Der letzte Satz: Wir haben schon einmal im Ausschuss über Härtefälle entschieden. Dann kam von der Opposition die Forderung nach einer Härtefallkommission. Jetzt wollen Sie mit dem Ausschuss dirigistisch in die Härtefallkommission eingreifen können, indem Sie sagen: Diesen Fall habt ihr zu behandeln; da gibt es keine Ausschlusskriterien. - Das verstehe ich nicht. Ich weiß nicht, Herr Kollege Tonne, ob das rein rechtlich überhaupt möglich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegt keine weitere Wortmeldung vor. Damit sind wir am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Zuständig soll der Petitionsausschuss sein. Spricht jemand dagegen, den Antrag diesem Ausschuss zu überweisen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Antrag entsprechend überwiesen.
Abschließende Beratung: Kindertagesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2809 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/3271
Wir treten in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staudte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr, Frau Staudte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der Öffentlichkeit, in der Fachöffentlichkeit und auch zwischen den Fraktionen in diesem Landtag gibt es einen ganz breiten Konsens darüber, dass frühkindliche Bildung in den Kitas weiter gestärkt werden muss.
Keine interfraktionelle Übereinstimmung gibt es allerdings, wenn es um das konkrete Handeln geht. Mit der uns vorliegenden Beschlussempfehlung des Kultusausschusses entlarven sich FDP und CDU einmal mehr als Sonntagsredner in dieser Angelegenheit.
Warum wollen und müssen wir Kindertagesstätten zu Familienzentren ausbauen? - Weil nur so eine wirkliche Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern, Erzieherinnen und anderen Berufsgruppen aus dem pädagogisch-psychologischen Bereich gewährleistet werden kann. Denn in den Familienzentren wird multiprofessionell gearbeitet. Dort gibt es z. B. Sprechstunden der Erziehungsberatungs
stellen vor Ort, direkt in den Kitas, oder Kurse der Volkshochschulen zum Thema „Mama, lern Deutsch!“ oder Alphabetisierungskurse - um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Nach dem Vorbild der englischen Early Excellence Centres wurde das Konzept der Familienzentren entwickelt, um Bildung, Betreuung, Gesundheitsförderung und Integrationsarbeit mit niedrigschwelligen Angeboten in Brennpunkten zu verankern. Denn gerade die Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen werden durch Familienzentren enorm verbessert.
Das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen, hat für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten leider nicht die Wirkung, die sich viele erhofft haben. Sie alle wissen, dass es in den Kommunen bereits eine Sozialstaffelung der Beiträge gibt und dass einkommensschwache Familien schon bisher keine Beiträge zahlen mussten.
Es ist grundsätzlich der falsche Weg, Eltern wie beim Thema Sprachförderung mit Bußgeldern zu bedrohen. Wir als Grüne sind der Überzeugung: Wir können den Kindern nur dann wirklich helfen, wenn es gelingt, Eltern als Partner in der Erziehung zu gewinnen.
Einige Kommunen haben das erkannt. In Hannover gibt es bereits 20 Familienzentren. Das ist sehr vorbildlich. Aber was sagt das Land? - Prima! Schön, dass die Kommunen das machen. Wir sind nicht zuständig. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Es ist richtig, dass das Land nach dem Kitagesetz bereits jetzt 20 % der Personalkosten übernimmt, auch wenn ein Kitaträger den Erzieherinnen mehr Verfügungs- und mehr Leitungszeiten zugesteht, damit sie sich intensiver der Elternarbeit widmen können. Diese Möglichkeit muss aber auch beworben werden, und sie sollte schriftlich fixiert werden.
Wir wollen darüber hinaus, dass das Land über das nifbe eine Fachberatung für Kitas anbietet, die sich zu Familienzentren weiterentwickeln wollen. Kommunen, die in ihren Jugendämtern eine Fachberatung für die Weiterentwicklung zu Familienzentren anbieten oder die sich eines freien Trägers bedienen, um diese Aufgabe auszufüllen, sollen nach unserem Antrag vom Land finanziell unterstützt werden.
Welche Relevanz das Thema hat, sieht man daran, dass vor zwei Tagen, am Montag, eine große Veranstaltung zum Thema „Was können und was sollen Familienzentren leisten?“ mit über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Fachöffent
lichkeit stattgefunden hat. Ich weise gerne darauf hin, dass die Leiterin des nifbe, Frau Professor Zimmer aus Osnabrück, auf diesen Antrag hingewiesen und gesagt hat, dass sie selbstverständlich die Forderungen dieses Antrags unterstütze.
Wir Grüne fragen Sie als Regierungskoalition, die Sie so oft auf das nifbe hinweisen: Warum betreiben Sie eine solche Einrichtung, wenn Sie sich in diesen konkreten Fragen nicht auf den Rat der Fachleute verlassen? - Wenn Sie frühkindliche Bildung und Familienförderung wirklich ernst nehmen würden, dann würden Sie unserem Antrag heute zustimmen.
Als Nächste hat sich Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Frau Reichwaldt, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Oppositionsanträge zur frühkindlichen Bildung stehen, wie ich in den letzten zwei Jahren habe lernen müssen, unter einer besonderen Spannung. Alle Fraktionen beteuern, wie wichtig ihnen die frühkindliche Erziehung für die Bildungskarriere eines jeden Kindes ist - und die Mehrheitsfraktionen verwerfen dann die Vorschläge der Opposition, ohne wirklich ernsthaft darüber nachzudenken.
Es sei alles in Ordnung, und wir täten genug. Würden wir mehr tun, dann wäre das zu teuer. - Da kann ich gut verstehen, dass die Kollegin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei der zweiten Beratung im Ausschuss gleich um Abstimmung gebeten hat. Man kann an dieser Wand der Ignoranz seitens CDU und FDP schon resignieren.
Ich mag es Ihnen trotzdem nicht ersparen, sich das nun anzuhören. Der vorliegende Antrag enthält vernünftige Vorschläge, auch wenn Sie ihn wahrscheinlich gleich ablehnen werden.
Meine Damen und Herren aufseiten von CDU und FDP, haben Sie überhaupt Interesse an besserer Integration und Hilfe, gerade für Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Familien mit Migrati
onshintergrund? - Wenn ja, dann sollten Sie diesen Antrag unterstützen. Hier finden Sie einen Ansatz, in einer sehr frühen Phase soziale Benachteiligung mit relativ geringen zusätzlichen finanziellen Mitteln auszugleichen. Ich zitiere aus der Begründung:
„Chancen und Bildungsgerechtigkeit können über eine frühkindliche Betreuung, Erziehung und Bildung befördert werden, besonders wenn die Zusammenarbeit mit den Eltern alltagsnah, niedrigschwellig und integrativ ansetzt. Studien zeigen, wie sehr gerade Kinder sozial schwacher Familien von der Bildungsarbeit in der Kindertagesstätte profitieren.“
Die in dem Antrag geforderten Familienzentren sind ein guter Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Wie positiv sich gut organisierte Elternarbeit auf die Situation von Bildungseinrichtungen gerade in sozialen Brennpunkten auswirken kann, haben wir im letzten Herbst bei Grundschulbesuchen in Hannover mit eigenen Augen erleben können. Darum geht es auch bei den Familienzentren. Eltern sollen freiwillig mit niedrigschwelligen Angeboten vertrauensvoll einbezogen werden.
Sie müssten natürlich, falls Sie diesem Antrag doch noch zustimmen, bereit sein, einige heilige Kühe, die Bestandteil Ihrer Ideologie von frühkindlicher Bildung sind, zu opfern.
Sie müssten akzeptieren, dass Personal und räumliche Standards eben doch nicht ausreichen. Sie müssten bereit sein, mehr zu investieren und die Verfügungszeiten der Erzieherinnen und Erzieher zu erweitern. Wir brauchen höhere und speziellere Qualifikationen für Erzieherinnen und Erzieher. Das wird nicht ohne zusätzliche Investitionen zu machen sein, aber dazu sind Sie ja auf keinen Fall bereit. Dann müssen Sie sich auch die Zweifel gefallen lassen, ob Sie überhaupt an wirklicher Integration und sozialer Gerechtigkeit interessiert sind.
Wir halten den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen für sinnvoll und richtig und werden ihn unterstützen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat hat nie eine Fraktion ein Hehl daraus gemacht, dass wir mehr in frühkindliche Bildung investieren müssen und dass der Ausbau von frühkindlicher Bildung sehr wichtig ist, um die Ressource „Bildung“ für die Zukunft nutzbar zu machen und die Kinder entsprechend zu fördern. Ein möglicher Ansatz ist, zu sagen, dass sich Kindertagesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln sollen. Aber das können die Kindertagesstätten in Niedersachsen auch schon.
Die Kollegin Staudte hat bei der Vorstellung ihres Antrags gerade schon gesagt, dass wir während der Beratungen im Ausschuss darüber unterrichtet worden sind, dass bei einer entsprechenden Erhöhung der Verfügungs- und Leitungszeiten das Land 20 % der zusätzlichen Personalkosten finanziert. Darüber hinaus werden aber auch noch die Betriebskosten mit bis zu 43 % unterstützt. Entsprechend haben wir das Kindertagesstättengesetz geändert. Auch das, meine ich, war ein deutliches Signal, wie wichtig uns frühkindliche Bildung ist.
Wir stellen also nicht nur mit annähernd 100 Millionen Euro jedes Jahr das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei, sondern wir haben uns beim Krippenausbauprogramm mit den kommunalen Spitzenverbänden auf eine Betreuungsquote von 35 % bis zum Jahr 2013 und darauf verständigt, die Betriebskosten mit bis zu 43 % zu unterstützen. Auch das ist ein deutliches Signal für den Ausbau der frühkindlichen Bildung in Niedersachsen.
Wenn man sich das einmal anschaut, stellt man fest, dass von dem Antrag nicht mehr viel übrig bleibt.
Ich kann es nachvollziehen, wenn die Leiterin einer Einrichtung wie dem nifbe sagt, dass sie gerne noch weitere Fortbildungsprogramme bei sich andocken würde. Ich kenne keinen Leiter einer entsprechenden Einrichtung, der etwas dagegen hätte, dass ihre Einrichtungen wachsen und größer werden und dass sie zusätzliche Aufträge bekommen. Aber die Grundintention des nifbe war in der Tat der Bereich der Forschung und auch die Fra