Protocol of the Session on January 20, 2011

(Christian Meyer [GRÜNE] - zur CDU -: Ihr seid wohl leicht nervös!)

Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund einer aktuellen Emnid-Umfrage, die zu dem Ergebnis kommt, dass der aktuelle Dioxinskandal der Lebensmittelbranche einen sehr großen Imageschaden beschert hat und dass 91 % der Menschen eine Verbesserung des bisherigen Kontrollsystems vom Staat erwarten: Welche konkreten Schritte will die Landesregierung sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene unternehmen, um dieses Kontrollsystem zu verbessern?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

(Zurufe von der CDU - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Sitzen da überall kleine Landwirtschaftsminister, oder warum antwortet ihr immer? - Gegenruf von Karl-Heinrich Lang- specht [CDU]: Das ist doch gestern al- les schon gesagt worden!)

Was die Maßnahmen anbetrifft, die wir zu treffen beabsichtigen, darf ich auf den 14-Punkte-Plan verweisen, den Bund und Länder gemeinsam verabschiedet haben.

Ich teile Ihre Einschätzung, dass die Dioxinbelastung für die Lebensmittelwirtschaft in Deutschland eine sehr schlimme Geschichte ist. Was die zusätzlichen niedersächsischen Reaktionen betrifft, können Sie ganz sicher sein, dass wir uns insbesondere darum kümmern werden, die Futtermittelkontrollen besser und risikoorientierter als bisher zu organisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage wird vom Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Herr Minister Lindemann, Sie haben gerade gesagt, dass LAVES-Chef Haunhorst durch eine interne Besprechung am Freitag, dem 14. Januar, um 16 Uhr über die falschen Lieferlisten des Betriebs in Damme informiert worden war. Bestand zu diesem Zeitpunkt noch Zeit und Gelegenheit, die zuständige Bundesagrarministerin zu informieren?

Herr Minister!

Der LAVES-Chef - deshalb habe ich darauf hingewiesen, dass er das in einer internen Besprechung erfahren hat - ist mitten in einer Besprechung mit seinen Mitarbeitern darüber informiert worden: über die Zahl, aber nicht über die konkreten Auswirkungen und Einschätzungen. Das hat er danach ermitteln müssen. Insoweit sehe ich ad hoc, ohne dass das im Detail und bis zum Ende geprüft ist, kein Fehlerverhalten von Herrn Professor Dr. Haunhorst. Aber das werden wir, wie auch bei allen anderen, in Ruhe überprüfen, wenn wir mit dem akuten Geschehen durch sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage wird von Herrn Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass Sie, Herr Lindemann,

schon vor der Vereidigung bestens informiert waren und deshalb den Fall des belasteten Schweinefleischs, das in den Handel gelangt ist, kennen, frage ich Sie, ob Sie jetzt hier im Plenum endlich Ross und Reiter nennen, welche Marken und welche Produkte davon betroffen sind, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, ob das Schweinefleisch, das sie gekauft haben, möglicherweise das ist, bei dem Sie einräumen mussten, dass es dioxinbelastet in den Handel gelangt ist.

Die Bundesministerin hat die Länder mehrfach aufgefordert, die betroffenen Betriebe zu nennen. Ich fordere Sie hiermit auf, uns zu sagen, welche Produkte und welche Marken in welchen Supermärkten das sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Meyer, Sie können zwar gerne auffordern, aber Sie dürfen hier nur fragen. - Herr Minister, auf die Frage bitte eine Antwort.

(Olaf Lies [SPD]: Eine auffordernde Frage!)

Es handelt sich dabei um eine Schlachtung, die nach Sachsen-Anhalt geliefert wurde und dort in geschlachteter und zerlegter Form vermarktet worden ist. Noch während der Sperre ist eine Mischprobe von zwei probegeschlachteten Schweinen untersucht worden. Diese ergab einen Höchstgehalt von 1,51 Pikogramm pro Gramm. Das sind 0,5 Pikogramm mehr als erlaubt. Das führte dazu, dass der Vorgang in das Schnellwarnsystem der EU eingespeist worden ist.

Inzwischen gibt es aus dem beschlagnahmten Fleisch nähere Untersuchungen. Die Ergebnisse stammen vom 18. Januar 2011. Der mitgeteilte Gehalt an Dioxin liegt bei 0,26 Pikogramm pro Gramm, also sehr deutlich und sehr weit unter dem Höchstgehalt.

Danke.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Welche Marken, die über den Grenzwerten waren, sind schon vorher in den Han- del gelangt?)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Hausmann von der SPD-Fraktion gestellt.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass in der Unterrichtung des Agrarausschusses immer darauf hingewiesen wurde, dass es hier nicht um einen Systemfehler, sondern um kriminelle Energie ging: Sind Sie immer noch der Meinung, dass es hier lediglich kriminelle Energie war, die zu dem Skandal geführt hat? Oder sind Sie inzwischen auch derselben Meinung wie wir, dass hier ein Systemfehler vorliegt?

(Zustimmung von Hans-Henning Adler [LINKE])

Vor diesem Hintergrund frage ich: Erstens. Ist es ein Systemfehler? Zweitens. Wenn es kein Systemfehler ist, wie wollen Sie dann garantieren, dass künftig keine Lebensmittelskandale in Niedersachsen mehr auftreten?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Zunächst noch zu Herrn Meyer: Das Schweinefleisch ist unverarbeitet zurückgerufen worden. Insoweit ist es gar nicht erst zur Marke geworden. Deshalb kann ich Ihnen nicht sagen, unter welcher Marke es vermarktet worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dass es sich bei dem Vorfall um kriminelles Geschehen und nicht um einen Systemfehler handelt, ist nicht nur unsere Einschätzung, sondern auch die Einschätzung der EU. Was ich mit „Systemfehler“ gemeint habe - um das ganz deutlich zu sagen -, ist, dass die Gruppe derjenigen, die das getroffen hat, eher zufällig als systemorientiert zusammengesetzt ist. Wir kennen aus der Vergangenheit das Phänomen, dass unterschiedliche Gruppen von Landwirten - seien es konventionelle oder Biolandwirte - von solchen Ereignissen betroffen gewesen sind. Deshalb sage ich: Das ist nicht von dem System abhängig, in dem Landwirtschaft

betrieben wird, sondern das ist kriminelle Energie gewesen.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)

Wir prüfen jetzt - übrigens auch im Rahmen der Entwicklung aus dem 14-Punkte-Programm -, ob und welche Schwächen es im System der Futtermittelkontrolle gibt. Dazu sage ich Ihnen, dass wir eine Situation haben, in der auch wir sehr wohl der Überzeugung sind, dass das System der Futtermittelkontrolle viel stärker und auch bundesweit orientiert überprüft, auditiert und überwacht werden sollte; das ist sicherlich richtig. Vor allen Dingen ist es mir ein Anliegen, deutlich zu machen, dass dies, wie bei Lebensmitteln auch, viel stärker als bisher risikoorientiert geschehen muss. Insoweit habe ich durchaus eine Systemänderung im Fokus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage wird vom Kollegen Herzog von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie am 19. Januar in der Neuen Osnabrücker Zeitung folgendermaßen zitiert werden:

„Allerdings existiert meines Wissens ein Vermischungsverbot erst seit dem 1. Januar 2010. Die Akteure in Uetersen haben - möglicherweise mithilfe der Eigenkontrollen - einen Verschnitt aus dioxinbelasteten und unbelasteten Futtermitteln hergestellt, um damit unter den Obergrenzen zu bleiben. Und das ist vor 2010 mutmaßlich sogar noch erlaubt gewesen.“,

und vor dem Hintergrund, dass für Futtermittel aus Gras, Heu und Silage schon seit 2003 ein Vermischungsverbot bestand, frage ich Sie: Wer ist für das Versäumnis verantwortlich, dass 2003 auch für industrielle Futtermittel kein Vermischungsverbot festgesetzt wurde?

(Heiner Schönecke [CDU]: Frau Kü- nast!)

Herr Minister!

Das Vermischungsverbot existiert in der Tat seit 2003. Es ist das gleiche Vermischungsverbot für alle Futtermittel.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Von Renate Künast eingeführt, liebe Kollegen!)

- Wenn jemand etwas Gutes tut, dann ist das gut, egal wer es einführt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Reinhold Coenen [CDU]: Herr Meyer begreift das noch nicht so ganz!)

Nachdem auch das geklärt ist, kommt jetzt Herr Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass unklar ist, ob das dioxinbelastete Futter vielleicht nicht erst seit März 2010, sondern eventuell schon Monate oder Jahre vorher in den Handel gelangt ist, frage ich Sie: Wurden bzw. mit welchem Ergebnis wurden die Tochtergesellschaften UNASynth Uetersener Naturstoffextraktion und Auftragssynthese GmbH und die Protank Produktions- und Tanklager GmbH in Uetersen, die Tochtergesellschaften der Firma Harles und Jentzsch sind, durchsucht und analysiert?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!