Protocol of the Session on October 7, 2010

Die nächste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion kommt von Frau Dr. Andretta.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: „Wir danken für die Bemühungen der Landesregie- rung!“)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt ohne Vorbemerkungen: Vor dem Hintergrund, dass Frau Ministerin Wanka ausgeführt hat, dass Niedersachsen nicht beabsichtigt, dem Sonderprogramm beizutreten, womit auch das Versprechen, das der Ministerpräsident den Abiturienten des doppelten Abiturjahrgangs gegeben hat - nämlich dass sie die gleichen Chancen haben werden -, für die Medizinstudierenden nicht gelten wird - ich glaube, das kann man so interpretieren -, und vor dem Hintergrund, dass der NC jetzt schon 1,3 bzw. 1,4 beträgt, frage ich die Landesregierung: Welche Auswirkungen wird die Entscheidung der Landesregierung, die Kapazitäten nicht auszuweiten, auf den NC haben?

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Wir kommen damit zu dem zurück, was ich immer wieder lobe und was ich auch schon aus meiner alten Position heraus gemacht habe.

Als wir damals über den Hochschulpakt diskutierten, gab es die gleiche Diskussion: Jeder hat seine Zahlen vorgelegt und gesagt, er brauche in seinem Ländchen soundso viele Studienplätze extra. Aus der Sicht des einzelnen Landes ist das vielleicht noch einzusehen. Aus gesamtdeutscher Sicht aber ist das völlig verkehrt, und auch volkswirtschaftlich ist das völlig sinnlos. Die damalige Aussage, dass die 550 Studienplätze in Humanmedizin, die in den neuen Bundesländern frei waren - sie sind dort neu aufgebaut worden, und die entsprechenden Professoren waren vorhanden -, einfach abgebaut werden könnten, nur damit einer nicht von hier

nach Magdeburg fahren muss, war volkswirtschaftlich unsinnig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich fand es großartig, dass meine Ministerkollegen aus den alten Bundesländern damals akzeptiert haben, dass ein Teil der Milliarden genommen wird, um die Kapazitäten im Osten zu halten. Dadurch haben sich die Summen, die in den alten Bundesländern für den Medizinbereich und für andere Bereiche zur Verfügung gestanden haben, zwar etwas verringert. Aber wir sind nun einmal eine Bundesrepublik Deutschland, und in dieser Bundesrepublik Deutschland müssen die jungen Leute auch schon einmal etwas mobil sein.

Das heißt, man ist nicht so aufgestellt, dass jedes Bundesland jeden Studiengang autonom anbieten kann. Vielmehr muss man sich für spezielle Fächer - in meinem alten Bundesland Brandenburg gab es keine Pharmazie, keine Veterinärmedizin und anderes auch nicht - auch schon einmal in ein anderes Bundesland bewegen.

Auch in Niedersachsen werden wir nicht das ganze Spektrum von vielen hundert Studiengängen vorhalten können. Aber durch den Hochschulpakt können wir insgesamt garantieren, dass alle, die im nächsten Jahr fertig werden, das werden studieren können, was sie studieren wollen, selbst wenn das betreffende Fach nicht in Niedersachsen angeboten wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Hagenah für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2011 in allen Bundesländchen die Wehrpflicht abgeschafft werden wird und damit auch die Zivildienstleistenden nicht vom Markt genommen sein werden, sondern ebenfalls aus den Abiturklassen in die Studiengänge dieser Ländchen drängen werden, mit der Folge, dass sich die Umverteilung so, wie Sie es hier eben dargestellt haben, nicht vollziehen kann

(Zurufe von der CDU)

- ich zitiere die Ministerin; Entschuldigung, damit wir uns verstehen -, vor dem Hintergrund, dass auf dem Ausbildungsmarkt in Niedersachsen derzeit

noch zusätzlich etwa 20 000 Jugendliche in Warteschleifen schmoren, - - -

- - - frage ich - - -

- - - und vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2011 zusätzlich 25 000 Studentinnen und Studenten auf diesen Ausbildungsmarkt drängen, frage ich, wie das Problem, das sich so enorm addiert, mit 5 000 zusätzlichen Studienplätzen - - -

(Jens Nacke [CDU]: Wie hatte der Satz doch angefangen? Wir haben den Anfang dieses Satzes wieder vergessen!)

Herr Kollege Hagenah, konkrete Frage!

Ja, ich bin mitten in der konkreten Frage. - - - wie dieses Problem mit lächerlichen 5 000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen, von denen der zuständige Minister noch nicht einmal sagen konnte, von wem er sie wie zugesagt bekommen hat, gelöst werden soll.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin möchte antworten.

(Minister Jörg Bode meldet sich zu Wort)

- Ich habe wohl einen Linksdrall, Herr Minister. Es tut mir leid.

(Heiterkeit)

Es antwortet der Herr Minister Bode.

Herr Präsident, Sie sitzen aber ziemlich in der Mitte, würde ich sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, Sie haben die Antwort, die ich vorhin gegeben habe, offenbar nicht ganz verstanden. Oder ich habe mich unklar ausgedrückt.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Er versteht ohnehin alles falsch!)

- Das will ich jetzt nicht kommentieren, Herr Kollege Langspecht.

Ich habe nicht gesagt, dass wir von irgendjemandem 5 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zugesagt bekommen haben. Vielmehr haben Sie gefragt, wie hoch die Lücke ist und als wie groß wir dieses Problem einschätzen.

Daraufhin habe ich Ihnen erklärt, dass es aufgrund der Aspekte, über die wir heute diskutiert haben, sehr schwierig ist, eine vernünftige seriöse Prognose darüber abzugeben, wie viele zusätzliche Ausbildungsplätze erforderlich sein werden, um den sich aus der Aussetzung der Wehrpflicht ergebenden Bedarf zu decken. Das ist mit ganz vielen Komponenten und Faktoren, die wir heute noch nicht kennen und die wir wahrscheinlich auch morgen nicht kennen und kalkulieren können, verbunden.

Deshalb haben wir versucht, auf der Grundlage der diesjährigen Zahlen eine Schätzung für das kommende Jahr vorzunehmen. Auf der Grundlage dieser Schätzung gehen wir davon aus, dass es einen Bedarf von vermutlich 5 000 Plätzen geben wird, den wir gemeinsam mit der Wirtschaft decken müssen.

Dass die Aussetzung der Wehrpflicht alle Länder überrascht hat, dürfen wir sicherlich unterstellen; denn im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien in Berlin war dies so nicht vereinbart gewesen. Das ist eine neue Entwicklung, auf die wir uns alle neu einstellen müssen, sowohl die Politik als auch die Wirtschaft und auch die Schülerinnen und Schüler.

Wir müssen also gemeinsam zusehen, dass wir dieses Delta schließen. In dem Pakt für Ausbildung und Qualifizierung haben wir vereinbart, dass wir 3 000 neue Ausbildungsplätze und 3 000 neue Plätze für die Einstiegsqualifizierung bekommen. Wenn wir jetzt sehen, dass der demografische Wandel kommt und es ein größeres Potenzial für Unternehmen gibt, sich auch langfristig mit qualifizierten jungen Menschen zu versorgen, dann müssen wir daran arbeiten, dass die Unternehmen diese Chance ergreifen, um die betreffenden jungen Menschen in Niedersachsen in Ausbildung und in Qualifizierung zu bringen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem Begriff „Warteschleife“ sagen, Herr Hagenah. Ich finde es nicht gut, wie Sie mit einer besonderen Gruppe umgehen, die nach dem Verlassen der Schule aus unterschiedlichsten Gründen noch nicht die Qualifikation erlangt hat, sodass sie eine Chance im

Ausbildungsbereich haben, dass wir sie weiter qualifizieren, ihnen soziale Kompetenzen verleihen, Persönlichkeit verleihen, damit sie dahin kommen, dann auch eine Ausbildung anzutreten. Dass Sie diese Einstiegsqualifizierung so abwerten als „Warteschleife“, ist nicht richtig. Dadurch bekommen junge Menschen eine Chance, hinterher auf eigenen Beinen zu stehen. Das müssen wir unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin möchte auch noch eine Anmerkung dazu machen. Bitte schön!

Zwei Punkte, Herr Hagenah. Das war eine gewisse Geringschätzung dessen, was geleistet wurde - aber das ist vonseiten der Opposition vielleicht verständlich -: Es sind nicht popelige 5 000 Studienplätze, sondern ich habe erklärt: Hochschulpakt, seit 2007 bis zum Jahre 2010 über 11 000 neue Plätze, im nächsten Jahr 5 000 zusätzlich. Die neuen, die schon eingerichtet waren, laufen weiter. Das heißt, in den nächsten Jahren sind es insgesamt 35 500 Studienplätze. Vom Finanzvolumen her sind das 700 Millionen Euro. Das ist nicht popelig, sondern eine große Anstrengung.

Zum Wehrdienst: Wer hat den Punkt bei der Kultusministerkonferenz angemeldet? Wer versucht jetzt dort, alle Zahlen aus den Ländern zusammenzutragen, um eine Strategie gemeinsam zu entwickeln? - Das haben wir gemacht, Niedersachsen, für nächste Woche!

Wir haben dieses Problem also überhaupt nicht ignoriert, sondern versuchen, gerade in dem Punkt zu koordinieren und schnellstmöglich eine Lösung zu finden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird von Frau Heinen-Kljajić von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Hochschulpakt zwar auf der einen Seite zweifelsohne ein ambitioniertes Projekt ist, aber auf der anderen Seite erst einmal nichts anderes ist als eine Art Erste-Hilfe-Maßnahme, weil er ausschließlich zusätzliche Kapazitäten in den Bachelorstudiengängen schafft, frage ich: Wie will die Landesregierung der zwangsläufig erhöhten Nachfrage nach Masterstudiengängen ab 2014 gerecht werden, und welche Maßnahmen plant sie schon heute, hier Vorkehrungen zu treffen?