Protocol of the Session on September 8, 2010

(Zurufe von der CDU: Oh! Nein!)

Frau Menger-Hamilton war Juso-Landesvorsitzende, und Herr Jagau war stellvertretender Landesvorsitzender der SPD.

(Oh! bei der CDU)

Dann hat es im Landesvorstand Ärger über das Wahlprogramm gegeben,

(Zurufe von der CDU: Aha!)

und Frau Menger-Hamilton hat dann die SPD aus Protest verlassen und ist bei den Linken gelandet; das passiert ja öfter.

(Zurufe von der CDU: Unglaublich! Skandal - Weitere Zurufe)

Mir ist zugetragen worden - - -

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ihnen ist auch nichts zu blöd!)

Ich weiß, dass Sie das - - - Ja, ja, ja, das tut weh! - Ich habe mir sagen lassen, dass sich die Enttäuschung in der SPD über den Rückzug von Frau Menger-Hamilton deutlich in Grenzen gehalten hat.

(Johanne Modder [SPD]: Sie lenken ab, Herr Biallas!)

Nach all dem, was wir jetzt wissen, muss ich Ihnen ehrlich sagen: Ich persönlich habe großes Verständnis für Regionspräsidenten Jagau,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie vie- le Stellungnahmen waren es?)

dass er sich angesichts dieser Umstände sehr viel Zeit gelassen hat, die Einbürgerung auszusprechen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben das verzögert!)

Von einer Lüge des Ministers kann hier also überhaupt keine Rede sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das war peinlich, Herr Biallas! - Gegenruf von der CDU: Das war angemessen! - weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, über die weiteren Hintergründe in dieser Frage wird sich jetzt Frau Leuschner für die SPD-Fraktion äußern. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Biallas, es war ein absolutes Ablenkungsmanöver, was Sie hier vorgeführt haben, das wir in keiner Weise teilen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich weiß nicht, welche Informanten Sie aus den Kreisen der SPD haben. Aber so, wie Sie den Sachverhalt geschildert haben, war er nun wirklich nicht.

(Astrid Vockert [CDU]: Wie war er denn?)

Ich denke, es ist keine Schande, dass Frau Menger-Hamilton lange in der Partei war und dann mit ihrem Ehemann die Partei verlassen hat. Aber das war kein Konflikt mit Herrn Jagau. - Das nur zum Hintergrund.

Im Grunde genommen geht es um etwas anderes. Das Einbürgerungsverfahren für Frau MengerHamilton hat sehr, sehr lange gedauert. Es ist sicherlich unstrittig Aufgabe der Abteilung 6, bei einem Einbürgerungsverfahren Bedenken, sofern sie aufgrund des Einzelfalls und der Mitgliedschaft einer Person vorliegen, zum Ausdruck zu bringen. Von der Abteilung 6 und anderen Abteilungen des Innenministeriums sind im Laufe des Verfahrens insgesamt acht Bedenken geäußert worden. Die

Region Hannover ist letztlich zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Bedenken zu entkräften sind.

Wir wollten in einer gemeinsamen Sitzung des Innenausschusses und - das betone ich - des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes - nicht des Verfassungsausschusses, wie häufiger berichtet wird - etliche Fragen geklärt haben. Eine war beispielsweise, warum die Abteilung 6 nicht nur die Mitgliedschaft in der Linken in den Vordergrund gestellt hat, sondern zusätzlich noch aufgrund der Tatsache, dass sie als stellvertretende Kreisvorsitzende ein hohes Stimmenergebnis hat, Bedenken geäußert hat, und es wurde darauf hingewiesen, sie habe eine Führungsfunktion in der Linken. Jeder weiß, dass innerhalb der Parteien und auch in den Verbänden Schatzmeisterinnen und Schatzmeister zumeist einen hohen Stimmenanteil bei den Wahlen erzielen. Diese Bedenken sind aus unserer Sicht also irrelevant.

Wir haben in der gemeinsamen Sitzung, weil viele Fragen aus unserer Sicht nicht eindeutig beantwortet waren, für unsere Fraktion - meine Kollegin Johanne Modder und ich - Akteneinsicht genommen. Das hat sehr lange gedauert. Wir haben auch den E-Mail-Verkehr, aus dem in der Zeitung zitiert worden ist, im Grunde genommen sehr eindeutig gewürdigt.

Unser Fazit ist, dass bei uns erhebliche Bedenken vorliegen, ob nicht indirekt durch Sie, Herr Innenminister, Einfluss auf das Verfahren genommen worden ist. Diese Zweifel wollen wir im Grunde genommen geklärt haben. Für uns geht es auch in Zukunft darum, dass bei weiteren Einbürgerungsverfahren die Ausländerbehörden letztlich abschließend entscheiden, und sie sollen das weisungsunabhängig machen.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das ist für uns die Sache. Es soll nicht immer der Eindruck entstehen, als würde aus dem Innenministerium zusätzlich etwas nachgeschoben, wodurch Einbürgerungsverfahren verzögert werden; denn es geht auch um eine Perspektive, wie wir in Zukunft mit solchen Sachverhalten umgehen.

Herr Biallas, Ihre Einlassung, wie der Sachverhalt angeblich wirklich gewesen sei, teilen wir absolut nicht. Wir wollen eine Einflussnahme des Innenministeriums ausschließen. Das bedeutet nicht, dass die einzelnen Abteilungen keine Stellungnahmen

abgeben können. Aber es soll nicht der Eindruck entstehen, von dort sei eine Weisung erfolgt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Jens Na- cke [CDU]: Weisungsunabhängigkeit im übertragenen Wirkungskreis?)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung wurde vom Kollegen Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgegeben. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Eine kleine Vorbemerkung: Jeder blamiert sich hier, so gut er kann.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Man kann den Parlamentarismus einigermaßen ernst nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und versuchen, einen Sachverhalt, der schon etwas länger zurückliegt, ernsthaft aufzuklären, oder man kann dazu eine Büttenrede halten. Ich will versuchen, das Erste zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es durchaus interessant, diesen Fall noch einmal zu beleuchten, weil es damals eben nicht so ganz klar war, warum das gesamte Verfahren so wahnsinnig lange gedauert hat. Das haben auch wir nach intensiven Beratungen nicht so richtig herausfinden können. Jetzt liegt eine weitere E-Mail aus dem Innenministerium vor. Bei ihrer Lektüre kann man den Eindruck bekommen - man kann sie so interpretieren -, dass die Hausspitze des Innenministeriums die Einbürgerung von Frau Menger-Hamilton verhindern wollte. Diesen Eindruck kann man haben.

Nun ist die Frage zu stellen: Ist das wirklich überraschend? - Ich finde es nicht wirklich überraschend; denn es ist eigentlich bekannt, dass nicht nur Helmut Kohl ein Enkel Adenauers war, sondern auch Uwe Schünemann ist ein Enkel Adenauers.

(Beifall bei der CDU - Reinhold Coe- nen [CDU]: Das ist ein Ritterschlag!)

- Er verhält sich zumindest so. - Er spielt gerne einmal, wenn das Wort erlaubt ist, Herr Präsident, Kommunistenfresser. Zumindest kann man den Eindruck bekommen, dass die Hausspitze, dass

das Innenministerium alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten gesucht hat, um diese Einbürgerung so lange wie möglich zu verhindern oder hinauszuzögern.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Es ist auch ganz bekannt, dass insbesondere der niedersächsische Verfassungsschutz eine ganz besonders fragwürdige Energie an den Tag legt, wenn es um die Beobachtung der Linkspartei geht. Und wer entscheidet letztendlich über die Beobachtung und darüber, wie diese beim Verfassungsschutz praktiziert wird? - Auch das macht die Hausspitze, auch das macht der Innenminister.

In diesem Zusammenhang muss man schon sagen, Herr Schünemann, dass es zumindest nicht richtig war, wie Sie diesen Sachverhalt in der letzten Aktuellen Stunde zu diesem Thema in diesem Hause dargestellt haben, als Sie sagten, der Verfassungsschutz habe sich ganz korrekt an das vorgeschriebene Verfahren gehalten.

By the way, Herr Biallas, der Verfassungsschutz ist bei einer Einbürgerung immer beteiligt. Das ist nicht nur die untere Ausländerbehörde, hier bei der Region. Das Innenministerium ist immer in Form des Verfassungsschutzes zu beteiligen. Das haben Sie hier falsch dargestellt. Da brauchen Sie noch ein bisschen Nachhilfe.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Wider- spruch bei der CDU)

Herr Innenminister, Sie haben damals gesagt, der Verfassungsschutz habe sich ganz korrekt nach Recht und Gesetz verhalten. Das ist einfach nicht richtig, wie der Verfassungsschutz auch selber eingeräumt hat. Es gab mindestens zwei oder drei Briefe, in denen ziemlich stark suggeriert worden ist, dass die Einbürgerung von Frau MengerHamilton definitiv nicht vorgenommen werden könne.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wo sind diese Briefe?)

Vom Verfassungsschutz wurde nicht dargestellt, dass es Gründe geben muss, die direkt in der Person liegen, dass also jenseits der Beteiligung oder Mitgliedschaft in einer Partei noch einmal extra geprüft werden kann. So hätten jedenfalls diese Briefe vom Amt für Verfassungsschutz interpretiert werden müssen.