Protocol of the Session on June 5, 2008

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Nein!)

Dann hat Herr Kollege Herzog das Wort. Sie haben sich ziemlich spät gemeldet. Vom Grundsatz her ist es so, dass man sich, wenn man sich auf eine Person beziehen möchte, unmittelbar im Anschluss zu melden hat. Sie müssen sich auf die Kollegin Stief-Kreihe beziehen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie es hinbekommen. Sie haben eine Redezeit von 1:30 Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Stief-Kreihe! Frau Staudte hat es eben angesprochen. Ich möchte Ihnen einmal schildern, wie die Abstandsregelung in der Praxis aussieht. Da haben Sie gleich ein ganz konkretes Beispiel, bei dem die im Bundestag beschlossene Regelung völlig ausgehebelt wird.

Wir haben in Laase - das ist das Beispiel, das Miriam Staudte eben beschrieben hat - folgenden Fall:

Dort soll Genmais angebaut werden. Im Abstand von 40 m hat der gleiche Bauer sein nächstes, konventionelles Maisfeld. 120 m von dem Genacker entfernt hat ein anderer Bauer einen konventionellen Maisacker. Mit dem ersten Acker, nämlich seinem eigenen, macht er die Absprache mit sich selbst, also überhaupt keinen Schutz vor Ausbreitung. Mit dem anderen Bauern hat er die Absprache von 120 m. - Bei diesem konkreten Beispiel können Sie feststellen, wie diese Abstandsregelung, von der Sie meinen - ich nicht! -, dass sie ausreichend ist, ausgehebelt wird. Durch dieses eine Beispiel in Laase im Wendland, im Biosphärenreservat, im sensibelsten aller Bereiche wird deutlich, dass dieses Gesetz völlig irrelevant ist und nicht greift.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Frau Kollegin Stief-Kreihe möchte antworten. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Ich möchte für beide Redner nur noch etwas klarstellen. Ich habe gesagt, dass man über die Höhe der Abstände streiten kann. Ich habe aber auch auf die Aussage in dem Antrag hingewiesen, dass sich alles mit der Novellierung des Gentechnikgesetzes verschlechtert hat. Vorher gab es nämlich überhaupt keine Abstandsregelung.

Lassen Sie uns gemeinsam über mögliche Veränderungen oder die Höhe von Abständen streiten. Das hier angeführte Beispiel fällt übrigens in den Bereich „nachbarschaftliche Absprachen“. Lassen Sie uns gemeinsam gucken, was verbesserungswürdig ist. Aber interpretieren Sie meine Aussagen von vorhin nicht falsch.

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Stief-Kreihe. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Kollegin König das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit uns heute ganz klar wird, worüber wir reden: Dies ist Saatgut für genveränderten Mais, Beutegut vom Elbacker.

(Die Abgeordnete zeigt ein Glas mit Maissaat.)

Äußerlich ist es harmlos. Die Gefahr liegt im Kern, im Inneren.

(Christian Dürr [FDP]: Ich würde es essen!)

Was die Bauern wegen der Aussicht auf Gewinnsteigerung zunächst anlockt, wird später zur Falle und führt zu einem unabschätzbaren Schaden für die gesamte Landwirtschaft. Schauen Sie sich nur einmal an, was in Kanada geschieht. Auch Südamerika ist durch die Abhängigkeit von einem Konzern, nämlich von Monsanto, ins totale soziale und ökologische Chaos gestürzt.

Lassen Sie uns von den Fehlern in diesen Ländern lernen. Genveränderte Nahrung bringt uns gesundheitliche Schäden wie Penizillinresistenz oder Senkung der Allergieschwelle, und sie wirft die Frage auf, warum in den Ländern, in denen Genanbau stattfindet, immer mehr Kinder mit Schäden an inneren Organen zur Welt kommen.

Sie kennen das Sprichwort „Vogel, friss oder stirb“. Wollen wir ernsthaft sagen: „Mensch, iss und du wirst krank“?

(Clemens Große Macke [CDU]: Gilt das auch für weiße Gentechnik?)

Die Fraktion der CDU bezieht sich in den Debatten oft auf ihre christlichen Werte. Schließen Sie sich dem Handeln der Kirche an: Kein Genanbau auf kirchlichem und auf Landesboden!

(Beifall bei der LINKEN)

Bitte keine Fördermittel mehr in diese Gentechnik!

Ein Beispiel aus der Region. Obwohl sich eine Stadt gegen den Genanbau ausgesprochen hat, ist es dort zur Aussaat gekommen, mit großem personellen Aufwand, mit ein bisschen Polizeieinsatz. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: Zu diesem Glas sind Gläser hinzugekommen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wieder einmal ist die Genaussaat auf dem Elbacker verhindert worden. Die Polizei hielt sich im Hintergrund, und viele Helfer - benennen wir sie mit biblischen Gestalten -, viele kleine Davids haben den Riesen Goliath mit Fantasie und Entschlossenheit besiegt.

Die Natur lässt sich nicht ungestraft ins Handwerk pfuschen. Gott hat sie uns anvertraut, und wir müssen sie wahren und schützen.

Das Argument, wir benötigen die grüne Gentechnik, um der ansteigenden Bevölkerungszahl ge

recht zu werden, ist Quatsch. Täglich werden auf dieser Erde 2 700 Kalorien pro Mensch produziert. Ich räume ein, dass es gleichwohl Menschen gibt, die hungern. Aber das liegt an der ungerechten Verteilung, nicht an der vorhandenen Menge. Hier tut Handeln not.

(Beifall bei der LINKEN)

Gestatten Sie mir zum Abschluss einen Vergleich. Die Reformen im Gesundheitswesen haben dazu geführt, dass mensch sich mit mehr Geld mehr Gesundheit kaufen kann. „Biste arm, dann musste leiden, Pech!“ So wird es bei der Gentechnik nicht gehen. Bienen und Pollen halten sich nämlich nicht an Vorschriften. Die kennen keine Gefahr- oder Verbotsschilder. Fragen wir doch einmal bei den Brandenburgern nach, wie sie den Bienen und Pollen das mit den 800 m Abstand beigebracht haben.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Die Natur lässt sich nicht ins Handwerk pfuschen. Die Folgen werden wir alle tragen müssen, egal ob arm oder reich. Die Fraktion DIE LINKE sagt ein klares Nein zur grünen Gentechnik.

Mein Dank geht an alle Saatgutaufleser. Das sind die Helden unserer Umwelt. Es gilt der Leitspruch: Monsanto muss sich vom Acker machen!

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Der nächste Redner ist Herr Oetjen von der FDPFraktion. Ich erteile Ihnen das Wort.

(Christian Dürr [FDP]: Jetzt kommt endlich wieder Klarheit in die Sache!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die in Deutschland erbittert geführte Debatte um die Nutzung der grünen Gentechnik erinnert mich an Don Quichottes Kampf gegen die Windmühlen. Don Quichotte kennen wir alle: als naiven Idealist oder als lächerlichen Narr; beides kann man in ihm sehen. Auf jeden Fall aber taugt er nicht zum Vorbild für einen verantwortlich handelnden Politiker.

So wie die Windmühlen zur Zeit Cervantes’ Arbeitserleichterung und bescheidenen Wohlstand brachten, so dient die biotechnologische Pflanzenzüchtung heute der Verbesserung der landwirt

schaftlichen Erträge, der Nachhaltigkeit der Wirtschaft und, meine Damen und Herren, insbesondere in den Schwellenländern dem Aufbau der Wirtschaft und der Bekämpfung der Armut. Diese Wahrheit muss zur Kenntnis genommen werden.

Die Gentechnik ist eine Züchtungsmethode, die sich auf vielen Gebieten bewährt hat. Ich verweise auf die Züchtung von Mikroorganismen zur Herstellung von Arzneimitteln, Vitaminen und Aminosäuren oder auf die Züchtung von Kulturpflanzen, die weltweit auf 114 Millionen ha angebaut werden. Gentechnisch veränderten Sorten, die alle Hürden des Zulassungsverfahrens übersprungen haben, nun die EU-Zulassung zu verweigern, wäre eine mittelalterliche Vorgehensweise, die wir für völlig fehl am Platze halten.

(Beifall bei der FDP)

Ein Beispiel dafür, welche Auswirkungen diese Vorgehensweise hat, ist die ab 2009 drohende Unterversorgung mit Eiweißfuttermitteln. Aufgrund von zu langsamen Zulassungsverfahren in der EU ist die tiergerechte Ernährung von Geflügel und Schweinen in Deutschland akut bedroht. Der Import von Soja und anderen Eiweißträgern ist daher auch eine Frage des Tierschutzes und der Tiergesundheit, meine Damen und Herren; das dürfen wir nicht außer Acht lassen.

Herr Kollege Oetjen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Herzog?

Herr Herzog, bitte!

Schönen Dank, Herr Kollege Oetjen. Folgende Frage: Sie haben das eben mit dem Mittelalter verglichen. Sind Sie der Meinung, dass Frankreich im Mittelalter lebt?

Nein, ich bin nicht der Meinung, dass Frankreich im Mittelalter lebt. Meinem Vergleich lag vielmehr zugrunde, dass man im Mittelalter die Wissenschaft außer Kraft setzen wollte, weil man sich gegen die Vorstellung gewehrt hat, dass die Erde nicht im Mittelpunkt unseres Sonnensystems stehen könnte.

(Beifall bei der FDP)

Für uns gibt es keine Alternative zu einem Zulassungsverfahren, das sich ausschließlich an den Ergebnissen der Wissenschaft orientiert. Minister Seehofer sagt zwar oft, dass er genau dafür eintritt, doch orientiert er sich bei seinem Abstimmungsverhalten im Agrarministerrat nicht an den Gutachten der EFSA und nicht an den Gutachten der ZKBS. Seehofer handelt unehrlich, meine Damen und Herren: Er blinkt rechts und biegt links ab. Das verursacht Unfälle, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Der uns vorliegende Antrag der Fraktion der Grünen ist einmal mehr ein untaugliches Mittel, sich gegen die grüne Gentechnik zu wehren. Die Grünen wollen keine Gentechnik. Das ist ihr gutes Recht. Die Forschung zu verbieten, ist allerdings weltanschaulicher Blödsinn, den wir nicht mitmachen werden.

(Beifall bei der FDP)