Nun kann man in der Abfallpolitik durchaus unterschiedlicher Meinung sein, Herr Kollege Hagenah. Aber am Ende geht es doch nur um eine einzige Frage, meine Damen und Herren: Wem gehört das Altpapier der Bürgerinnen und Bürger? - Natürlich denken die Parteien, die von Eigentum nicht so viel halten, als allererstes an den Staat. Nein, meine Damen und Herren, das Altpapier gehört den Bürgern selbst; sie sollten auch darüber entscheiden dürfen, wem sie es am Ende zur Entsorgung geben.
Wir als Umweltpolitiker sollten froh darüber sein, dass Abfälle, die oftmals wertvolle Rohstoffe sind, mittlerweile am Markt einen echten Wert haben. Es ist ein gutes Zeichen eines funktionierenden Marktes, wenn immer mehr Abnehmer diese Rohstoffe haben wollen. Anstatt Katastrophenszenarien an die Wand zu malen, sollten Rote, Grüne und Linke akzeptieren, dass wir mit der immer weiter verbreiteten haushaltsnahen Sammlung von Altpapier gerade bei den Recyclingquoten einen echten Schritt nach vorne machen. Auch wenn das nicht in Ihr Weltbild, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Roten, Grünen und Linken, passt: Dieser Markt nützt am Ende vor allem der Umwelt.
Von Ihrer Seite wird immer wieder behauptet - auch Frau Schröder-Ehlers hat das vorhin getan -, dass private Altpapierentsorger durch ihre Sammlungen die Gebühren für den Restmüll in die Höhe treiben würden. Weil die Gebühren für die anderen Tonnen bisher durch das Altpapier quersubventioniert werden, könnten Ihrer Meinung nach die Abfallgebühren insgesamt steigen. Meine Damen und Herren, hier stellt sich doch die Frage, warum man nicht auch hier mehr Wettbewerb wagen sollte. Wenn ein Haushalt sein Altpapier der Kommune gibt - warum soll er dann nicht auch einen Rabatt auf die anderen Tonnen bekommen? Und umge
kehrt: Derjenige, der sein Altpapier einem anderen Entsorger gibt, muss damit rechnen, dass er mehr für seinen Restmüll bezahlt. Es wird sich dann zeigen, ob der neue Anbieter bereit ist, für das Altpapier etwas zu zahlen, sodass es sich für den Bürger lohnt. All das ist möglich. Vor allem, meine Damen und Herren: Dafür brauchen wir keine Gesetzesänderung.
In diesem Zusammenhang behaupten Sie ja auch, dass die Kommunen den privaten Entsorgern völlig hilflos ausgeliefert seien und sich nicht wehren könnten. Das ist aber die glatte Unwahrheit. Wenn eine konkrete Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses nachgewiesen werden kann, weil z. B. die Funktionsfähigkeit der kommunalen Entsorgung durch erhebliche Gebührensteigerungen gefährdet ist, dann kann eine Kommune das Aufstellen blauer Tonnen selbstverständlich verhindern, um das an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen.
Ich möchte das einmal kurz am Beispiel der Abfallwirtschaft Region Hannover - kurz: aha - deutlich machen.
Die aha hat sich in der Vergangenheit massiv in den privaten Markt für Gewerbeabfälle eingemischt und mit Dumpingpreisen mittelständische Unternehmen mitsamt den Arbeitsplätzen aus der Region Hannover vertrieben. Auch das muss man einmal deutlich sagen.
Gleichzeitig aber hat es aha nicht auf die Reihe gekriegt, den privaten Haushalten ein vernünftiges Entsorgungsangebot für Altpapier zu unterbreiten.
Erst als private Unternehmen, Herr Hagenah, dies durch die Aufstellung eigener Papiertonnen verbessern wollten, ist dieser sozialdemokratische Schlafverein aufgewacht, meine Damen und Herren. Auch das muss man deutlich sagen.
Dann wollte man den Privaten diese Verbesserung des Entsorgungsangebots gerichtlich verbieten lassen, weil man selbst nicht in der Lage war, den Bürgern Papiertonnen zur Verfügung zu stellen. Das hat mit einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der kommunalen Entsorgung nichts, aber auch
gar nichts zu tun. Da hat man schlicht und einfach gepennt. Deshalb war es auch richtig, dass die Gerichte an dieser Stelle nicht mitgemacht haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer seine Hausaufgaben bei der Abfallentsorgung über Jahre nicht gemacht hat, der hat auch kein Recht darauf, vor privater Konkurrenz geschützt zu werden.
Im Übrigen muss man eines einmal deutlich unterstreichen: Was Grüne, SPD und Linke hier im Zusammenhang mit diesem Antrag wollen - Sie alle werden offensichtlich am Ende dem Antrag der Grünen zustimmen -, nämlich den Wettbewerb zu verbieten, würde nicht nur gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen, sondern käme auch einem Berufsverbot gleich. Meine Damen und Herren, das wäre verfassungswidrig, und deshalb machen wir das Ganze nicht mit.
Ich will, meine Damen und Herren, zum Schluss noch auf einen Punkt im Antrag der Grünen hinweisen; er ist, wie ich finde, bemerkenswert. Da wird, Herr Kollege Wenzel, in Punkt 2 gefordert, dass gemeinnützige Vereine nur noch unter Vorbehalt Altpapier einsammeln dürfen.
Bisher ist es so, dass gemeinnützige Vereine eine herausgehobene Stellung im Abfallgesetz haben. Das ist übrigens ein Grund, warum viele private Unternehmen mit Vereinen zusammenarbeiten; davon profitieren die Vereine finanziell stark. Ich finde es schon unglaublich, meine Damen und Herren, dass sich Ihr Antrag nicht nur gegen Unternehmen, sondern auch gegen gemeinnützige Vereine richtet, die mit den Erlösen aus dem Altpapier ihre Jugendabteilungen und andere wichtige Aufgaben finanzieren. Das ist ein Schlag ins Gesicht all der Ehrenamtlichen, die für ihre Vereine ihre Freizeit opfern, meine Damen und Herren.
Das ist die Politik der Grünen, und Rote und Linke machen fleißig mit. Da haben sich drei gefunden. Den Schaden, den Sie an der Gesellschaft anrich
Herr Hagenah hat sich zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Dürr gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausweislich der Abfallsatzung und auch der Praxis in der Region Hannover weise ich hier erstens die wiederholt von Herrn Dürr vorgebrachten haltlosen Behauptungen zurück,
in der Region Hannover sei keine flächendeckende Entsorgung und Verwertung von Altpapier in den vergangenen Jahren gewährleistet gewesen, und fordere ihn auf, dies zurückzunehmen und sich zu entschuldigen, weil das nicht der Wahrheit entspricht und er hier dem Parlament die Sachverhalte wahrheitswidrig darstellt.
Zweitens weise ich darauf hin, Herr Dürr, dass nach § 13 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes herzuleiten ist, dass „Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet“ sind, „diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen … zu überlassen“ haben. In unserem Antrag ging es darum, das so zu präzisieren, dass das durch eine Satzung auch gerichtsfest umgesetzt werden kann. Sie wollen das zugunsten einiger privater Entsorger, die Rosinenpickerei betreiben wollen, zulasten aller Gebührenzahler - weil die Gebühren dadurch steigen - unterlaufen. Das ist falsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, eines werde ich nicht tun: Ich werde mich nicht bei einem Monopo
listen, der in Hannover viele mittelständische Arbeitsplätze auf dem Gewissen hat, entschuldigen. Nie und nimmer! Nicht in diesem Parlament und auch nicht sonst wo, meine sehr verehrten Damen und Herren!
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie quat- schen darüber und haben keine Ah- nung, was überhaupt los ist!)
Natürlich, selbstverständlich: Dieser sozialdemokratische Schlafverein von aha hat mittelständische Arbeitsplätze kaputt gemacht, hat es nicht auf die Reihe gekriegt, weder in der Landeshauptstadt noch im alten Landkreis Hannover, blaue Tonnen flächendeckend aufzustellen.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie haben überhaupt keine Ahnung, was hier im Landkreis Hannover los ist! - Weitere Zurufe)
Als die Privaten kamen und gesagt haben „Wir entsorgen euer Altpapier, liebe Bürgerinnen und Bürger.“, da kam aha an und sagte: „Das müssen wir gerichtlich verbieten lassen, zu viel Wettbewerb - davor haben wir Angst.“ Bei den Gewerbeabfällen hätte ich gerne einmal von aha gehört, dass sie dafür sind.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, um das ganz deutlich zu sagen: Hier ist so viel schief gelaufen. Die kalte Rotte wurde vorhin schon erwähnt. Sie haben die Abfallgebühren in Hannover durch rot-grüne Ideologie künstlich in die Höhe getrieben, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das müssen die Menschen wissen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Legen Sie doch einmal Ihre ideologischen Scheuklappen ab! - Unruhe)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich Herrn Minister Sander das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, nach dem Tagesordnungspunkt 17 in die Mittagspause zu treten. Um 15 Uhr wird die Beratung mit dem Tagesordnungspunkt 18 fortgesetzt.
- Herr Minister, ich bitte noch um einen Moment Geduld. Ich bitte um Ruhe. - Vielen Dank, jetzt geht es.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, zuerst muss ich feststellen: All das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist gültige Rechtslage. Sie haben es schon richtig gesagt. Wenn man Ihren Forderungen nachkommen wollte, müsste man als Erstes § 13 Abs. 6 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ändern. Das ist eine Grundvoraussetzung.