Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, zuerst muss ich feststellen: All das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist gültige Rechtslage. Sie haben es schon richtig gesagt. Wenn man Ihren Forderungen nachkommen wollte, müsste man als Erstes § 13 Abs. 6 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ändern. Das ist eine Grundvoraussetzung.
- Ja, Absatz 3. - Ich hatte auch Ihnen, Frau Kollegin Schröder-Ehlers, beim letzten Mal gesagt, dass ich über diese Frage mit dem Bundesumweltminister gesprochen habe, ob es eine Bereitschaft des Bundes geben würde, das zu tun. Das ist verneint worden. Wir haben trotzdem, nachdem wir Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt haben, diesen zugesagt, dass wir dieses Thema noch einmal zum Gegenstand eines Kamingesprächs der Umweltministerkonferenz machen wollten. Allerdings sind wir dabei auf wenig Gegenliebe gestoßen. Daran können Sie erkennen, dass in der Bundesrepublik eigentlich niemand bereit ist, dieses Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz dementsprechend zu ändern.
Die Kollegen Dürr und Bäumer haben einige wesentliche Punkte angesprochen. Das ist schon eine tolle Sache, Herr Kollege Wenzel, wenn Sie den Ehrenamtlichen das Sammeln verbieten wollen. Ich hatte Ihnen bereits das letzte Mal gesagt: Das wird genau gegenteilig gemacht. Die Vereine haben sich jetzt der Privaten bedient, weil auch sie Schwierigkeiten hatten, die Erfassung vorzunehmen.
Für uns ist es aus ökologischer Sicht wichtig, dass wir so viel Altpapier wie möglich der Verwertung zuführen. Dass Sie das verbieten wollen, ist für mich unverständlich.
Meine Damen und Herren, es ist ein fast absurder Vorschlag, wenn Sie für einen befristeten Zeitraum eine Ausschreibung vornehmen wollen. Das ist,
Nun, Frau Kollegin Schröder-Ehlers, Sie haben die Gerichte zitiert. Die Gerichte haben diese Anträge abgelehnt. Aber warum haben die Gerichte die Wünsche und Forderungen der Kommunen abgelehnt? Die Kommunen mussten nämlich nachweisen, dass die Gebühren steigen würden, wenn ein Privater kommen würde. Diesen Beweis haben sie nicht antreten können. Das ist genau der Punkt, an dem man im Augenblick bei einigen öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern versucht, mit diesem „Jetzt-werden-die-Gebühren-steigen-Gespenst“ zu arbeiten. Ich kann Ihnen einen öffentlich-rechtlichen Entsorger nennen, der vor Kurzem ein Gutachten in Auftrag gegeben hat und seine ganze Entsorgung unter die Lupe genommen hat. Er ist zu der Feststellung gekommen, dass sowohl im Organisationsbereich einiges schief liegt als auch eine Überbesetzung im Personalbereich vorhanden ist. Wenn er nur alleine diese Probleme beseitigen würde, käme es sogar zu einer Gebührensenkung.
Ich habe Ihnen auch gesagt, Frau Kollegin Schröder-Ehlers, dass - auch das ist in Hannover in den letzten vier Wochen eingetreten - die Privaten und der Verein Haus & Grund, diejenigen, die im Grunde genommen dafür zuständig sind, weil das Altpapier eben den Bürgern und nicht irgendeiner anonymen Kommune gehört,
Verträge abgeschlossen haben und die Privaten Geld anbieten. Dieses Geld ist im Grunde genommen eine Ermäßigung der Gebühren, die man sonst an diesen Verein zahlen müsste. Es wird nämlich Folgendes eintreten - davor haben Sie Angst -: Die Kommunen konnten nicht nachweisen, dass ihre Gebühren dadurch steigen könnten, sonst hätten die Richter anders entschieden. Wenn es sich so weiterentwickelt, wie alle es annehmen, dass es nämlich eine weitere Wertsteigerung für diesen Wertstoff geben wird, dann wird der Bürger, der eine blaue Tonne hat, dafür ein Entgelt bekommen. Das bedeutet eine Gebührensenkung bei gleichzeitiger qualitativ verbesserter Dienstleistung durch private Unternehmen.
Noch eines. Wenn Sie sich genau im Lande Niedersachsen umschauen, wo Private in den Markt gegangen sind, dann sind das die Bereiche mit
den Entsorgungsträgern, die ihre Aufgaben in den vergangenen Jahren nicht erfüllt haben. In die Bereiche der fortschrittlichen Entsorgungsträger- sie gibt es auch bei den Kommunen - sind die Privaten also nicht hineingegangen. Wo sich aber der Markt ergab, weil die Öffentlich-Rechtlichen die entsprechende Dienstleistung nicht angeboten haben, ist der Private hineingegangen.
Frau Schröder-Ehlers und Frau EmmerichKopatsch - ich hatte Sie das letzte Mal schon zitiert -, Sie haben sich zu dieser Frage nicht geäußert, weil Sie ja wohl öfter mit Herrn Gabriel Kontakt haben. Sie hätten ja alle Möglichkeiten, über Ihren Umweltminister in Berlin eine Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in Gang zu bringen. Es kommt aber kein Signal von dort, weil man nicht gegen Europarecht verstoßen will. Insofern wird diese Frage, wie ich glaube, zugunsten der Bürger entschieden. Der Bürger wird durch den Wettbewerb Vorteile haben.
Herr Hagenah, es tut mir leid, Ihr Fraktionsvorsitzender hat gleich noch die Gelegenheit zu sprechen. Eine Zwischenfrage ist jetzt nicht mehr drin. Es gab für mich nicht die Möglichkeit, während der Ausführungen des Redners einzuhaken.
Nach § 71 Absatz 3 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Wenzel für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Herr Dürr, Sie bauen hier einen Popanz auf, der wirklich unglaublich ist. Es geht hier nicht um die Verstaatlichung von Altpapier oder um die Staatsräson. Es geht auch nicht um die Beschneidung der Sammelmöglichkeiten der Ehrenamtlichen und der Feuerwehren. Es geht uns ganz im Gegenteil darum, die Sammelmöglichkeiten der Ehrenamtlichen dort, wo sie die entsprechende Aufgabe wahrnehmen wollen, zu sichern.
Es geht uns darum - das ist der entscheidende Unterschied, Herr Minister -, die Rechte zu wahren, die den Kommunen im Rahmen der Daseins
Wenn Sie jetzt hingehen und hier an einer Stelle eine Bresche in das Gesetz schlagen wollen und am Ende alles den Privaten dort überlassen wollen, wo sie meinen, sie könnten Gewinne machen, dann führt das wirklich zu einer knallharten Auseinandersetzung, in der es um mehr als nur um die Frage des Altpapiers geht. Es geht dann letztlich um die Frage der Daseinsvorsorge auch im europäischen Kontext. Es geht um die Frage, an welcher Stelle man sagt: bis hierhin und nicht weiter. Wenn man hier nämlich die Tür aufreißt, geht es künftig nicht mehr nur um Altpapier, sondern auch um ganz andere Fragen, bei denen die Kommunen heute das Recht haben, die Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, weil wir wissen, dass dies im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ist, weil es am Ende kostengünstiger ist, weil die Probleme in der Region gelöst werden und weil dies für die Zukunft von Belang ist. Deshalb werden wir Ihnen an dieser Stelle auch keinen Fußbreit an Boden überlassen und werden dafür kämpfen, dass wir die angestrebte Änderung im Gesetz erreichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die FDP will ich hier gar nicht viel reden. Wenn die CDU aber zulässt, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt und Herr Dürr in Fragen der Daseinsvorsorge sozusagen für die CDU mitreden kann, dann sage ich: Gute Nacht, liebe Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker der CDU.
Die FDP hat in den kommunalen Spitzenverbänden so gut wie nichts zu sagen. Die kommunalen Spitzenverbände haben mit ihren guten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern klare Kante gezeigt und gesagt: Hier geht es um öffentliche Daseinsvorsorge. - Herr Wenzel hat völlig
recht, wenn er sagt, dass wir es hier mit dem Versuch zu tun haben, in einen Bereich einzubrechen, der klassisch, traditionell und aus guten Gründen bei den Kommunen angesiedelt ist. Dieser Bereich ist selbstverwaltet und gut organisiert. Das gilt auch für die Region Hannover. Herr Dürr, was Sie hier ausgeführt haben, werden wir in gedruckter Form an Bürgerinnen und Bürger, an die Kolleginnen und Kollegen bei aha und auch an die verteilen, die hier nach dem Motto vorgeführt werden sollen, dass ihr Altpapier sonst nicht entsorgt würde.
An jedem Arbeitstag in der Woche wird in der Region Hannover Papier in Säcken wohlsortiert abgefahren, und zwar unter Berücksichtigung der Gebühren. Wer Rosinenpickerei betreibt und wer im Papierbereich die Erlöse aus der Gesamtrechnung herausnimmt, muss nicht Betriebswirtschaft studiert haben, um zu wissen, dass sich eine Auswirkung bei den Gebühren ergibt. Das ist doch völlig klar. Die Bürger bezahlen weiterhin Gebühren. Das sogenannte umsonst Abfahren des Papiers bringt Erlöse an anderer Stelle. Das bedeutet eine Privatisierung der Erlöse bei der Altpapierbeseitigung. Das bedeutet eine Verlagerung der höheren Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger. Herr Dürr, wer die Leute auf diese Weise für dumm verkauft, verfolgt ein Ziel. Das Ziel ist die Zerschlagung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Man muss ihnen dann im richtigen Moment Kante zeigen. Das gilt auch für den Minister. Das machen wir nicht mit.
Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE hat nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung um Redezeit gebeten. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit, Herr Herzog.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ehrenamtlichen sammeln alles Mögliche. Sie sammeln Tannenbäume, sie sammeln Schrott und verdienen damit Geld. Das sollen sie ruhig tun. Herr Bäumer, warum haben Sie nicht einen Änderungsantrag gestellt? Das wäre kein Problem gewesen. Warum haben Sie im Umweltausschuss nicht gesagt: Ich kann den Antrag unterstützen,
aber in dem Punkt, um den es hier geht, möchte ich ihn etwas anders formulieren? Das haben Sie nicht getan.
Sie suchen lediglich Gründe, um aus dem Dilemma herauszukommen, um das Gesicht zu wahren. Das Bild von dem Schwanz, der mit dem Hund wedelt, war sehr treffend.
Flächendeckend - genau darum geht es. Herr Sander, Sie haben hier ein schönes Müllmärchen erzählt. Ich erzähle Ihnen jetzt einmal, wie es in Lüchow-Dannenberg in der Praxis aussieht. Die Praxis - Herr Dürr, hören Sie gut zu - sieht folgendermaßen aus. Es gibt dort einen beauftragten Dritten, einen Privaten, der im Auftrag des Kreistages flächendeckend Altpapier per Bündelsammlung eingesammelt hat. Das hat funktioniert. Es entstanden keine Kosten für den Landkreis. Jetzt kommt der zweite Private - Sie haben dies nicht begriffen, obwohl ich es Ihnen schon dreimal erklärt habe -, der nur in den Städten per Tonne sammelt. Der erste Private stellt auch Tonnen bereit. Damit haben wir schon zwei verschiedene Tonnen. Der erste Private droht jetzt damit auszusteigen. Dann bleibt nur der zweite Private übrig, der nur in den Städten sammelt. Was muss der Landkreis tun? Der kleine und verschuldete Landkreis Lüchow-Dannenberg muss eine Struktur für die ländlichen Räume aufbauen, um die Entsorgung dort zu sichern. Nun sagen Sie mir doch einmal, wieso dabei keine Kosten entstehen und wieso diese zusätzliche Struktur nicht auf die Gebühren durchschlägt. Herr Dürr, ich sage Ihnen, mit Ihren neoliberalen Sperenzchen ist keine Daseinsvorsorge zu machen.
Der FDP-Fraktion steht eine Restredezeit von 1:27 Minuten zur Verfügung. Herr Dürr, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Aller, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar dafür, dass Sie das in Hannover flächendeckend verteilen werden. Dann wissen die Menschen in Hannover endlich, warum ihre Abfallgebühren so hoch sind und wer schuld an der ganzen Geschichte ist.
Ich will nun auf die Ausführungen des Kollegen Herzog eingehen; ich freue mich, dass er das Beispiel von Lüchow-Dannenberg angeführt hat. An diesem Beispiel kann man sehen, wie es aussieht, wenn Private nicht zugelassen werden. Ich habe die Postwurfsendung an sämtliche Haushalte im Landkreis Lüchow-Dannenberg mit dem Titel „Abfälle und Wertstoffe - Termine, Tipps, Infos 2008 - Landkreis Lüchow-Dannenberg“ mitgebracht. Ich zitiere daraus aus dem Abschnitt „Altpapier“:
„Altpapier/Altpappen werden im Landkreis Lüchow-Dannenberg über Straßensammlungen erfasst. Die Abfuhr von Altpapier/Altpappe erfolgt vierwöchig am gleichen Tag wie die Abfuhr der Wertstoffsäcke. Legen Sie bitte die geschnürten Bündel (Gewicht max. 7,5 kg) am Abholtag bis 7 Uhr getrennt nach Papier und Pappe auf dem Bürgersteig bereit. Kleingewerbebetriebe, öffentliche und sonstige Einrichtungen können haushaltsübliche Altpapiermengen bis 0,5 m³/Monat zur Entsorgung bereitstellen. … Entsorgung: zur Abfuhr handlich bündeln, max. 7,5 kg pro verschnürtem Bündel. Kleinformatige Papiere wie Zettel, Postkarten, Briefumschläge, Verkaufsverpackungen mit und ohne ‚Grünen Punkt’ etc. sind zur Abfuhr in einem Karton oder Papiersack bereitzustellen. Die Papiersäcke (120 Liter) können bei Bedarf an den Ausgabestellen (siehe S. 24) oder am Entsorgungsfahrzeug für 1,- Euro das Stück erworben werden.“
Man darf sich doch nicht wundern, dass dann ein Privater eine Tonne aufstellen will, in die das Papier hineinkommt.