Protocol of the Session on June 19, 2013

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu dem

Tagesordnungspunkt 18: Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen genannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können.

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus. Sollten sich Unstimmigkeiten ergeben, werde ich das während der Aktuellen Stunde vielleicht noch einmal genauer erläutern.

Ich eröffne jetzt die Besprechung zu

a) „Die 10 Prozent mit den höchsten Einkommen erbringen 52 Prozent des Aufkommens der Einkommensteuer. (…) Die untersten 20 Prozent tragen lediglich 0,1 Prozent zum Steueraufkommen bei. Soll man das etwa einen verteilungspolitischen Skandal nennen?“ (Peer Steinbrück, 2010 „Unterm Strich“) - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/300

Es hat sich der Abgeordnete Jörg Bode zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rot-Grün hat im letzten Landtagswahlkampf sehr viel versprochen. Rot-Grün hat sehr hohe Erwartungen geweckt.

Die Ernüchterung kommt aber nicht erst jetzt, nach rund fünf Monaten. Die Ernüchterung kam schon

nach vier Wochen, nämlich auf Seite 3 Ihres Koalitionsvertrags. Dort steht - ich zitiere -:

„Die Realisierung unserer politischen Vorhaben wird nur dann gelingen, wenn auch auf Bundesebene eine gerechtere Steuerpolitik verwirklicht wird.“

Aber wie ist das denn mit der Steuergerechtigkeit?

Ihr eigener Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagt, dass bei uns die 10 Prozent mit den höchsten Einkommen rund 52 % des Einkommensteueraufkommens erbringen und die unteren 20 Prozent nur 0,1 % dazu beitragen müssen. Steinbrück bringt es auf den Punkt und sagt: „Soll man das etwa einen verteilungspolitischen Skandal nennen?“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier klaffen SPD und ihr eigener Kanzlerkandidat meilenweit auseinander. Jetzt brauchen sie auch noch uns, um ihnen zu sagen: Ja, Ihr Kandidat hat recht. - So weit ist es mit der SPD schon gekommen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben eine hohe Steuergerechtigkeit in Deutschland. Jetzt wollen wir einmal gucken: Was wollen Sie eigentlich noch gerechter machen? - Das steht übrigens auch in Ihrem Koalitionsvertrag.

Als Erstes: ein höherer Spitzensteuersatz. Klingt gut, ist es aber nicht. In unserem Steuersystem betrifft das nämlich nicht nur die Top-Verdiener, sondern genauso Facharbeiter bei VW, familiengeführte Unternehmen, Handwerker, also die Stützen unserer Gesellschaft. Was Sie hier vorhaben, ist falsch, was Sie hier vorhaben, ist ungerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ferner wollen Sie das Ehegattensplitting abschaffen. Auch das klingt vielleicht gut, ist es aber nicht. Das Splitting gleicht steuerliche Ungerechtigkeiten aus. Ehepaare und gleichgeschlechtliche Partnerschaften tragen Verantwortung füreinander, sie erziehen Kinder, sie sind die Basis der Mitte unserer Gesellschaft. Schon bei einem gemeinsamen Einkommen von 6 000 Euro nehmen Sie diesen Familien im Jahr 1 200 Euro weg. Was Sie hier vorhaben, ist falsch, was Sie hier vorhaben, ist ungerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Des Weiteren wollen Sie eine Vermögensteuer einführen. Auch das klingt gut, ist es aber nicht. Die Vermögensteuer ist immer eine Substanzsteuer. Egal, ob man Einkünfte hat oder Verluste

macht, man zahlt für Rot-Grün. Das belastet Familienunternehmen, Personengesellschaften und Handwerker. Gerade Unternehmen, die viele Maschinen, Anlagen und Arbeitsplätze haben, werden damit belastet. Was Sie hier vorhaben, ist schlecht für das Land, schlecht für die Unternehmen, schlecht für die Arbeitnehmer. Sie vernichten damit sichere Arbeitsplätze in Niedersachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die eigentliche Krönung ist aber, dass Sie - und das steht in Ihrem Koalitionsvertrag auch - Immobilien und Barvermögen gleich besteuern wollen. Damit besteuern und erschweren Sie den Wohnungsbau. Gleichzeitig klagen Sie aber über Mietwohnungsmangel - insbesondere in Großstädten - und wollen eine gesetzliche Mietpreisbremse einführen. Was Sie hier vorhaben, ist nicht nur falsch, es ist ungerecht, es ist ein Widerspruch in sich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man muss Anreize geben, man muss fördern, nur dann wird es tatsächlich Wohnungsbau geben. Man darf nicht denjenigen, die investieren, Knüppel zwischen die Beine werfen.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sagen übrigens auch alle Fachleute bei der Bewertung Ihrer Steuerpläne. Ich zitiere DIHK-Präsident Driftmann:

„So richtig es ist, dass Peer Steinbrück die Bedeutung des Mittelstands betont, so falsch sind seine Steuerbeiträge.“

IHK-Präsident Vetter hat gesagt:

„Wenn die Vermögensteuer eingeführt werden sollte, dann wird das gravierende wirtschaftliche Schäden hervorrufen und die Unternehmen, vorrangig den Mittelstand, nachhaltig schwächen.“

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, CDU und FDP setzen weiter auf die Leistungsträger in unserem Land, auf die, die hart arbeiten, die morgens aufstehen, die ihre Kinder erziehen und die Steuern zahlen.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Die- sen Leistungsträgern wollten Sie 4 Euro bezahlen!)

Sie aber setzen auf das andere. Sie stellen sich gegen die Mitte der Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der SPD gab es mal jemanden namens Gerhard Schröder.

(Zurufe von der SPD: Der ist immer noch da!)

Er hat die neue Mitte für die SPD entdeckt. Mit dieser neuen Mitte - oder auch mit ihrer alten Mitte - haben weder SPD noch Grüne heute noch irgendetwas zu tun.

(Glocke des Präsidenten)

Sie sind so was von nicht mehr Mitte. Sie machen Politik gegen die Mitte der Gesellschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist falsch, und das ist ungerecht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber Sie bekommen ja auch schon kalte Füße. Peer Steinbrück behauptet überall, er führt eine Vermögensteuer ein, die keine Substanz besteuert, die niemanden betrifft, niemand müsste davor Angst haben.

Meine Damen und Herren, niemand hat die Absicht, eine Substanzsteuer einzuführen? - Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Steinbrück sagt, er will eine Steuer einführen, die niemand zahlen muss, dann ist das vergleichbar mit einem vegetarischen Schlachthof; und an den glaubt nicht mal Minister Meyer.

(Glocke des Präsidenten)

Es ist ungerecht, was Sie machen. Das ist falsche Politik.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Bode. Sie hatten eine Zeitüberschreitung. - Noch einmal für alle: Die Redezeit - das gilt auch für Vertreter der Regierung - beträgt fünf Minuten.

(Jörg Bode [FDP]: Als ich gegangen bin, war es passend!)

- Es waren 39 Sekunden, Herr Kollege.

(Jörg Bode [FDP]: Auf der Uhr dort oben nicht!)

Zum selben Tagesordnungspunkt hat sich für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Geuter zu Wort gemeldet. Bitte sehr!