SPD: Was war das denn?)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP weist darauf hin, dass die oberen 10 Prozent der höchsten Einkommen über 50 % des Einkommensteueraufkommens erbringen. Als Partei der Besserverdienenden weisen Sie hier auf Ihre Schutzfunktion hin. Dafür kann man, meine Damen und Herren, ein gewisses Verständnis haben.

Aber es gibt auch eine andere Wahrheit und eine andere Wahrnehmung von vielen Menschen in diesem Land. Etwa 60 % des gesamten Privatvermögens in Deutschland entfallen auf das oberste Zehntel der Haushalte, und das sind die Wohlhabenden. 50 % der privaten Haushalte verfügen praktisch über kein nennenswertes Vermögen. Etwa die Hälfte der Steuerpflichtigen verfügt gerade einmal über einen Anteil von rund 20 % am verfügbaren Einkommen. Das sind - wenn man so will - Otto oder Erna Normalbürger.

Der Blick auf die Einkommensteuer allein gibt aber ohnehin ein sehr schiefes Bild. Über die Hälfte des staatlichen Steuereinkommens kommt nämlich aus anderen Steuern. Ich nenne die Umsatzsteuer, die Energie- und Stromsteuer. Auch die Tabaksteuer gehört dazu. Und die, meine Damen und Herren, belasten alle Einkommensklassen gleich. Diejenigen, die geringere Einkommen haben, müssen oft von ihrem verfügbaren Einkommen alles für den Lebensunterhalt einsetzen und werden dann praktisch mit 19 % noch einmal extra über alles besteuert. Diese Zahlen, Herr Grascha, blenden Sie geflissentlich aus.

Richtig ist daher: Deutschland braucht mehr Verteilungsgerechtigkeit. Der Anteil der Einkommensstarken am Nettovermögen ist seit dem Fall der Mauer kontinuierlich gestiegen. Die Schere zwischen Arm und Reich ist weiter geworden. Die

Senkung der Nettoneuverschuldung ist eine zentrale neue Herausforderung. Als Gesamtstaat haben wir uns vorgenommen, die Probleme nicht weiter über den Weg der Verschuldung zu lösen, sondern tatsächlich die Nettoneuverschuldung abzubauen, die Schuldenbremse ernst zu nehmen. Diese neue Ehrlichkeit, meine Damen und Herren, muss sich auch in der Steuerpolitik ausdrücken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb stark und erfolgreich geworden, weil wir Menschen haben teilhaben lassen am Wohlstand - anders als viele, viele andere Staaten auf dieser Erde. Die wachsende Ungleichheit der Vermögensverhältnisse gefährdet dagegen unser erfolgreiches Gesellschaftsmodell einer sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist ein Punkt, den es durch eine gerechte Steuerpolitik zu verteidigen gilt.

Besitz und Einkommen sind aber zunehmend ungleicher verteilt. Die Armut im Land wächst ebenso wie der Reichtum. Das spüren die Menschen, und zwar insbesondere die, die es betrifft. Da können Sie, meine Damen und Herren, Herr Bode, Herr Grascha, Ihren Armuts- und Reichtumsbericht noch so oft überarbeiten - das ändert nichts an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

6 Millionen Menschen gehen in Deutschland für weniger als 8 Euro in der Stunde arbeiten. Sie arbeiten den ganzen Tag und haben am Ende des Tages trotzdem nicht genug Geld, um ihre Familie zu ernähren. 1,3 Millionen Menschen in unserem Land gelten als sogenannte Aufstocker - sie müssen trotz Arbeit Unterstützung beantragen. Auch hier haben wir ein Missverhältnis zwischen staatlichem Engagement und Lohndrückerei bei den Unternehmen, die das billigend in Anspruch nehmen.

Meine Damen und Herren, Sie versuchen, uns glauben zu machen, es gebe keine sozialen Probleme in Deutschland. Die Lebenswirklichkeit der Menschen ist eine andere. Deshalb wollen wir die Einkommensteuer stärken - denn sie besteuert nach Leistungsfähigkeit -, und wir wollen dabei den Spitzensteuersatz erhöhen. Er wird dann immer

noch niedriger sein als zu Zeiten von Helmut Kohl. Einst gab es 53 % Spitzensteuersatz mit einer CDU-geführten Regierung.

(Ulf Thiele [CDU]: Mit einer anderen Bemessungsgrundlage! Das wissen Sie auch genau!)

Zusätzlich gab es damals auch noch eine Vermögensteuer. War das ein sozialistischer Staat? Wie würden Sie das aus heutiger Sicht beurteilen?

(Christian Grascha [FDP]: Man kann nicht verschiedene Bemessungs- grundlagen miteinander vergleichen!)

Das ist ein Punkt, wo Ihr ganzes Geschrei, das Sie hier machen, recht unglaubwürdig wirkt, wenn man sich einmal anguckt, wie die Steuersätze zu den Zeiten der Regierung Kohl gewesen sind.

Meine Damen und Herren, in der gegenwärtigen Lage sind die von der Landesregierung befürworteten moderaten Steuererhöhungen geboten - unideologisch, pragmatisch, weil es nach Adam Riese dann auch gerecht zugehen soll. Das ist angesichts der Schuldenbremse eine Herausforderung, der auch Sie sich stellen sollten. Das spüren wir doch allerorten. Wenn wir uns den Haushalt jetzt daraufhin angucken, was Sie versprochen haben und was Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung tatsächlich durchfinanziert haben,

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das sagt ja der Richtige!)

dann klafft da ein großes Loch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie waren groß im Versprechen vor der Wahl. Aber im Einlösen, im Liefern fehlt es bei Ihnen, Herr Grascha.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister, lassen Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hilbers zu? - Er lässt sie nicht zu. Damit ist das so weit erledigt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Schade!)

Meine Damen und Herren, zum Tagesordnungspunkt 18 a liegen, wie wir es hier oben sehen, keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich darf übergehen zu:

b) Stadt und Land, Hand in Hand - das war einmal. Neue Eiszeit zwischen Land und Kommunen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/298

Der Antrag wird begründet von der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Amtszeit der Hauptverwaltungsbeamten beträgt acht Jahre.

(Zuruf bei der SPD: Noch!)

Diese achtjährige Amtszeit hat sich bewährt. Im Kommentar von Blum, Häusler und Meyer ist zu lesen:

„Die achtjährige Amtszeit ist unter allen denkbaren Gesichtspunkten sachgerecht und zu begrüßen.“

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Ihr Chef der Staatskanzlei, Herr Dr. Jörg Mielke, damals noch Landrat, hat an diesem Kommentar mitgearbeitet. Also auch er ist der Meinung, die achtjährige Amtszeit ist sachgerecht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD)

Es gibt hierfür auch gute Gründe: Das Amt braucht qualifizierte Bewerber. Der Bewerber oder die Bewerberin muss die Behörde leiten, braucht Führungserfahrung, muss Probleme vor Ort kennen und vor allem auch in der Lage sein, komplexe Probleme zu lösen. - Dafür ist eine nur fünfjährige Amtszeit zu kurz.