schlagen hat, ein gutes war. - Ich sage: Das war es nicht, sondern wir brauchen ein anderes Abkommen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Was soll denn aus Ihrer Sicht anders sein?)
- Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, Herr Hilbers. Bitte! - Herr Präsident, Herr Hilbers möchte eine Zwischenfrage stellen. Dann wird das wenigstens nicht von meiner Zeit abgezogen.
Das ist zwar eine neue Debattenkultur, aber die gefällt mir. - Herr Hilbers, Sie haben jetzt die Möglichkeit. Die Zeit wird nicht angerechnet.
Danke, Herr Präsident. - Herr Heere, da Sie das Abkommen für schlecht halten und ins Feld führen, dass ein anderes und besseres möglich gewesen wäre: Was kritisieren Sie denn konkret an dem Abkommen, und was hätten Sie anders gestalten wollen? Was ist denn zu Ihren Zeiten in dieser Richtung überhaupt ausgehandelt worden? Haben Sie überhaupt einmal bessere Abkommen abschließen können als das, was Schäuble ausgehandelt hat?
Sehr geehrter Herr Hilbers, ich kann Ihnen genau sagen, welche besseren Abkommen es gibt und inwiefern wir ein besseres Abkommen aushandeln würden: Sie kennen das FATCA-Abkommen mit den USA: vollständiger Datenaustausch. Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, dass das das bessere Abkommen ist. Es macht nämlich die Übermittlung möglich, sodass wir nicht erst über Abgeltungssummen sprechen müssen. Damit haben wir eindeutig bessere Möglichkeiten, das nachzuverfolgen und damit einer höheren Anzahl von Kriminellen das Handwerk zu legen. Insofern ist das das bessere Abkommen.
Ich finde es auch schade, dass Sie das, was wir hier machen, als „hohles Füllmaterial“ beschrieben haben. Das Gegenteil ist der Fall: Das ist eine Zusammenstellung von Maßnahmen, die zwingend notwendig sind, nachdem wir in den letzten zehn
Jahren bei der Steuererhebung keine großen Fortschritte gemacht haben; darauf werde ich gleich noch näher eingehen. Wir als rot-grüne Koalition setzen hier ein Signal, indem wir dieses Paket gemeinsam anpacken. Wir machen damit Werbung, wir sagen: Wir sind für einen Staat, der hier seine Verantwortung wahrnimmt. - Das ist der richtige Weg, und deshalb gehen wir ihn.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Stichworte „betrügen“, „anstiften“, „wegsehen“. Eines ist klar: Zum Steuerbetrug gehören mindestens zwei, wenn nicht sogar mehr Akteure: einer, der betrügen will, ein anderer, der sich betrügen lässt und vielleicht auch noch eine oder sogar mehrere Personen, die zum Betrug anstiften, wegsehen oder vom Betrug selber profitieren.
Als öffentliche Hand müssen wir sie alle angehen: die Betrüger, die Anstifter und die Wegseher. Als rot-grüne Koalition setzen wir mit diesem Entschließungsantrag hierfür ein klares Zeichen.
Dabei geht es um sehr viel Geld. Die Betrüger haben häufig kein Unrechtsbewusstsein; vom „Kavaliersdelikt“ war schon die Rede. Die Betrüger beschweren sich selber über den schlechten Zustand der Straßen, darüber, dass die Hörsäle an den Unis zu voll sind und auf den Straßen zu wenig Polizisten patrouillieren. Aber einen Bezug zu ihrem eigenen Handeln stellen sie nicht her - und das ist genau falsch. Wir setzen uns deshalb für mehr Handeln in diesem Bereich ein.
Sie haben vorhin das Thema Verjährungsfristen angesprochen. Natürlich ist das Thema Verjährungsfristen wichtig, allerdings nicht, um das irgendwie mit anderen Straftaten gleichzusetzen, sondern weil ganz oft Gelder ins Ausland geschafft worden sind. Genau deshalb brauchen wir längere Verjährungsfristen, genau deshalb benötigen wir mehr Nacherhebungsmöglichkeiten: damit wir das Geld wieder zurückbekommen. Genau deshalb wollen wir die Verjährungsfristen anfassen - und nicht, um dies mit anderen Straftaten gleichzusetzen. Das ist auch richtig so.
Beim Stichwort „anstiften“ müssen wir uns auch denen zuwenden, die hier Beihilfe leisten, die es befördern wollen. Manche Staaten der Welt haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht - Sie kennen
die Geschichte -, und im eigenen Land wird in einem bestimmten Umfang auch Beihilfe geleistet: durch Kreditinstitute, Kanzleien und Beraterfirmen. Auch dies können und müssen wir vor Ort angehen. So besagt es unser Entschließungsantrag.
Nun zum Stichwort „wegsehen“: Der Kollege Henning hat eben angesprochen, dass viele Zeitungen bereits über das Bundesland Bayern berichtet haben, wo offensichtlich nicht so genau hingesehen wird. Vordergründig ist das Ganze eine WinWin-Situation, aus bayerischer Sicht. Da die möglichen Steuermehreinnahmen sowieso zum großen Teil in den Länderfinanzausgleich fließen, signalisiert man den Betrieben, dass sie wenig Scherereien mit der Steuerprüfung bekommen, und nutzt das als informellen Standortvorteil. - Meine Damen und Herren, so geht das nicht!
Genau deshalb wollen wir dieses Benchmark: damit klar und transparent wird, welches Bundesland was bei der Steuerfahndung macht. Aus diesem Grund muss man sich auch noch einmal den Länderfinanzausgleich ansehen. Man muss prüfen, was man anrechnen kann, z. B. die Aufwendungen beim Personal. Dann kann sich auch kein Bundesland mehr herausreden. Das ist der richtige Weg.
Wie sieht es jetzt in Niedersachsen aus? - Sie haben eben gesagt, es wäre alles abgearbeitet. Na ja, wenn wir uns angucken, was ein Steuerfahnder oder ein Betriebsprüfer im bundesweiten Schnitt bringt, so sind das etwa 1 Million Euro pro Fahnder. In Niedersachsen soll das deutlich darunter liegen. Die Schlussfolgerung überlasse ich Ihnen.
Der Landesrechnungshof hat sich in seinem aktuellen Jahresbericht zum Thema Großprüfungen, Einkommensmillionäre, Fußballprofis usw. geäußert. Wenn Sie mit der Deutschen Steuergewerkschaft oder mit Steuerbeamten reden, dann zählen die Ihnen organisatorische und technische Mängel auf. Die zählen Ihnen auf, dass es nicht ausreichend Anwärterinnen und Anwärter gibt, um den demografiebedingten Personalabgang, den wir in den nächsten Jahren zu verzeichnen haben, auszugleichen. Das Thema Steuerfahndung und Betriebsprüfungen wurde mehrfach angesprochen.
Meine Damen und Herren, wir nehmen diese Berichte ernst und wollen den beschriebenen Problemen etwas entgegensetzen. Wir wollen die Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht erhöhen. Wir wollen die 100 zusätzlichen Stellen. Wir wollen Steuerbeamtinnen und -beamte von Verwaltungstätigkeiten entlasten, weil das dann wirklich zu effektiverem Vollzug führt.
Letzter Satz: Verfolgen, hinsehen, handeln! Das soll ab sofort die Steuerpolitik in Niedersachsen kennzeichnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir vorneweg eine grundsätzliche Bemerkung zu dem Antrag: Ich halte es für rechtsstaatlich fragwürdig, dass ein Zusammenhang zwischen illegaler Steuerhinterziehung einerseits und legaler Steuervermeidungsstrategie von einigen Unternehmen in Deutschland andererseits hergestellt wird. Das in einen Topf zu werfen, ist unseriös und auch sachlich falsch.
Wenn Ihnen dieses Thema so wichtig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, dann wenden Sie sich insofern doch einmal den Beteiligungen des Landes Niedersachsen zu. Schauen Sie einmal in den Volkswagen-Konzern, schauen Sie einmal in die Salzgitter AG! Herr Schneider sitzt jetzt im Aufsichtsrat der Salzgitter AG, und im Aufsichtsrat der Volkswagen AG sitzen Ministerpräsident Weil und Minister Olaf Lies. Dort kann die Frage, wo Beteiligungen angesiedelt sind, doch durchaus einmal gestellt werden. Aus den Geschäftsberichten geht beispielsweise hervor, dass auch Tochtergesellschaften auf den Cayman Islands angesiedelt sind.
Da lohnt es sich, einmal nachzufragen. Hier stehen Sie ganz konkret in der Verantwortung im Sinne Ihres Antrags!
Nun zu den medienwirksam angekündigten 100 zusätzlichen Betriebsprüfern. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass diese Stellen geschaffen werden; das ist überhaupt keine Frage. Allerdings muss man der Ehrlichkeit halber dazu sagen, dass es sieben bis acht Jahre dauert, bis diese Betriebsprüfer tatsächlich in Lohn und Brot stehen. Das heißt, die medienwirksamen Stellungnahmen auf die Hoeneß-Affäre, wonach sofort 100 neue Betriebsprüfer eingestellt werden, die dann für eine neue Steuergerechtigkeit sorgen, muss man an der Stelle schon etwas herunterzoomen.
Wenn Ihnen das Thema, zusätzliche Betriebsprüferstellen zu schaffen, tatsächlich so wichtig ist, dann beginnen Sie doch damit, die Steuerverwaltung von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Steuerfachangestellte gibt es im Gegensatz zu Betriebsprüfern auf dem Arbeitsmarkt genug. Oder beginnen Sie damit, mit anderen Bundesländern in einen Wettbewerb um gutes Personal einzutreten. Das sind Dinge, die keine sieben bis acht Jahre lang dauern, sondern mit denen Sie, wenn Ihnen dieses Thema wirklich wichtig ist, sofort beginnen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Bevor allerdings 100 zusätzliche Stellen geschaffen werden, sollten Sie vielleicht erst einmal mit der Deutschen Steuergewerkschaft sprechen und denen erklären, warum 175 Stellen für Betriebsprüfer, die bereits heute bestehen, aktuell unbesetzt sind. Die sollten vielleicht zunächst einmal besetzt werden,
Nun zum Thema Verjährungsfristen. Auch hier kann man sicherlich das Für und Wider diskutieren. Klar ist aber: Verlängerte Verjährungsfristen führen am Ende zu mehr Bürokratie. Im Übrigen ist es sinnvoll, die Verjährungsfristen und die Aufbewahrungsfristen entsprechend synchron auszurichten und aufeinander abzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich finde es bemerkenswert, dass in Ihrem Antrag, bei dem es eigentlich um Steuerhinterziehung gehen soll, die strafbefreiende Selbstanzeige überhaupt keine Rolle mehr spielt und
hierzu gar keine Aussage gemacht wird. Das lässt nur den Schluss zu, dass offensichtlich hier wieder mal ein großes Zerwürfnis insbesondere bei der SPD vorliegt, deren Parteivorsitzender Sigmar Gabriel eine andere Position bezieht als deren Spitzenkandidat Peer Steinbrück. Nur so kann ich mir erklären, dass dieses Thema in diesem Antrag überhaupt keine Rolle mehr spielt.