Protocol of the Session on October 7, 2010

anderen Bundesländer ihre doppelten Abiturjahrgänge auf den Markt bringen, also Hamburg schon 2010, Bayern 2011 parallel zu Niedersachsen und dann Baden-Württemberg und andere.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Das mit 45 % und 55 % habe ich überhaupt nicht verstanden. Ich dachte, das wäre ganz logisch, was ich gesagt habe. Aber ich kann Ihnen das gern noch einmal erklären.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Doppel- ter Jahrgang - doppelte Menge!)

- Ich habe es doch vorgerechnet. Soll ich es noch einmal machen?

(Zurufe von der LINKEN)

- Nein, nein! Unsinn! - Entschuldigung, das war falsch verstanden! Entschuldigung.

Ich sage es noch einmal. Wir haben in jedem Jahr eine bestimmte Anzahl von Abiturienten, ungefähr 44 000. Im nächsten Jahr sind es 25 000 mehr. Diese 25 000 nehmen natürlich nicht alle sofort ein Studium auf. Ein Teil von ihnen geht zum Wehrdienst, ein Teil von ihnen geht ins Ausland, manche nehmen Ausbildungsplätze an. Von diesen 25 000 studieren nach allen Erfahrungen 55 % in Niedersachsen.

(Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

- Lassen Sie mich mal ausreden! - Diese 55 % studieren aber nicht sofort, nicht im ersten Jahr. Manche machen ein Auslandsjahr etc. Von diesen 55 % - das sind 12 500 Abiturienten - studieren 45 % im ersten Jahr. Das sind 5 000. Wir haben aber mehr als 5 000 zusätzliche Studienplätze. Es geht nur um die Zahl der zusätzlichen Studierenden. Das Angebot für alle anderen ist sowieso gesichert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber Ihre konkrete Frage war - - -

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die an- deren 45 %, die nicht studieren!)

- Ich bin fassungslos. Eigentlich kann ich so etwas von der Pädagogik her, hier aber scheinbar nicht. Das müssen wir also noch einmal extra machen.

Ich würde jetzt gerne auf Ihre zweite Frage antworten, wie das mit den doppelten Abiturjahrgängen in anderen Bundesländern ist; Nordrhein-Westfalen und andere Länder stehen an. All das ist eingerechnet. Bei diesem Hochschulpakt sind im Hinblick auf die doppelten Abiturjahrgänge sämtliche Wanderungsbewegungen mit wissenschaftlicher Unterstützung durch das CHE eingerechnet worden. Wir haben also keine autonome, nur auf Niedersachsen bezogene Berechnung gemacht, sondern wir haben kalkuliert, wann hoffentlich von Nordrhein-Westfalen Studentenströme kommen können. Das alles ist eingepreist.

Was wir darüber hinaus kalkulieren müssen, ist, wie sich die Zahl der Wehrdienstleistenden entwickelt. Das wären im nächsten Jahr ungefähr 2 600 gewesen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Die Zivil- dienstleistenden?)

- Nein, ich habe Wehrdienst gesagt. - Wie sich diese jungen Leute verhalten werden, muss schnell überlegt und kalkuliert werden. Aber auch da geht es nicht um eine autonome Berechnung nur für Niedersachsen, wobei sich bei uns die Situation schärfer darstellt, weil der doppelte Abiturjahrgang und die Aussetzung der Wehrpflicht zeitlich zusammenfallen. Aber die Randbedingungen dafür sind noch nicht klar, sodass man daraus noch keine Schlussfolgerungen ziehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Althusmann hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet, für die Landesregierung. Bitte schön!

Zu dem Vorwurf von Frau Reichwaldt, die Landesregierung befinde sich in irgendwelchen Parallelwelten, möchte ich auf zwei Aspekte aufmerksam machen.

Erstens. Ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen ist, dass in Niedersachsen für die nächsten zehn Jahre ein erheblicher demografischer Wandel und, damit verbunden, ein erheblicher Rückgang der Schülerzahlen besteht. Das betrifft auch die Hauptschulen, um es einmal deutlich zu sagen. Wir haben derzeit etwa 87 000 Hauptschüler. Diese Zahl wird sich voraussichtlich halbieren. Damit wird auch die Frage der Ausbildungsplätze und damit der überhaupt zur Ausbildung zur Verfügung

stehenden Schülerinnen und Schüler, die eine Ausbildung ergreifen werden, qua Vernunft - wenn man diese Argumente gelten lassen will - stellen.

Von daher ist die Tatsache, die ich vorhin hier beschrieben habe, dass sich die Ausbildungsbetriebe intensivst bemühen werden, nach Möglichkeit aus allen Schulformen qualifizierte Bewerber zu bekommen - egal, ob Hauptschule, Realschule oder Gymnasium -, nicht eine Behauptung aus einer Parallelwelt, sondern entspricht der Wahrheit und den Tatsachen, Frau Reichwaldt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Ich möchte noch einmal auf die „Parallelwelt“ eingehen, und zwar mit einem Zitat aus einer Wirtschaftszeitung vom August 2010. Vielleicht mag das ein weiteres Dokument dafür sein, dass Ihre Behauptungen nicht der Realität entsprechen. Dort wird festgestellt - ich zitiere -:

„Viele Ausbildungsbetriebe stellen besorgt fest, dass die Resonanz auf Stellenanzeigen immer geringer wird. 2009 konnten nach einer IHKUmfrage schon 16 % aller Unternehmen nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. In den meisten Fällen, über 80 %, lagen keine geeigneten Bewerbungen vor.“

Insofern darf ich auf eine wesentliche Maßnahme dieser Landesregierung, schon durch meine Vorgängerin, Frau Heister-Neumann, eingeleitet, aufmerksam machen, nämlich die Frage der schulgesetzlichen Änderungen zur Zusammenarbeit von Hauptschule und berufsbildenden Schulen. Genau das war der richtige Weg!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich nenne dazu nur die Erhöhung der Zahl der Praxistage, die Frage der Ausrichtung der Zusammenarbeit von Hauptschule und Realschule, die Frage der Zusammenarbeit von Hauptschule und berufsbildender Schule, die Frage der Kompetenzfeststellungsverfahren, die Frage der Berufseinstiegsverfahren, der Berufseinstiegsprogramme, des Berufseinstiegsbegleitungsprogramms, der Programme von Bund und Ländern und die verschiedenen berufsorientierenden Maßnahmen, die zwischen Bundesagentur und Landesregierung auf den Weg gebracht werden, um Schülern rechtzeitig und frühzeitig eine Orientierung zu geben, welcher Ausbildungsberuf voraussichtlich der richtige sein wird.

Insofern kann ich nur feststellen: Diese Landesregierung hat exakt die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt getroffen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens noch einmal zum bereits mehrfach erwähnten Problembereich der Wehrpflichtigen. Ich will dazu einige Zahlen ergänzen. Ich will die Zahlen der Wehrbereichsverwaltung Nord für Niedersachsen deutlich machen. Danach sind in den Jahren 2006 bis 2010 im Durchschnitt nur rund 2 500 wehrpflichtige Abiturienten pro Jahr einberufen worden. 2 500! Da ab 2011 die freiwillige Meldung zur Bundeswehr nicht ausgeschlossen werden soll, kann natürlich nicht prognostiziert werden, ob und in welchem Umfang sich die ohnehin niedrige Zahl reduzieren wird. Es handelt sich um eine niedrige Zahl.

(Enno Hagenah [GRÜNE] lacht)

Vergleichbare Angaben für den Zivildienst sind nicht möglich. Wir hatten im September 2009 etwas mehr als 950 Zivildienstleistende, die ihren Dienst neu aufgenommen haben. Insgesamt tun rund 6 000 Zivildienstleistende in Niedersachsen ihren Dienst. Von daher sind diese Zahlen nur Prognosen. Wie viele von denen tatsächlich frühzeitiger ein Studium ergreifen werden, ist reine Prognose. Wir können nur vorsichtig schätzen, sind aber bestens darauf vorbereitet. Die Zahl ist in Wahrheit sehr, sehr überschaubar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE] lacht)

Herr Dr. Sohn, Sie haben durchaus die Möglichkeit, noch eine Zusatzfrage zu stellen. Dann müssten Sie das hier anmelden.

Herr Kollege Klare ist der nächste, der eine Zusatzfrage stellt. Bitte schön, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident, ich hatte eine Frage zur Versorgung der Nichtabiturienten mit Ausbildungsplätzen. Aber ich stelle fest, dass sie mittlerweile so ausführlich und positiv beantwortet worden ist, dass ich die Frage jetzt zurückziehen kann.

Ich freue mich aber, dass man endlich einmal nichts zu skandalisieren hat.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Frage!)

Ich freue mich aber - - -

Meine Damen und Herren, ich brauche keine Hinweise von Ihnen. Ich habe das auch so verstanden. Wenn man hierherkommt, muss man eine Frage stellen. - Herr Kollege Will ist der nächste Fragesteller. Herr Kollege Will, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich habe eine Frage zum Ausbildungspakt. Herr Bode, wir haben ja festgestellt, dass es erhebliche regionale Verwerfungen gibt. Die Agentur für Arbeit spricht von einem Ausbildungsplatz für zwei Berufsanfänger in Leer und von einem Ausbildungsplatz pro Berufsanfänger in Hannover. Welchen Plan hat die Landesregierung, um diese regionalen Disparitäten auszugleichen und zu beenden?

Es antwortet der Herr Wirtschaftsminister. Herr Bode, bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Will, diese Unterschiede, die es in der Tat gibt, sind historisch gewachsen. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Industrie-, Agrar- oder Dienstleistungsansiedlungen in den einzelnen Regionen unterschiedlich sind. Daraus resultieren ganz unterschiedliche Ausbildungsplatzangebote. In einigen Bereichen, etwa im südlichen Emsland, entwickelt sich die Wirtschaft gut - dort haben wir fast Vollbeschäftigung -, und in anderen Bereichen, etwa in Südniedersachsen, stellt sich diese Entwicklung völlig anders dar. Und spiegelbildlich zu der Entwicklung der Arbeitsplätze vollzieht sich die Entwicklung der Ausbildungsplätze.

Es kommt also darauf an, möglichst vielen Jugendlichen wohnortnah einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Das wird aber nicht in allen Fällen gelingen. Wir versuchen, diese Situation über Modellprojekte und besondere Förderprogramme zu verbessern. Bei einigen ist allerdings auch Mobilität Voraussetzung, wenn sie einen Beruf neu ergreifen oder sich beruflich weiterentwickeln wollen.

Diese historisch gewachsene Entwicklung in Niedersachsen werden wir nicht von heute auf morgen und schon gar nicht mit der Abschaffung oder Aussetzung der Wehrpflicht verändern können.

Die nächste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion kommt von Frau Dr. Andretta.