Protocol of the Session on January 19, 2011

Die Linke führt Rot-Grün vor. Sie versucht nämlich, aus dieser Blockadehaltung politisch Kapital zu schlagen. Ich will das begründen. Rot-Grün baut vermeintliche Hindernisse auf, die mit dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts absolut nichts zu tun haben. Dazu gehört der flächendeckende ge

setzliche Mindestlohn. Das ist eine völlig andere Geschichte.

(Johanne Modder [SPD]: Er hat nichts damit zu tun?)

Dazu gehört auch die Forderung nach Schulsozialarbeitern für mal eben 3 Milliarden Euro bis 4 Milliarden Euro, die der Bund finanzieren soll. Übrigens: Die Kitaplätze in Niedersachsen, die Sie jetzt ins Spiel bringen, haben mit der Regelsatzproblematik nun wirklich nichts zu tun.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Mit der Infrastruktur!)

Das Superwahljahr 2011 lässt grüßen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das in einen Zusammenhang bringen, ist eine weitere Variante der Dagegen-Republik, die RotGrün überall vorantreibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ist das jetzt Verpflichtung bei Ihnen? Müssen Sie das jetzt immer sagen?)

Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregierung trägt mit den neuen Regelbedarfen entgegen rot-grüner Auffassung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts absolut Rechnung und enthält mit dem Bildungspaket einen Quantensprung zur aktivierenden Sozialpolitik, die nicht auf immer mehr Transferleistungen setzt.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt einen sehr gut begründeten Gesetzentwurf. Darin kann jeder nachlesen, dass aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 230 Positionen ermittelt wurden, die die Grundlage für alle Berechnungen darstellen, und dass sogar mehr neue Positionen in die Berechnungen aufgenommen worden sind als ausscheiden. Es wurden nämlich 13 Positionen neu aufgenommen, und 10 sind entfallen. Auch dies zeigt, dass auf moderne Erfordernisse Rücksicht genommen wird und dass eine gesetzgeberische Wertentscheidung vorliegt, die von allen Grundlagen und Berechnungen her, die es zu berücksichtigen gilt, sehr gut nachvollziehbar ist.

Das, was Sie, Herr Humke, vorhin zur gesunden Ernährung gesagt haben, war die reinste Polemik.

(Beifall bei der CDU)

Übrigens gibt es, um individuell unterschiedlichen Bedarfen beim ÖPNV gerecht zu werden - der eine fährt, der andere nicht -, ein Prinzip im Gesetz, nämlich die Pauschalierung. Es gibt den monatlichen Pauschalbetrag. Dieser ist im Gesetz festgehalten. Es gibt keine Spitzkostenabrechnung, sondern eine pauschale Leistung.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was ma- chen die Leute auf dem Land?)

Der DPWV geht noch weiter und fordert 35 Euro mehr im Monat. Das würde 3 Milliarden Euro kosten. Dies wird in den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts überhaupt nicht gefordert und bedeutet nur, dass der DPWV die Referenzgrundlagen mit den 20 %, die er oberhalb der Hartz-IVSchwelle ansetzt, viel zu hoch schraubt. Das ist nicht mehr zu vertreten. Vielmehr ist es entscheidend, dass wir auf die Gesamtleistungen abstellen, die jemand erhält, wenn er Sozialleistungen nach SGB II und SGB XII bezieht.

Zwischen den Leistungsberechtigten und den vollerwerbstätigen Arbeitnehmern muss ein angemessenes Verhältnis bestehen. Das haben wir hier schon im November im Einzelnen hören können. Die durchschnittliche vierköpfige Familie, die Hartz-IV-Leistungen bezieht, erhält monatlich 1 600 bis 1 800 Euro netto. Das verdienen sehr viele in der Industrie tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Nahverkehr bei voller sozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit nicht.

(Johanne Modder [SPD]: Schlimm genug!)

Da können Sie nicht sagen, dass hier Hartz IV verrissen wird.

Wir müssen beim Einsatz öffentlicher Mittel vor allen Dingen auf Bildung, Ausbildung und Arbeit sowie auf Aktivierung setzen und nicht auf passive Geldtransfers.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das machen wir auch jetzt mit dem Bildungspaket. Wir wollen sehen, dass das bei den jungen Leuten ankommt. Dazu brauchen wir unsere Kommunen. Das ist unsere Meinung. Das haben die CDU in Niedersachsen, meine Landtagsfraktion und auch die FDP immer vertreten. Unser Wirtschaftsminister tut das auch heute im Vermittlungsausschuss. Wir werden sehen, dass das funktionieren und eine neue Bildungsbewegung mit auslösen wird.

Wir danken der Landesregierung und unserem Wirtschaftsminister sehr herzlich für die Arbeit und hoffen, dass alles zu einem gute Ende kommt. Wir bitten die rot-grüne Seite, daran mitzuwirken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Grascha. Bitte sehr, Herr Grascha!

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Sagen Sie uns einmal, was Herr Bode ei- gentlich im Vermittlungsausschuss macht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich zunächst einmal feststellen:

Die Hartz-IV-Regelsätze werden zum ersten Mal transparent und nachvollziehbar berechnet und nicht mehr ins Blaue hinein geschätzt. Zum ersten Mal erklärt die Politik, was warum in den Regelsätzen enthalten ist und was nicht. Zum ersten Mal wird der Bedarf von Kindern und Jugendlichen eigenständig erfasst und nicht mehr vom Erwachsenensatz abgeleitet. Zum ersten Mal werden die Bildungsausgaben für Kinder und Jugendliche berücksichtigt und durch Sachleistungen zielgenau an die Kinder weitergegeben.

Sehr geehrte Kollegen von Rot-Grün, da sollten Sie einmal aufpassen. Das war bei Ihnen nämlich nicht berücksichtigt. Bei Ihnen gab es keinen einzigen Euro für die Bildung der Kinder.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil nicht die Höhe des Satzes bemängelt, sondern die Zusammensetzung, die Nachvollziehbarkeit. Daraus letztlich abzuleiten, dass die Höhe des Satzes nicht in Ordnung sei, ist reine politische Willkür.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es geht darum - das ist der eigentliche Auftrag, den wir vom Bundesverfassungsgericht bekommen haben -, den Satz realitäts- und bedarfsgerecht zu ermitteln. Es geht um Realitätsgerechtigkeit. Das, was Sie hier machen, meine Damen und Herren, ist eine Verhöhnung von Geringverdienern, die nämlich genau

von diesen Beträgen leben und dafür hart arbeiten müssen.

Aber, meine Damen und Herren, liebe Kollegen von den Linken, Ihnen gehen mittlerweile die Mitkämpfer von der Fahne. Ich darf den Kollegen Özdemir, Parteichef der Grünen, zitieren, der in der Zeitung Die Welt vom 7. Januar gesagt hat:

„Wir Grünen müssen uns überlegen, ob diese Aufstiegsmobilität primär durch Transferleistungen gewährleistet werden kann“.

Meine Damen und Herren, das ist der Punkt, um den es eigentlich geht. Es geht darum, die Möglichkeit des Aufstiegs zu schaffen und diese Möglichkeit auch den Hartz-IV-Empfängern zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit haben Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen und insbesondere von der Linken, hier völlig aus den Augen verloren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Es ist absurd, was Sie da reden!)

Ihnen geht es ausschließlich darum, die Menschen, die keine Arbeit haben, zu verwalten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist doch völlig abstrus! Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Uns geht es darum, diesen Menschen Chancen zu eröffnen, damit sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen und selbst gestalten lernen können. Das, meine Damen und Herren, ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Arbeitslosengeld-II-Empfänger erhalten in Deutschland ein steuerfinanziertes Budget zur freien Verfügung. Das Verfassungsgericht hat es aber in die Verantwortung der Politik gelegt, den Warenkorb entsprechend zusammenzustellen. Die Solidarität der Gesellschaft gibt auch diesen Menschen die Möglichkeit, ein eigenverantwortliches Leben zu führen. Das ist überhaupt keine Frage; das wollen wir selbstverständlich garantieren. Wer aber Alkohol und Tabak konsumieren möchte, der muss es aus seiner eigenen Verantwortung tun und muss dann an anderer Stelle kein Geld oder weniger Geld ausgeben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ent- scheiden also Sie!)

Auch an dieser Stelle spitzt sich der Unterschied wieder zu: Sie wollen zusätzliches Geld für Tabak und Alkohol, wir wollen das Geld für die Bildung der Kinder.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir wol- len, dass die Durchschnittsverbräuche der Bevölkerung berücksichtigt wer- den, nicht autoritäre Entscheidungen!)

Meine Damen und Herren, es geht bei den Regelsätzen darum, die Höhe fair zu berechnen. Es geht darum, das Lohnabstandsgebot einzuhalten.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber doch nicht gegenüber Dumpinglöh- nen!)

Wir wollen die Anreize für Arbeit weiter verbessern.